Polarsteps ist eine All-in-One-Reise-App zum Planen, Dokumentieren und Wiedererleben von Reisen. StartupValley sprach mit CEO Clare Jones über die Vision des Scale-ups.
Wie würden Sie Polarsteps jemandem vorstellen, der die App noch nicht kennt und welche Rolle spielt dabei Ihr physisches Produkt, die Travel Books?
Polarsteps ist eine All-in-One-App, mit der man Reisen einfach planen, festhalten und immer wieder erleben kann. Schon vor der Abreise hilft Polarsteps, neue Ziele zu entdecken, individuelle Routen zu planen und Unterkünfte zu finden. Auf Wunsch unterstützt unser KI-gestützter Reiseplaner dabei. Unterwegs zeichnet die App automatisch die Route auf und zeigt sie auf einer interaktiven Weltkarte. Jede Etappe lässt sich mit Texten, Fotos und Videos ergänzen, sodass ein lebendiges, digitales Reisetagebuch entsteht. Dieses kann privat mit Familie und Freundeskreis oder öffentlich geteilt werden.
Später lassen sich aus dem Tagebuch Reise-Reels oder gedruckte Travel Books erstellen. Diese Fotobücher tragen seit der Series-A-Runde 2019 entscheidend dazu bei, dass Polarsteps nachhaltig aus eigenen Einnahmen wächst.
Sie haben die CEO-Rolle bei Polarsteps übernommen, nachdem das Unternehmen von vier Männern gegründet wurde. Wie hat sich die Kultur und Ausrichtung seitdem verändert?
Viele Unternehmen suchen eine neue Führung, wenn etwas schief läuft oder ein Kulturwandel nötig ist. Bei Polarsteps war das anders: Ich kam zu einem Scale-up, das bereits rasant wuchs und expandierte und dies mit einem klaren Wertekompass: transparent, wertschätzend und mit leidenschaftlichen, außergewöhnlich talentierten Mitarbeitenden. Genau das hat mich überzeugt, die Rolle zu übernehmen.
Meine Aufgabe ist es, diese Werte in einem international wachsenden Team lebendig zu halten und gleichzeitig die Strukturen zu schaffen, die schnelles Skalieren ermöglichen. Mittlerweile nutzen mehr als 17 Millionen Menschen weltweit Polarsteps. Diesen Sommer war die App in den Niederlanden und Frankreich über Wochen die Nr. 1 in der Reisekategorie des App Stores – noch vor großen Playern wie Uber oder Airbnb. Bald wird der DACH-Raum unser größter Wachstumsmarkt sein, und auch die USA haben wir im Visier. Unser internes „North Star”-Ziel sind 100 Millionen Nutzer:innen.
Erreichen lässt sich das nur durch die gemeinsame Leistung eines kleinen, entschlossenen Teams. Wir ermutigen alle, groß zu denken, dabei authentisch und menschlich zu bleiben und die Erfolge genauso zu genießen wie die Reise dorthin.
Welche Vision verfolgen Sie mit Polarsteps, wenn Sie sagen, die App soll zur All-in-One-Reise-App „Made in Europe“ für Abenteurer weltweit werden?
Viele Menschen nutzen unterwegs eine ganze Reihe von Tools – von Google Sheets über Buchungsportale bis hin zu Instagram. Polarsteps vereint all das in einer einzigen App. Unser Ziel: die All-in-One-App für den gesamten Travel Funnel zu sein, die in jeder einzelnen Phase der Reise hilft. Weltweit gibt es bislang keine App, die genau das bietet – wir sind dabei, dies zu ändern. Und wir sind stolz darauf, dass diese Vision aus Amsterdam und nicht aus dem Silicon Valley stammt – weil wir fest daran glauben, dass sich große, weltweit erfolgreiche Unternehmen auch hier in Europa aufbauen lassen.
Viele Nutzer stoßen über Empfehlungen auf Polarsteps. Wie erklären Sie sich diesen außergewöhnlich hohen Empfehlungsfaktor ohne klassisches Marketing?
Es ist toll zu sehen, dass die App allein über Mund-zu-Mundpropaganda so rasant wächst. Überall auf Reisen zücken Menschen ihre Handys, zeigen ihre Routen, teilen ihre Erlebnisse und begeistern damit andere. Und natürlich werden die Daheimgebliebenen, die virtuell mit ihren Liebsten mitreisen, auch oft selbst Polarsteps-Fans. Das liegt daran, dass die App von Tag eins von Reisenden für die Bedürfnisse von Reisenden entwickelt wurde und das spiegelt sich im benutzerfreundlichen und schönen Design wider. Ganz ohne Werbung. Das kommt an.
Wie gehen Sie mit den Herausforderungen um, ein europäisches Travel-Tech-Unternehmen global zu positionieren?
Wir wollen eine App für alle Reisenden sein. Doch es gibt große kulturelle Unterschiede, wie Menschen reisen und was ihnen dabei wichtig ist. Deutsche planen oft länger im Voraus und legen großen Wert auf Datenschutz. Niederländer sind spontaner und US-Amerikaner wollen auf der Weltkarte nicht nur Länder, sondern auch einzelne Staaten „abhaken”. Wir schauen also genau hin, was die User:innen sich in den einzelnen Märkten wünschen und wie Polarsteps darauf eingehen kann.
Auf der Business-Seite arbeiten wir daran, unsere Bekanntheit zu steigern und die passende Strategie in fragmentierten Märkten wie den USA zu finden. Immer wieder hören wir die Frage, ob eine europäische App global erfolgreich sein kann. Unsere Zahlen sprechen klar dafür.
Polarsteps finanziert Wachstum über ein physisches Produkt. Warum funktioniert dieses Geschäftsmodell so gut im digitalen Umfeld?
Reisende lieben unsere Travel Books als Erinnerung. Es funktioniert ganz einfach und nahtlos: Mit wenigen Klicks verwandelt sich das digitale Reisetagebuch in ein gedrucktes – mit allen Details wie Fotos, Geschichten, Karten und sogar den täglichen Temperaturen. Die Inhalte wurden ja bereits während der Reise erstellt. Das macht den Unterschied zu klassischen Fotobüchern, bei denen man alles erst mühsam zusammensuchen muss.
Das Spannende ist, dass wir offenbar einen Markt auf neue Weise erschließen – viele junge Menschen und Millennials würden normalerweise nie Zeit darauf verwenden, ein Fotobuch zu erstellen. Aber da unsere App alles automatisch für sie erledigt, sind sie so begeistert, dass sie zum ersten Mal eins kaufen.
Die Travel Books sind allerdings nicht unser einziges Geschäftsmodell. Seit diesem Sommer können Reisende über Polarsteps auch Unterkünfte über Booking.com, Airbnb und Hostelworld suchen und direkt in die Reiseplanung einbinden. Pro Buchung erhalten wir eine Marge – ohne Aufpreis für die Nutzer:innen. So verbinden wir digitale Services mit physischen Erlebnissen und finanzieren nachhaltiges Wachstum.
Wie sieht Ihre Zielgruppe aus und welche Bedürfnisse möchten Sie für diese Reisenden besonders abdecken?
Unsere Zielgruppe ist sehr breit, reicht über alle Generationen und umfasst Weltreisende genauso wie Wochenend-Abenteurer:innen. Was alle verbindet, ist ihre digitale Offenheit: Sie sind „connected travelers“, die unterwegs Apps zum Planen, Teilen und Dokumentieren nutzen. Wir stellen fest, dass viele unserer Reisenden jung sind – Gen Z und junge Millennials. Sie starten ihre Abenteuer oft auf Polarsteps, um sie mit Freunden und Familie zu teilen – und diese nutzen die App eines Tages vielleicht wiederum selbst für ihre eigenen Reisen.
Gleichzeitig wächst das Bedürfnis nach Digital Detox. Viele wollen zwar die Vorteile der Technologie nutzen, aber trotzdem im Moment bleiben. Polarsteps läuft im Hintergrund, nimmt Arbeit ab und macht es leicht, echte Erinnerungen festzuhalten – ohne ständig online sein zu müssen. Unsere Nutzer:innen suchen Authentizität statt „Instagram-Perfektion“.
Ein Gründer hatte einen Burnout. Welche Rolle spielen Themen wie New Work und gesunde Arbeitskultur heute im Unternehmen?
Eine sehr große. Wir wollen nicht nur eine App fürs Reisen bauen, sondern auch ein Unternehmen, in dem gesundes Arbeiten möglich ist. Dazu gehören flexible Modelle, eine klare Work-Life-Balance und das Ziel, keine Überstundenkultur entstehen zu lassen. Alle Mitarbeitende können bis zu acht Wochen im Jahr remote von jedem Ort der Welt aus arbeiten. Dazu kommen individuelle Weiterbildungs-Budgets und ein intensives Onboarding, damit neue Kolleg:innen fachlich und kulturell gut ankommen.
Ein besonderes Highlight ist unser Teleporter-Programm: Einmal im Jahr „teleportieren“ wir jedes Teammitglied an ein zufälliges Ziel, an dem es noch nie war. Dort testen sie die App im echten Einsatz und bringen wertvolles Feedback zurück. Die Tickets übernehmen wir – weil wir überzeugt sind, dass Polarsteps nur dann relevant bleibt, wenn es von Reisenden für Reisende entwickelt wird.
Was macht Polarsteps im Vergleich zu anderen Reise-Apps einzigartig?
Wir bündeln viele Funktionen – Inspiration, Planung, Buchung, Tracking, Dokumentation – in einer einzigen App. Reisende müssen nicht ständig zwischen Apps, Mails oder Reiseführern wechseln, sondern sie haben alle Infos zentral an einem Ort und können diese zudem mit Mitreisenden oder ihren Liebsten zu Hause teilen.
Anders als klassische soziale Medien setzt Polarsteps auf achtsames Reisen und persönlichen Austausch. Die App funktioniert wie ein digitales Reisetagebuch – mit der Möglichkeit, ausgewählte Menschen live teilhaben zu lassen. Nur wer eingeladen wird, kann mitlesen und kommentieren. So entstehen echte, authentische Geschichten – inklusive Pannen und ungeschönten Fotos, die jede Reise unvergesslich machen.
Wie planen Sie, KI künftig in der Reiseplanung einzusetzen und welche Chancen sehen Sie darin?
Wir haben kürzlich erst unser KI-gestütztes Planungstool gelauncht. Der smarte Assistent liefert auf Wunsch maßgeschneiderte Routenvorschläge, basierend auf zehn Jahren Polarsteps-Erfahrung, den eigenen Vorlieben und vergangenen Reisen sowie den Empfehlungen unserer Travel-Expertinnen und -Experten. Wir sehen großes Potenzial, dieses Feature kontinuierlich weiterzuentwickeln, um Planung zu vereinfachen und Reisen noch individueller zu gestalten.
Dabei übernehmen wir Verantwortung: Wir wollen nicht zum Over-Tourismus beitragen, sondern nachhaltiges Reisen fördern und Menschen inspirieren, Abenteuer außerhalb der „beaten Tracks” zu erleben, die persönliches Wachstum und eine tiefere Verbindung zur Welt ermöglichen. Dabei hat Datenschutz höchste Priorität. Alles funktioniert auf Opt-in-Basis, Daten sind standardmäßig privat, werden sicher gespeichert und nie an Dritte verkauft.
Wenn Sie an die nächsten fünf Jahre denken. Wo möchten Sie Polarsteps dann sehen?
In fünf Jahren wird die App viele weitere bahnbrechende Funktionen bieten, die Menschen beim Tagträumen inspirieren und ihnen helfen, genau zu planen, was sie nach ihrer Ankunft unternehmen möchten. Polarsteps wird in Frankreich, den Niederlanden, im DACH-Raum sowie in Großbritannien und den USA stark und nachhaltig gewachsen sein, wodurch wir zur weltweit führenden All-in-One-Reiseapp werden. Dabei wahren wir europäische Werte und bleiben ein Unternehmen, das sich um seine Mitarbeitenden kümmert und ein Business aufbaut, das einen positiven Einfluss auf die Welt hat.
Welche drei Ratschläge würden Sie anderen Gründern geben, die ein Tech-Unternehmen in Europa aufbauen möchten?
Umgib dich mit Menschen, die dich inspirieren und Energie geben – sie helfen dir, motiviert zu bleiben, gerade in schwierigen Phasen. Wenn sie dich zum Lachen bringen können, umso besser.
Baue ein diverses Team auf, das deine Werte teilt. Nur gemeinsam lässt sich ein Unternehmen langfristig erfolgreich gestalten.
Habe Durchhaltevermögen – ein Tech-Startup in Europa zu gründen ist ein ziemlich langer Marathon – Erfolge kommen nicht über Nacht, aber Beharrlichkeit zahlt sich aus.
Bild Credit Polarsteps
Wir bedanken uns bei Clare Jones für das Interview
Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder.