Auf Unternehmen kommen große Veränderungen zu: Nach dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) im September ist die Arbeitszeiterfassung künftig für alle Unternehmen Pflicht – unabhängig von ihrer Größe. Kritik an der Entscheidung wird bereits von verschiedenen Seiten geäußert, insbesondere wegen des Arbeitsaufwands. Zudem besteht die Befürchtung, dass damit das Ende von Homeoffice und Vertrauensarbeitszeit eingeläutet wird. Doch so muss es nicht kommen, denn es gibt bereits heute digitale Lösungen, die helfen können, den gesamten Prozess zu vereinfachen.
Im Grunde sollte die Entscheidung des BAGs zur Arbeitszeiterfassung keine Überraschung sein, denn sie ist die Konsequenz des sogenannten „Stechuhr-Urteils“ des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom Mai 2019.
Der darauffolgende mediale Aufschrei sowie das Ergebnis einer aktuellen Lexware-Umfrage – nach der das Urteil mehr als ein Drittel der Unternehmen (36 Prozent) gänzlich unvorbereitet trifft – zeigen allerdings: Es gibt durchaus noch einige Unsicherheiten und Unklarheiten hinsichtlich der Arbeitszeiterfassung.
Entwicklung in die falsche Richtung
Nicht alle Unternehmensverantwortlichen wissen heute, welche konkreten Vorschriften und Regularien zur Umsetzung der Pflicht jetzt auf sie und ihre Mitarbeitenden zukommen. Wenig zuträglich ist in dieser Situation auch, dass ein entsprechendes Gesetz der Bundesregierung noch auf sich warten lässt, das sowohl Klarheit bringen als auch Ausnahmen schaffen könnte. Denn ein großer Kritikpunkt an der Pflicht zur Zeiterfassung ist der (befürchtete) Aufwand.
Insbesondere für kleine Unternehmen und Start-ups mit nur wenigen Mitarbeitenden könnte der bürokratische Aufwand wesentlich größer ausfallen als ein etwaiger Nutzen, zum Beispiel im Hinblick auf die Arbeitssteuerung. Denn wer nur eine Handvoll Mitarbeitende beschäftigt, weiß in der Regel, womit diese ihren Tag verbringen, wie viel Zeit ihre Aufgaben sie kosten, ob Überstunden notwendig sind und wann diese ausgeglichen werden können.
Das hohe Maß an Flexibilität in Start-ups ist für viele Arbeitnehmerinnen und -nehmer ja oft ein mitentscheidender Grund, warum sie dort und nicht etwa in einem größeren Unternehmen arbeiten. Daher überrascht es nicht, wenn die Hälfte aller Befragten mit bis zu zehn Mitarbeitenden (51 Prozent) die Arbeitszeiterfassung aufgrund des zeitlichen und bürokratischen Mehraufwands ablehnt und knapp ein Drittel (30 Prozent) schlicht keine Notwendigkeit sieht.
Darüber hinaus wird von den Befragten noch ein weiterer Kritikpunkt an dem Urteil genannt, der sich auch in der Sorge um Vertrauensarbeitszeit und Homeoffice widerspiegelt: Es transportiert ein überholtes Verständnis von Arbeit. Der Irrglaube, dass sich geleistete Arbeit in Zeit messen lässt und dass je mehr, desto besser ist, hält sich hartnäckig und wird durch die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung weiter zementiert. Die Arbeitsstunden sagen aber weder etwas über die Qualität der geleisteten Arbeit aus noch über die tatsächlichen Ergebnisse. Dies sollten aber die entscheidenden Punkte bei der Bewertung der Arbeit von Mitarbeitenden sein.
Ein moderneres Arbeitsmodell ist dagegen die Vertrauenszeit, die derzeit bei gut jedem fünften Unternehmen (22 Prozent) umgesetzt wird. Hier zählen in erster Linie die Ergebnisse der Mitarbeitenden, egal ob sie dafür fünf, sieben oder neun Stunden gearbeitet haben.
Ein Problem, das sich bei diesem Arbeitsmodell insbesondere in Kombination mit der Flexibilität des Homeoffice ergibt, ist, dass die Grenzen zwischen Arbeit und privaten Erledigungen verwischen. Auch im Auto, auf dem Weg zu einem privaten Termin oder in der eigenen Küche beim Geschirrspülen lässt sich über Arbeitsprobleme nachdenken. Sollte diese Zeit dann als Arbeitszeit dokumentiert werden? Es droht ein Klein-Klein, das zu Verwirrung führt und unnötig Zeit kostet.
Es geht um eine einfache, aber langfristige Lösung
Wirklich lösen kann diese Herausforderungen jedoch nur die Bundesregierung – und auch nur zu einem gewissen Grad, denn sie ist an die Entscheidung des EuGH gebunden. Doch Unternehmen können ihren Teil dazu beitragen, die Arbeitszeiterfassung so effizient wie möglich zu gestalten.
Zwar ist es durchaus verständlich, dass zwei Drittel der Befragten (65 Prozent) sich wünschen, die Dokumentationsmethode selbst wählen zu können. Doch sollte ihnen bewusst sein, dass bei dem Favoriten – Stift und Papier (51 Prozent) – der Mehraufwand auf Dauer konstant hoch ist. Das gilt insbesondere, wenn Arbeitnehmerinnen und -nehmer künftig mehr dokumentieren müssen als nur den Start und das Ende ihres Arbeitstages. Müssen unterschiedliche Aufgaben und Tätigkeiten dokumentiert werden, ist dies bei Stift und Papier ein großer Zeitfaktor.
Für die meisten Unternehmen werden digitale Lösungen für die Zeiterfassung am nützlichsten sein, solange diese einige wichtige Aspekte erfüllen:
- Sie sollten unkompliziert gestaltet sein und sich mit wenigen Klicks ausfüllen lassen. Dafür sollte der Arbeitgeber beispielsweise in der Lage sein, bestimmte Kategorien vorzudefinieren.
- Sich wiederholende Tätigkeiten sollten sich speichern lassen, um sie nicht immer wieder – im schlimmsten Fall täglich – eingeben zu müssen.
- Neben einer Desktop-Version sollten sie auch als mobile App zur Verfügung stehen.
Damit können Arbeitgeber zum einen sicherstellen, dass ihre Mitarbeitenden jederzeit Zugriff auf die Zeiterfassung haben, unabhängig davon, ob sie im Büro, Zuhause oder unterwegs arbeiten. Zum anderen sollte sichergestellt sein, dass Mitarbeitende so wenig Informationen wie möglich eintippen müssen, beispielsweise nur die Arbeitszeit.
Am Anfang wird eine solche Lösung sicherlich mehr kosten als Stift und Papier oder auch elektronische Tabellen. Auch braucht die Umgewöhnung etwas Zeit. Doch langfristig wird sich dies bezahlt machen, wenn die Arbeitszeiterfassung nur wenige Minuten am Tag erfordert. Und eine Softwarelösung bietet noch einen weiteren Vorteil: Sie ist fälschungssicher.
Dieser Punkt könnte auch beim künftigen Gesetz zur Arbeitszeiterfassung eine wichtige Rolle spielen und sollte nicht unterschätzt werden.
Wer auf der sicheren Seite sein will, seine Mitarbeitenden so weit wie möglich bei der Dokumentationspflicht entlasten und sein Unternehmen zukunftssicher aufstellen will, sollte sich daher zeitnah mit entsprechenden Softwareangeboten beschäftigen.
Autor:
Christian Steiger ist Geschäftsführer von Lexware und verantwortlich für die Zielgruppe der kleinen und mittleren Unternehmen. Steigers wesentliches Ziel ist der Ausbau des lexoffice SaaS-Ökosystems zum Beziehungsmacher und digitalen Berater, besonders in Richtung Automatisierung, Banking und Finance.
Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder