Donnerstag, Juni 5, 2025
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Wird unser Essen bald aus dem Wohnzimmer kommen?

Everleaf bietet einen smarten Indoor Garten für den Anbau von frischem Gemüse in der eigenen Wohnung

Wie ist Everleaf entstanden und wer sind die Köpfe hinter dem Unternehmen?

Everleaf ist aus einem tiefen Verständnis dafür entstanden, was in der heutigen Lebensmittelproduktion schiefläuft. Ich bin Christophe Vermeersch, Gründer von Everleaf, und habe viele Jahre in genau diesem Bereich gearbeitet – und dabei aus erster Hand gesehen, wie ineffizient unser aktuelles System ist. Fast die Hälfte des Gemüses wird entlang der Lieferkette weggeworfen, bevor es überhaupt auf dem Teller landet. Gleichzeitig stehen wir vor der Herausforderung, eine wachsende Weltbevölkerung in Zukunft gesund und nachhaltig zu ernähren.

Für mich war klar: So kann es nicht weitergehen. Wir brauchen Alternativen – und zwar solche, die direkt an der Wurzel ansetzen: bei der Produktion selbst. Everleaf ist meine Antwort darauf. Unsere Idee ist es, die Lieferkette radikal zu verkürzen, indem wir sie direkt in die Wohnungen holen – mit einem System, das Selbstversorgung für alle zugänglich macht. Früher war es ganz normal, selbst Gemüse anzubauen, doch heute fehlen oft Platz, Zeit und Know-how. Der Everleaf Garden ändert genau das: Er macht den Anbau kinderleicht – sogar mitten in der Stadt. So können Menschen nur das ernten, was sie wirklich brauchen – und helfen ganz automatisch mit, Lebensmittelverschwendung zu reduzieren und unsere Ernährung zukunftsfähig zu machen.

Welche Vision verfolgt Everleaf und wie plant ihr, diese Realität werden zu lassen?

Unsere Vision ist es, jedem Menschen zu ermöglichen, sein eigenes Gemüse anzubauen – und dadurch den Grundstein für eine gesündere und nachhaltigere Ernährung zu legen. Denn was wir heute im Supermarkt finden, ist oft hoch verarbeitet, behandelt mit Pestiziden und hat durch lange Lieferketten einen großen ökologischen Fußabdruck. Mit dem Everleaf Garden holen wir den Gemüseanbau zurück nach Hause – direkt dorthin, wo gegessen wird.

Wer sein eigenes Gemüse anbaut, ernährt sich automatisch frischer, bewusster und gesünder. Man sieht, wie die Pflanzen wachsen, erkennt Qualität wieder mit eigenen Augen – und schmeckt den Unterschied. Unser Ziel ist es, diesen Zugang so einfach wie möglich zu machen, auch ohne Vorkenntnisse, Platz oder Zeit. Dafür entwickeln wir ein System, das zuverlässig funktioniert, Spaß macht und echte Ergebnisse liefert – vom Saatkorn bis zur Ernte. So entsteht eine neue Form der Selbstversorgung, die in jeden Alltag passt und gleichzeitig ein Teil der Lösung für viele Probleme im Ernährungssystem ist.

Welche Zielgruppen möchtet ihr mit Everleaf besonders ansprechen?

Unsere Zielgruppe sind alle, die sich bewusster ernähren möchten – aber ohne dabei komplizierte Prozesse oder Umstellungen in Kauf nehmen zu müssen. Das sind junge Familien, die frisches Gemüse für ihre Kinder möchten, Berufstätige, die wenig Zeit haben, aber trotzdem gesunde Mahlzeiten kochen wollen, oder Städter:innen, die keinen Balkon haben, aber trotzdem etwas Eigenes anbauen möchten. Viele unserer Kund:innen sind auch neugierig auf Nachhaltigkeit und wollen wissen, wo ihr Essen herkommt. Everleaf bringt dieses Wissen zurück in den Alltag.

Wie unterstützt euer System Menschen dabei, frische Kräuter und Pflanzen einfach zu Hause anzubauen?

Der Everleaf Garden übernimmt die komplette Pflege: Das Lichtsystem simuliert natürliche Tagesverläufe, die integrierte Pumpe bewässert automatisch, und unsere vorkonfigurierten Pflanzenkapseln machen den Start kinderleicht. Kein Gießen, kein Umtopfen, kein Rätselraten – einfach die Kapsel einsetzen und beobachten, wie die Pflanzen wachsen.

Dank unserer hydroponischen Anbauweise – bei der die Pflanzen ganz ohne Erde gedeihen – wachsen sie besonders schnell und effizient. Im Vergleich zum Freilandanbau verdoppelt sich das Wachstumstempo, sodass man oft schon nach 4 bis 5 Wochen das erste Mal ernten kann. Gleichzeitig brauchen die Pflanzen 95% weniger Wasser als im herkömmlichen Anbau.

Was unterscheidet Everleaf von anderen Anbietern im Bereich Indoor Gardening?

Die meisten Indoor-Gärten, die man in Europa kennt, sind kleine Tischgeräte, die gerade mal für ein paar Kräuter reichen. Mit dem Everleaf Garden gehen wir einen ganz anderen Weg: Unser System ist groß genug, um wirklich Ertrag zu liefern – bei voller Bepflanzung kann man täglich eine große Schüssel Salat ernten. Damit wird Indoor-Gardening nicht nur zum Hobby, sondern zur echten Versorgungsalternative.

Vergleichbare größere Systeme gab es schon – sie scheiterten aber oft am Preis: 2.000 bis 3.000 Euro sind für viele Menschen schlicht nicht leistbar. Wir haben uns bewusst für einen minimalistischen, aber hochwertigen Ansatz entschieden und können dadurch erstmals ein System unter 1.000 Euro anbieten. Das eröffnet nicht nur einen neuen Markt, sondern macht den Anbau auch finanziell interessant: Nach etwa zwei Jahren hat sich die Anschaffung durch eingesparte Supermarktkosten bereits amortisiert.

Und: Der Everleaf Garden funktioniert komplett ohne App und WLAN – das sorgt für maximale Zuverlässigkeit, eine einfache Bedienung und eine stressfreie Nutzererfahrung.

Welche technologischen Lösungen kommen bei eurem Indoor-Garten zum Einsatz?

Unser System nutzt energieeffiziente LEDs mit dimmbarer Lichtsteuerung, die sich individuell anpassen lassen – inklusive Sonnenaufgangs- und Sonnenuntergangsmodus. Eine integrierte Wasserpumpe versorgt die Pflanzen bedarfsgerecht. In der Keimphase wird automatisch weniger bewässert, um die Keimrate zu erhöhen. Das gesamte System wird direkt am Gerät gesteuert – bewusst ohne App, damit es zuverlässig, langlebig und unabhängig funktioniert.

Gab es besondere Herausforderungen bei der Entwicklung eures Produkts und wie seid ihr damit umgegangen?

Definitiv – ein Hardware-Produkt zu entwickeln ist alles andere als einfach. Es reicht nicht, dass das Produkt gut aussieht. Es muss auch produzierbar sein, möglichst kostengünstig, und trotzdem zuverlässig funktionieren. Genau das schränkt viele Entscheidungen in der Entwicklung stark ein. Wir sind immer wieder auf Probleme gestoßen – sei es beim Material, bei der Konstruktion oder bei der Technik. Aber genauso schnell, wie die Probleme aufgetaucht sind, haben wir auch Lösungen gefunden.

Uns war von Anfang an wichtig, möglichst schnell auf den Markt zu kommen. Nicht, weil wir alles perfekt machen wollten – sondern weil wir wissen wollten, was der Markt wirklich will und wofür Menschen bereit sind, zu zahlen. Deshalb haben wir bewusst darauf verzichtet, jahrelang im Labor zu tüfteln. Unser Anspruch war: Es muss funktionieren, einfach sein und den Zweck erfüllen. Alles andere kann man Stück für Stück verbessern. Genau das haben wir gemacht – und bringen nun die New Edition des Everleaf Garden heraus, mit vielen Weiterentwicklungen basierend auf echtem Nutzerfeedback.

Diese pragmatische Herangehensweise hat uns extrem geholfen: Wir haben nicht an einem Ideal vorbeientwickelt, sondern direkt am Bedarf der Menschen. Und genau das ist einer der Gründe, warum Everleaf heute da steht, wo wir sind.

Wie sieht euer bisheriges Kundenfeedback aus und was habt ihr daraus gelernt?

Das Feedback unserer Kund:innen war von Anfang an sehr wertvoll – und es zeigt uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Viele sind begeistert, wie einfach der Einstieg funktioniert und wie schnell man Ergebnisse sieht. Gleichzeitig bekommen wir auch viele Ideen und Wünsche, wie man die Indoorgartenerfahrung noch weiter verbessern kann.

Ähnlich wie bei einem Garten draußen gibt es auch indoor ganz unterschiedliche Bedürfnisse – und entsprechend viele Möglichkeiten zur Individualisierung. Im Outdoor Garten gibt es unendlich viel Zubehör, das dabei hilft, das Gärtnern noch angenehmer, effizienter oder schöner zu machen. Genau da setzen wir jetzt auch Indoor an: Wir arbeiten an einer Reihe neuer Produkte und Erweiterungen, die gezielt auf das Feedback unserer Community eingehen. Denn viele klassische Gartengeräte oder Zubehörteile lassen sich nicht einfach ins Wohnzimmer übertragen – deshalb entwickeln wir eigene Lösungen, die wirklich passen.

Welche Erweiterungen oder neuen Funktionen plant ihr für die Zukunft?

Wir haben gerade erst die New Edition des Everleaf Garden auf den Markt gebracht – mit vielen neuen Funktionen, die direkt aus dem Kundenfeedback entstanden sind. Dazu gehören unter anderem ein dimmbares Pflanzenlicht sowie ein überarbeitetes Display, mit dem sich der Garten noch einfacher steuern lässt. Das sind genau die Details, die den Alltag unserer Nutzer:innen erleichtern und den Anbau noch besser machen.

Was zukünftige Erweiterungen angeht, können wir noch nicht alles verraten – aber klar ist: Da kommt noch einiges. Wir testen laufend neue Pflanzensorten und erweitern unser Portfolio Schritt für Schritt mit seltenen oder besonderen Sorten, die man so im Supermarkt kaum findet. Unser Ziel ist es, die Vielfalt im Indoor Garten zu vergrößern und die Erfahrung für unsere Community immer weiter auszubauen.

Wie wollt ihr Everleaf weiter skalieren und neue Märkte erschließen?

Aktuell fokussieren wir uns voll und ganz auf den DACH-Raum und wollen hier zunächst unsere Marke und unser Produkt nachhaltig etablieren. Derzeit verkaufen wir ausschließlich über unseren eigenen Onlineshop, was uns erlaubt, direkt mit unseren Kund:innen in Kontakt zu stehen und schnell auf Feedback zu reagieren.

Für die Zukunft können wir uns aber gut vorstellen, auch den stationären Handel zu testen – vermutlich in ein bis zwei Jahren. Unser Ziel ist es, Indoor-Gardening für eine breite Zielgruppe zugänglich zu machen – und dafür brauchen wir auch neue Vertriebskanäle.

Welche drei Tipps würdet ihr anderen Gründerinnen und Gründern mit auf den Weg geben?

Besonders im Hardware-Bereich ist es entscheidend, das Produkt so günstig wie möglich auf den Markt zu bringen. In den ersten Jahren wirst du zu 99 % keine Investoren finden, die dir ein bequemes Leben finanzieren – zumindest nicht, solange du nicht nachweisen kannst, dass du den Product-Market-Fit wirklich gefunden hast und signifikante Umsätze erzielst. Klassische Bankfinanzierung ist in der Regel auch keine Option, denn ohne persönliche Haftung bekommst du kaum einen Kredit. Deshalb sind Vorverkäufe oft die einzige Möglichkeit, um zu starten.

Ich empfehle dabei, den eigenen Onlineshop zu nutzen statt auf Crowdfunding-Plattformen zu setzen. So behält man den vollen Umsatz – und heutzutage sind die Leute ohnehin skeptisch, egal ob es sich um bekannte Plattformen handelt oder um eine neue Marke, die sie noch nicht kennen. Entscheidend ist, dass du Vertrauen aufbaust und zeigst, dass dein Produkt funktioniert. Und ganz wichtig: Versuch nicht, zu viel Zeit mit der Produktentwicklung zu verschwenden. Bring es auf den Markt, auch wenn es noch nicht perfekt ist – Hauptsache, es erfüllt seinen Zweck und du bekommst echtes Feedback aus dem echten Leben.

Bild: Christophe Vermeersch vor Indoor Garten @ Everleaf

Wir bedanken uns bei Christophe Vermeersch für das Interview

Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder.

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