INTELLI-Athletics entwickelt eine digitale Plattform, die Physiotherapeutinnen unterstützt und Patientinnen eine aktivere Rolle in ihrer Genesung ermöglicht
Wie ist die Idee zu INTELLI-Athletics entstanden und wer steckt hinter dem Startup?
Alles begann mit einem Gespräch zwischen mir (Finn Schütt) und meinem damaligen Mitbewohner Leon Schmidt. Wir spielten zur Gründungszeit gemeinsam in der Jugendmannschaft des FC St. Pauli. An vielen Abenden am Küchentisch tauschten wir uns darüber aus, was wir neben dem Fußball aufbauen könnten. Durch gemeinsame Erfahrungen kamen wir schnell auf das Thema der digitalen Betreuung von Athleten und Patienten.
Aus der Idee wurde ein konkreter Plan, aus dem Plan eine Mission – und so gründeten wir 2019 die Progressix GmbH, mit dem Ziel, eine App zur digitalen Unterstützung von Physiotherapeuten und zur verbesserten Betreuung von Patienten zu entwickeln. Im Laufe der Zeit verfolgte Leon seinen Traum vom Profifußball intensiver, und so trat Emil Resch an seine Stelle im Unternehmen. Emil ist bis heute mein Partner bei INTELLI-Athletics.
Welche persönlichen Erfahrungen haben Sie motiviert, eine digitale Lösung für die Physiotherapie zu entwickeln?
Meine Motivation entstand aus eigener Erfahrung als Patient. Als aktiver Fußballspieler beim FC St. Pauli hatte ich immer wieder Verletzungen und kam dadurch mit verschiedenen physiotherapeutischen Einrichtungen in Kontakt. Dabei fielen mir mehrere Defizite auf: Zum einen hatte ich ein schlechtes Verständnis über meinen eigenen Therapieverlauf, zum anderen fehlte mir die gezielte Kommunikation mit den Therapeut*innen.
Darüber hinaus wollte ich auch außerhalb der regulären Therapieeinheiten etwas für meine Gesundheit tun – wusste aber oft nicht, wie viel Belastung nach den Verletzungen überhaupt möglich war. Diese Unsicherheiten habe ich auch bei vielen anderen Betroffenen festgestellt. Gespräche mit Therapeut*innen zeigten zwei große Hürden: fehlende Zeit und keine Vergütung für viele der Leistungen, die eigentlich notwendig wären. Das war der Auslöser, um eine digitale Lösung zu entwickeln, die beide Seiten unterstützt.
Was ist die zentrale Vision von INTELLI-Athletics und wie wollen Sie diese in den nächsten Jahren verwirklichen?
Unsere Vision ist es, die Vorteile digitaler Tools mit denen der Vor-Ort-Therapie zu verbinden – und so die Therapiemöglichkeiten ganzheitlich zu erweitern. Dafür setzen wir auf eine Kombination aus gezielten Marketingmaßnahmen und starken Kooperationen, wie etwa mit dem VPT – Verband für Physiotherapie.
Diese Partnerschaften helfen uns nicht nur bei der Markterschließung, sondern auch dabei, unser Produkt weiterzuentwickeln und noch besser an die Bedürfnisse der Praxis anzupassen.
Wie profitieren Therapeut*innen konkret von Ihrer App im Praxisalltag?
Wichtig ist: Unsere App soll nicht den persönlichen Kontakt ersetzen, sondern den Therapiealltag effizienter gestalten. Sie unterstützt Therapeutinnen dabei, die Zeit zwischen den Terminen sinnvoll zu nutzen, die Kommunikation zu verbessern und Patientinnen auch außerhalb der Praxis aktiv zu begleiten.
Zudem erleichtert INTELLI-Athletics evidenzbasiertes Arbeiten – z. B. durch automatisierte Auswertungen von Testergebnissen und deren Einordnung in den Therapieverlauf. Das spart Zeit, steigert die Behandlungsqualität und macht das Berufsbild für Nachwuchskräfte attraktiver.
Die App kann in jeder Phase der Therapie eingesetzt werden – vom ersten Kontakt bis über den letzten Termin hinaus. Die Vorteile reichen von erhöhter Patienten-Compliance über zeiteffizientere Behandlungseinheiten bis hin zu möglichen Zusatzverdiensten für die Praxis.
An welche Zielgruppen richtet sich Ihre Lösung – und wie stellen Sie sicher, dass diese optimal unterstützt werden?
Unsere Lösung richtet sich an alle Einrichtungen, in denen Physiotherapeutinnen mit Patientinnen arbeiten: Praxen, Reha-Zentren sowie freiberuflich tätige Therapeut*innen.
Um eine optimale Integration in den Arbeitsalltag zu ermöglichen, bieten wir umfassende Unterstützung – von Erklärvideos und Begleitmaterialien über Werbeunterlagen bis hin zu Strategieberatung und persönlichem Support bei der Einführung.
Worin liegt der größte Mehrwert für Patient*innen, die INTELLI-Athletics nutzen?
Der größte Mehrwert liegt für mich in der Aktivierung und Wissensvermittlung. Patient*innen erhalten ein besseres Verständnis über ihre Gesundheit und ihren Therapiefortschritt. Dieses Wissen motiviert sie, auch zu Hause aktiv an ihrer Genesung mitzuarbeiten – ohne Angst, etwas falsch zu machen.
Dadurch wird die Eigenverantwortung gestärkt, und das Vertrauen in den Therapieprozess wächst. Die App schafft Sicherheit, Orientierung und ermöglicht eine kontinuierliche Betreuung über die Praxis hinaus.
Was waren die bisher größten Herausforderungen beim Markteintritt und wie sind Sie damit umgegangen?
Die größte Herausforderung war – und ist bis heute – die gezielte Ansprache von Physiotherapeut*innen. Es gibt kaum digitale Plattformen, auf denen man diese Zielgruppe effizient erreichen kann. Die Branche ist stark fragmentiert, was den Markteintritt erschwert.
Unsere Lösung war: persönliche Ansprache und Fleiß. Wir kontaktieren jede Praxis individuell, führen direkte Gespräche mit Entscheidungsträgern und setzen stark auf Telefonakquise. Unterstützend veröffentlichen wir Artikel in Fachmagazinen und bauen gezielt Kooperationen auf, um unsere Sichtbarkeit zu erhöhen.
Was unterscheidet INTELLI-Athletics von anderen digitalen Therapieangeboten?
INTELLI-Athletics verfolgt einen ganzheitlichen Therapieansatz – von der Vorbereitung auf die Therapie über die aktive Behandlungszeit bis hin zur Nachsorge und Eigenverantwortung der Patient*innen. Unsere App ist flexibel in jeder Phase einsetzbar und richtet sich nicht nur an einen Teil des Therapieprozesses.
Wir kombinieren dabei digitale Unterstützung mit persönlicher Betreuung – und ermöglichen so eine deutlich nachhaltigere, effizientere und individualisierte Therapie als viele andere Angebote auf dem Markt.
Wie soll sich die App in Zukunft weiterentwickeln – sind neue Funktionen oder Zielgruppen geplant?
Aktuell planen wir keine Ausweitung auf neue Zielgruppen. Stattdessen liegt der Fokus auf der kontinuierlichen Weiterentwicklung der Plattform anhand des Feedbacks unserer aktiven Nutzer*innen.
Unser Grundsatz lautet: „Software hört nie auf.“ Die Anforderungen ändern sich ständig – und wir entwickeln unsere App entsprechend weiter. Das Feedback der Physiopraxen ist dabei unser wichtigster Kompass.
Welche Rolle spielt das Feedback von Physiopraxen in der Weiterentwicklung Ihrer Plattform?
Das Feedback der Physiopraxen ist essenziell. Wir beziehen es regelmäßig in die Weiterentwicklung unserer App ein. Nur durch den engen Austausch mit den Nutzer*innen können wir sicherstellen, dass unsere Lösung den echten Praxisalltag sinnvoll unterstützt und verbessert.
Was hat Sie im Austausch mit Therapeutinnen oder Patientinnen besonders berührt oder überrascht?
Besonders berührt hat mich mein eigener Therapeut, der mich trotz vieler Rückschläge nie aufgegeben hat. Seine Geduld, sein Engagement und sein unerschütterlicher Glaube daran, dass ich wieder gesund werde, waren ein großer Antrieb für die Gründung von INTELLI-Athletics.
Diese Art von Unterstützung möchten wir möglichst vielen Menschen zugänglich machen – ohne dass sich Therapeut*innen dabei überlasten müssen. Das ist und bleibt meine größte Motivation.
Welche drei Ratschläge würden Sie Gründerinnen und Gründern mitgeben, die im Bereich Digital Health starten möchten?
Habt Geduld. Die Gesundheitsbranche ist langsam und stark reguliert – Fortschritte brauchen Zeit.
Kennt die Branche. Wer die Herausforderungen und Regularien nicht versteht, wird schnell ausgebremst.
Behaltet den Spaß. Es wird anstrengend – aber wenn die Begeisterung bleibt, lohnt sich der Weg.
Bild: Gründerteambild @ Progressix GmbH
Wir bedanken uns bei Finn Schütt für das Interview
Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder.