Wer als Start-up die politische Bühne ignoriert, riskiert, überhört zu werden. Zwar wirkt sie oft wie ein exklusiver Zirkel für Eingeweihte – schwer zugänglich, geprägt von etablierten Netzwerken und festgelegten Spielregeln. Doch genau hier entscheidet sich, welche Ideen eine Chance bekommen. Politische Kommunikation ist deshalb kein „Nice-to-have“, sondern eine Überlebensfrage. Besonders in Innovationsfeldern wie der Energiewirtschaft gilt: Wer sich nicht positioniert, überlässt anderen das Feld.
Strategische Kommunikation als Schlüssel zu Sichtbarkeit und Relevanz
Als junges Unternehmen steht man vor der Herausforderung, sich in einem dynamischen, wettbewerbsintensiven Umfeld mit begrenzten Ressourcen zu behaupten. Genau hier setzt strategische Kommunikation an, indem sie positioniert, unterscheidbar macht und Relevanz erzeugt. Neueste Untersuchungen, etwa der Harvard Business Review, machen deutlich: Investitionen in Image- und Reputationsaufbau zahlen sich langfristig aus, sowohl in Sachen Profitabilität als auch wirtschaftlicher Stabilität. Ein klares Profil, das durch gezielte Kommunikation nach außen getragen wird, kann somit maßgeblich zum Unternehmenserfolg beitragen.
Im politischen Kontext gilt dies umso mehr: Wer sich frühzeitig zu relevanten Themen positioniert und sich konstruktiv in regulatorischen Debatten einbringt, steigert seine Sichtbarkeit und gewinnt an Glaubwürdigkeit als ernstzunehmender Akteur. Gerade bei Geschäftsmodellen, die bestehende Marktlogiken herausfordern, ist eine starke Stimme im politischen Diskurs entscheidend. Sie eröffnet jungen Unternehmen den Weg vom reinen Beobachter zum Mitgestalter, und schafft dadurch Zugang zu Ressourcen, Netzwerken und Gestaltungsprozessen.
Politische Präsenz braucht keine großen Budgets
Politische Kommunikation muss kein großer Apparat sein. Mit einer durchdachten Strategie lässt sich schon mit wenig Aufwand viel erreichen. Viel mehr als ein eigenes Hauptstadt-Lobbybüro braucht es einen klaren Plan: Maßnahmen, Stakeholder und Timing müssen ineinandergreifen. Für junge Unternehmen zählen vor allem schlanke Formate, die schnell Sichtbarkeit schaffen und gezielt Vertrauen aufbauen. Dazu gehören etwa:
- Klares Messaging: Das Unternehmensprofil muss klar erkennbar sein, komplexe Inhalte sollten einfach und verständlich vermittelt werden.
- Strategisches Stakeholder-Mapping: Wer sind die richtigen Ansprechpartner:innen? Wo lohnt sich das Andocken? Und wie spreche ich die eigentlich an? Ein strukturiertes Mapping verhindert Umwege und sorgt für Wirkung an den richtigen Stellen.
- Kurzformate wie Positionspapiere oder One-Pager: Sie bringen komplexe Herausforderungen klar auf den Punkt bringen und stärken zugleich die politische Narrative.
Gerade im frühen Stadium helfen solche Formate, mit überschaubarem Aufwand Vertrauen bei relevanten Stakeholdern aufzubauen und als konstruktiver Gesprächspartner anerkannt zu werden.
Energiesektor: Ohne kommunikative Einbettung läuft Innovation ins Leere
Im Energiesektor wird besonders sichtbar, dass technologische Innovation allein nicht ausreicht. Gesetze, Förderprogramme und politische Zielsetzungen wie die Klimaziele oder die Wasserstoffstrategie prägen den Markt und sind damit geschäftsentscheidend. Viele Unternehmen bringen zwar vielversprechende Lösungen hervor, scheitern jedoch an fehlender politischer Sichtbarkeit oder mangelnder Anschlussfähigkeit an regulatorischen Entwicklungen. Langfristige Planbarkeit hängt hier fast immer von politischen Rahmenbedingungen ab. Ohne eine begleitende Kommunikationsstrategie laufen selbst die innovativsten Projekte Gefahr, ins Leere zu laufen.
Frühe Weichenstellungen wie die Nutzung von Gewerbedächern für Photovoltaik, Zertifizierungen für grünen Wasserstoff oder Anpassungen des Gasnetzes für neue Anwendungen haben gezeigt: Mit Innovationen wächst automatisch der Bedarf an Regulierung seitens der Politik und Interessenvertretung seitens der Start-ups.
Mit anderen Worten: Innovation braucht Sprache – und Strategie. Wer sich positioniert, erhöht nicht nur seine Glaubwürdigkeit, sondern schafft auch Zugang zu Prozessen, die für Skalierung und Wachstum ausschlaggebend sind.
Vom „Nice-to-have“ zum „Must-have“
In den frühen Unternehmensphasen fehlt es oft an Zeit, Ressourcen oder Erfahrung, um Kommunikation strategisch aufzusetzen. Doch genau hier wird der Kurs bestimmt: Wer früh handelt, wird sichtbar und relevant. Wer es versäumt, geht in der Masse unter. Kommunikation darf deshalb kein nachgelagerter Schritt sein. Klare Botschaften, ein präzises Verständnis der Zielgruppen und passende Formate schaffen nicht nur Aufmerksamkeit, sondern Vertrauen. Auch externe Partner können dabei helfen, Strukturen aufzubauen und Orientierung zu bieten.
Auf den vermeintlich „richtigen Moment“ zu warten, ist keine Option. Vielmehr sollte der eigene Anspruch von Anfang an nach außen getragen werden. Wer mutig kommuniziert und sich früh in politische und gesellschaftliche Debatten einbringt, wird als relevanter Akteur wahrgenommen – unabhängig von Größe oder Bekanntheitsgrad.
Bild: Ann-Kristin Golz @ CC: Collective Consulting GmbH
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