Freitag, August 22, 2025
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Warum schaut plötzlich alle Welt in die Wüste?

Qubite International betreibt nachhaltige Hochleistungsrechenzentren in der Wüste von Abu Dhabi und verbindet dabei europäische Standards mit emiratischer Infrastruktur

Wie kam die Idee zu Qubite International zustande?

Die Idee entstand ursprünglich aus eigener Erfahrung: Ich hatte mir selbst mehrere Krypto-Miner angeschafft, die in einem Rechenzentrum in Abu Dhabi betrieben werden.
Vor Ort konnte ich mir ein genaues Bild machen: Die moderne Infrastruktur und professionelle Umsetzung haben mich nachhaltig beeindruckt. Daraus entwickelte sich der Gedanke, das zugrunde liegende Geschäftsmodell weiterzudenken und auf andere Hochleistungsanwendungen auszuweiten. Angesichts des wachsenden Bedarfs an Rechenleistung – gerade im Kontext von Künstlicher Intelligenz und datenintensiven Anwendungen – lag dieser Schritt nahe. Durch meine frühere Tätigkeit im Bereich erneuerbarer Energien war für mich schnell klar: Der Schlüssel liegt in der Kombination beider Welten. So entstand das Konzept, nachhaltige Rechenzentren für GPU-Colocation anzubieten – speziell ausgerichtet auf europäische Unternehmen, die in den Vereinigten Arabischen Emiraten nach leistungsstarker und zugleich klimafreundlicher Infrastruktur suchen.

Welche Herausforderungen sehen Sie derzeit in der klassischen Rechenzentrumsinfrastruktur – insbesondere in Europa?

In Europa sehe ich insbesondere drei große Herausforderungen, wenn es um den Aufbau moderner Rechenzentren geht: Kosten, Geschwindigkeit und Nachhaltigkeit. Zum einen sind die Investitions- und Betriebskosten vergleichsweise hoch – nicht zuletzt durch steigende Energiepreise und strengere regulatorische Vorgaben. Zum anderen erweist sich die Umsetzung oft als langwierig, etwa aufgrund komplexer Genehmigungsprozesse oder infrastruktureller Engpässe. Und schließlich rückt das Thema Nachhaltigkeit zunehmend in den Fokus, sowohl gesellschaftlich als auch wirtschaftlich. Unternehmen stehen heute stärker denn je unter Druck, ihre IT-Infrastruktur umweltbewusst zu gestalten. Diese drei Faktoren zusammengenommen machen es schwierig, in Europa wettbewerbsfähige Rechenzentren schnell und ressourcenschonend zu realisieren. Genau hier setzen wir mit unserem Modell an – mit einer klaren Vision für effiziente, skalierbare und nachhaltige Lösungen außerhalb der klassischen Märkte.

Warum fiel die Wahl des Standorts auf die Vereinigten Arabischen Emirate – und konkret auf die Wüste vor Abu Dhabi?

Ein wesentlicher Vorteil der Vereinigten Arabischen Emirate liegt in der nahezu konstanten Sonneneinstrahlung: Mit durchschnittlich 365 Sonnentagen im Jahr verfügen wir über ideale Voraussetzungen für die Nutzung von Solarenergie. Diese ermöglicht es uns, unsere Rechenzentren nachhaltig und ressourcenschonend zu betreiben. Ein zentraler Aspekt unseres Anspruchs an zukunftsfähige IT-Infrastruktur.
Gleichzeitig profitieren wir von einer hervorragend ausgebauten technischen Basis: Die Rechenzentren sind nach Tier III- und Tier IV-Standards zertifiziert, verfügen über redundante Stromversorgung sowie über hochmoderne Kühlsysteme, die für maximale Betriebssicherheit und Energieeffizienz sorgen.

Qubite spricht von einem „Green Compute made in Abu Dhabi“. Was bedeutet dieser Ansatz in der Praxis?

„Green Compute made in Abu Dhabi“ beschreibt ein tatsächlich umgesetztes Modell für die klimafreundliche Zukunft des High Performance Computings (HPC) – wirtschaftlich, zertifiziert, versichert und technologisch führend.

Welche Rolle spielt Solarenergie konkret bei Ihren Rechenzentren – wie hoch ist der Anteil erneuerbarer Energien am Gesamtstrommix?

Derzeit stammt bereits über 50 Prozent unseres Energiebedarfs aus erneuerbaren Quellen – insbesondere aus lokal erzeugtem Solarstrom. Unser klares Ziel ist es jedoch, diesen Anteil in den kommenden Jahren weiter auszubauen und unsere Rechenzentren perspektivisch vollständig mit nachhaltiger Energie zu betreiben. Die geografischen und klimatischen Bedingungen in den Vereinigten Arabischen Emiraten bieten dafür ideale Voraussetzungen, die wir gezielt nutzen, um höchste Rechenleistung mit größtmöglicher Umweltverantwortung zu verbinden.

Inwiefern profitieren Ihre Kunden von bis zu 80 Prozent Kostenvorteil? Können Sie das anhand eines Beispiels veranschaulichen?

Unsere Kunden profitieren von erheblichen Kostenvorteilen, die sich insbesondere durch die niedrigeren Strompreise an unserem Standort in Abu Dhabi ergeben. Um dies zu veranschaulichen, nehmen wir an, ein Unternehmen betreibt einen Server, der jährlich rund 10.000 Kilowattstunden (kWh) Strom verbraucht. In Europa liegen die Strompreise für Rechenzentren häufig zwischen 0,17 und 0,43 US-Dollar pro kWh. Das bedeutet, dass die jährlichen Stromkosten für diesen Server in Europa zwischen 1.700 und 4.300 US-Dollar liegen können. Im Vergleich dazu sind die Stromkosten an unserem Standort in Abu Dhabi deutlich günstiger – zwischen 0,04 und 0,09 US-Dollar pro kWh. Daraus resultieren jährliche Stromkosten von nur 400 bis 900 US-Dollar. Dies entspricht einer Einsparung von rund 75 bis 80 Prozent im Vergleich zu vergleichbaren Hosting-Lösungen in Europa. Diese Differenz ist vor allem auf langfristig gesicherte, kostengünstige Stromverträge sowie den Einsatz lokal erzeugter Solarenergie zurückzuführen.

Wie gelingt es, hohe Energieeffizienz mit leistungsstarker IT-Infrastruktur zu verbinden – besonders unter extremen klimatischen Bedingungen?

Wir setzen bewusst auf innovative State-of-the-Art-Technologie, um nachhaltige Rechenleistung mit maximaler Energieeffizienz zu verbinden. Ergänzt wird der zentrale Baustein Solarenergie durch modulare Kühlsysteme, die sich dynamisch an die jeweilige Auslastung anpassen. Auf diese Weise vermeiden wir unnötigen Energieverbrauch und optimieren den Betrieb sowohl ökologisch als auch ökonomisch.
Darüber hinaus investieren wir kontinuierlich in neue Technologien, die über den klassischen IT-Betrieb hinausgehen. Aktuell entwickeln wir beispielsweise im Rahmen eines Pilotprojekts ein System zur Trinkwassergewinnung aus Serverabwärme – ein innovativer Ansatz, der die Ressourceneffizienz unserer Infrastruktur zusätzlich verbessert und zugleich einen Beitrag zur nachhaltigen Nutzung von Energieüberschüssen in heißen Klimazonen leistet.

Ihre Geschäftsführerin Melina Kiesslich bringt bereits langjährige Erfahrung in der Region mit. Welche Bedeutung hat diese Expertise für den operativen Erfolg?

Melina verfügt über ein tiefgehendes Verständnis der regionalen Gegebenheiten und bringt gleichzeitig ein breit gefächertes Netzwerk an etablierten Kooperationspartnern mit, das sie über viele Jahre hinweg gezielt aufgebaut hat. Dieses Netzwerk ist für uns ein entscheidender Erfolgsfaktor, sei es bei strategischen Partnerschaften, operativer Umsetzung vor Ort oder dem Zugang zu lokalen Ressourcen und Entscheidern. 

Qubite International agiert in einem Joint Venture mit lokalen und internationalen Partnern. Wie wichtig ist dieses Netzwerk für Ihr Geschäftsmodell?

