Montag, Juni 23, 2025
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Was passiert, wenn KI plötzlich mitredet, aber nicht übernimmt?

Open Mind entwickelt KI-Tools, die Journalistinnen und Journalisten im Redaktionsalltag verantwortungsvoll unterstützen

Was genau ist Open Mind und wer sind die Köpfe hinter dem Unternehmen?

Open Mind ist ein Startup mit Sitz in Oslo, das sich zum Ziel gesetzt hat, verantwortungsvolle KI-Tools für Journalisten zu entwickeln.

Wie kam es zur Gründung von Open Mind und welche persönlichen Erfahrungen haben dabei eine Rolle gespielt?

Die Idee zu Open Mind entstand, als ich die Auswirkungen von KI auf die Nachrichtenproduktion eines norwegischen Senders analysierte. In meiner langjährigen Tätigkeit als Berater für Medienstrategien hatte ich eine Branche kennengelernt, die unter Druck stand – nicht wegen der Technologie, sondern wegen einbrechender Einnahmen, die seit Anfang der 2000er Jahre rückläufig waren.
Die Journalisten wurden nicht wegen Produktivitätsproblemen entlassen. Die Einnahmen waren seit Jahrzehnten rückläufig und zwangen die Redaktionen, immer anspruchsvollere Produktionsziele auf immer kleinere Teams zu übertragen. Vieles von dem, was Journalisten heute tun, ist „Churnalismus“ – die schnelle Produktion von Inhalten, die nichts mit dem zu tun hat, wofür sie in der Journalistenschule ausgebildet wurden.

Aber KI kann eher befreiend als bedrohlich sein. Die Branche braucht dringend Produktivitätssteigerungen, damit sich die Journalisten wieder dem eigentlichen Journalismus widmen können. KI kann die Routinearbeit übernehmen und gleichzeitig etwas viel Mächtigeres ermöglichen. Wir können jetzt jede Aussage anhand von Metadaten zu ihrer ursprünglichen Quelle zurückverfolgen und politische Analysen durchführen, indem wir riesige Datensätze verarbeiten, ohne die üblichen menschlichen Verzerrungen, die sich bei jedem Schritt der traditionellen Analyse einschleichen.

Die Herausforderung war die Kehrseite der Medaille: KI-Systeme, die alle Nachrichten in Echtzeit lesen und innerhalb von Minuten konkurrierende Versionen veröffentlichen, was die Wirtschaftlichkeit der Originalberichterstattung völlig untergraben könnte. Open Mind wurde unter der Prämisse gegründet, dass KI die journalistischen Fähigkeiten erweitern und nicht ersetzen sollte. Sie sollte den Reportern helfen, tiefergehende, genauere Arbeit zu leisten, und gleichzeitig die Transparenzwerkzeuge bereitstellen, die das öffentliche Vertrauen in die Nachrichten wiederherstellen könnten.

Was ist die zentrale Vision von Open Mind und wie soll sie in den kommenden Jahren realisiert werden?

Open Mind hat sich zum Ziel gesetzt, einen vollständigen KI-gestützten Arbeitsablauf zu schaffen, der es Journalisten ermöglicht, ihre Bemühungen auf den Teil des Redaktionsprozesses zu konzentrieren, in dem sie den größten Einfluss haben können. Wo der Schwerpunkt liegt, entscheidet jeder Journalist selbst. Mit der Marktversion unseres Tools StoryGo haben wir bereits einen großen Schritt zur Verwirklichung dieses Ziels gemacht.

Welche konkreten Probleme adressiert ihr mit euren Lösungen im Bereich generativer KI?

Wir lösen die Produktivitätskrise im Journalismus ohne Qualitätseinbußen. Im Gegensatz zu vollautomatischen Nachrichtensystemen, die schlechte Inhalte produzieren, oder generischen KI-Tools, die halluzinieren und keine redaktionelle Kontrolle haben, bietet StoryGo Journalisten leistungsstarke Unterstützung, während sie die vollständige kreative und redaktionelle Kontrolle behalten.

Was macht euer Angebot für Unternehmen besonders attraktiv?

Wir bieten ein KI-Tool in Redaktionsqualität, das speziell für redaktionelle Workflows entwickelt wurde – etwas, das die meisten generischen Plattformen nicht bieten können. Unser Produkt steigert die Produktivität, ohne die Kontrolle, Transparenz oder redaktionelle Integrität zu beeinträchtigen. Unternehmen wissen es zu schätzen, dass wir die Dinge nicht nur beschleunigen, sondern auch verantwortungsvoll und mit Funktionen arbeiten, die auf die tatsächlichen Bedürfnisse von Journalisten und Redakteuren zugeschnitten sind.

Für welche Zielgruppen ist eure Plattform besonders relevant und wie geht ihr auf deren spezifische Bedürfnisse ein?

Wir müssen ein attraktives Instrument für die Journalisten in den Redaktionen sein und gleichzeitig die Produktivität für die Redaktionsleitung steigern. Dies wiederum soll sicherstellen, dass es eine finanzielle Grundlage für die Beschäftigung von Journalisten in der Zukunft gibt.

Gab es bisher besondere Herausforderungen auf eurem Weg? Wie seid ihr damit umgegangen?

Unsere größte Herausforderung bestand darin, die KI-Fähigkeiten mit journalistischer Integrität und redaktionellen Grundsätzen in Einklang zu bringen. Wo können wir den Prozess beschleunigen und wo müssen wir ein gewisses Maß an Trägheit bewahren? Wir mussten individuelle Schutzmechanismen gegen Halluzinationen entwickeln und gleichzeitig sicherstellen, dass unsere Tools das menschliche Urteilsvermögen nicht ersetzen, sondern verbessern. Die technische und ethische Komplexität bei der Entwicklung von KI für den Journalismus war immens.

Wie stellt ihr sicher, dass bei der Nutzung eurer Technologie ethische und datenschutzrechtliche Standards eingehalten werden?

Dies ist eine sich ständig verändernde Herausforderung, und wir müssen immer wachsam sein, um sicherzustellen, dass wir uns an die besten Praktiken und unsere eigenen Grundsätze halten. Wir schulen nicht anhand von Nutzerdaten, wir stellen der Redaktion keine Daten pro Nutzer zur Verfügung, wir bieten nur Redaktionen unsere Dienste an, und wir machen keine Werbung für Inhalte. Wir verlangen, dass alle Artikel, die mit unserem Tool erstellt werden, eine von Menschen unterzeichnete Byline haben.

Welche technologischen oder strategischen Entwicklungen plant ihr für die nächste Zeit?

Wir können zwar keine Einzelheiten nennen, aber wir arbeiten daran, dass unser Recherchetool im Hinblick auf die Quellen vielseitiger wird. Wir suchen nach Möglichkeiten zur Faktenüberprüfung und entwickeln Tools für investigative Recherchen, die Journalisten dabei helfen können, Punkte in großen Datensätzen zu verbinden und dabei die vollständige Transparenz der Quellen zu wahren.

Wie sieht eure langfristige Perspektive aus? Wo soll Open Mind in fünf Jahren stehen?

Wir hoffen, dass es uns gelungen ist, eine positive Kraft in der Medienbranche zu werden und ein Werkzeug bereitzustellen, das Journalisten nicht nur nutzen, sondern auch genießen werden.

Was waren eure wichtigsten Learnings als Gründerteam?

Dass Konsens überbewertet wird, wenn man schnell entwickeln will. Dass es mehr wert ist, seinen Nutzern zuzuhören, als jedes Pitchdeck. Und dass klein und fein zu bleiben besser ist als schnell zu wachsen und den Fokus zu verlieren.

Welche drei Tipps gebt ihr Menschen, die selbst ein Tech-Startup gründen möchten?

Habt keine Angst davor, etwas Beschissenes zu bauen. Am Anfang wird es immer beschissen sein, sonst wird man nie etwas auf die Beine stellen. Macht Fehler, aber lernt schnell, vermeidet es, die gleichen Fehler zweimal zu machen. Sucht euch Mitgründer, die euch herausfordern, aber eure Werte teilen.

Bild Tor Kielland @ Johanna Dorra

Wir bedanken uns bei Tor Kielland für das Interview

Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder.

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