Nuberisim prognostizieren mit Computersimulationen den Lärm von Geräten
Stellen Sie sich und Ihr Startup Unternehmen Nuberisim doch kurz unseren Lesern vor!
Fön, Staubsauger, Dunstabzugshaube, Windturbine: Sie sind alle laut, wir hätten sie gerne leiser. Die Lautstärke hängt davon ab, wie die Luft umgewälzt wird. Wir prognostizieren mit Computersimulationen den Lärm solcher Geräte. Da man die Luftströmung dabei berücksichtigen muss, sind diese Simulationen sehr komplex, aufwändig und detailliert, sogenannte parallele Hochleistungssimulationen. Ein PC reicht hier nicht aus. Früher musste man sich dafür spezielle Hochleistungsrechner oder -rechencluster (UNIX/Linux) kaufen, was sehr teuer in Beschaffung und Betrieb ist. Bis heute lohnt sich das für Ingenieurbüros oder kleinere Unternehmen, die als Simulationsdienstleister oder Gutachter z.B. für größere Unternehmen arbeiten, nicht. Wer sich mit solchen Rechnern auskennt, kann heute online in der Cloud parallel simulieren. Allein strömungsakustische Analyse wird bis heute fast ausschließlich im akademischen Umfeld mit der entsprechenden Rechnerinfrastruktur durchgeführt. Um dies zu ändern, wurde NUBERISIM entwickelt.
Wir, die Falquez, Pantle und Pritz GbR (gegr. 2014), bieten unsere NUBERISIM-Plattform für alle an, die gekoppelte Strömungslärmprognose machen wollen oder müssen, und die dabei nicht erst erlernen wollen, wie man die Simulationssoftware auf eine Cloud bringt, bzw. die nicht zuvor in teure Hochleistungsrechner investieren wollen. Mit NUBERISIM kann man Simulationen via Browser ansteuern und bedienen, gerade so, als hätte man die Software auf dem eigenen Rechner. In Wirklichkeit aber laufen die Simulationen auf einer Cloud-Infrastruktur parallelisiert ab. Wir bieten außerdem Dienstleistung und wissenschaftliche Kompetenz rund um die Entwicklung leiser Geräte mit unserer NUBERISIM-Plattform an.
Wie ist die Idee zu Nuberisim entstanden und wie haben Sie sich als Gründerteam zusammengefunden?
Das Gründerteam besteht aus 3 Leuten, allesamt ehemals Mitarbeiter/Wissenschaftler des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT). Aus unseren Forschungstätigkeiten dort und den Erfahrungen, die wir im Laufe der Zeit mit der Industrie gemacht haben, hat sich die Gründungsidee entwickelt. Wir als Team kennen uns also schon einige Jahre und sind durch langjährige Zusammenarbeit eingespielt.
Von der Idee bis zum Start – was waren bis jetzt die größten Herausforderungen und wie haben Sie sich finanziert?
Wir 3 Gründer sind alle aus dem technischen Bereich (Physik, Maschinenbau) und hatten daher zwar eine Idee und auch eine Einschätzung, dass wir mit unserem Angebot etwas nahezu Einzigartiges schaffen können, womit zudem ein gerade Fahrt aufnehmendes, technisches Problem angesprochen wird, aber wir hatten praktisch keine Ahnung von BWL oder Gründung. Wo fängt man da an? Mit welchem Geld? Was muss man beachten?
Die größte Herausforderung war: jenseits unseres wissenschaftlichen Netzwerks Leute zu finden, die uns nicht sofort zu „Spinnern“ erklärten, die Aussagen zu Finanzierungsmöglichkeiten, Rechtlichem u.ä. machen können, und deren Aussagen situations-, praxisnah und belastbar sind. Es hat eine Weile gedauert, bis wir dieses Netzwerk hatten. Bis dahin konnten wir unsere Idee dann so gut beschreiben, dass wir ein EXIST-Gründerstipendium, zusammen mit dem KIT beantragt, für das erste Jahr erhielten, und eine erste Version unserer Plattform realisieren konnten.
Wie hat sich das Unternehmen seit dem Start entwickelt?
Seit 2015 sind wir offizielles Spin-Off des KIT und bearbeiten Dienstleistungsaufträge (Simulation und Entwicklung) mit unserer Plattform. In Zukunft wird dieser Zweig intensiviert und gleichzeitig NUBERISIM als Plattform stärker vermarktet. Insgesamt ist die Entwicklung vielversprechend. Kürzlich (Juni 2016) wurden wir mit dem 2. Platz des Neuland Innovationspreises (KIT), Kategorie Transferprojekte, ausgezeichnet.
Wer ist die Zielgruppe von Nuberisim?
Typische Zielgruppen sind innovative Ingenieurbüros und Klein- und Mittelständische Unternehmen in Maschinenbau, Bauingenieurwesen/Architektur und Medizintechnik. Die Unternehmen der Zielgruppe entwickeln i.d.R. strömungsführende Geräte. Die Verbesserung des Geräuschverhaltens stellt entweder einen Wettbewerbsvorteil dar, oder die Geräte unterliegen explizit Lärmschutzrichtlinien. NUBERISIM wird bei der Entwicklung leiser Geräte benötigt, und bietet die Möglichkeit, äußerst detaillierte Simulationen und Prognosen durchzuführen, ohne zuvor in teure Hochleistungsrechner investieren zu müssen. Letzteres stellt gerade für kleinere Unternehmen eine enorme Hürde bei Einstieg in detailgetreue Hochleistungsimulation dar.
Wie funktioniert Nuberisim?
NUBERISIM ist eine Online-Plattform, sie wird über den Browser aufgerufen, man loggt sich ein und lädt sein Simulationsnetz hoch. Das Simulationsnetz bildet die Geometrie des zu entwickelnden Gerätes ab. Dann konfiguriert man die Simulation über den Browser und startet sie. Im Hintergrund wird dann auf parallele Hochleistungsrechner verschiedener Anbieter, typischerweise großer Rechenzentren ähnlich denen der Amazon Web Services (AWS), zugegriffen. Dort läuft die Simulation parallelisiert ab, d.h. zerhackt in viele kleine Stücke und verteilt auf viele Prozessoren. Dadurch wird eine sehr aufwändige Simulation effizient beschleunigt und ihre gesamte Laufzeit deutlich verkürzt. Mit einem einzelnen PC wäre das nicht zu schaffen.
Warum sollte man Nuberisim nutzen?
NUBERISIM richtet sich in seiner gegenwärtigen Form an Geschäftskunden und dient dazu, Lärmquellen in der Strömungsführung ihrer Geräte zu identifizieren und Lärmpegel zu prognostizieren. Darum sollte man NUBERISIM einsetzen, wenn es darum geht, leise Geräte und Anlagen zu entwickeln. Idealerweise wird NUBERISIM bereits in der Entwicklung eingesetzt, kann jedoch auch zur nachträglichen Untersuchung bereits entwickelter Geräte heran gezogen werden, um die Weiterentwicklungen für die nächste Gerätegeneration zu unterstützten.
Nuberisim, wo geht der Weg hin? Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?
NUBERISIM als Plattformkonzept ist derart universell, dass wir es als Multiphysik-Anwendung, Schwerpunkt Lärm ausbauen werden. Hierzu sind bereits einige Weichen gestellt. Wir planen, unser Unternehmen zu erweitern, und einen Mix aus Entwicklern und Akustik-Ingenieuren einzustellen, um die Entwicklung und die Validierung voranzutreiben. Wir wollen DIE PLATTFORM für Lärmprognose und Akustik-Kompetenz werden.
Zum Schluss: Welche 3 Tipps würden Sie angehenden Gründern mit auf den Weg geben?
1) Nicht allein gründen! Gründen im Team beflügelt und ermöglicht ein weites Blickfeld. Allerdings sollte das Team auch wieder nicht zu groß sein…
2) Das Team muss passen! Nur dann lässt sich auch eine konstruktive Diskussionskultur etablieren.
3) Das passende Netzwerk suchen oder/und unternehmerische Zweitbildung einholen! Beides kann nicht schaden, minimiert die Risiken, macht Entscheidungen einschätzbarer und hilft auch beim Filtern der Flut von gut gemeinten, aber nicht immer optimalen Ratschlägen.
Bild: Jens Fahrenberg (Leiter IMA/KIT), Dipl-Phys. Carlos Falquez (FPPG), Dr.-Ing. Iris Pantle (FPPG), Dr.-Ing. Balazs Pritz (FPPG), Prof. Thomas Hirth (Vizepräsident für Innovation und Internationales/KIT)Bildquelle Neuland/IMA, KIT
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