finance, baby! ermutigt Frauen, ihre finanzielle Zukunft selbst in die Hand zu nehmen
Stellen Sie sich und das Startup finance, baby! doch kurz unseren Lesern vor!
Wir sind Tessa (Werbung & Marktkommunikation) und Denise (Kommunikationswissenschaft), seit August 2020 Gründerinnen von finance, baby! und wir hatten vor einigen Monaten selbst noch Angst vor Aktien, Zahlen, Geld & Co.
Doch nach den Gesprächen mit über 300 Frauen wussten wir, dass wir etwas ändern müssen:
Das Thema Finanzen wird nicht auf Augenhöhe kommuniziert. Inhalte werden kompliziert und unnahbar dargestellt. Es gibt kaum Angebote für Frauen* in versch. Lebenssituationen, wie Mutterschutz, Selbstständigkeit oder Scheidung. Frauen rutschen immer weiter in die Altersarmut ab, aber können dieses Problem nicht lösen, weil sie nicht selbstsicher beim Thema Geld sind.
Es fehlen persönliche Ansprechpartner:innen, Offenheit und das Vertrauen in Finanzberatungen aufgrund von Unnahbarkeit und schlechten Erfahrungen. Auch wir hatten in unserer Kindheit mit finanziellen Sorgen zu kämpfen und durften selbst erfahren, wie es ist, über keine finanzielle Stabilität im Leben zu verfügen. Deshalb haben wir es uns zum Ziel gesetzt, dass sich nie wieder eine Frau* so fühlen soll, wie wir uns gefühlt haben.
Was uns antreibt? Frauen*, die ihr Potenzial entfalten und ihre Wünsche mutig leben, ohne sich dabei über einen niedrigen Kontostand Sorgen zu machen.
Warum haben Sie sich entschlossen, ein Unternehmen zu gründen?
Die Idee kam tatsächlich aus einem eigenen, persönlichen Problem im ersten Lockdown letztes Jahr, da plötzlich das Thema Kurzarbeit, Kündigungen und finanzielle Unsicherheit überall zu sehen und hören war. Denise hatte plötzlich große Angst vor einer Kündigung und ihr ist bewusst geworden, dass sie, sollte dies eintreffen, kaum Puffer auf dem Konto hat, der sie über Wasser hält und sie fernab davon auch überhaupt keine Ahnung von ihren Finanzen hat. Das Thema war immer etwas fernes, was man von einem wegschiebt, weil es so unangenehm ist und es ja sowieso mehr Spaß macht, im Hier und Jetzt sein Geld auszugeben.
Denise hat angefangen zu recherchieren und nach einer Lösung zu suchen, die anschaulich und einfach erklärt ist und vor allem so, dass die Angst vor dem Thema genommen wird, statt sie noch zu vergrößern.
Es gab jedoch absolut nichts, was passend gewesen wäre und so hat sie das Thema kurzerhand selbst in die Hand genommen, indem sie anfing, mit möglichst vielen Frauen über Geld zu sprechen. Schnell hat sie bemerkt, dass es nicht nur ihr so ging, sondern so ziemlich jeder Frau, mit der sie gesprochen hat. Dann war klar: eine Lösung muss her – und wenn diese keiner baut, dann bauen wir sie selbst.
Was war bei der Gründung von finance, baby! die größte Herausforderung?
Zu verstehen, dass es nicht nur DEN EINEN Weg zu einem Unternehmen gibt. Wir dachten lange, dass der Weg zum erfolgreichen Unternehmen nach einer Vorlage bestritten werden muss. Idee, MVP, Traktion, Product Market Fit, Investment, Growth, Unicorn. “Fokussiert Euch nicht auf Social Media, so werdet ihr keine Sales machen” “Investoren zu finden ist der Heilige Gral” – das hat uns fast ans Ende von finance, baby! Getrieben. Warum? Weil wir aufgehört haben, uns und unserem Purpose zu folgen und stupide der Skalierbarkeit hinterhergerannt sind. Wer sagt, dass es keine Zwischenstufe zwischen Small Business und StartUp gibt? Wer sagt, dass etwas schlechter oder besser ist? Was wir tun müssen ist, auf unseren Purpose zu hören. Die Entscheidungen, die wir visionsgetrieben und mit unfassbarer Power treffen, sind meist die richtigen. Wenn sich für Dich eine Phase so anfühlt, als würdest Du feststecken und Dich die ganze Zeit im Kreis drehen, dann checke unbedingt, ob das was Du tust tatsächlich DU bist.
Kann man mit einer Idee starten, wenn noch nicht alles perfekt ist?
Die Frage ist an dieser Stelle tatsächlich sehr gefährlich formuliert. “Noch nicht perfekt” impliziert nämlich, dass irgendwann alles perfekt wird. Und das wird höchstwahrscheinlich niemals eintreffen.
Unser Motto ist tatsächlich “Start before you’re ready”. Wir dachten nämlich anfangs auch, dass wir mit keiner Idee starten könnten, weil wir persönlich zu schlecht, zu unerfahren, zu unsicher wären. “Das braucht noch Zeit, der richtige Moment wird noch kommen”, sind Gedanken, die uns dabei immer im Kopf herumgeschwirrt sind. Bis wir irgendwann gemerkt haben: das ist absoluter bullsh*t. Denn: wir werden uns niemals für eine so große Aufgabe, wie, ein Unternehmen zu gründen, bereit fühlen. Wir müssen Schritt für Schritt vorangehen und mutig sein, auch wenn wir uns nicht bereit fühlen. Den perfekten Moment gibt es nicht. Wichtig ist, dass man einfach anfängt – dann geht der zweite Schritt auch schon um einiges leichter.
Es wird zudem nie perfekt laufen: die Reise als Unternehmerin und Gründerin ist eine Achterbahnfahrt und verläuft nicht exponentiell. Es gibt ups and downs – und zwar besonders dann, wenn man nicht damit rechnet. Das Wichtigste hierbei ist: Geduld. Mit der Situation und vor allem: mit Dir selbst.
Welche Vision steckt hinter finance, baby!?
Wir ermutigen Frauen* dazu, ihre finanzielle Zukunft selbst in die Hand zu nehmen. Unsere große Vision ist es, dass Frauen* und Männer* dieselben finanziellen Chancen haben.
Angebote im Finanzbereich sind stark auf den Mann ausgerichtet. Zum einen sind Inhalte nicht verständlich aufbereitet, es wird also oft davon ausgegangen, dass schon Vorkenntnisse da sind, was bei Frauen aber meistens nicht der Fall ist. Außerdem sind viele von uns noch mit traditionellen Rollenbildern aufgewachsen und leben oftmals selbst noch in diesen Rollenbildern: der Mann kümmert sich um das Geld und die Finanzen, die Frau bleibt bei den Kindern zuhause, hat das geringere Einkommen und überlässt Geldthemen dem Mann. Dadurch entstehen Berührungsängste mit dem Thema und die Frauen trauen sich erst gar nicht sich selbst mit dem Thema zu beschäftigen. Wenn dann aber der Fall eintritt, dass man plötzlich nicht mehr die finanzielle Sicherheit von einem Mann hat aus welchen Gründen auch immer, dann muss man sich mit dem Thema beschäftigen aber weiß überhaupt nicht wie und es fehlt ein Startpunkt, der einem genau sagt wo man anfangen soll und welche Schritt dann nacheinander kommen.
In vielen Bereichen herrscht immer noch keine Gleichberechtigung von Mann und Frau und beim Thema Geld eben auch. Zum Beispiel liegt die Gender Pay Gap (unbereinigt) im Moment bei 19%, was bedeutet, dass Frauen für die exakt selbe Arbeit im Schnitt 19% weniger Geld bekommt als Männer. Ein anderes Beispiel: die Pension Gap also die Rentenlücke. Frauen erhalten im Schnitt 58% weniger Rente. Und das kommt zB dadurch, dass Frauen noch häufiger für die Erziehung der Kinder zu hause bleibt und für diese Zeit natürlich weniger oder gar nichts verdient. Hier fehlt es eben an Gleichberechtigung. Frauen sollten für die gleiche Arbeit gleich viel Geld bekommen und nicht nur aufgrund des Geschlechts anders behandelt werden. Oder Männer dürfen gerne häufiger in Elternzeit gehen.
Wir widmen unser ganzes Herz und unseren Unternehmerinnengeist der Aufklärung und der Veränderung dieser Fakten.
Wer ist die Zielgruppe von finance, baby!?
Unser Angebot richtet sich speziell an Frauen*, die vor finanziellen Herausforderungen stehen: der erste Job, die verflixte Steuererklärung, eine schwierige Gehaltsverhandlung, die erste Immobilie, das erste Mal Mama werden oder die Eröffnung eines Aktiendepots. Als Unternehmen von Frauen für Frauen* schaffen wir einen Safe-Space für das heikle Thema Geld.
Wie funktioniert finance, baby! ?
Finance, baby! Ist ein Ort der Offenheit und der Wissensvermittlung – ein safe space sozusagen. Den Kern von finance, baby! Bildet unsere Learningplattform für Finanzen, die speziell auf die Herausforderungen im Leben einer Frau ausgerichtet ist. So kann man als Frau (oder einfach auch nur als Mensch – everyone is welcome!) Online-Kurse innerhalb der Plattform absolvieren, bei monatlichen Online- und Offline-Events Fragen stellen und in den Austausch treten und innerhalb einer großen Community Fragen zu allen Finanz- und Lebensthemen stellen. Wir verbinden Wissen mit direkter Handlung. Zudem fungieren wir als Personen der Öffentlichkeit auf den Sozialen Medien – wir sind eigentlich DIE Freundinnen unserer Community, die offen über Finanzen und Geld sprechen und somit Tabus brechen.
Was unterscheidet Sie von anderen Anbietern?
Wenn wir mal ganz ehrlich sind, dann wissen wir alle, dass es sehr selten passiert, dass Menschen vom Fach ohne Fachbegriffe kommunizieren. Für Themen-Newbies, ganz egal bei welchem Thema, ist das oft super schwierig. Mit Fachsprache kommt Distanz auf. So auch im Finanzbereich. Es gibt zwar immer mehr Anbieter:innen, die das Thema Frauen und Finanzen aufgreifen (und das ist MEGA!!!), allerdings wird kaum auf Augenhöhe kommuniziert und Frauen gehen immer noch mit Fragezeichen im Kopf aus Finanzberatungen & Co. Wir sind anders: wir verstehen unsere Kundinnen, weil wir die Zielgruppe SIND. Alles, was wir rausbringen muss für uns verständlich sein – so können wir sichergehen, dass unsere Kundinnen auch alles verstehen und keine Berührungsängste, sondern Spaß am Thema haben!
Eine weitere Learningplattform für Finanzen speziell für Frauen gibt es in Deutschland aber tatsächlich nicht. Wir sprechen also immer von indirekten Wettbewerber:innen.
finance, baby! wo geht der Weg hin? Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?
finance, baby! ist eine Learningplattform, ein Ort des Vertrauens und eine Bewegung für mehr Gleichberechtigung. Lange dachten wir, dass der nächste Schritt nun unbedingt die GmbH Gründung und erste Finanzierungsrunde sein MUSS. Tatsächlich haben wir uns jedoch dazu entschlossen, möglichst lange unabhängig zu bleiben und finance, baby! zunächst weitestgehend zu bootstrappen. Wir konzentrieren uns aktuell voll darauf, unsere Learning-Plattform auszubauen und damit die Kommunikation von Finanzwissen für den Lebensalltag zu revolutionieren. Hierfür haben wir am 24.06. ein Crowdfunding gestartet, welches die Professionalisierung der Plattform finanzieren wird. Das heißt wir konzentrieren uns auf die Entwicklung der gewünschten Features, die Content Produktion von Online-Kursen für spezifische Themen.
Wir sehen finance, baby! langfristig als einen Ort der Begegnung – ein Zuhause für Frauen, sozusagen. Deshalb starten wir Ende des Jahres mit finance, baby! Meet Ups in ganz Deutschland, wo wir ohne Tabu über Finanzthemen sprechen und unfassbar tolle Frauen als SpeakerInnen haben werden. Außerdem gibt es bald die ersten Printprodukte, sodass wir die Frauen direkt im Alltag abholen und alltägliche Struggles erleichtern können.
Zum Schluss: Welche 3 Tipps würden Sie angehenden Gründerinnen mit auf den Weg geben?
Sich nicht beirren zu lassen und auch InvestorInnen eine menschliche Seite zu zeigen. Wir müssen uns nicht verbiegen, nur um Gelder einzusammeln oder vor einer Jury stark zu wirken. Vielleicht bringt uns das in dem einen Moment den Sieg, ja. Aber langfristig profitiert der, der sich selbst treu bleibt und ehrlich und offen ist. Und wenn das bedeutet, in manchen Momenten Unsicherheit zu zeigen oder ehrlich zu sagen, dass man eine Meinung nicht teilt, dann ist das in Ordnung.
Und natürlich: start before you’re ready.
Wir bedanken uns bei Tessa und Denise für das Interview
Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder