Sonntag, Juli 6, 2025
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Project A Ventures: Philipp Werners Erfolgsgeheimnisse für Gründer

Project A Ventures hat kürzlich für Schlagzeilen gesorgt: Trotz eines schwierigen Marktumfeldes gelang dem Berliner VC ein überzeichnetes Closing seines fünften Fonds mit beeindruckenden 325 Millionen Euro. Hinter diesem Erfolg stehen laut Philipp Werner, Partner bei Project A Ventures, vor allem Kontinuität und Verlässlichkeit – Eigenschaften, die in unsicheren Zeiten bei Investoren besonders gefragt sind.

Im Interview spricht Philipp Werner über typische Herausforderungen junger Gründerinnen und Gründer, die Besonderheiten des operativen Studio-Modells von Project A Ventures und erläutert, warum europäische Resilienz weit mehr als nur ein Buzzword ist. Er gibt Einblicke, wie geopolitische Veränderungen Investitionsentscheidungen beeinflussen und warum London trotz Brexit weiterhin strategisch relevant bleibt. Außerdem verrät Werner, woran man echte Unicorn-Potenziale erkennt und welche Startups aus dem aktuellen Portfolio ihn besonders begeistern.

Project A Ventures hat gerade ein überzeichnetes Fonds-Closing über 325 Millionen Euro verkündet. Was hat aus Deiner Sicht den Ausschlag gegeben, dass in einem eher verhaltenen Marktumfeld so viele Investor:innen mitgezogen sind?

Philipp Werner: In einem Markt wie diesem 325 Millionen Euro zu raisen – und das in nur vier Monaten – ist tatsächlich nicht selbstverständlich. Was aus meiner Sicht den Ausschlag gegeben hat: Kontinuität und Verlässlichkeit. Es ist unser fünfter Fonds, und in jeder Generation haben wir Unternehmen dabei gehabt, die es bis zum Unicorn geschafft haben. Viele unserer LPs sind schon lange dabei, kennen unsere Handschrift und wissen, dass wir liefern – sowohl strategisch als auch finanziell. In einem Umfeld, in dem viele auf Sicht fahren, war das für viele ein überzeugendes Signal.

Ihr geht mit dem neuen Fonds noch stärker in die Ideenphase und setzt auf euer Studio-Modell. Was sind die häufigsten Denkfehler, die Du bei Gründern ganz am Anfang siehst – und wie unterstützt ihr konkret dabei, diese Hürden früh zu nehmen?

Philipp Werner: In der ganz frühen Phase sehen wir oft zwei Klassiker: Entweder es wird sich zu früh auf eine Idee eingeschossen, meist basierend auf sehr dünnen Signalen, oder es wird direkt mit einer Lösung gestartet, bevor überhaupt klar ist, ob das zugrunde liegende Problem relevant genug ist. Auch Captable-Fails sind leider ein Dauerthema: Gründer geben früh zu viele Anteile ab, was ihnen später in der Series A auf die Füße fällt. Unser Studio ist genau dafür gebaut. Wir gehen gemeinsam durch die Validierung, challengen Hypothesen, denken vom Problem aus und helfen dabei, ein Setup zu bauen, das auch langfristig funktioniert.

Die Kombination aus operativer Unterstützung und klassischem VC ist im europäischen Ökosystem selten. Was unterscheidet euer Modell im Alltag wirklich von klassischen Frühphasen-Investoren?

Philipp Werner: Viele sprechen über „Value-Add“, bei uns ist das kein Buzzword, sondern ein operatives Versprechen. Wir investieren früh, dort wo die entscheidenden Stellschrauben für das Unternehmen gesetzt werden. Und genau da stehen wir unseren Gründern mit einem sehr hands-on Approach zur Seite. Unser operatives Team arbeitet mit den Startups in Bereichen wie Growth, Product, Data, Tech oder People – oft tief eingebunden, besonders in der Skalierungsphase. Das unterscheidet uns ganz konkret von klassischen Frühphasen-VCs, die eher auf Distanz bleiben.

