fiveD entwickelt digitale Zwillinge für Radarsysteme und ermöglicht damit die realitätsnahe Simulation komplexer Umgebungen für Anwendungen von Smart Home bis Raumfahrt
Was ist die Gründungsgeschichte von fiveD und wer sind die Köpfe hinter dem Unternehmen?
fiveD wurde 2024 als Spin-Off des Lehrstuhls für Hochfrequenztechnik an der FAU Erlangen gegründet. Die Idee entstand aus Forschungstätigkeiten im Bereich Radarsimulation – dann haben wir die Firma mit dem Ziel gegründet, eine Brücke zwischen akademischer Forschung und industrieller Anwendung zu schlagen. Heute steht hinter fiveD ein interdisziplinäres Team aus Radar-, KI- und Softwareexperten, das auf einen großen Erfahrungsschatz aus Industrie und Forschung zurückblicken kann. Das Gründerteam besteht aus vier Personen – zwei davon mit starkem Fokus auf Technik, zwei auf Business und Marktentwicklung: Marcel Hoffmann, Dr.-Ing. Christian Schüßler, Lars Schwenger und Dr.-Ing. Michael Stelzig.
Welche Vision verfolgt fiveD mit seinen digitalen Zwillingen für Radarsysteme?
Unsere Vision ist es, die Entwicklung und Validierung von Radarsystemen radikal zu vereinfachen – durch eine digitale Umgebung, die die reale Welt physikalisch korrekt und skalierbar abbildet. Wir schaffen digitale Zwillinge, die es ermöglichen, Radarsysteme nicht mehr auf der Straße, sondern im Rechner zu entwickeln, zu testen und zu optimieren. So beschleunigen wir Entwicklungszyklen, reduzieren Kosten und machen neue Anwendungsszenarien möglich – vom autonomen Fahren bis zur Erdbeobachtung aus dem All.
Wie verändert euer Ansatz die Entwicklung von Radartechnologien im Vergleich zu klassischen Methoden?
Klassische Radartests erfordern teure Hardware, aufwendige Testfahrten und langwierige Validierungsprozesse. Unser Ansatz ersetzt diese durch eine simulationsbasierte Pipeline, in der sämtliche Radarantworten realistisch generiert werden – inklusive Mehrwegeausbreitung, Bewegungsartefakten und Materialspezifika. Damit ermöglichen wir eine verschränkte Optimierung von Hardware, Signalverarbeitung und KI – noch bevor der erste Prototyp gebaut wird.
Für welche Industrien ist die Technologie von fiveD besonders interessant – und warum?
Eigentlich für alle, die Radarsensorik entwickeln, einsetzen oder einsetzen wollen, um damit ein Umgebungsverständnis zu erlangen. Das reicht von automatisierten Klospülungen über autonome Fahrzeuge bis hin zu Sicherheitsscannern am Flughafen.
Wie stellt ihr sicher, dass eure Simulationen realitätsnah und für den industriellen Einsatz verlässlich sind?
Unser physikbasierter Ansatz beruht auf einer umfassenden Modellierung elektromagnetischer Wellen – inklusive Doppler, Polarisation und komplexer Reflexionseffekte. Validierung ist dabei ein zentrales Thema für uns: Neben numerischen und analytischen Tests kalibrieren wir unsere Modelle kontinuierlich gegen reale Messkampagnen – sowohl in Laboren als auch in realen Applikationen. Unser Anspruch ist es, die physikalische Ground Truth im Digitalen so genau wie möglich abzubilden – insbesondere für Edge-Cases, die im Feld nur schwer erfassbar sind.
Was war bislang die größte technische oder unternehmerische Herausforderung für euer Team?
Technisch war und ist es die größte Herausforderung, realistische Radarantworten für komplexe Umgebungen mit bewegten Objekten in möglichst niedriger Rechenzeit zu generieren – bei gleichzeitig skalierbarer Performance. Gleichzeitig stehen wir als junges Startup sicher noch am Anfang der unternehmerischen Herausforderungen. Hier geht es darum, einen hochspezialisierten Deep-Tech-Ansatz mit den konkreten Bedürfnissen verschiedener Industrien zu verheiraten – also eine Lösung zu bauen, die technisch exzellent und gleichzeitig wirtschaftlich attraktiv ist. Das Ganze muss danach natürlich auch noch vom Markt angenommen werden. Bleibt also spannend!
Was unterscheidet fiveD grundlegend von anderen Anbietern im Bereich Radarsimulation?
Unsere Radarexpertise. Viele andere Anbieter sind sehr breit aufgestellt und bieten Simulationslösungen für sehr viele verschiedene Dinge an – von Kamerasimulationen bis hin zu Wärmetransport. Wir haben hier einen sehr zielgerichteten Fokus auf Radar und können unsere Kunden dadurch entlang der kompletten Entwicklungskette unterstützen, auch weil wir die eben die Expertise im Haus haben. Unsere Kunden bekommen also nicht nur ein Tool, sondern einen verlässlichen Partner – vom Konzept bis hin zur finalen Implementierung.
Welche Rückmeldungen bekommt ihr aus der Industrie? Gibt es ein besonders prägendes Kundenbeispiel?
Wir hören immer wieder, dass es dringend eine Lösung wie unsere braucht, da die Entwicklung von Radaren einfach zu langsam und zu teuer ist. Dabei sind ganz unterschiedliche Anwendungsfelder vertreten – von Smart Home bis zu Sicherheitsscannern am Flughafen. Im Bereich ADAS / Autonomes Fahren konnten wir zum Beispiel die Leistungsfähigkeit eines Sensors untersuchen, der noch mehrere Jahre vom Prototypenstadium entfernt ist, und diesen mit aktueller state-of-the-art Sensorik vergleichen. Es ist spannend, schon heute zu sehen, wo sich die Industrie hinentwickeln könnte.
Wie adressiert ihr die spezifischen Anforderungen so unterschiedlicher Branchen wie Automotive, A&D und Smart Home?
Da hilft uns unsere breite Expertise im Radarbereich. Wir haben hier langjährige Erfahrung und wissen daher gut, wo der Schuh drückt – und haben unser Team gezielt erweitert, um unsere Toollandschaft ideal darauf abstimmen zu können. Dazu gehören unter anderem:
die richtigen Schnittstellen zum Laden von 3D-Welten und Assets im industrieüblichen Standard,
Einstellmöglichkeiten für gängige Signalformen und Prozessierungen,
sowie eine verständliche Visualisierung der Ergebnisse.
Und das Ganze variiert stark – die Erfassung menschlicher Bewegungen auf wenigen Metern im Smart-Home-Bereich ist fast schon eine andere Sportart als etwa die Radarsimulation für Remote Sensing aus dem Orbit.
Was sind eure nächsten Meilensteine? Gibt es neue Einsatzbereiche, die ihr erschließen wollt?
Da gibt es natürlich einige: Zunächst wird demnächst unsere Software erstmals als Demoversion verfügbar sein und kann direkt beim Kunden eingesetzt werden. Kurz darauf folgt dann die lizensierbare Vollversion. Wir konzentrieren uns zunächst auf unsere Fokusmärkte und nutzen das erste Kundenfeedback, um das Produkt weiter zu verbessern. Und ganz nebenbei feiern wir im Juli auch noch unser einjähriges Firmenjubiläum – das wird also eine spannende Zeit!
Was treibt euch persönlich an, an dieser technologischen Schnittstelle zu arbeiten?
Die Begeisterung für die Technologie – es ist einfach etwas ganz Besonderes, so ein Vorhaben von den ersten Skizzen im Forschungskontext bis zur hoffentlich marktetablierten Lösung zu begleiten.
Welche drei Ratschläge würdet ihr anderen Gründerinnen und Gründern mit auf den Weg geben?
Feedback ist ein Geschenk! Redet früh mit vielen Leuten: Kunden, Partnern, Freunden und Mentoren – da ergeben sich oft neue, spannende Perspektiven
Scheitern gehört zum Tagesgeschäft. Lasst euch davon nicht verunsichern. Wichtig ist, es richtig einzuordnen, daraus zu lernen und dann weiterzumachen.
Seid optimistisch, aber realistisch. Wer mehr verspricht als er liefern kann, hat am Ende weder zufriedene Kunden noch Freude an der Arbeit.
Foto: Christian Schüßler @ fiveD GmbH
Wir bedanken uns bei Chistian Schüßler für das Interview
Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder.