Siemens, Bayer, BMW oder Henkel – Unternehmen die es gefühlt schon immer gibt. Solche, bei denen Sie nie auf die Idee kommen würden, dass es sie eines Tages nicht mehr geben könnte.
Als junges Start-up ist das natürlich auch Ihr Ziel – ein Unternehmen zu gestalten, das nicht gleich verblüht, sondern auf Dauer seinen eigenen Weg gehen kann. Das macht es wertvoll. Doch wie stehen die Chancen, dass auch Ihr Unternehmen solch eine Langlebigkeit hat?
Nichts als die Wahrheit
Vielleicht sollte ich Ihnen gleich zu Beginn die unverblümte Wahrheit sagen: Unternehmen werden nicht alt. Laut einer Studie liegt die Lebenserwartung deutscher Unternehmen durchschnittlich sogar lediglich bei acht bis zehn Jahren. Die existenzielle Gefährdung, das werden Sie als Start-up-Gründer sicherlich selbst wissen, ist vor allem in den ersten Jahren des Bestehens am größten. In den Jahren, in denen es darum geht, sich am Markt erst einmal zu etablieren.
Doch auch, wenn Sie die früh Gescheiterten einmal außen vor lassen, bleiben Unternehmen gerade einmal 30 bis 40 Jahre lang am Leben. Nur fünf Prozent leben länger als 50 Jahre. Das scheinen ja rosige Aussichten …
Ich kann verstehen, wenn das Ihnen erst einmal nicht viel Mut schenkt. Denn die Zahlen vermitteln den Eindruck, dass es fast unmöglich ist, ein Unternehmen erfolgreich unter den sich ständig verändernden Bedingungen der Märkte zu halten. Doch lassen wir uns das positiv angehen: Was kann man aus gescheiterten Unternehmen für den Erfolg neuer Unternehmen lernen?
Zum Scheitern verurteilt?
Also, schauen wir uns genauer an, woran Unternehmen scheitern. Start-ups, so wie Sie eines sind, scheitern in den Kinderschuhen häufig daran, dass ihr Produkt nicht marktreif, die Finanzierung nicht gesichert oder die Leistungserstellung zu teuer ist. Das ist alles ziemlich offensichtlich.
Komplizierter wird es, wenn es Ihr Start-up schafft, sich erstmalig am Markt zu etablieren. Dann lauern zwei grundlegende Gefahren, die, richtig angegangen, aber gleichzeitig auch die Chance der Unschlagbarkeit in sich bergen: der Verlust der konzeptionellen Stärke (das „Anders-sein“) und der Verlust der Umsetzungskraft (das „Besser-sein“).
Mit dem Verlust der konzeptionellen Stärke bezeichne ich den Wegfall der Andersartigkeit in wichtigen Komponenten des Geschäftsmodells, etwa die abnehmende Attraktivität des Produktportfolios, der Verlust des ursprünglichen Zielkundensegments, die Verwässerung der Marke, die Erodierung der Schnittstelle zum Kunden oder die falsche Produktionslogik. Die Unternehmensattraktivität für die Kunden schwindet, was dazu führt, dass diese sich sukzessiven interessanteren Konkurrenten zuwenden.
Kein Platz auf der Liste
Und schlimmer: Nicht nur das Fehlen einer konzeptionellen Stärke, auch der Verlust der Umsetzungsstärke kann Unternehmen vor fundamentale Herausforderungen stellen. Umsetzungsstärke spielt immer dann eine große Rolle, wenn viele Wettbewerber mit ähnlichen Konzepten um die Gunst der Kunden buhlen – und mit ziemlicher Sicherheit ist das auch bei Ihnen der Fall, interessante Ideen sind selten lange alleine unterwegs. Der Verlust der Umsetzungsstärke bedeutet, dass die Fähigkeit erodiert, ausgewählte, vom Kunden erwartete Leistungsmerkmale besser bereitzustellen als der Wettbewerb.
Betroffene Start-ups werden mit Blick auf vom Kunden erwartete Leistungsmerkmale nicht mehr als besser empfunden als alternative Anbieter – sie sind also nicht pünktlicher, zuverlässiger, schneller, freundlicher, partnerschaftlicher, serviceorientierter usw. als ihre Wettbewerber. Vielleicht deswegen, weil sich der Schlendrian im Unternehmen breitgemacht hat, die Motivation der Mitarbeiter verloren gegangen ist oder vergangene Erfolge die Organisation blind gemacht haben für nötige Prozessoptimierungen. Vielleicht ist man sogar noch genauso gut wie früher – nur reicht das als Vorteil einfach nicht mehr aus, weil der Wettbewerb sich schneller weiterentwickelt hat.
Den Spieß umdrehen
Für Sie als Start-up-Gründer bedeutet das, dass es für Sie das A und O sein muss, die konzeptionelle Stärke und die Umsetzungskompetenz Ihres Unternehmens kontinuierlich zu pflegen und auszubauen. Drehen Sie alle oben genannten Problemstellungen mal ins Positive und richten Sie kontinuierlich Ihre Überlegungen danach aus: Wie können wir auf weiterentwickelte Kundenerwartungen reagieren? Wie können wir die Marke schärfen? Wie vermeiden wir Selbstgefälligkeit in unserem Team?
Das Geheimnis langfristigen Erfolges kann man also auf einen klaren Nenner bringen: Es geht darum, vor dem Hintergrund eines eindeutigen Zukunftsbildes kontinuierlich „anders“ und „besser“ zu werden. Wenn Ihr Start-up dies im Griff hat, wird es lange am Markt überleben können und nicht auf die lange Liste der gescheiterten Unternehmen kommen.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg dabei!
Autor: Dr. Oliver Greiner
Dr. Oliver Greiner gehört zu den Top-Strategieberatern im deutschsprachigen Raum. Er leitet das Competence Center Strategy, Innovation & Sales der Managementberatung Horváth & Partners und unterstützt Unternehmen bei der Gestaltung ihrer Zukunftsfähigkeit. Sein aktuelles Buch „Touchdown! Wie Unternehmen unschlagbar werden“ ist 2018 im Murmann Verlag erschienen. Hier erfahren Sie mehr: www.olivergreiner.de.
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