Donnerstag, März 28, 2024
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COVID-19 und Produktfälschungen: Der Handel mit Schutzmasken und Co. birgt rechtliche Risiken

Seit Beginn der COVID-19-Pandemie steigen immer mehr Unternehmen in den Handel mit Atemschutzmasken, Mund-Nasen-Schutz, Schutzkleidung und -brillen sowie Desinfektionsmitteln ein. Die Nachfrage nach persönlicher Schutzausrüstung und Medizinprodukten ist enorm und wird in Anbetracht geplanter Lockerungsmaßnahmen weiter steigen. Die Wirtschaft ist in vielen Bereichen stark strapaziert, gleichzeitig eröffnet die Krise aber ein neues wirtschaftliches Betätigungsfeld. Dieses ist jedoch rechtlich äußerst komplex und in vielerlei Hinsicht risikobehaftet. 

Produktfälschungen – ein Risiko für Händler

Der Einstieg in den Handel mit Atemschutzmasken und Co. erscheint auf den ersten Blick reizvoll. Im Markt kursieren unzählige Angebote für Großlieferungen und in Anbetracht der erheblichen Nachfrage bieten sich beste Absatzchancen. Doch Produktfälscher haben längst die Chance ergriffen, um aus der Not Profit zu schlagen. Sie bieten Markenware an, liefern jedoch billige Imitate. Hierdurch drohen erhebliche Gefahren: faktisch für alle, die die gefälschten Produkte, wie z.B. nicht funktionstüchtige Atemschutzmasken, verwenden, aber auch rechtlich für Händler, die diese beziehen und weiterverkaufen.

Originalhersteller haben zivilrechtliche Ansprüche

Händlern, die Produktfälschungen vertreiben, droht die Geltendmachung zivilrechtlicher Ansprüche durch die Originalhersteller. Denn die Hersteller von persönlicher Schutzausrüstung und Medizinprodukten halten regelmäßig Markenrechte an Produktnamen, verschiedenen Ausstattungsmerkmalen sowie dem Unternehmensnamen. Eine Marke gewährt ihrem Inhaber das exklusive Recht, das geschützte Zeichen zu benutzen und Dritten zu verbieten, es ohne seine Zustimmung zu benutzen, die Marke also auf Waren oder deren Verpackung anzubringen, darunter Waren anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen, einzuführen oder auszuführen und die Marke in Geschäftspapieren und Werbung zu verwenden.

Wer eine fremde Marke im geschäftlichen Verkehr ohne Zustimmung des Markeninhabers benutzt, begeht eine Markenverletzung.

Neben Herstellern und Anbietern von Produktfälschungen können auch Händler zum Markenverletzer werden, wenn sie z.B. gefälschte Atemschutzmasken nach Deutschland importieren, zum Weiterverkauf anbieten und in Verkehr bringen.

Die Händler rücken dann schnell in den Fokus der zivilrechtlichen Anspruchsdurchsetzung, da sie im Gegensatz zu ihren meist ausländischen Quellen schnell greifbar sind. Selbst wenn Händler eigentlich Originalprodukte bestellen und weitervertreiben wollten und sich der Fälschungen nicht bewusst waren, müssen sie sich den verschuldensunabhängigen Ansprüchen des Rechtsinhabers, wie insbesondere auf Unterlassung, Auskunft, Rückruf und Vernichtung, ausgesetzt sehen. Aus der Anspruchsdurchsetzung im Abmahnwege oder mit gerichtlicher Hilfe resultieren dann zudem Kostentragungspflichten, die noch durch empfindliche Schadensersatzforderungen ergänzt werden können. Zwar trifft den Verletzer eine Schadensersatzpflicht nur bei Verschulden, also Vorsatz oder Fahrlässigkeit.

Die Rechtsprechung legt aber einen strengen Maßstab an die Sorgfaltspflicht von Händlern an und bürdet ihnen Prüfpflichten auf. Händler müssen grundsätzlich die Echtheit der Ware überprüfen, wobei es regelmäßig nicht genügt, sich diese bloß vom Vorlieferanten bestätigen zu lassen. Vielmehr sind bei ersten Anhaltspunkten für Zweifel an der Echtheit besondere Nachforschungen anzustellen. In welchem Umfang die Nachforschungspflicht besteht ist zwar einzelfallabhängig. In der aktuellen Lage, in der Fälscher auf den Markt drängen und gefälschte Produkte ein erhebliches Sicherheitsrisiko darstellen, sind Händler aber gut beraten, alles zu unternehmen, um vor dem Bezug der Ware deren Echtheit zweifelsfrei zu klären. 

Strafrechtliche Konsequenzen drohen bei vorsätzlichem Vertrieb von Fälschungen

Nicht nur für Produktfälscher selbst, sondern auch für diejenigen, die vorsätzlich mit gefälschten Markenprodukten handeln, drohen strafrechtliche Konsequenzen. Denn das deutsche Strafrecht stellt die vorsätzliche Markenverletzung unter Strafe. Vorsatz erfordert Wissen und Willen der Tatbestandsverwirklichung, wobei grundsätzlich sog. Eventualvorsatz, also „für möglich halten“, genügt. Der Strafrahmen reicht in einfachen Fällen von Geldstrafe bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe und bei gewerbs- oder bandenmäßiger Begehung von Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

Im Rahmen der strafrechtlichen Ermittlungen können die Strafverfolgungsbehörden verdächtige Ware beschlagnahmen, um sie auf Ihre Echtheit hin untersuchen zu lassen. Dabei bedienen sie sich regelmäßig der Unterstützung der Originalhersteller. Bestätigt sich der Fälschungsverdacht, werden die Produktfälschungen letztlich eingezogen.

Zollrechtliche Beschlagnahme und Vernichtung

Beziehen Händler die Ware aus dem außereuropäischen Ausland, kann es passieren, dass sie vom Zoll darüber informiert werden, dass die Sendung angehalten wurde. Der Zoll kann Waren, die in Verdacht stehen, Markenrechte oder andere gewerbliche Schutzrechte zu verletzen, in der Überlassung auszusetzen. Er benachrichtigt dann einerseits den Anmelder der Waren (regelmäßig Händler) bzw. Besitzer der Waren (regelmäßig Spediteur) und andererseits den Rechtsinhaber. Hat der Rechtsinhaber einen entsprechenden Antrag gestellt oder stellt er einen solchen kurzfristig, schließt sich das zollrechtliche Grenzbeschlagnahmeverfahren an, das dem Rechtsinhaber ein effektives Mittel bietet, mithilfe des Zolls solche Ware, die er als gefälscht identifiziert, zügig vernichten zu lassen und zu verhindern, dass die Fälschungen auf den Markt gelangen.

Es ist davon auszugehen, dass der Zoll aktuell besonderes Augenmerk auf die Kontrolle von Warensendungen mit persönlicher Schutzausrüstung und Medizinprodukten legt, um den Import von Fälschungen zu verhindern, und im Falle von größeren Aufgriffen gefälschter Waren strafrechtliche Ermittlungen einleitet.

Fazit

Der Einstieg in den Handel mit Atemschutzmasken und Co. bietet Firmen ein attraktives Geschäftsfeld. Händler sollten sich aber der rechtlichen Risiken bewusst sein, die für sie daraus resultieren, dass Kriminelle versuchen, Produktfälschungen im Markt zu platzieren. 

Über die Autorin: 

Dr. Nina Stolzenburg ist Rechtsanwältin bei der Wirtschaftskanzlei CMS. Sie berät und vertritt Unternehmen schwerpunktmäßig im Markenrecht, Designrecht, Wettbewerbsrecht (einschließlich Heilmittelwerberecht) und Urheberrecht. Ihr Fokus liegt auf der Durchsetzung gewerblicher Schutzrechte (IP Enforcement), insbesondere der Bekämpfung von Produktpiraterie und illegalen Parallelimporten.

Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder

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