Liebscher & Bracht: Schmerztherapie für ein Leben ohne Schmerzen
Stellen Sie sich doch kurz vor!
Ich bin Raoul Bracht, vor fünf Jahren habe ich angefangen, aus der Schmerztherapie meiner Eltern das Unternehmen “Liebscher & Bracht” aufzubauen. Wir helfen Menschen dabei, ein schmerzfreies Leben führen zu können. Das Prinzip dahinter: Hilfe zur Selbsthilfe mit einer Therapie, die ohne Medikamente und Operationen auskommt.
Jeden Tag arbeite ich mit meinem Team aus 150 Mitarbeiter*innen daran, dass immer mehr Menschen von Liebscher & Bracht erfahren.
Können Sie uns ein paar Worte zum Familienunternehmen Liebscher & Bracht sagen?
Gegründet haben das Unternehmen meine Eltern, Roland und Petra. Sie haben über dreißig Jahre eine eigene Schmerztherapie entwickelt, die daran anknüpft, dass der Großteil körperlicher Schmerzen von einer Muskel- und Faszienverkürzung herrühren. Deswegen liegt der Fokus der Therapie auf Bewegungsübungen, die genau das beheben sollen.
Wir stellen dazu seit einigen Jahren kostenlos Übungsvideos auf YouTube zur Verfügung, damit Menschen mit Schmerzen sich mit unserer Methode selbst helfen können. Dazu therapieren wir Patienten in unserem Gesundheitszentrum bei Frankfurt a.M., bilden unter anderem Ärzte und Physiotherapeuten in unserer Methode aus, verkaufen selbst entwickelte Hilfsmittel zu unseren Übungen und veröffentlichen Sachbücher zu Schmerz- und Gesundheitsthemen.
Unsere Bücher landen regelmäßig auf der SPIEGEL-Bestsellerliste und inzwischen sind wir mit knapp anderthalb Millionen Abonnenten der größte deutsche Medizinkanal auf YouTube.
Können sie sich noch an den Punkt erinnern, als Sie wussten, dass hier frischer Wind in das Unternehmen kommen muss?
Da habe ich gerade ein Auslandspraktikum in einer Bank in Wien gemacht, jeden Morgen nur noch mit dem Kopf geschüttelt und mich selbst gefragt: “Was mache ich hier überhaupt?”
Als das Praktikum zur Hälfte vorüber war, stand für mich fest: Ich will Unternehmer sein. Statt meine Zeit in einer Bank zu verbringen, möchte und werde ich mich dafür einsetzen, die Welt ein Stück weit zu verbessern. Da meine Eltern eine geniale Therapie entwickelt hatten und ich es nicht ertragen konnte, dass so gut wie niemand davon wusste, habe ich mich dann entschieden: Schluss mit Studium, ich versuche das jetzt selbst! Kann doch nicht so schwer sein. Damals war mir klar: Die Therapie funktioniert, das hatte ich schon hundertfach miterlebt. Und gibt es eine riesige Nachfrage da draußen? Absolut! Deswegen: Let´s go.
Wie schwierig waren die ersten Schritte vom Familienunternehmen zum Start-up?
Der Anfang war das Schwierigste. Genauer gesagt die Ohnmacht, sobald man sich entschieden hat, Unternehmer zu werden. Wenn es keinen Weg mehr zurück gibt und man dann mit der Realität konfrontiert wird. In den ersten Tagen habe ich stundenlang mein Outlook aktualisiert – immer in der Hoffnung auf eine Notification, dass sich wieder ein Therapeut für unsere Ausbildung angemeldet hat, damit etwas Geld zur Verfügung steht. Schließlich mussten ja Rechnungen bezahlt werden.
Es gab da einen bestimmten Samstag, den werde ich nie vergessen. Wir hatten in der Woche zuvor alles verfügbare Geld zusammengekratzt, um eine Werbekampagne für eine Vortragsreihe zu starten, über die wir Auszubildende gewinnen wollten. Davon, dass das funktioniert, hing für mich alles ab. Ich ging also an diesem Samstag ins Büro und betete, das Postfach möge doch bitte voll mit Anmeldungen zu unseren Vorträgen sein. Es gab keine einzige.
Dieses Gefühl der Ohnmacht zu überwinden und sich beizubringen, trotz allem immer weiterzumachen, ganz egal was kommt — das war die größte Hürde und auch mein größtes Learning zugleich. Heute zähle ich das zu meinen größten Stärken und bin deshalb dankbar für diese Erfahrung.
Wie wurden die Veränderungen von Ihrem Umfeld wahrgenommen?
Meine Freunde und meine Familie wissen, dass ich durchaus mal mit Entscheidungen um die Ecke komme, mit denen niemand gerechnet hat. Insofern hat es meine Freunde jedenfalls nicht besonders überrascht, denke ich. Als ich entschieden habe, mein Praktikum und auch das Studium abzubrechen und bei meinen Eltern einzusteigen, habe ich es noch am selben Abend meinem besten Freund erzählt. Meine Eltern habe ich vor vollendete Tatsachen gestellt: als ich ihnen Bescheid gegeben habe, war ich bereits exmatrikuliert. Zum Glück haben sie sich aber trotzdem riesig gefreut!
Wie sieht ein normaler Arbeitstag von Ihnen aus?
Auch wenn es meiner Meinung nach eine schlechte Angewohnheit ist, kann ich nicht anders, als jeden Morgen direkt nach dem Aufwachen die Zahlen den Vortages zu checken.
Direkt danach ziehe ich mein komplettes Sportprogramm durch. Ich musste nämlich akzeptieren: Wenn ich das nicht gleich morgens erledige, mache ich es gar nicht. Daher morgens direkt Yoga + Meditation + 10 Kilometer laufen oder Krafttraining.
Was mache ich danach? Ich arbeite an der Strategie des Unternehmens, räume die täglichen Hürden und Hindernisse aus dem Weg, hole die richtigen Mitarbeiter*innen ins Team und bin letztendlich für die gesamte Entwicklung des Unternehmens verantwortlich.
Das Wichtigste jedoch: Jeden Tag arbeite ich mit unserem Team daran, dass immer mehr Menschen von Liebscher & Bracht erfahren.
Wer ist die Zielgruppe von Ihrem Unternehmen?
Am Ende tatsächlich alle Menschen, die an Schmerzen leiden und dafür eine Lösung brauchen. Und das sind in Deutschland und auf der ganzen Welt verdammt viele. Allein Rückenschmerzen sind in Deutschland für die meisten Arbeitsausfälle verantwortlich, letztes Jahr lag der Grund für über ein Viertel aller Arbeitsunfähigkeiten im Bewegungsapparat. Es gibt also eine Menge zu tun.
Welche Lösungen bieten Sie und was unterscheidet Sie von anderen Anbietern?
Der Kern von Liebscher & Bracht ist unsere Schmerztherapie. Und diese Lösung stellen wir allen Menschen völlig kostenfrei im Internet zur Verfügung. Das unterscheidet uns von allen anderen. Bedeutet: Jeder Mensch kann von unserer Therapie profitieren und sich bei seinen Schmerzen selbst helfen, ohne auch nur einen Cent dafür zahlen zu müssen. Wenn man sich dann davon überzeugen konnte, dass unsere Therapie funktioniert, kann man sie zum Beispiel bei einem unserer 4.000 zertifizierten Therapeuten professionell weiterführen, eins unserer Begleitprodukte kaufen oder täglich mit unserer App trainieren, wenn man möchte.
Grundsätzlich ist unsere Unternehmensstrategie also sehr einfach und wird von einer einzigen Frage entschieden: Trägt was wir tun dazu bei, dass sich mehr Menschen bei Schmerzen selbst helfen können? Diese Frage ist unser oberstes Credo und die Antwort darauf bestimmt unser Handeln. Denn wenn wir genau darin immer besser werden und immer mehr Menschen helfen, kommt die Monetarisierung im nächsten Schritt völlig von selbst.
Wo geht der Weg hin? Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?
Unsere deutschen Bestseller-Bücher wurden bereits in 11 Sprachen übersetzt. Da Menschen auf der ganzen Welt Schmerzen haben, gibt es seit kurzem unseren YouTube-Kanal auf Englisch, für den wir im September dieses Jahres bereits die wichtige Marke von 50.000 Abonnenten überschritten haben. In den nächsten Jahren wollen wir den Erfolg im deutschsprachigen Raum international 1:1 wiederholen.
Zum Schluss: Welche 3 Tipps würden Sie angehenden Gründern mit auf den Weg geben?
Zuallererst und ganz wichtig: Suche Dir Menschen als Wegbegleiter, von denen Du lernen kannst, die für Dich wichtige Erfahrungen mitbringen. Und sei dabei wählerisch: Pass auf, dass diese Menschen das, was sie von sich behaupten, auch wirklich können oder wissen.
Dann — auch wenn ich es selbst langsam nicht mehr hören kann: Machen. Einfach machen. Natürlich sollst Du nicht unüberlegt handeln, aber am Ende kommt es ohnehin anders als Du es Dir gedacht hast.
Und schließlich: Sieh zu, dass Du Dir nur die Besten an Bord holst. Ein Unternehmen, das sind die Menschen, die darin arbeiten. Und wenn die nur mittelmäßig sind, wird es auch Dein ganzes Unternehmen sein. Ich sage das gerne und immer wieder: HR muss das Herz eines Unternehmens sein. Denn hier wird sichergestellt, dass Du wunderbare und talentierte Menschen an Deine Seite bekommst, die dort auch Jahre oder idealerweise Jahrzehnte lang bleiben.
Wir bedanken uns bei Raoul Bracht für das Interview
Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder