Mittwoch, September 27, 2023
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FinTech-Startups ändern eine Jahrtausende alte Geschäftswelt

Herausforderungen zur Gründung eines FinTech-Startups

Die Geschichte des Bankenwesens beginnt bereits vor über 2000 Jahren

Erste Kontoführung und Geldgeschäfte gehörten schon im damaligen Bankenzentrum Athen zur Tagesordnung, Menschen wechselten Geld, bekamen Kredite für Schiffe und Häuser oder deponierten ihre Münzen bei den ersten Banken. Am Prinzip “Soll und Haben” hat sich seitdem nichts geändert. Jedoch sind die Methoden, mit denen wir Geld handhaben, etwas anders geworden. Mit verantwortlich dafür ist die Digitalisierung, die dank Algorithmen und Online-Banking, Geldgeschäfte bequemer macht. Traditionell ist der Bankensektor recht konservativ, wenn es um Reformen oder Innovationen geht, die die Grundwerte des Bankwesens aus den Angeln heben könnten. Doch vor allem FinTech-Startups wollen das ändern und gehen mit ihrem Ansatz neue Wege, indem sie sich dem Zeitgeist anpassen und den Blick eher in die Zukunft richten. Die Schwierigkeit: Es treffen Tradition und Regulierung auf neue Wege und Erfindergeist. Das gestaltet sich durchaus schwierig – doch was sind die realen Herausforderungen, wenn man ein Unternehmen im Financial-Technology-Bereich gründet?

Zuerst einmal unterscheidet sich eine Gründung im FinTech-Bereich nicht von anderen

Jeder Tag bringt neue Herausforderungen mit sich und Entscheidungen müssen schnell gefällt werden. Sowohl die Gründer selbst als auch das Team drum herum müssen sich auch in Bereichen einarbeiten, die nicht immer unbedingt den Interessen oder dem Können entsprechen. Das macht natürlich auch den Reiz eines Startups aus: Man entscheidet schnell was umgesetzt werden soll, definiert die Ziele selbst und arbeitet in immer neuen Bereichen des Tagesgeschäfts.

Als FinTech gilt es aber bei der Gründung viel mehr Dinge zu beachten, als das bei Unternehmen aus anderen Bereichen der Fall ist. Die größte Herausforderung ist ganz klar das unterschiedliche Tempo, mit denen Startups und Banken arbeiten. Als Gründer eines Fintech-Unternehmens fühlt man sich wie ein Speedboat, das einen gemütlichen Flussdampfer versucht mit aller Macht hinter sich herzuziehen. Die richtige Balance des Tempos zu finden, nicht die Geduld zu verlieren und sich aufeinander abzustimmen ist eine große Hürde, die durch Kommunikation und Absprachen gemeistert werden muss.

Ein weiteres Hindernis sind die “Compliance-Richtlinien”, die sowohl für Banken als auch für auf dem Finanzmarkt agierende Startups gelten. Die “Regeltreue” soll Unternehmen, Mitarbeiter und Kunden schützen und kriminelle Handlungen, wie zum Beispiel Geldwäsche, unterbinden. Die Herausforderung besteht also darin, aus diesem komplexen Regelwerk jede noch so kleine Bestimmung zu erfüllen und gleichzeitig das Produkt simpel zu halten. Diese Anforderungen legen die Messlatte für den Markteintritt sehr hoch. Auch wenn für die Europäische Union gemeinsame Regeln gelten, hat doch jedes Land innerhalb der EU noch einmal unterschiedliche, eigene Gesetze – das schränkt die Skalierfähigkeit des Business Models enorm ein. Was in Deutschland funktioniert, ist in Frankreich oder dem Vereinten Königreich wiederum nicht möglich oder auf Grund unterschiedlicher Regularien schwieriger umzusetzen.

Als FinTech-Startup, das direkt mit Konten und deren Handhabung agiert, benötigt man grundsätzlich eine Banklizenz, die es nur auf zwei Wegen gibt: Erstens kann man versuchen eine eigene Banklizenz von der Europäischen Zentralbank zu erwerben, was unheimlich viel Zeit in Anspruch nehmen und zudem sehr teuer werden kann. Unternehmen müssen mehrere Millionen Euro auf dem eigenen Geschäftskonto haben, um überhaupt daran zu denken, eine eigene Lizenz zu beantragen. Die zweite Möglichkeit ist, dass die Gründer eine Partnerbank mit einer Bankenlizenz finden, mit der sie kooperieren. Das kostet natürlich ebenfalls Geld und durch die Kooperation sind automatisch mehr Parteien in zukünftige Prozesse involviert.

Ein weiterer wichtiger Punkt bei der Gründung eines FinTech-Startups sind die Sicherheitsmechanismen, die gewährleistet sein müssen. Als Erfinder einer neuen Banking-Lösung will man seinen Kunden das Maximum an Sicherheit bieten. Noch so kleine Fehler im Code des Produkts könnten Hintertüren für Hacker bieten. Falls es wirklich zu einem Hackerangriff kommt, hat das weitreichende Konsequenzen: Das Vertrauen der Kunden ist gebrochen und lässt sich nur schwer wiederherstellen – sie haben Angst um ihr Geld und ihre persönlichen Daten. Die meisten Anfragen, die uns bei Hufsy aus Deutschland erreichen, sind zum Thema zum Datenschutz und Sicherheit- aus einem Land, wo übrigens immer noch das Bargeld regiert.

Zu guter Letzt braucht man als Fintech-Unternehmen eine gewisse Anzahl von Experten im Team, die eben mit diesem nötigen Fachwissen ausgestattet sind, um den beschriebenen Herausforderungen im Bereich des Bankenwesens gewachsen zu sein.

Was müssen FinTech-Gründer also tun, um diese Herausforderungen zu meistern?

Zuerst einmal sollten sie mit Leuten sprechen, die sowohl in diesem Bereich als auch in den angeschlossenen Sektoren bereits Erfahrungen gesammelt haben. Dazu eignen sich Meetups, Messen und Events, wie zum Beispiel Fintech-Konferenzen, sehr gut. Daraus können sich immer wieder neue Kontakte ergeben,vielleicht sogar auch Begegnungen mit Business Angels, die sich mit dem Thema sehr gut auskennen und zu einem weiteren Treffen bereit sind. Gründer müssen natürlich ihre Hausaufgaben machen und sich mit den Regulierungen, auch in den verschiedenen Ländern, vertraut machen und ihr Business Modell wieder und wieder auf die Durchführbarkeit prüfen. Alle Abläufe und Funktionen müssen den geltenden Richtlinien entsprechen, ansonsten ist das Unternehmen noch vor der Gründung zum Scheitern verurteilt. Gründer müssen sich zudem von Anfang an auf das behäbige Tempo einer Bank einlassen können und auch für interne Prozesse viel Geduld mitbringen

Sind diese Vorbereitungen abgeschlossen sowie Voraussetzungen gegeben, kommt wohl der wichtigste Teil einer jeden Gründung: Das Team. Kreativität und Durchhaltevermögen sind die wichtigsten Eigenschaften, wenn man ein Unternehmen aufbaut, weil Mitarbeiter immer und überall mal einspringen und Dinge in die Hand nehmen müssen. Es ist nicht unnormal, dass eine zweiwöchige Frist eingehalten werden muss, wohingegen man in einem etablierten Unternehmen für dasselbe Projekt ein halbes Jahr Zeit gehabt hätte.

Wenn man diese Dinge beachtet und die kleinen und großen Hürden gemeinsam mit einem großartigen Team meistert, kann man auch etwas Kompliziertes wie ein FinTech-Unternehmen aufbauen. Natürlich bedarf es wie immer im Leben auch etwas Glück, sei es beim Timing oder auch der Begegnung mit den richtigen Kontakten.

Digitalisierung wird weiterhin die Welt, wie wir sie kennen verändern – und auch vor einer jahrtausende alten, traditionsreichen Branche wie die der Banken über kurz oder lang nicht Halt machen. Dadurch werden Geldhäuser gezwungen bessere Lösungen anzubieten, transparenter und offener zu arbeiten sowie simplere Prozesse für ihre Kunden einzusetzen. Es wird unheimlich spannend zu sehen sein, wie wir in einigen Jahren unser Geld handhaben werden. Wenngleich sich an “Soll und Haben” auch in Zukunft nicht viel verändern wird, so sind die Möglichkeiten, die sich durch Algorithmen und Code bieten, schier unendlich.

Über Rafal Lipinski
Rafal Lipinski ist Mitgründer und CEO von Hufsy. Der gebürtige Pole verantwortet seit der Gründung die Produktentwicklung und die Technik sowie Investor Relations bei Hufsy. Zuvor arbeitete er als Senior IT-Spezialist bei der ING-Bankengruppe und Citi Bank.
Lipinski studierte Informatik in Warschau sowie der Technischen Universität Kopenhagen und machte einen zudem Abschluss in Management an der London School of Economics. Er lebt in Kopenhagen und Berlin.

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