Das Netzwerk aus lokalen und internationalen Partnern ist ein zentraler Bestandteil unseres Geschäftsmodells. Als Unternehmen mit europäischem Ursprung, das in den Vereinigten Arabischen Emiraten operiert, profitieren wir enorm von unserer Joint-Venture-Struktur: Sie ermöglicht uns nicht nur einen reibungslosen Marktzugang, sondern auch ein hohes Maß an kulturellem, regulatorischem und operativem Verständnis.
Insbesondere unsere regional verankerten Partner spielen eine Schlüsselrolle. Sie schaffen Verbindungen zu Entscheidungsträgern, Technologieanbietern und Behörden und eröffnen uns so den Zugang zu Ressourcen und Strukturen, die für den nachhaltigen und erfolgreichen Aufbau unserer Rechenzentrumsinfrastruktur unerlässlich sind.

Die deutsche Qubite GmbH dient als lokaler Ansprechpartner. Wie gelingt Ihnen die Balance zwischen globalem Denken und lokalem Handeln?

Die Qubite Deutschland GmbH fungiert als lokaler Ansprechpartner für unsere europäischen Kunden und ist zugleich Bindeglied zu unserer Infrastruktur in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Als erste Anlaufstelle verknüpft Qubite Deutschland Kundschaft aus Europa mit dem emiratischen Standort, welcher dann die Abwicklung und Installation übernimmt. Während des gesamten Prozesses steht Qubite Deutschland als Kontakt für Fragen bereit, das Hauptgeschäft spielt sich aber in den Emiraten ab. Diese Aufstellung erlaubt es uns, globale Perspektiven mit lokalem Verständnis zu vereinen. Wir kennen die hohen Anforderungen europäischer Unternehmen – etwa in Bezug auf Datenschutz, Transparenz, Effizienz und Nachhaltigkeit. Gleichzeitig profitieren wir von unserer internationalen Ausrichtung und wissen, wo und wie sich Prozesse global optimieren lassen. 

Der Begriff „unternehmerische Souveränität“ fällt mehrfach. Wie definieren Sie diese in Bezug auf nachhaltige Digitalinfrastruktur?

Der Begriff „unternehmerische Souveränität“ bedeutet für uns vor allem die Freiheit und Fähigkeit, strategische Entscheidungen unabhängig und visionär zu treffen – sei es bei der Auswahl internationaler Standorte oder der Zusammenarbeit mit passenden Partnern. Einzig müssen dafür die Voraussetzungen geschaffen sein, beispielsweise in rechtlicher Hinsicht oder in sicherheitstechnischen Fragen. All das können wir bieten.

Wie stellen Sie sicher, dass Ihre Dienstleistungen auch den strengen Anforderungen der EU-Richtlinien entsprechen – gerade bei sensiblen Themen wie Datenschutz oder Compliance?

Bei Qubite legen wir größten Wert auf Datenschutz, Compliance und die Einhaltung internationaler gesetzlicher Vorgaben.  Für Märkte außerhalb der EU, etwa die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), prüfen wir vorab die regulatorischen Rahmenbedingungen sorgfältig. Seit dem 2. Januar 2022 gilt dort mit dem „Personal Data Protection Law“ ein Datenschutzgesetz, das im Hinblick auf den Schutz vor unbefugten Zugriff, der Verwendung und Offenlegung der Daten viele Parallelen zur DSGVO aufweist. Für Qubite ist das ein positiver Indikator, dass europäische und internationale Standards auch in diesem Markt zunehmend zum Tragen kommen. Unsere internen Datenschutzrichtlinien sind so gestaltet, dass sie zentrale Grundsätze wie Integrität, Vertraulichkeit, Speicherbegrenzung und Rechenschaftspflicht auch außerhalb der EU sicherstellen.

Qubite positioniert sich als Alternative für datenintensive Anwendungen wie KI oder Krypto Mining. Welche Branchen sprechen Sie vorrangig an?

Qubite richtet sich vorrangig an Branchen mit hohem Bedarf an skalierbarer, nachhaltiger und datenschutzkonformer Rechenleistung. Dazu zählen insbesondere Unternehmen aus den Bereichen Künstliche Intelligenz und Machine Learning, Blockchain und Krypto-Mining, Software- und Systemhäuser sowie Cloud-Infrastruktur-Anbieter. Ebenso zählen Forschungseinrichtungen, Finanzdienstleister, Web3-Startups, medizinische Forschung und telemedizinische Plattformen zum Zielmarkt – überall dort, wo GPU-Power, regulatorische Sicherheit und ESG-Kriterien eine zentrale Rolle spielen.

Wo sehen Sie Qubite International in fünf Jahren – sowohl technologisch als auch geografisch?

In fünf Jahren sehen wir Qubite International geografisch als fest etablierten Akteur in der gesamten GCC-Region. Unser Ziel ist es, in allen relevanten Märkten in diesem Areal präsent zu sein und dort nachhaltige Kundenbeziehungen aufzubauen.
Technologisch streben wir eine führende Rolle im Bereich der Datenverarbeitung an. Wir möchten durch innovative Produktlösungen Maßstäbe setzen, die unseren Kunden helfen, ihre Daten effizienter zu nutzen, bessere Entscheidungen zu treffen und Wettbewerbsvorteile zu erzielen. Dabei steht für uns die kontinuierliche Weiterentwicklung unserer Technologien ebenso im Fokus wie die gezielte Anpassung an die Bedürfnisse unserer Zielmärkte.

Wie beurteilen Sie aktuell das Zusammenspiel von Digitalisierung und Klimaschutz? Ist Green Tech im Rechenzentrum-Sektor Ihrer Meinung nach bereits Mainstream oder noch Pionierarbeit?

Zwar ist das Thema in Teilen bereits im Mainstream angekommen, doch das Entwicklungspotenzial ist längst nicht ausgeschöpft, etwa bei innovativen Ansätzen wie der Nutzung von Abwärme zur Trinkwasseraufbereitung, die wir derzeit in einem Pilotprojekt erproben. Auch im Bereich der erneuerbaren Energien sehe ich weiterhin Luft nach oben.

Was raten Sie Gründerinnen und Gründern, die Nachhaltigkeit nicht nur als Schlagwort, sondern als echten Unternehmenswert etablieren wollen?

Ich empfehle Gründerinnen und Gründern, sich zunächst mit einer klaren Definition von Nachhaltigkeit im eigenen unternehmerischen Kontext auseinanderzusetzen. Welche Werte und Ziele verbinde ich persönlich und geschäftlich mit nachhaltigem Handeln? Und anhand welcher konkreten Parameter messe ich diese?
Nachhaltigkeit ist kein pauschales Konzept, sondern verlangt differenzierte Betrachtung und belastbare Daten. Ein Beispiel: Outsourcing mag auf den ersten Blick aufgrund zusätzlicher Transportwege und damit verbundener CO2-Emissionen nicht nachhaltig erscheinen. Doch wenn man die gesamte Umweltbilanz objektiv analysiert – etwa im Vergleich zum Energieverbrauch eines lokal betriebenen Rechenzentrums – kann sich ein ganz anderes Bild ergeben. Es geht also darum, fundierte Entscheidungen zu treffen, statt sich allein von gängigen Narrativen leiten zu lassen.

Titelbild Teambild Fotograf: Damian Wiegand

Wir bedanken uns bei Luisa Haxel für das Interview

Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder


Premium Start-up: Qubite

Kontakt:

Qubite Deutschland GmbH
Am Sandtorkai 39
D-20457 Hamburg

https://qubite-international.com/
info@qubite-international.com

Ansprechpartner: Teresa Früh

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Sabine Elsässer
Sabine Elsässer
Sabine Elsaesser is an experienced entrepreneur and media/startup expert. Since 2016, she has served as the Chief Editor and CEO of StartupValley Media & Publishing. In this role, she is responsible for managing the company and providing strategic direction for its media and publishing activities. Sabine Elsaesser takes great pleasure in assisting individuals and businesses in reaching their full potential. Her expertise in establishing sales organizations and her passion for innovation make her a valuable advocate for startups and entrepreneurs.
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