HIGHEST unterstützt Gründerinnen und Gründer dabei, wissenschaftliche Erkenntnisse frühzeitig in marktfähige Geschäftsmodelle und nachhaltige Unternehmen zu überführen
Wie wichtig ist aus Ihrer Sicht die enge Verbindung von Wissenschaft und Wirtschaft, um Innovationen in Deutschland zu fördern?
Sie ist zentral. Deutschland verfügt über exzellente Forschung – Innovation entsteht aber erst dann, wenn Wissen konsequent in Anwendungen, Produkte und Geschäftsmodelle überführt wird. Gerade bei Deep-Tech mit langen Entwicklungszyklen braucht es diese Verzahnung, um Relevanz zu sichern, Entwicklungszeiten zu verkürzen und Skalierung zu ermöglichen.
Welche Rolle spielt HIGHEST dabei, Forschungsergebnisse aus der TU Darmstadt in marktfähige Produkte und Geschäftsmodelle zu überführen?
HIGHEST versteht sich als Partner für Menschen. Wir kommen sehr früh mit potenziellen Gründerinnen und Gründern in Kontakt – oft bevor eine konkrete Idee oder ein Geschäftsmodell steht. In dieser Phase schärfen wir unternehmerisches Denken, prüfen Marktbedarfe und unterstützen beim Teamaufbau. Wenn Marktverständnis und Teamreife zusammenwachsen, entsteht die Grundlage für tragfähige Produkte und skalierbare Geschäftsmodelle.
Was motiviert Sie persönlich, sich für den Wissens- und Technologietransfer zwischen Hochschule und Wirtschaft einzusetzen?
Wir wissen als Gesellschaft technologisch im Grunde alles – die Lösungen liegen auf dem Tisch. Was uns fehlt, ist der Mut und die Umsetzungskraft, daraus konsequent Unternehmen und neue Märkte zu schaffen. Als Mehrfachgründer habe ich erlebt, wie groß diese Lücke zwischen Wissen und Wirkung ist. Genau deshalb motiviert es mich, meine Erfahrung einzubringen und dabei zu helfen, Forschung in nachhaltige, international wettbewerbsfähige Unternehmen zu übersetzen.
Wie hat sich die Gründungs- und Innovationskultur an der TU Darmstadt in den vergangenen Jahren entwickelt?
Sie hat sich deutlich professionalisiert. Unternehmertum wird stärker als gleichwertige Option neben Wissenschaft und Industrie wahrgenommen. Durch den Ausbau von Partnerschaften und Kooperationen ist spürbar mehr Dynamik entstanden – mit Hochschulen, Industrie, Investoren und Initiativen wie Futury. Innovation wird dadurch weniger isoliert gedacht, sondern als gemeinschaftlicher Prozess im Ökosystem. Das erhöht Sichtbarkeit, Geschwindigkeit und Qualität von Gründungsvorhaben.
Was unterscheidet HIGHEST von anderen Gründungszentren in Deutschland?
Wir setzen bewusst sehr früh an. Während viele Angebote stark bei Businessplänen, Programmen oder Finanzierung starten, begleiten wir Menschen und Teams bereits vor der konkreten Gründungsidee. Statt standardisierter Formate arbeiten wir in dieser Phase individuell, passgenau und praxisnah – mit Fokus auf Team, Marktverständnis und unternehmerische Entwicklung. Kombiniert mit unserer Nähe zur TU Darmstadt und dem Schwerpunkt Deep Tech und Green Tech ergibt das einen Ansatz, der Gründungen nicht nur ermöglicht, sondern langfristig tragfähige Unternehmen aufbaut.
Welche Faktoren machen die Region Frankfurt-Rhein-Main/Neckar zu einem besonders attraktiven Standort für Deep-Tech- und Green-Tech-Startups?
Ein wesentlicher Faktor ist die Bündelung von Kräften. Mit der RheinMain Startup Factory FUTURY haben Hochschulen, Wirtschaft und Investoren Aktivitäten gebündelt, um Innovation in skalierbaren Strukturen voranzubringen. So entsteht eine kritische Masse an Talenten, Forschung und Partnern. Das beschleunigt den Weg von der Idee in den Markt – durch frühe Einbindung von Unternehmen, realistische Anwendungsfälle, Pilotprojekte und investierbare Spin-offs.
Wie unterstützt HIGHEST Gründerinnen und Gründer konkret auf ihrem Weg von der Idee zum erfolgreichen Unternehmen?
Wir begleiten Teams entlang der frühen und mittleren Phasen – mit Fokus auf die Menschen hinter der Idee. Konkret unterstützen wir bei der Schärfung von Problem- und Lösungsverständnis, bei Marktvalidierung und beim Aufbau eines performanten Gründerteams. Dazu kommen Beratung zu IP- und Transferfragen, Unterstützung beim Zugang zu Fördermitteln und Investoren sowie gezielte Vernetzung mit Industriepartnern und Pilotkunden. Ziel ist, Teams in die Lage zu versetzen, tragfähige und international wettbewerbsfähige Unternehmen aufzubauen.
Welche Rolle spielt das internationale Netzwerk von HIGHEST bei der Förderung von Innovationen?
Es ist ein wichtiger Beschleuniger. Über FUTURY und die europäische Hochschulallianz UNITE! ist HIGHEST in internationale Netzwerke eingebunden, die Forschung, Unternehmertum und Industrie verbinden. Das eröffnet Gründerinnen und Gründern Zugang zu Talenten, Märkten, Investoren und Partnern. Gerade Deep-Tech und Green-Tech müssen früh international gedacht und validiert werden.
Wie funktioniert das Modell „IP for Shares“ und welchen Mehrwert bietet es Startups und Forschenden?
In der Arbeit mit zahlreichen Start-ups sehen wir immer wieder, dass klassische IP-Transfermodelle für junge Unternehmen eine große Hürde darstellen. Lizenzgebühren oder IP-Käufe binden in einer sehr frühen Phase Liquidität und erschweren häufig den Zugang zu Investoren. Genau aus diesen Erfahrungen der Startups heraus wurde an der TU Darmstadt das Modell IP4Virtual Shares entwickelt: Das geistige Eigentum wird auf das Start-up übertragen, die Universität erhält im Gegenzug virtuelle Anteile. So liegt das IP vollständig im Unternehmen, es entstehen keine laufenden Zahlungen, und die Struktur bleibt investorenfähig. Gleichzeitig profitieren Universität und Forschende über eine faire Beteiligung am langfristigen Erfolg – ohne den Gründungsprozess auszubremsen.
Können Sie ein Beispiel nennen, bei dem HIGHEST eine wissenschaftliche Idee dabei unterstützt hat, in den Markt zu kommen?
Ein gutes Beispiel ist das Deep-Tech-Startup Illutherm, das aus der Forschung an der TU Darmstadt hervorgegangen ist und inzwischen offiziell mit dem TU-Darmstadt-Spin-off-Label ausgezeichnet wurde. Die zugrunde liegende Technologie basiert auf neuartigen keramischen Materialien mit hohem Potenzial für energieeffiziente Heiz- und Lichtanwendungen.
HIGHEST hat das Team bereits in einer sehr frühen Phase begleitet – noch vor einer formalen Gründung oder einem ausgearbeiteten Geschäftsmodell. Ein zentraler Schwerpunkt lag auf der IP-Beratung und dem strukturierten Transfer der Forschungsergebnisse aus der Universität heraus.
Wie sehen Sie das Potenzial Deutschlands, im internationalen Vergleich mehr bahnbrechende Innovationen hervorzubringen?
Deutschland verfügt über exzellente Forschung und enormes Innovationspotenzial. Der Engpass liegt nicht im Wissen, sondern in der konsequenten Umsetzung. Dafür braucht es deutlich mehr Kapital für Gründungen sowie substanzielle, verlässliche Budgets für Transfer und Ausgründungen. Insbesondere Deep-Tech- und Green-Tech-Vorhaben benötigen längere Entwicklungszeiten und entsprechend ausgestattete Finanzierungsstrukturen.
Gleichzeitig müssen Wissenschaftseinrichtungen systematisch stärker auf Transfer und Xchange ausgerichtet werden. Das erfordert nicht nur kulturellen Wandel, sondern vor allem klare Priorisierung in der Mittelvergabe: Transfer darf kein Nebenprojekt sein, sondern muss mit eigenen Budgets, professionellen Strukturen und Entscheidungsspielräumen ausgestattet werden. Wenn Kapital, Budgets und Mut zu schnellen Entscheidungen zusammenkommen, hat Deutschland beste Voraussetzungen, international führende Technologieunternehmen hervorzubringen.
Welche Herausforderungen erleben Sie aktuell im Zusammenspiel von Wissenschaft, Wirtschaft und Politik?
Eine zentrale Herausforderung ist aus meiner Sicht die fehlende Kompatibilität zwischen den Systemen. Wissenschaft, Wirtschaft und Politik verfolgen oft ähnliche Ziele, arbeiten jedoch mit unterschiedlichen Logiken, Zeitachsen und Instrumenten. Das zeigt sich besonders bei Förderprogrammen, die nicht ausreichend aufeinander abgestimmt sind und dadurch Brüche im Innovationsprozess erzeugen.
Für Gründungsteams bedeutet das hohen Koordinationsaufwand, lange Wartezeiten und Unsicherheit in entscheidenden Phasen. Gerade im Deep-Tech-Bereich, mit langen Entwicklungszyklen und hohem Kapitalbedarf, wirkt sich diese fehlende Kompatibilität besonders stark aus.
Was es braucht, sind klar verzahnte Förderpfade, schnellere Entscheidungen und eine stärkere strukturelle Verankerung von Transfer – inklusive eigener Budgets und echter Handlungsspielräume. Nur so kann aus exzellenter Forschung unternehmerische Wirkung entstehen.
Was wünschen Sie sich von der Politik, um den Innovationsstandort Deutschland langfristig zu stärken?
Klare Priorität für Innovation: weniger Bürokratie, schnellere Entscheidungen und bessere Bedingungen für Kapital und Skalierung – etwa durch stärkere Anreize für Wagniskapital und die Einbindung institutioneller Investoren. Dazu gehören verlässliche Rahmenbedingungen: digitale Infrastruktur, Fachkräftegewinnung und Räume, in denen neue Technologien regulierungssicher erprobt werden können.
Wie wird sich HIGHEST in den kommenden Jahren weiterentwickeln, um Gründerinnen, Forschende und Unternehmen noch besser zu vernetzen?
Wir fokussieren uns künftig noch stärker auf den Beginn der Startup Journey: Entrepreneurship früh sichtbar machen, Talente aus Wissenschaft und Studium aktivieren und Teams intensiv begleiten – oft noch bevor eine konkrete Idee steht. Parallel bauen wir den HIGHEST Company Builder im Deep-Tech-Bereich aus, um Teams in der frühen Phase strukturell und operativ noch stärker zu unterstützen.
Ab 2026 wird der Company Builder darüber hinaus auch die Möglichkeit haben, in ausgewählte Start-ups erste Investments zwischen 50.000 und 100.000 Euro zu tätigen. Damit stärken wir gezielt die frühe Phase und schließen eine zentrale Lücke zwischen Ideation, Gründung und Anschlussfinanzierung.
Welche Vision verfolgen Sie persönlich für die Zukunft von HIGHEST und den Innovationsstandort Deutschland?
Meine Vision ist, dass aus der TU Darmstadt regelmäßig neue Technologie-Champions entstehen – sichtbar, skalierbar und international wettbewerbsfähig. Gemeinsam mit FUTURY schaffen wir dafür die kritische Masse, um wissenschaftliche Innovationen nicht nur zu gründen, sondern erfolgreich zu skalieren.
Bis 2030 soll Gründen eine selbstverständliche Karriereoption sein, mit dem klaren Ziel: ein Startup pro Woche aus der TU Darmstadt.
HIGHEST fokussiert sich auf den Beginn der Startup Journey und den Aufbau unternehmerisch starker Teams, FUTURY übernimmt Skalierung, Kapital und Marktanschluss. So entsteht ein europäischer Leuchtturm für Deep-Tech-Innovation – regional verankert, global relevant.
Bild: Fotograf/ Bildcredits: @ Fotocredit: HIGHEST/Benjamin Schenk
Wir bedanken uns bei Harald Holzer für das Interview
Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder.

























