Freitag, Juni 6, 2025
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Eine Gründerin, ein Handy, eine klare Mission

mamell ist ein Social-Fashionlabel, das authentische Mode mit sozialem Anspruch verbindet und Frauen durch echte Geschichten und starke Community sichtbar macht

Wie entstand die Idee zu mamell und wie hat sich das Konzept seit der Gründung entwickelt?

2020 konnten mein Mann Marc und ich unser Kosmetikstudio aufgrund der pandemiebedingten Schließungen nicht weiterführen. Es war unsicher, wie lange dieser Zustand anhalten sollte, und als nur noch 800 Euro auf unserem Firmenkonto waren, wussten wir: So können wir weder unsere Mitarbeiter bezahlen noch uns selbst. Der Einzelhandel durfte nach einigen Wochen wieder öffnen, doch wegen der Ansteckungsgefahr blieb die Zukunft für körpernahe Dienstleistungen weiterhin für lange Zeit ungewiss. Aus der Notlage heraus beschlossen wir deshalb, Kleidung zu verkaufen.

Was zunächst als Notlösung begann, entwickelte sich schnell zu einer erfolgreichen Geschäftsidee. Seit der Gründung hat sich das Konzept über den Laden in Jülich bis zu einem Onlineshop ausgeweitet. Unser Fokus liegt schon immer ganz klar auf Authentizität, Diversität und sozialen Werten. Besonders die Nutzung von Instagram und Live-Shopping-Formaten hat unser Wachstum geprägt und allein auf Instagram verfolgen nun über 120.000 Menschen unseren Weg.

Wer steht hinter mamell und welche persönlichen Erfahrungen haben die Gründung beeinflusst?

Hinter mamell stehen mein Mann Marc und ich. Vor allem meine persönliche Geschichte inspiriert die Werte unseres Labels nachhaltig: Ich bin unter schwierigen familiären Verhältnissen aufgewachsen, lebte zeitweise im Kinderheim, bin mit 16 schwanger und mit 17 Mutter geworden – daher musste ich mich oftmals im Leben durchkämpfen. Auch die Gründung von mamell war nicht gradlinig und fand in einer Extremsituation statt. Diese Erfahrungen haben schon immer meine Motivation gestärkt, Frauen in ähnlichen Situationen zu unterstützen und eine Unternehmenskultur zu schaffen, die Female Empowerment fördert. Wir beschäftigen zum Beispiel auch bewusst alleinerziehende Mütter und sehen es als unsere Pflicht, anderen zu helfen. Wir sind einfach mehr als nur Mode!

Welche Vision verfolgt mamell und wie soll sie in den kommenden Jahren realisiert werden?

mamell steht für Authentizität und soziale Verantwortung. In den kommenden Jahren möchte ich „die Welt um mich herum ein kleines bisschen besser machen“ – so sage ich es immer zu meiner Familie. Dies gilt sowohl für unsere Mode als auch für unsere Pflicht als Arbeitgeber. Ich möchte Menschen mit unserer Mode zu mehr Selbstwertgefühl verhelfen, möchte zeigen, dass jede Frau mit jeder Figur auf ihre ganz persönliche Weise schön sein kann. Zudem möchte ich einen Arbeitsplatz schaffen, an dem niemand Bauchschmerzen haben muss, an dem niemals Raum für Mobbing ist und wo gemeinsam gelacht und Großes geleistet werden kann. Wertschätzung, Respekt, Humor und Hilfsbereitschaft sollen auch bei großem Wachstum unserer Firma unsere festen Werte bleiben.

Wie definieren Sie die Zielgruppe von mamell und wie gehen Sie auf deren Wünsche und Bedürfnisse ein?

Wir richten uns an ganz gewöhnliche modebewusste Frauen – die Frau von nebenan, wie du und ich. Laut Statistik ist unsere Kernzielgruppe 30 bis 55 Jahre alt, aber praktisch gesehen sind wir für jede Frau da! Unsere Mode tragen sämtliche Generationen – wie oft standen schon Mutter, Tochter und Oma vor uns, allesamt in einem Outfit von mamell. Das sind Momente, die mein Herz berühren. Wir möchten bewusst verschiedene Altersgruppen und Konfektionsgrößen ansprechen. Durch persönliche Nähe und die aktive Einbindung in Social Media, insbesondere im Live-Shopping, gehen wir auf die Wünsche und Bedürfnisse unserer Kundinnen ein und versuchen uns anhand des Feedbacks stetig zu optimieren.

Was unterscheidet mamell von anderen Fashionlabels auf dem Markt?

mamell hebt sich durch unsere Authentizität, klare soziale Mission und unseren echten, unbearbeiteten Auftritt in den sozialen Medien ab. Wir setzen zum Beispiel bewusst keine Bilder von Models ein, unsere Kleidung wird immer von echten Mitarbeiterinnen, hauptsächlich sogar von mir selbst präsentiert und Bilder werden nicht bearbeitet. Unsere Onlineshop-Bilder vermitteln den Eindruck einer guten Freundin, die aus der Umkleidekabine heraus ein Foto ihrer neuen Lieblingsstücke schickt – unbearbeitet und echt. Die persönliche Nähe zur Kundschaft und die wöchentlichen Live-Shopping-Formate mit all unseren Mitarbeiterinnen unterschiedlicher Altersgruppen und Konfektionsgrößen sind einzigartig auf dem Markt und mir als Geschäftsführerin extrem wichtig.

Mit welchen besonderen Herausforderungen sah sich mamell in der Gründungsphase konfrontiert und wie wurden diese bewältigt?

Ehrlich gesagt, weiß ich rückwirkend selbst nicht, wie wir das geschafft haben! Zwischen der Idee und der Umsetzung lagen keine 72 Stunden. Die größte Herausforderung war – neben der Tatsache, dass nur noch 800 Euro zur Verfügung standen –, den Zweifeln und skeptischen Blicken meines Umfeldes standzuhalten. Selbst mein Mann hatte extreme Bedenken. Mitten in der Pandemie, im Teil-Lockdown und quasi ohne Geld, nahezu ALLEIN an die Neugründung einer Firma zu denken – das war wirklich schwer. Ein paar wundervolle Menschen haben meine Vision begleitet und waren für mich bedingungslos da, doch so wirklich daran geglaubt haben die wenigsten. Heute danke ich mir selbst, dass ich das Vertrauen in mich nie verloren habe!

Wie wichtig sind für mamell Themen wie Nachhaltigkeit und verantwortungsbewusste Produktion?

Nachhaltigkeit und Verantwortungsbewusstsein sind Themen, die zunehmend an Bedeutung für uns gewinnen. Wir wissen, dass Mode schnelllebig ist, aber wir glauben fest daran, dass auch in diesem Segment mehr Pflichtgefühl möglich ist. Deshalb arbeiten wir kontinuierlich daran, unsere Prozesse zu verbessern – sei es durch eine sorgfältige Auswahl unserer Lieferanten, durch eine möglichst effiziente Logistik oder durch kleine, bewusst produzierte Kollektionen, um Überproduktion zu vermeiden. Ebenso werden Retouren von uns nicht einfach entsorgt, sondern aufgearbeitet.

Welche Rolle spielen Social Media und Live-Shopping für das Wachstum von mamell?

Social Media, insbesondere Instagram, spielt eine zentrale Rolle für das Wachstum von mamell. Von Tag eins habe ich in mein Handy gelacht, geweint und bestimmt auch mal geflucht. Jeder Schritt unserer Firma war öffentlich im Netz zu sehen. Die Plattform Instagram wird genutzt, um die Marke nahbar zu präsentieren. Die wöchentlichen Live-Shopping-Formate fördern die Kundennähe, stärken die Community und tragen maßgeblich zum Verkaufserfolg bei – und das Schönste daran ist: Wir haben noch genauso viel Freude und Bauchkribbeln bei unseren Live-Formaten wie am ersten Tag.

Wie entwickelt sich das Produktsortiment von mamell weiter und welche neuen Projekte sind geplant?

Unsere Produkte werden von unserer Community geprägt und unser Sortiment wird basierend auf dem Feedback unserer Kundinnen erweitert. Wir hören hin, was Frauen sagen, welche Probleme sich in der Modewelt auftun und welche Bedürfnisse jede einzelne Kundin hat. Stylishe Jeans in großen Größen sind schwer zu finden? Wir suchen welche! Kleidung hat oft zu wenig Stretch, ist unbequem oder nicht alltagstauglich? Wir passen unsere Stücke an! Und genau dahin soll der Weg für mamell weiterhin gehen – eine Firma von Frauen für Frauen!

Was war bisher ein besonders prägender oder emotionaler Moment in der Geschichte von mamell?

Es gibt viele Momente, die mein Herz berührt haben, viele Ereignisse, deren Erinnerung mir noch heute schlagartig Tränen in die Augen treiben. Natürlich war die gesamte Gründungsphase sehr emotional – im positiven wie auch im negativen Sinne. Von heute auf morgen wurden aus mir und meinem Team – die eigentlich Wimpernstylistinnen waren – Modeverkäuferinnen, Content Creator, Wareneinkäufer, Onlineshop-Designer und Versandmitarbeiter in einem. Die Ängste, dass das Projekt scheitert und wir auch noch das letzte Geld „verpulvern“, war groß. Aber nicht so groß wie die Freude, als die ersten Einnahmen für alle Unkosten reichten!

Der schönste Moment aus dieser Zeit war wahrscheinlich die Eröffnung unserer Boutique in Jülich: Menschen standen Schlange, warteten stundenlang vor unserem Geschäft, da dieses sehr klein und bereits gefüllt mit Kundinnen war. Spontan organisierten wir vom Italiener nebenan Antipasti und Getränke, um die Wartezeit zu versüßen. Fremde Menschen überreichten mir Briefe, Geschenke und selbstgemalte Bilder – diesen Tag werde ich niemals vergessen. Mit so einem Andrang hatte damals keiner gerechnet.

Wie sieht die langfristige Strategie von mamell aus und wohin soll die Reise gehen?

Ich habe keine festen Strategien, habe keinen Business-Plan und verfolge auch nicht die typischen Ziele eines Unternehmers. Und ich möchte noch mehr Arbeitsplätze schaffen, die sicher sind, und möchte Frauen dazu verhelfen, trotz Kind Karriere zu machen. Ich möchte in einer immer kühleren Welt Werte vermitteln, die wichtig sind: Nächstenliebe, aber auch Selbstliebe. Unsere Mode soll unsere Kundinnen glücklich machen und ihnen Selbstbewusstsein geben. Denn glückliche Kundinnen führen letztlich dazu, dass ich Arbeitsplätze schaffen kann, die Freude bereiten und Kühlschränke füllen.

Welche drei wichtigsten Ratschläge würden Sie neuen Gründerinnen und Gründern mit auf den Weg geben?

„Lieber schlecht starten, als perfekt zu warten.“ Auch wenn ich nicht mehr weiß, von wem dieses Zitat stammt: Es ist wahr! Sich in Planung zu verlieren, kostet oft Zeit und Geld. Zeit, in der andere schon loslegen und einen Vorsprung aufbauen können. Verliert euch nicht in Perfektion, beginnt erst einmal und optimiert euch dann Schritt für Schritt. Learning by doing trifft es einfach auf den Punkt.

Nutzt Social Media! Ganz gleich in welcher Branche ihr aktiv werden möchtet, ob Handwerker, Restaurantbetreiber oder E-Commerce-Unternehmen – Social Media ist wie ein Schaufenster eurer Firma, das Tag und Nacht von potenziellen Kunden angesehen werden kann. Wenn Social-Media-Kanäle noch neu für euch sind, könnt ihr ganz wunderbar kostenlose YouTube-Videos und Podcasts nutzen. Ich habe selbst in den ersten eineinhalb Jahren in jeder freien Minute kostenloses Wissen inhaliert. Ob durch Podcasts beim Autofahren, Lektüre auf der Toilette oder Videos in der Badewanne – nutzt verschiedene Medien und eure Zeit!

Vertraue in dich selbst! Ja, diese Worte verwendet jeder – aber ich glaube, auch aus gutem Grund. Viele werden dir deine Pläne ausreden, viele werden an dir zweifeln oder sich lustig über dich machen! Doch wenn du selbst nicht an deine Träume glaubst, warum sollten es andere tun?

Bild: Bildquelle Mamell Melanie Schneppershoff

Wir bedanken uns bei Melanie Schneppershoff für das Interview

Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder.

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