ClearOps Aftermarket-Plattform für OEMs und deren Supply Chain
Stellen Sie sich und das Startup ClearOps doch kurz unseren Lesern vor!
Mein Name ist William Barkawi, ich bin 23 Jahre alt und Geschäftsführer von ClearOps. Mit mittlerweile über 25 Mitarbeitern in München, Sankt Petersburg und San José digitalisieren und automatisieren wir die Lieferketten maschinenfabrizierender Unternehmen auf der ganzen Welt.
Warum haben Sie sich entschieden, ein Unternehmen zu gründen?
Ich denke, ich wurde hier schon früh von meinen Eltern geprägt, welche ihr gesamtes Leben dem Aufbau eigener Unternehmen gewidmet haben. Das führte dazu, dass ich bereits mit 15 Jahren mein erstes Startup gegründet habe. Zu diesem Zeitpunkt fehlte mir jedoch noch jegliches Wissen über Markt, Kommerzialisierung und Organisationsstrukturen, ganz zu schweigen von Finanzen und anderen Bereichen.
Während meines Studiums an der TU München und einem ersten Job in einer Operations Firma aus dem Telekommunikationsbereich bin ich dann jedoch tief und endgültig in das Thema Unternehmertum eingestiegen. Heute leite ich mit Cloutfit (E-Commerce Plattform) und Barkawi Generation Ventures (Inkubator für Tech-Startups) und eben ClearOps (Supply Chain Software) insgesamt drei Unternehmen.
Die Idee zu ClearOps ging aus einem Beratungsprojekt für einen der größten Landtechnik-Produzenten weltweit hervor: Als das Projekt immer mehr in Fahrt kam, wurde schnell klar, dass wir hier ein extrem mächtiges Werkzeug für die gesamte maschinenfabrizierende Industrie entwickelt haben. Das führte wiederum dazu, dass wir dieses Tool samt der dahinterliegenden Algorithmik unter dem Namen ClearOps zusammenfassten und ausgründeten. Die Aufgabe, das so entstandene Unternehmen aufzubauen und zu leiten, habe ich dann als Geschäftsführer übernommen. In enger Zusammenarbeit mit dem gesamten ClearOps-, aber auch dem bisherigen Beratungsteam haben wir ClearOps zu dem weiterentwickelt, was es nun ist: eine ungemein mächtige Aftermarket-Plattform für OEMs und deren Supply Chain bis zum Endkunden.
Welche Vision steckt hinter ClearOps?
Unsere Vision ist es, jeglichen Ausfall von Maschinen aller Art zu eliminieren – egal ob Flugzeug, Mähdrescher, Bagger oder medizinisches Spezialgerät.
Das können wir, indem wir eine vollständig digitalisierte und automatisierte Aftermarket-Welt schaffen, in welcher die Produktion über das Händlernetzwerk bis hin zum Endkunden vollständig smart vernetzt ist. So können Probleme frühzeitig erkannt und die notwendigen Ersatzteile und Services jederzeit zur Verfügung gestellt werden – ohne dass der Endkunde selbst sich um irgendwas kümmern muss.
Aktuell fokussieren wir uns auf große Maschinen, deren Ausfall enorm kostenintensiv ist. Ein Mähdrescher zum Beispiel, der ausgerechnet während der Erntezeit wartungsbedingt ausfällt, kostet den Landwirt schnell 30.000€ am Tag. Baumaschinen wie Kräne oder Bagger erzeugen leicht ähnliche Kosten. Indem wir den Ersatzteil- und Wartungsbedarf antizipieren, können unsere Kunden die entsprechenden Teile und Kapazitäten vorhalten und so den Schaden komplett vermeiden.
Langfristig wollen wir mit unserer Software wirklich jeglichen Maschinenausfall (zum Beispiel auch Lkws und Pkws, Industrieküchen, Fertigungsanlagen und vieles mehr) verhindern.
Von der Idee bis zum Start was waren bis jetzt die größten Herausforderungen und wie haben Sie sich finanziert?
Herausforderungen gibt es viele: das richtige Team aufzubauen und Verantwortungsbereiche klug zu verteilen, die Arbeit über fünf Kontinente hinweg, der Aufbau der Marke, die Weiterentwicklung des Produkts und vieles mehr. In die meisten dieser Themen, sei es IT, Sales, Produktmanagement oder die Geschäftsführung wächst man meiner Meinung nach hinein. (Ich glaube ich muss nicht erwähnen, dass ich in meinem Alter auch häufig vor Entscheidungen stehe, in denen mir ein wenig mehr Erfahrung sicherlich helfen würde.) Die größte Herausforderung ist es jedoch wohl, sich die Fähigkeit zu erhalten, unermüdlich dranzubleiben, auch und gerade wenn mal etwas nicht klappt. Da ist neben Hartnäckigkeit und Ausdauer vor allem auch Kreativität gefragt, um neue Lösungen zu finden und schlussendlich auch Motivation und der nötige Mut, tatsächlich etwas zu verändern.
Diese zentrale Fähigkeit muss man als Startup besitzen und sich unbedingt erhalten.
Um noch kurz auf die Finanzierung einzugehen: Da unsere Lösung aus einem Unternehmensberatungsprojekt heraus entstanden ist, sind wir initial organisch gewachsen. Nichtsdestotrotz haben wir im August 2021 eine Finanzierungsrunde mit privaten Investoren durchgeführt, um unsere sehr ambitionierten Ziele für nächstes Jahr erreichen zu können. Wir vergrößern das Team, erschließen neue Märkte und haben unzählige produktseitige Ideen, um unsere Vision vollständig digitalisierter Supply Chains zu verwirklichen.
Wer ist die Zielgruppe von ClearOps?
Unsere Zielgruppe ist die maschinenfabrizierende Industrie. Dabei ist es egal, ob das Unternehmen aus der Landtechnik, Baumaschinenbranche, Flurtechnik oder dem Anlagenbau kommt. Für uns ist die Struktur der Lieferkette ausschlaggebend: Produzenten in dieser Industrie sind sowohl systemisch als auch organisatorisch meist komplett abgeschnitten von ihren Vertriebs- und Service-Strukturen, ganz zu schweigen vom Endkunden, der die Maschine schlussendlich benutzt. Wenn man das verändert, ändert sich alles.
Wie funktioniert ClearOps? Wo liegen die Vorteile? Was unterscheidet Sie von anderen Anbietern?
Wie vorhin schon beschrieben, verbinden wir auf unserer Cloud-Plattform Produzenten mit ihrem gesamten Händler- und Distributionsnetzwerk bis hin zu den Endkunden und der Maschine im Einsatz. Sobald alle Systeme bei uns aufgeschaltet sind, haben wir die notwendigen Daten, um unsere Machine-Learning Engine zu füttern: IoT-Maschinen-Sensorik, historische Nachfrage, Trendanalysen und vieles mehr. So sagen wir dann genau voraus, wann welches Ersatzteil in welcher Menge wo benötigt werden wird und vernetzen automatisch den richtigen Service-Dienstleister mit dem Endkunden – bevor der Kunde sich um irgendwas kümmern muss!
Vorteile:
Auf diese Weise lässt sich mit ClearOps die Teileverfügbarkeit erhöhen und somit Maschinenausfallzeiten deutlich senken. Gleichzeitig sinkt der Lagerbestand bzw. das dort gebundene Kapital und die Lieferzeiten verkürzen sich, auch weil manuelle Planungs- und Service-Prozesse digitalisiert als auch automatisiert werden können, was zu erheblich gesteigerter Kundenzufriedenheit führt.
Ein großer Unterschied zum Wettbewerb ist dabei, dass wir bereits an alle industrieüblichen Systeme angeschlossen sind. Oftmals ist die Konnektivität zu den unterschiedlichsten Systemen der größte Aufwandstreiber und kreiert vielfach außerordentliche IT-Komplexität. Diesen Aufwand können wir durch bestehende Interfaces minimieren und somit schnell und einfach den operativen Betrieb der eigentlichen Supply Chain Software aufnehmen.
Darüber hinaus gibt es keine andere Lösung am Markt, die diese Fülle an Funktionalitäten in der Reife anbietet.
ClearOps, wo geht der Weg hin? Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?
Wir wachsen aktuell so schnell, dass es für diesen Zeitraum gar keine richtige Antwort gibt. Allein im nächsten Jahr planen wir mit über 100% zu wachsen, den US-amerikanischen Markt zu betreten und zwei neue Produkte auf den Markt zu bringen. Ich hoffe, dass wir in fünf Jahren unserer Vision einer vollständig vernetzten Maschinenwelt ohne Ausfälle ein gewaltiges Stück nähergekommen sein werden und somit einen großen innovativen Impact auf die Supply Chain der Zukunft haben.
Zum Schluss: Welche 3 Tipps würden Sie angehenden Gründern mit auf den Weg geben?
Der wichtigste Teil ist, das richtige Team und das Verteilen von Kompetenzen. Vor allem, weil man selbst niemals in der Lage ist, in jedem Bereich die richtige Entscheidung zu treffen. Man muss gerade am Anfang seine Kernkompetenzen und Fokusbereiche identifizieren und sich auf diesen Gebieten aufhalten. Für alles Übrige benötigt man bestenfalls Experten, denen man vor allem menschlich, aber auch fachlich vertraut. Solange man dann den Überblick behält und sich zum richtigen Zeitpunkt bei kritischen Entscheidungen konstruktiv einbringt, erreicht man so eigentlich immer das bestmögliche Resultat.
Meinungen und Kritik einholen:
Ich habe gerade am Anfang oft den Fehler gemacht, nicht auf erfahrene Freunde, Mentoren, Experten und vor allem meine Eltern zuzugehen und um Rat zu fragen. Ich wollte allein etwas aufbauen und mich selbst beweisen – dafür jedoch auf regelmäßiges Feedback, Impulse und Ratschläge zu verzichten, ist schlicht unklug. Keine Angst, niemand wird je sagen: „Der hat es nur geschafft, weil er gute Mentoren hatte.“ Der Weg ist auch so schon schwer genug und man muss sich immer noch jeden noch so kleinen Fortschritt hart erarbeiten.
Zu guter Letzt ist es aus meiner Sicht entscheidend, frühzeitig Feedback vom Markt zu generieren und sich nicht zu lange auf das eigene Produkt und die Struktur zu konzentrieren. Das Produkt kann wahnsinnig innovativ sein, cutting-edge Technologie beinhalten und unschlagbare Vorteile bieten – wenn es keine Nachfrage dafür gibt, bringt das alles einem überhaupt nichts. Da hilft nur: mit einem MVP (muss per Definition schlecht sein) starten, sich dann kontinuierlich Feedback von potenziellen Kunden einholen und die Produktmehrwerte immer wieder challengen. Dieser Prozess ist nicht nur für Startups, sondern in alle innovativen Unternehmen unerlässlich – davon bin ich fest überzeugt.
Wir bedanken uns bei William Barkawi für das Interview
Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder