Montag, November 17, 2025
StartGründerTalkKann eine einfache Idee ein lange unterschätztes Problem endlich lösen?

Kann eine einfache Idee ein lange unterschätztes Problem endlich lösen?

CERPRO vereinfacht mit intelligenten Softwarelösungen die Qualitätssicherung in der Fertigungsindustrie und setzt dort an, wo Prüfprozesse heute noch unnötig Zeit und Ressourcen kosten

Wie ist CERPRO entstanden und welche Menschen stehen hinter der Idee, Qualitätssicherung durch intelligente Softwarelösungen zu vereinfachen?

CERPRO wurde vor rund zwei Jahren von Frederik, Sascha und mir gegründet. Die Idee entstand erst nach einem Pivot. Wir hatten ursprünglich ein anderes Produkt entwickelt und merkten dann, dass Kunden es nur wegen eines einzelnen Features nutzten und zwar aus einem ganz bestimmten Grund, Qualitätssicherung. Als wir verstanden, warum dieses Feature so relevant war, haben wir alles andere gestrichen und uns genau darauf konzentriert. So sind wir über Umwege bei der Qualitätssicherung gelandet, einem Bereich, der bisher erstaunlich wenig digitalisiert war, obwohl er das Rückgrat der Fertigung bildet.

Welche Vision verfolgt CERPRO, wenn es um die Zukunft der digitalen Qualitätsprozesse in der Fertigungsindustrie geht?

Wenn man sich heutige Qualitätsprozesse anschaut, wird größtenteils reaktiv gearbeitet: Es wird gefertigt, gemessen und erst am Ende festgestellt, ob das Teil passt. Wenn nicht, beginnt der Prozess von vorn, das kostet Zeit, Geld und oft Material. Wir glauben, dass Qualität schon in der Konstruktion mitgedacht werden muss. Unsere Vision ist, mit CERPRO die Qualitätssicherung dorthin zu bringen, wo sie wirklich beginnt, in den Entstehungsprozess eines Bauteils. Damit wollen wir einen neuen Standard setzen, wie produktive Qualität in Zukunft sichergestellt wird.

Wie genau unterstützt CERPRO kleine und mittlere Auftragsfertiger dabei, ihre Qualitätsprüfung effizienter zu gestalten?

Wir starten dort, wo der Prüfprozess beginnt: bei den technischen Dokumenten. Unsere Software extrahiert automatisch alle relevanten Informationen aus Zeichnungen und legt fest, wie die Qualitätssicherung später durchgeführt werden soll. Gerade kleine und mittlere Zulieferer stehen ständig vor neuen Anforderungen ihrer Kunden. Diese wechselnden Vorgaben machen die Prüfprozesse komplex und zeitaufwändig. CERPRO reduziert diesen Aufwand drastisch – aus Stunden werden Minuten, und der gesamte Ablauf wird klarer, konsistenter und fehlerärmer.

Was war der ausschlaggebende Moment, an dem Sie erkannt haben, dass automatisierte Merkmalsextraktion aus technischen Zeichnungen ein so großes Potenzial birgt?

Ein Kunde zeigte uns eine technische Zeichnung im Format A0 mit über 1.000 Merkmalen. Er nummerierte sie per Hand und tippte alles anschließend in ein Excel-Template. Das dauerte Stunden oder sogar Tage, eine rein manuelle, monotone Aufgabe. In diesem Moment war für uns klar: Das lässt sich mit moderner Technologie automatisieren. Niemand sollte so viel Zeit mit wiederkehrender Routinearbeit verbringen müssen. Dieser Moment war der Startpunkt für CERPROs Fokus auf automatisierte Merkmalsextraktion.

Wie hebt sich CERPRO technologisch und funktional von bestehenden Lösungen im Bereich Qualitätsmanagement und Prüfberichtserstellung ab?

Wir haben ein KI-Modell entwickelt, das branchenübergreifend funktioniert – egal ob Maschinenbau, Medizintechnik oder Schiffsbau. Es erkennt Merkmale auf Zeichnungen unabhängig davon, ob diese als A4 oder A0 vorliegen, ob sie handgezeichnet oder direkt aus CAD-Systemen exportiert sind. Diese Kombination aus Flexibilität und Robustheit ist einzigartig.

Welche Rückmeldungen erhalten Sie von Ihren Kunden – insbesondere aus der Fertigungs- und Zulieferindustrie – zur praktischen Anwendung Ihrer Software?

Unsere Kunden schätzen vor allem die Einfachheit. Für sie zählt nicht, ob im Hintergrund KI arbeitet, sondern dass die Software sofort Ergebnisse liefert. Viele haben zuvor Lösungen ausprobiert, deren Einführung Monate dauerte und deren Mehrwert sich nie wirklich gezeigt hat. CERPRO ist in wenigen Tagen einsatzbereit, intuitiv bedienbar und schafft sofort spürbare Entlastung. Jeder automatisierte Prüfbericht zeigt den Mehrwert direkt und genau das schafft Vertrauen.

Wie wichtig ist Datensicherheit und Transparenz in Ihrer Lösung und wie gewährleisten Sie beides bei der Nutzung von Cloud-Technologien?

Datensicherheit ist für uns ein zentraler Punkt, denn technische Zeichnungen enthalten sensible Konstruktionsinformationen. Wir hosten alle Daten auf dedizierten Servern in Deutschland und legen großen Wert auf Transparenz gegenüber unseren Kunden. Zusätzlich gibt es eine hybride Variante, bei der Daten lokal gespeichert werden. Für besonders sicherheitskritische Industrien, etwa Luft- und Raumfahrt, entwickeln wir aktuell eine vollständige On-Premise-Version.

Welche Herausforderungen begegnen Ihnen aktuell bei der Skalierung oder Weiterentwicklung von CERPRO und wie gehen Sie mit diesen um?

Unsere größte Herausforderung liegt darin, die Industrie zu erreichen – nicht, weil sie nicht offen für neue Technologien wäre, sondern weil viele gar nicht wissen, was heute schon möglich ist. Wir kombinieren deshalb klassische Wege wie Messen und Fachveranstaltungen mit modernen Kanälen wie LinkedIn und Instagram. So schaffen wir nicht nur Aufmerksamkeit, sondern auch Verständnis. Oft erleben wir, dass Unternehmen digitale Lösungen gar nicht ablehnen, sondern schlicht nicht wussten, dass es sie gibt.

Wie sehen Sie die Rolle von künstlicher Intelligenz und Automatisierung in der Qualitätssicherung in den nächsten Jahren?

Qualitätssicherung ist geprägt von klaren, wiederholbaren Prozesse. Genau das macht sie prädestiniert für den Einsatz von KI. Automatisierung kann die Dokumentation und Datenauswertung übernehmen, sodass Mitarbeiter sich auf das konzentrieren können, was menschliches Urteilsvermögen erfordert – die Bewertung kritischer Entscheidungen. Gleichzeitig entstehen entlang des gesamten Prozesses enorme Datenmengen, die wiederum zur Verbesserung der Modelle beitragen. KI wird Qualitätssicherung nicht ersetzen, sondern sie einfacher, schneller und besser machen.

Welche nächsten Schritte und Weiterentwicklungen planen Sie, um CERPRO langfristig im Markt zu etablieren?

Heute arbeiten wir hauptsächlich mit Zulieferern, die in der Regel keinen Einfluss auf die Konstruktion haben. In Zukunft wollen wir Qualitätssicherung bereits in die Designphase integrieren – also dorthin, wo entschieden wird, wie Bauteile aufgebaut sind. So lassen sich Abstimmungen und Nacharbeiten zwischen OEMs und Zulieferern deutlich reduzieren. Da viele Konstruktionsnormen international vereinheitlicht sind, wollen wir unser Produkt schrittweise in neue Märkte bringen und Qualität global vernetzbar machen.

Was motiviert Sie persönlich, diesen Weg als Gründer zu gehen, und was treibt Sie täglich an, die Idee weiter voranzubringen?

Wir wollten gründen, weil wir wirklich etwas bewegen möchten. Die Fertigungsindustrie in Europa hat dabei enormes Potenzial, weil hier Startups mit ihren Kunden vor Ort arbeiten können und enorme Mengen an Daten für spannende Lösungen vorhanden sind. Aus unserer Sicht müssten aus dieser Industrie noch viel mehr Startups aus Deutschland kommen, da es für amerikanische Startups schwerer ist, hier Fuß zu fassen. Wenn uns dann unsere Kunden sagen, dass sie seit Jahren genau nach so einer Lösung gesucht haben, bestätigt das, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

Welche drei Ratschläge würden Sie anderen Gründerinnen und Gründern geben, die mit einer technischen Lösung in eine etablierte Industrie einsteigen möchten?

Erstens: Hört wirklich auf eure Kunden. Wir haben anfangs zu viel gebaut, weil wir dachten, jedes zusätzliche Feature mache das Produkt besser. Am Ende war es genau das Gegenteil. Der Schlüssel ist das eine Feature, das ein echtes Problem löst.
Zweitens: Probiert verschiedene Wege, um eure Zielgruppe zu erreichen. Auch in konservativen Branchen funktionieren neue Kanäle, in unserem Fall hätten wir beispielsweise nie gedacht, dass Instagram für uns einer der stärksten Vertriebskanäle wird. Wir haben es einfach mit einem kleinen Budget getestet und dann aus den Daten gelernt.
Drittens: Denkt von Anfang an in wiederkehrenden Umsätzen. In etablierten Industrien wird oft mit Pilotprojekten gestartet. Pilotprojekte sind wichtig, aber sie sollten immer der Einstieg in eine langfristige Zusammenarbeit sein. Definiert von Beginn an, wie es nach dem Pilotprojekt weitergeht und was passieren muss, dass das Projekt in eine Subskription übergeht.

Bild Gründerteambild (v. l. n. r.): Henrik Pitz, Frederik Frei, Sascha Müller (c) Peter Mate

Wir bedanken uns bei den Henrik Pitz für das Interview

Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder


Premium Start-up: CERPRO

CERPRO Logo transparent

Kontakt:

Cerpro GmbH
Dolomitenstraße 97
D- 13187 Berlin

https://cerpro.io/
info@cerpro.io

Ansprechpartner: Henrik Pitz

LinkedIn

Sabine Elsässer
Sabine Elsässer
Sabine Elsaesser is an experienced entrepreneur and media/startup expert. Since 2016, she has served as the Chief Editor and CEO of StartupValley Media & Publishing. In this role, she is responsible for managing the company and providing strategic direction for its media and publishing activities. Sabine Elsaesser takes great pleasure in assisting individuals and businesses in reaching their full potential. Her expertise in establishing sales organizations and her passion for innovation make her a valuable advocate for startups and entrepreneurs.
- Advertisement -

StartupValley WhatsApp

Sei immer einen Schritt voraus! Tägliche Updates: Events, Termin & echte Insider-Tipps – direkt in dein WhatsApp!

StartupValley Newsletter

Erhalte regelmäßig die wichtigsten internationalen Startup-News in dein Postfach!

PREMIUM STARTUPS

Neueste Beiträge

Premium Events

spot_img
spot_img
spot_img
spot_img
spot_img

Das könnte dir auch gefallen!

StartupValley Newsletter

Erhalte regelmäßig die wichtigsten internationalen Startup-News in dein Postfach!