Mit mittlerweile 1,2 Milliarden Euro verwaltetem Kapital seid ihr deutlich gewachsen. Wie gelingt es Dir, trotzdem persönlich nah an den Gründern zu bleiben – oder geht das irgendwann zwangsläufig verloren?

Philipp Werner: Für mich ist die Nähe zu den Gründern kein Nice-to-have, sondern zentraler Teil meines Jobs. Ich bin mit den meisten, mit denen ich arbeite, mehrmals die Woche im Austausch. Man geht durch Ups und Downs, und genau das schafft Vertrauen und echte Partnerschaft. Unsere Gründer merken das und spiegeln es auch. Wenn sie mit anderen Gründern sprechen oder Referenzen geben, erzählen sie von der Beziehung auf persönlicher Ebene, nicht nur von der Marke Project A Ventures.

Ihr wart sehr früh bei Unternehmen wie Trade Republic oder Quantum Systems dabei. Was siehst Du bei solchen Teams, das andere nicht sehen – und woran erkennst Du echtes Unicorn-Potenzial?

Philipp Werner: In Pre-Seed und Seed investieren wir im Wesentlichen in zwei Dinge: die Gründerteams und den Markt. Beim Team schauen wir stark auf Persönlichkeitsmerkmale – Ambition, Resilienz, Anpassungsfähigkeit, Kommunikationsstärke und die Fähigkeit, andere für die eigene Vision zu begeistern. Viele dieser Skills erkennt man nicht in einem Pitchdeck, sondern erst im direkten Sparring. Beim Markt gehen wir sehr tief rein: Wir machen intensive Deep-Dives und bauen uns Hypothesen auf. Ich verbringe zum Beispiel aktuell viel Zeit mit Technologien, die globale Lieferketten resilienter machen. Wenn Gründer dort mit einer echten Edge auftauchen, sehen wir das schnell und können direkt andocken.

In der Mitteilung zum Project A Ventures Fonds V sprecht ihr von „europäischer Resilienz“. Was bedeutet das für Dich – ist das mehr als ein Buzzword?

Philipp Werner: Europa steht geopolitisch unter Druck – wirtschaftlich, sicherheitstechnisch, technologisch. „European Resilience“ heißt für uns: in Fähigkeiten investieren, die Europa unabhängiger und wettbewerbsfähiger machen. Das reicht von Defense- und Dual-Use-Tech wie bei Quantum Systems oder ARX Robotics bis hin zu grundlegender Infrastruktur wie Halbleiterentwicklung bei Black Semiconductor. Es geht nicht um romantischen Tech-Souveränitäts-Patriotismus, sondern um knallharte Wettbewerbsfähigkeit.

Wie verändert der geopolitische Kontext – Stichwort: USA, China, Ukraine – Deine Investmentperspektive auf Europa? Wird lokales Denken wieder wichtiger?

Philipp Werner: Absolut. Die letzten Jahre, besonders seit Corona, haben deutlich gemacht: Auch wenn wir in einer Welt leben, die stärker vernetzt ist als je zuvor, entscheiden lokale technologische Fähigkeiten darüber, wer geopolitisch vorne liegt. In diesem Kontext sehen wir, wie wichtig es für Europa ist, als strategisch geeinter Block aufzutreten. Initiativen wie „EU Inc.“ zeigen, dass wir nur so mit größeren, weniger fragmentierten Märkten wie den USA oder China mithalten können.

Gleichzeitig glauben wir nicht an Abschottung. Unser Deep-Dive in das Thema globale Lieferketten zeigt klar: Europa braucht eigene technologische Souveränität, aber auch die Fähigkeit, in globalen Systemen zu agieren. Das heißt: resilient sein, ohne sich zu isolieren. Lokale Stärke und globale Anschlussfähigkeit schließen sich nicht aus – im Gegenteil, sie bedingen sich.

Für uns als VC heißt das: Wir investieren in Technologien, die Europas Wettbewerbsfähigkeit stärken – von strategischer Infrastruktur bis hin zu Dual-Use-Innovationen. Und wir setzen uns politisch dafür ein, dass Europa als Gesamtmarkt gedacht und gestaltet wird. Nur so können unsere lokalen Champions auch zu globalen Marktführern werden.

Ihr beschreibt eure Investmentstrategie als „generalistisch mit fokussierter Tiefe“. Wie filterst Du bei all den Tech-Hypes – aktuell zum Beispiel AI oder ClimateTech – echte Substanz von kurzfristigem Lärm?

Philipp Werner: Wir halten unseren Dealflow bewusst breit, weil wir als Frühphasen-VC früh erkennen müssen, wo sich etwas bewegt. Gleichzeitig bauen wir in Themen, die wir besonders spannend finden, gezielt Tiefe auf – durch Deep-Dives, in denen wir konkrete Thesen entwickeln und ein relevantes Netzwerk aufbauen. Wenn man ein Feld wie Global Supply Chains oder Fintech über mehrere Zyklen begleitet hat, sieht man schneller, was Hype ist und was echten Impact haben kann. Das hilft uns nicht nur bei Investmententscheidungen, sondern auch im Sparring mit Gründern – weil wir nicht bei null anfangen.

Mit dem Team in London und dem neuen Partner Jack Wang bekommt Project A Ventures mehr Präsenz im UK-Markt. Welche Rolle spielt London für Dich strategisch – trotz oder gerade wegen des Brexits?

Philipp Werner: London ist einer der dynamischsten Tech-Hubs Europas – trotz Brexit. Die Stadt zieht unglaublich viele internationale Top-Talente an, hat ein dichtes Netzwerk an Unis, VCs, Corporates und Gründern. Diese Dichte sorgt für eine kreative Dynamik, die man so nur selten findet. Plus: Englisch als Sprache und die kulturelle Nähe zu den USA machen es für viele Companies einfacher, international zu skalieren. 11x aus unserem Portfolio ist ein gutes Beispiel – das Unternehmen ist in London gewachsen und hat seinen Hauptsitz schließlich nach San Francisco verlegt. Für uns ist UK strategisch wichtig, und Jack ist genau der richtige, um dort tiefer reinzugehen.

Du arbeitest mit einem starken Team an Partner:innen – darunter Malin Posern und Jack Wang. Was ist Dir bei der Entwicklung von internen Führungspersönlichkeiten wichtig? Und wie unterscheidet sich das von der Gründer-Begleitung?

Philipp Werner: Am Ende geht es in beiden Fällen um Vertrauen, Ownership und Zusammenarbeit. Wir arbeiten bei Project A Ventures sehr bewusst im Team – jeder bringt unterschiedliche Perspektiven und Stärken ein. Wenn ein Startup zum Beispiel sowohl Fintech- als auch Supply-Chain-Fokus hat, arbeiten Malin und ich ganz selbstverständlich ab dem ersten Call gemeinsam mit dem Gründerteam. Das erwarte ich auch bei der Entwicklung von Führungspersönlichkeiten intern: echtes Team-Play, Klarheit, Verantwortungsbewusstsein und der Wille, sich immer in den Dienst der Gründer zu stellen.

Welches Thema oder Startup im aktuellen Portfolio von Project A Ventures begeistert Dich persönlich gerade besonders – vielleicht auch eins, das noch unter dem Radar fliegt?

Philipp Werner: Ein Unternehmen hier in Berlin ist zum Beispiel Enapi, das sich auf die Verbesserung der Interoperabilität im Bereich der Elektromobilität konzentriert. Das Team entwickelt eine Plattform, die als Transaktionsvermittler und Clearingstelle zwischen Ladepunktbetreibern und E-Mobility-Service-Providern fungiert. Ziel ist es, die Komplexität in der EV-Ladeinfrastruktur zu reduzieren und eine nahtlose Konnektivität zu ermöglichen – analog zum Roaming Layer im Telekommunikationsbereich.

Sehr gerne arbeite ich außerdem mit Relay aus London, einer technologiegestützten Lieferplattform, die speziell für den E-Commerce entwickelt wurde. Ziel ist es, Paketlieferungen schneller, effizienter und nachhaltiger zu gestalten, indem traditionelle Logistikmodelle durch ein hyperlokales, digitales Netzwerk ersetzt werden. Vor einiger Zeit gab es eine regelrechte Welle an Lieferdiensten, aber nur ganz wenige konnten sich langfristig durchsetzen – Relay ist einer davon.

Die Märkte sind rauer geworden, Exits seltener, Bewertungen kritischer. Wie hat sich dadurch Deine Kommunikation mit Gründer verändert – auch beim Thema Absagen?

Philipp Werner: Marktzyklen gehören ganz selbstverständlich zu unserem Geschäft. In über zehn Jahren bei Project A Ventures haben wir sowohl Boom- als auch Bärenmärkte erlebt – aber unsere Haltung gegenüber Gründern ist immer gleich geblieben. Unabhängig vom Umfeld erfordert es enorme Entschlossenheit, ein Unternehmen in der Frühphase zu gründen. Ob wir am Ende investieren oder nicht: Allein die Entscheidung, diesen Weg zu gehen, verdient unseren vollen Respekt.

Für mich persönlich ist das genau der Teil der Arbeit, den ich am meisten liebe. Ich spreche jedes Jahr mit hunderten Gründern, und natürlich gehört es auch dazu, Nein zu sagen. Aber ich nehme mir immer die Zeit, meine Gedanken offen zu erklären. Aus meiner Erfahrung wissen Gründer das zu schätzen, selbst wenn sie unsere Perspektive nicht immer teilen. Es zeigt, dass wir ihre Idee ernst genommen haben und bereit waren, uns wirklich mit etwas auseinanderzusetzen, in das sie ihr Herzblut stecken.

Wenn Du heute selbst wieder gründen würdest – mit all der Erfahrung, die Du inzwischen hast – worauf würdest Du Dich fokussieren? Und warum?

Philipp Werner: Ich habe tatsächlich nie selbst gegründet, sondern bin als Operator gestartet – und später VC geworden. Mit dem Wissen von heute würde ich extrem genau auf die Zusammensetzung des Captables achten und viel Zeit darauf verwenden, die richtigen Investoren für die jeweilige Phase zu finden. Ich sehe immer noch Gründer, die das Fundraising möglichst schnell hinter sich bringen wollen, um sich wieder auf das Business konzentrieren zu können. Dabei ist die Auswahl der Investoren eine Entscheidung mit zehnjähriger Halbwertszeit – das sollte man nicht unterschätzen. Besonders in der Pre-Seed- oder Seed-Phase rate ich dazu, auf einen VC zu setzen, der genau in dieser Stage einen Track Record hat, echte Unterstützung bietet und sich committet – und nicht auf einen großen US-Multistage-Fonds, für den man eben kaum Relevanz hat, wenn es nicht sofort durch die Decke geht.

Foto/Quelle: Project A Ventures Management GmbH

Markus Elsässer
Markus Elsässer
Markus Elsässer ist Gründer und Herausgeber des StartupValley Magazins und unterstützt mit seiner langjährigen Erfahrung Gründer und Start-ups mit praxisnahen Strategien und innovativen Lösungsansätzen. Neben der Organisation von Start-up-Events und Investitionen in zukunftsweisende Projekte begleitet er nun mit seinem Team den Umstieg von Verbrenner auf Elektromobilität im neuen Elektroauto-Magazin eAUTO Einsteiger – sowohl redaktionell als auch auf YouTube.
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