Papego: gedruckte Bücher mobil auf dem Smartphone oder Tablet weiterlesen
Stellen Sie sich und Ihr Startup Unternehmen Briends doch kurz unseren Lesern vor!
Mein Name ist Karl von Wendt. Zusammen mit meinen Teamkollegen Jan-Philip Loos und Olaf Voß entwickele ich die App Papego, mit der man gedruckte Bücher mobil auf dem Smartphone oder Tablet weiterlesen kann.
Wie ist die Idee zu Papego entstanden und wie haben Sie sich als Gründerteam zusammengefunden?
Papego löst ein Problem, das ich selbst vor ca. 1,5 Jahren hatte: Ich musste morgens mit der U-Bahn zu einem Kunden, hätte gern unterwegs das Hardcover-Buch „Joyland“ von Stephen King weitergelesen, das mir mein Sohn geschenkt hatte, wollte es aber nicht mitschleppen. Da hab ich gedacht, wieso kann man das jetzt nicht auf dem Smartphone weiterlesen? Ich habe Jan und Olaf gefragt, die ich seit über 15 Jahren kenne und mit denen ich schon mehrere Projekte realisiert habe, was sie davon halten, und zu meiner Überraschung waren sie beide von der Idee angetan. Gut ein Jahr später, auf der Leipziger Buchmesse 2016, haben wir die App gelauncht und sind nun mitten im Rollout.
Von der Idee bis zum Start was waren bis jetzt die größten Herausforderungen und wie haben Sie sich finanziert?
Wir sind noch im Bootstrapping-Modus und finanzieren uns selbst. Technisch haben wir bisher alle Probleme gelöst. Die größte Herausforderung für uns sind die langsamen Entscheidungsprozesse in der Buchbranche und das „Henne-Ei-Problem“, das fast jedes Start-up hat: Solange man noch unbekannt ist, ist es schwer, Kunden zu gewinnen und die kritische Masse zu erlangen, die man braucht, um bekannt zu sein. Wenn dann irgendwann der Stein ins Rollen kommt, wird es leichter. In der Hinsicht haben wir auch schon einiges erreicht: Wir wurden auf der Leipziger Buchmesse mit dem „Neuland 2.0“-Publikumspreis ausgezeichnet, sind im Finale des „ContentShift“-Start-up-Wettbewerbs der Buchbranche, und immerhin machen inzwischen vier sehr renommierte Verlage mit.
Wer ist die Zielgruppe von Papego?
Unsere Kunden sind Verlage, die mit der App ihren Lesern einen echten Mehrwert bieten. Auf der Leserseite sprechen wir vor allem Vielleser an, die gedruckte Bücher lieben, aber gern auf dem Weg zur Arbeit oder während Wartezeiten lesen wollen, ohne immer das Buch mitschleppen zu müssen. Das sind nach einer Kundenbefragung etwa ein Drittel der Vielleser.
Wie funktioniert Papego?
Papego ist sehr einfach: App runterladen, zuletzt gelesene Buchseite scannen, schon kann man ein Viertel des Buchs ab der gescannten Seite unterwegs lesen. Keine Registrierung oder Anmeldung, keine Kosten. Die App zeigt die Druck-Seitenzahlen an, so dass man ganz einfach wieder zum gedruckten Buch zurückkehren kann.
Welche Bücher kann man mit Papego lesen?
Papego funktioniert nur mit „Papego-fähigen“ Büchern, für die uns der Verlag die Rechte übertragen hat. Zurzeit sind das ca. 40 Titel im Piper-Verlag sowie mein eigener Roman „Mirror“, der im Aufbau-Verlag erschienen ist (ich schreibe unter dem Pseudonym „Karl Olsberg“ Thriller und Jugenbücher und kenne deshalb die Buchbranche sehr gut).Wir bauen das jetzt schrittweise aus. Unser Ziel ist es, bis Ende 2017 1.000 Bücher Papego-fähig zu machen.
Was wird benötigt, um Papego zu nutzen?
Ein halbwegs aktuelles Android- oder Apple-Smartphone bzw. Tablet und ein Papego-fähiges Buch, erkennbar am Papego-Aufkleber oder Aufdruck.
Welche Vorteile haben Buchhändler?
Der wichtigste Vorteil für Buchhändler ist, dass sich die Leser dank Papego nicht mehr zwischen gedrucktem Buch und E-Book entscheiden müssen, sondern quasi beides in einem bekommen. Somit bleibt der Umsatz im Laden und wandert nicht zu Amazon & Co. ab.
Wo liegen die Vorteile für Verlage?
Verlage bieten ihren Lesern mit Papego einen echten Mehrwert, für den viele laut Marktforschung sogar bereit wären, extra zu bezahlen (was sie aber nicht müssen). Das ist natürlich ein zusätzlicher Kaufanreiz. Außerdem stärkt Papego den stationären Buchhandel (siehe oben), was auch den Verlagen nützt. Nicht zuletzt erleben wir zurzeit einen starken Preisverfall bei E-Books. Da ist es – auch aus meiner Sicht als Autor – dringend geboten, alles zu tun, um das gedruckte Buch so attraktiv wie möglich zu machen und eine weitere Erosion des Wertes des geschriebenen Wortes zu verhindern. Die Musikbranche zeigt ja, dass man mit digitalen Dateien online nur schwer Geld verdienen kann, während physische Produkte wie z.B. Vinylschallplatten immer noch gute Umsatzbringer sind.
Briends, wo geht der Weg hin? Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?
In fünf Jahren sind wir an der Börse so viel wert wie Google und Apple zusammen. Im Ernst: Ich hoffe, dass es uns gelingt, mit Papego einen De facto-Marktstandard zu schaffen. Meine Vision ist, dass die Kombination aus gedrucktem Buch und mobilem, digitalem Lesen in fünf Jahren so selbstverständlich ist, dass Leser richtig sauer sind, wenn das bei einem Buch mal nicht geht – so ähnlich, wie sie heute selbstverständlich erwarten, dass jedes neu erschienene gedruckte Buch auch als E-Book erhältlich ist.
Zum Schluss: Welche 3 Tipps würden Sie angehenden Gründern mit auf den Weg geben?
Ich empfehle jedem Gründer folgende drei Bücher:
1. „Rework“ von Jason Fried und David Heinemeier Hansson, den 37-Signals-Gründern. Das ist unsere „Bibel“, sozusagen die Essenz des Lean Start-up-Gedankens. Sehr pointiert, sehr unterhaltsam und sehr wahr. „Mach nur das Nötigste, baue ein solides Geschäftsmodell, wachse organisch, vergiss schnelles Wachstum um jeden Preis und Venture Capital-Millionen“ – diesen Rat aus dem Buch würde ich jedem Gründer geben. Ich wünschte, ich hätte das schon in den Neunzigern gelesen, dann hätte ich viele Fehler nicht gemacht. Ich empfehle das Buch übrigens nicht nur Gründern, sondern jedem Manager.
2. „From Zero to One“ von Star-Investor Peter Thiel. Der Mann hat schräge politische Ansichten, aber von Start-ups versteht er was. Sein Credo ist: Mach nicht das, was alle anderen machen, mach kein Me-Too, sondern mach etwas Einzigartiges – sozusagen die Antithese zu Rocket Internet.
3. „Der Marsianer“ von Andy Weir. Nicht nur ein großartiger Science Fiction-Roman, sondern auch ein modernes Märchen über das Durchhalten, vielleicht die wichtigste Gründerdisziplin. Immer, wenn ich das Gefühl habe, es läuft gerade irgendwie alles schief, dann erinnere ich mich an die Hauptfigur Mark Watney in dem Buch und denke: Der hatte wirklich Probleme, und er hat trotzdem einfach weitergemacht. Auch wenn die Geschichte nur Fiktion ist, steckt sehr viel Wahrheit darin, und es macht großen Spaß, sie zu lesen.
Wir bedanken uns bei Karl von Wendt für das Interview
Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder