IMAI MedTech entwickelt eine innovative 3D-Histologie-Technologie, die die Krebsdiagnostik schneller, präziser und automatisierter machen soll
Könnten Sie uns die Gründungsgeschichte von IMAI MedTech erläutern und welche Personen hinter dem Unternehmen stehen?
Die Anfänge von IMAI MedTech gehen auf ein Open-Innovation-Projekt aus dem Jahr 2019 zurück, das von drei Forschungsgruppen initiiert wurde: der Gruppe von Prof. Adriano Aguzzi (Universitätsspital Zürich), der Gruppe von Prof. Mirko Meboldt (ETH Zürich) und der Gruppe von Prof. Alexander Mathys (ETH Zürich). Von diesen drei Gruppen arbeiteten Francesca Catto (Co-founder) während ihrer Promotion am Universitätsspital, Robert Axelrod (Co-founder) während seiner eigenen Promotion an der ETH Zürich und Sascha Brun (Co-founder), einem Robotik-Spezialisten, intensiv zusammen. IMAI MedTech wurde dann Anfang 2024 von Francesca, Robert und Sascha offiziell gegründet, um die Krebsdiagnostik mithilfe einer schnellen und automatisierten 3D-Histologie zu revolutionieren.
Was ist die zentrale Vision von IMAI MedTech, und welche Schritte unternehmen Sie, um diese zu realisieren?
IMAI MedTech stellt sich eine Zukunft vor, in der Krebszellen bereits im Frühstadium bei jedem Patienten zuverlässig diagnostiziert wird. Eine genauere Untersuchung des diagnostizierten Gewebes wird zu optimierten Behandlungsplänen führen und bessere Behandlungsergebnisse für Patienten weltweit ermöglichen. Um unsere Vision Wirklichkeit werden zu lassen, arbeiten wir eng mit führenden Institutionen zusammen und entwickeln eine schnelle, automatisierte 3D-Histologielösung.
Wie identifizieren Sie die Hauptzielgruppe Ihrer 3D-Histologie-Technologie, und wie stellen Sie sicher, dass deren spezifische Bedürfnisse erfüllt werden?
Unsere 3D-Histologie-Technologie richtet sich primär an Pathologen, die eine präzisere und effizientere Krebsdiagnostik vorantreiben möchten. Besonders im Fokus stehen derzeit Patienten mit Krebs im Frühstadium, bei denen die Erkennung von Metastasen in Lymphknotenbiopsien eine entscheidende Rolle spielt. Um sicherzustellen, dass die spezifischen Bedürfnisse dieser Zielgruppen erfüllt werden, arbeiten wir eng mit zukunftsorientierten und führenden Pathologen zusammen, lassen unsere ersten semi-automatisierten Prototypen in Forschungsumgebungen testen und inkorporieren das Feedback in die neusten Prototypenversionen.
Welche Herausforderungen begegnen Ihnen aktuell im Bereich der onkologischen Diagnostik, und wie geht IMAI MedTech damit um?
Klassische 2D-Histologieschnitte sind etwas 10x dünner als ein menschliches Haar. Von der Biopsie werden nur wenige solche Schnitte gemacht und angeschaut. In anderen Worten gehen mehr als 98% der Informationen der Biopsie verloren und im Durchschnitt werden im Frühstadium 1 von 6 Krebsfällen übersehen, was eine notwendige Behandlung verzögert und gravierende gesundheitliche Folgen für Patienten haben kann. IMAI MedTech entwickelt eine automatisierte 3D-Histologielösung, die einen vollständigen digitalen Scan der Biopsie ermöglicht, indem das Gewebe überhaupt nicht mehr physisch geschnitten werden muss. Der Ansatz von IMAI MedTech beschleunigt und automatisiert die Gewebeprozessierung und verspricht eine Verbesserung der Krebserkennung durch KI-gestützte Analysen.
Was unterscheidet Ihre 3D-Histologie-Technologie von anderen Diagnostikmethoden auf dem Markt? Welche Eigenschaften machen sie einzigartig?
Diagnostikmethoden vor einer Resektion sind komplementär zur Histologie. So braucht es z. B. eine Liquid Biopsie oder ein MRI bevor überhaupt chirurgisch Gewebestücke entfernt werden, um das Gewebe auf zellulärer Ebene zu untersuchen. Herkömmliche 2D Histologiemethoden, wie erwähnt, sind fehleranfällig, da Tumorzellen übersehen werden und nur begrenzte Informationen über die räumliche Struktur des Gewebes vorhanden sind. Unser Alleinstellungsmerkmal im 3D Bereich ist, dass wir unter Verwendung von konventionellen Markern extrem schnell sind im Vergleich zu anderen 3D Histologiemethoden. Wir können innerhalb von 2 Tagen die relevanten Zellen der gesamten Biopsie markieren – dieses 3D Anfärben dauert ohne unsere Geheimzutat mehrere Wochen.
Könnten Sie uns einen Ausblick auf zukünftige Entwicklungen oder neue Projekte bei IMAI MedTech geben?
Die erste vollautomatisierte Plattform sollte in den nächsten Monaten in den ersten Pathologieforschungslabors getestet werden. Gleichzeitig optimieren wir unsere Analysesoftware, sammeln alle möglichen Histologiedaten und trainieren unsere KI-Modelle.
Wie integrieren Sie Nachhaltigkeit und ethische Überlegungen in Ihre Unternehmensstrategie?
Unsere Technologie ist auf Langlebigkeit ausgelegt, wodurch der Bedarf an neuen Geräten verringert und Ressourcen geschont werden sollen. Zudem optimieren wir unsere Systeme für einen möglichst geringen Energieverbrauch. Ein zentraler Aspekt unserer Innovation ist die Verbesserung der diagnostischen Präzision. Durch unsere Technologie tragen wir dazu bei, Fehldiagnosen zu minimieren und fundiertere Therapieentscheidungen zu ermöglichen. Künstliche Intelligenz unterstützt dabei Pathologen, doch wir stellen sicher, dass die finale Diagnose stets in der Hand menschlicher Experten bleibt. Und abschliessend – der Schutz sensibler Patientendaten hat für uns höchste Priorität. Wir halten uns strikt an geltende Datenschutzrichtlinien und ethische Standards, um maximale Sicherheit und Vertrauenswürdigkeit in der Diagnostik zu gewährleisten.
Welche Rolle spielt das Feedback von medizinischen Fachkräften und Patienten in der Weiterentwicklung Ihrer Produkte?
Dies war und ist eines der wichtigsten Faktoren damit wir die richtige Lösung anbieten können und das richtige Produkt bauen. Das Miteinbeziehen der verschiedenen Stakeholder und kurze iterative Optimierungszyklen waren und sind der Schlüssel zum Erfolg. Das Buch «The Lean Startup» von Eric Ries hat unserem Team enorm geholfen, ein iteratives und kundenzentriertes Testen zu implementieren.
Wie sehen Sie die zukünftige Entwicklung der Krebsdiagnostik, und welche Trends möchte IMAI MedTech mitgestalten?
Wir sehen gerade einen Bereich, der sich in einer Transformation befindet. Die Nachfrage nach Präzisionsonkologie wächst rasant, während gleichzeitig der Bedarf an präzisen, KI-gestützten Diagnoselösungen stetig zunimmt. Gleichzeitig besteht weltweit ein erheblicher Mangel an medizinischen Fachkräften und viele diagnostische Prozesse sind nach wie vor manuell und zeitaufwendig. Dies führt zu einem dringenden Bedarf an skalierbaren, schnellen und automatisierbaren Screening-Lösungen. IMAI MedTech setzt genau hier an: Wir nutzen die Chancen des KI-gestützten Pathologiemarktes und treiben die Transformation hin zur 3D-Histologie und datengesteuerten Krebsvorsorge voran. Unser Ziel ist es, durch innovative Technologien eine präzisere, effizientere und besser zugängliche Krebsdiagnostik zu ermöglichen.
Welche drei Ratschläge würden Sie anderen Gründern im MedTech-Bereich mit auf den Weg geben?
Nutzerzentriert Produkte entwickeln, regulatorische Anforderungen von Beginn an berücksichtigen und die richtigen strategischen Partner wählen.
Bild: IMAI MedTech Team Bild auf dem DeepTech Summit 2025 Photo Credit: Jasmin Frei
Wir bedanken uns bei Robert Axelrod für das Interview
Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder.