medudoc SaaS-Plattform digitale Patient:innenaufklärung
Stellen Sie sich und das Startup medudoc doch kurz unseren Lesern vor!
medudoc – kurz für “medical education and documentation” – ist eine SaaS-Plattform, die für Patient*innen und deren Angehörige ein neues Zeitalter einleitet: Aktuell verzweifeln Patient*innen an unverständlichen medizinischen Informationen in Vorbereitung auf ihre OP und sind dennoch rechtlich dazu verpflichtet einzuwilligen, verständlich und umfangreich über ihren Eingriff und den damit verbundenen Risiken aufgeklärt worden zu sein. Ärzte auf der anderen Seite kämpfen mit hohem administrativen, repetitiven und analogen Aufwand.
Kliniken leiden unter den Kosten. medudoc digitalisiert, animiert und automatisiert die Patientenaufklärung in Zusammenarbeit mit medizinischen und medikolegalen Expert*innen und will damit mehrere hundert Millionen Euro für Kliniken einsparen und in Hinblick auf den akuten Fachkräftemangel Klinikpersonal zeitlich entlasten.
Warum haben Sie sich entschieden, ein Unternehmen zu gründen?
Patientenaufklärung findet in den meisten Ländern seit langer Zeit durch Papiervorlagen fast monopolartig statt. Es ist an der Zeit, das Thema an veränderte Bedürfnisse anzupassen, sowie patientenzentriert und digital zu gestalten. Die Idee stammt direkt aus dem Klinikalltag von Ärzt:innen, die täglich Patient:innen aufklären und sich nach einer Lösung gesehnt haben, die sie sinnvoll entlastet und sich gut in klinische Prozesse integrieren lässt.
Welche Vision steckt hinter medudoc?
Wir zeigen mit medudoc, dass sich die Transformation des Gesundheitswesens durch innovative Patientenaufklärung sinnvoll beschleunigen lässt.
Wir wollen Patient:innen dazu befähigen, gut vorbereitet und optimistisch ihrer Operation entgegen zu blicken, anstatt vom Informationsprozess überwältigt und resigniert zu sein. Parallel wollen wir Ärzt:innen durch sinnvolle digitale Hilfsmittel von redundanten Aufgaben im Klinikalltag entlasten. Wir wollen das Patientenaufklärung über die rechtliche Notwendigkeit hinausgeht und einen echten Wissenstransfer sowie ein medizinisches Verständnis für alle Beteiligten ermöglichen. Daher ist unsere Vision keine geringere, als einen internationalen Standard dafür zu schaffen.
Von der Idee bis zum Start was waren bis jetzt die größten Herausforderungen und wie haben Sie sich finanziert?
Die drei größten Herausforderungen bisher, können wir in drei Bereiche unterteilen: Innovationsbereitschaft der Kliniken, Interoperabilität und Gesetzgebung. Der Markt für Patientenaufklärung ist durch traditionelle Verlagshäuser besetzt und viele Kliniken verwenden seit Jahrzehnten die gleichen Papierbögen. Unser Ansatz zur individualisierten Aufklärung mittels Video denkt das Konzept für eine informierte Patienteneinwilligung neu und nutzerorientiert. Von der Bereitstellung von Vorabinformationen bis hin zur Prozessintegration in den Klinikalltag.
Wir haben schnell gemerkt, dass wir (in einer Industrie deren bevorzugtes Kommunikationsmittel häufig noch das Faxgerät ist) ein autonomes Fortbewegungsmittel entwickelt haben, wobei sich im Gesundheitsbereich gerade erst darauf verständigt wurde, ein einheitliches Straßensystem zu bauen auf der keine Pferdekutschen mehr fahren dürfen. Das ist vielleicht überspitzt ausgedrückt, spiegelt aber unsere Erfahrungen wider. Wir haben unsere Lösung plattformagnostisch aufgebaut, sodass Kliniken medudoc auch ohne aufwändige Integration nutzen können.
Auf dem Weg dorthin war uns immer klar, dass wir nicht nur Geld einsammeln müssen, sondern vor allem Believer und Expert:innen an unserer Seite brauchen, die sich mit den Regularien und Herausforderungen im Gesundheitsmarkt auskennen und uns mit den richtigen Partnern ins Gespräch bringen können. Wir haben Anfang des Jahres unsere Seed Runde mit bekannten Digital-Health Business Angels finanziert und haben mit dem Investment ein schnelles Wachstum in Kliniken im DACH Raum geschafft. Aufgrund des schnell wachsenden Interesses auch im internationalen Markt, arbeiten wir aktuell an einer Verlängerung der Runde, um unser Momentum voll nutzen zu können.
Wer ist die Zielgruppe von medudoc?
medudoc ist eine SaaS Plattform mit der Ärzte individualisierte Videos – abgestimmt auf unterschiedliche Patientenprofile und Indikationen oder OP-Verfahren – erstellen können. Ärzte sind unsere Hauptanwender der Plattform, aber natürlich erhält der Patient am Ende ein auf ihn abgestimmtes Video, das ihn über den Ablauf, die Risiken oder Behandlungsalternativen einfach und verständlich aufklärt.
Wie funktioniert medudoc? Wo liegen die Vorteile? Was unterscheidet Sie von anderen Anbietern?
Unsere „medical engine“ ermöglicht Ärztinnen/Ärzten in sekundenschnelle, personalisierte Aufklärungsvideos zu erstellen. Die digitale Dokumentation erfolgt automatisch und reduziert den bürokratischen Aufwand. Kliniken, die medudoc nutzen, reduzieren den Zeitaufwand für Aufklärungsgespräche durchschnittlich um 50%. Durch unsere Videoaufklärung sind Informationen auf die individuelle Patientensituation zugeschnitten. Somit bieten sie einen höheren Informationsgehalt als herkömmliches Aufklärungsmaterial und mehr Sicherheit für Ärzt:innen sowie Patient:innen.
medudoc, wo geht der Weg hin? Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?
Unser Ziel ist es, einen internationalen Standard für die Patientenaufklärung zu schaffen. Wir wollen unsere Marktdurchdringung im DACH Raum ausbauen, den Markteintritt in UK schaffen und das weitere internationale Wachstum vorantreiben. Durch ein neues AI Feature bei der Inhaltserstellung werden wir auch automatisiert alle gängigen Sprachen anbieten können, wodurch wir den lang überfälligen Abbau von Sprachbarrieren zwischen Arzt und Patient schaffen möchten.
Mit unserer, eigentlich recht profanen, Lösung zur Prozessoptimierung haben wir einen Nerv bei der Ärzteschaft und den Patienten getroffen. Durch die Modellierung medizinischer Eingriffe mit verschiedenen Datenparametern sind wir in der Lage, hyper personalisierte Videoinhalte zu generieren und schaffen dadurch einen transparenten Heathcare-Loop, der uns einzigartige Data-Insights zurückgespielt. Für einen noch effizienteren Klinikalltag, für predictive Healthcare und sogar zur Daten-Erkenntniss getriebenen Vorbeugung von Erkrankungen. Dort geht die Reise für uns hin.
Zum Schluss: Welche 3 Tipps würden Sie angehenden Gründern mit auf den Weg geben?
Spezifisch im Bereich Digital Health: Uns hat es sehr geholfen, gerade in der Validierungs- und Prototypphase innovationsbereite Partner gefunden zu haben, die nicht nur essentiell bei der Produktentwicklung waren, sondern sich auch zu ersten Kunden entwickeln konnten. Durch die enge Zusammenarbeit und das Vertrauen in die gemeinsam entwickelte Lösung, haben sich unsere Klinikpartner zu Ambassadors entwickelt, was uns beim market access und der Finanzierung geholfen hat.
Zweitens allgemein: If it is not a hell yes, it is a no. Zumindest solltest du dir das immer mal vor Augen halten. Die Personalentscheidung, gerade in der Anfangsphase, bei der du kein uneingeschränkt gutes Gefühl hast, wird dich einholen. Die Partnerschaft mit Menschen aus anderen Unternehmen, die du aus Prestigegründen eingehst, aber nicht weil es absolut klickt, wird dir Schwierigkeiten bereiten und die Kundinnen und Kunden die von Anfang an sehr fordernd sind, werden nicht den Return aufwiegen, den andere an Ihrer Stelle einfacher bringen.
Und abschließend noch die Empfehlung, frühzeitig die Basis für eine Team-Kultur zu schaffen sowie den Company Purpose gemeinsam zu formen und klar zu kommunizieren sowie regelmäßig zu verankern. Jedes Teammitglied sollte unbedingt in der Lage sein diese Fragen zu beantworten: Was ist mein Purpose im Team und wie trage ich mit meiner Arbeit und meinen Fähigkeiten zum gemeinsamen Erfolg bei?
Bild: Gründerteam von links nach rechts Michael Horacek, Mona Ciotta, Dennis Beyer
Wir bedanken uns bei Michael Horacek, Mona Ciotta und Dennis Beyer für das Interview
Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder