readbox: Bots für Bücher
Stellen Sie sich und das Startup readbox doch kurz unseren Lesern vor!
Mein Name ist Ralf Biesemeier, ich bin 46 Jahre alt und habe nach einigen Stationen im Marketing und in der Geschäftsleitung verschiedener internationaler IT- und Industrieunternehmen vor fast zehn Jahren zusammen mit einem Freund readbox gegründet.
Seither hat sich das Unternehmen sehr verändert, um den Entwicklungen und Marktanforderungen durch die fortschreitende Digitalisierung –insbesondere im Medienvertrieb und der Buchbranche –Rechnung zu tragen.
In unserer Branche haben wir uns zu einem der führenden Technologieanbieter entwickelt und sorgen heute mit unserer Beratungskompetenz und unseren Softwarelösungen dafür, dass Verlage und Händler ihre Buchinhalte schneller, kostengünstiger und marktorientierter herstellen, vermarkten und verkaufen. Unser Thema ist insbesondere die Automatisierung der Geschäftsprozesse im Vertrieb und Marketing. Vor allem mit Fokus auf die Bereiche Business Analytics, Semantik und Künstliche Intelligenz erforschen und entwickeln wir Lösungen, die die Zukunftsfähigkeit der Buchbranche sicherstellen.
Wie ist die Idee zu readbox entstanden und wie haben Sie sich als Gründerteam zusammengefunden?
Die Idee zu readbox entstand in der Zeit, in der die ersten sozialen Netzwerke groß wurden, als das Internet also gerade begann, das „Betriebssystem“ für ein verändertes Konsumverhalten zu werden.
Das fanden wir extrem spannend und haben uns aber gleichzeitig darüber gewundert, dass das Produkt „Buch“ in der öffentlichen Wahrnehmung dieser Entwicklung so gut wie gar nicht vorkam. Alle sprachen über Musik und Video, aber Bücher waren gar kein Thema in der aktuellen Diskussion, obwohl die Struktur der Branche mit über 2.000 Verlagen alleine in Deutschland eigentlich prädestiniert dafür war, von den Entwicklungen zu profitieren. Wenn man so will, hat das Internet in gewisser Weise die Voraussetzungen geschaffen, den Verkauf von Produkten zu demokratisieren. Eine große Chance für Anbieter, die zum Beispiel durch ihre ge-ringe Größe bis dahin kaum Möglichkeiten hatten, im klassischen Buchhandel mit ihren Produkten sichtbar zu werden.
Was das Gründerteam angeht: Wir Gründer kennen uns schon seit der 5. Klasse im Gymnasium. Wir hatten schon lange den Plan, „mal etwas zusammen zu machen“, und es gab diverse Ideen, von denen wir aber dann doch nicht so ganz überzeugt waren. Bei readbox war das von Anfang an anders; das hat uns direkt gepackt. Wir haben dann die Idee weiter ausgearbeitet und die Möglichkeit genutzt, sie bei einem Gründungswettbewerb auf den Prüfstand zu stellen. Am Ende haben wir dort unter 60 Teilnehmern den vierten Platz belegt. Das war für uns die Motivation, damit auch Ernst zu machen.
Von der Idee bis zum Start was waren bis jetzt die größten Herausforderungen und wie haben Sie sich finanziert?
Wenn ich auf den Start zurückblicke, gab es mehrere große Herausforderungen: Die Finanzierung des Geschäfts gehörte natürlich dazu. Wir sind Teil der Branche und werden insofern mitgerissen mit der Welle, die die Digitalisierung erzeugt – ganz besonders die Buchbranche erwischt die Disruption der Medien gerade ganz besonders. Und auch wenn wir Verlagen die Technologien und Produkte liefern, die ihnen den Weg durch die Digitalisierung ebnen, so kommt der Erfolg nicht automatisch: Wir investieren viel Geld in Forschung und Entwicklung, um technologisch führend zu bleiben und unsere Beratungskompetenz zu stärken.
Eine weitere Herausforderung: Ruhig zu bleiben und Geduld zu bewahren, an die eigene Stärke und Kompetenz glauben, selbst wenn man mal verliert, Auch damit muss man lernen umzugehen. Wir haben schon vor der Gründung von readbox in anderen Unternehmen und Projekten die Erfahrung gemacht: Alles dauert länger als man denkt und es ist insofern meistens auch schwieriger als man plant.
Wer ist die Zielgruppe von readbox?
Wir haben unsere Zielgruppen sehr genau analysiert und segmentiert. Grundsätzlich profitiert jeder von unseren Lösungen, der Inhalte im weitesten Sinne professionell vermarktet und verkauft. Im Kern bedienen wir heute vor allem Buchverlage – und hier die verschiedenen Segmente mit unterschiedlichen Produkten und Angeboten beziehungsweise Produktvariationen: kleine und große Verlage, nationale und internationale, Belletristik-, Sachbuch-, Fachbuchverlage.
Dieser Zielmarkt ist sehr relevant. Die meisten Menschen unterschätzen das: In Deutschland zum Beispiel ist die Buchbranche größer als die Musik-, Film- und Gaming-Industrien zusammen. Da gibt es durch die fortschreitende Digitalisierung sehr viel zu verlieren, aber auch sehr viel zu gewinnen. Dabei helfen wir.
Welchen Service bieten Sie an? Wie funktioniert das?
Wir sind ein Technologieunternehmen, das Softwarelösungen anbietet, die die Marketing- und Vertriebsprozesse bei unseren Kunden automatisieren. Wir entwickeln unsere Produkte mit Schwerpunkt in den Bereichen Business Analytics, Semantik und Künstlicher Intelligenz. Damit helfen wir den Verlagen zum einen eine größere Reichweite im Markt zu erzielen, hierbei vor allem neue, vor allem digital agierende und konsumierende Zielgruppen zu erreichen. Zum anderen helfen wir dabei, Prozesse in den Unternehmen zu automatisieren und so die Kosten zu senken und die Geschwindigkeit am Markt zu erhöhen.
Unser Portfolio besteht heute aus einer Vielzahl unterschiedlicher Softwaremodule, die unter dem Namen meine.readbox zusammengefasst sind. Eine PaaS-Lösung (Platform-as-a-Service) mit Funktionen wie eine Facebook-App für Leseproben oder eine voll-automatische Metadatenoptimierung für eine bessere Sichtbarkeit der Verlagsprodukte im Handel und bei Google & Co.
Einige Kunden konnten mit unseren Produkten innerhalb eines Jahres quasi aus dem Stand zusätzliche hohe sechsstellige Umsätze generieren. Und das in einem Markt, der organisch nicht wächst. Andere Kunden erzielen mit Lösungen für die Online-Bewerbung ihrer Produkte Konversionsraten im Bereich zehn bis 20 Prozent.
Gleichzeitig sammeln und aggregieren wir große Datenmengen, die uns, und damit unseren Kunden, einen großen Wissensvorsprung geben, wenn es darum geht, welche Maßnahmen wie wo wann am besten und mit welchem Ergebnis funktionieren. Wir können zum Beispiel heute mit großer Sicherheit voraussagen wann über welchem Zeitraum und in welcher Höhe Preisreduktionen für Bücher am erfolgreichsten sind. Fast 13 Millionen über readbox verkaufte E-Books im Jahr, 50.000 Amazon Sales Rank-Abfragen pro Tag, 16.000 Klicks auf readbox-Titelempfehlungen pro Monat, daraus generieren wir eine Menge Wissen, das natürlich in unsere Produktentwicklung einfließt.
Der nächste Schritt sind dann tatsächlich vollautomatisierte Systeme, also Bots, die das Geschäft der Verlage unter vorgegebenen Rahmenbedingungen selbsttätig führen. Schneller, objektiver und umfassender kann keine Marketingabteilung das Geschäft machen.
Welche Vorteile bietet readbox?
Unsere Branche ist eine sehr klare und lineare Vertriebsstruktur gewohnt; Autoren verkaufen an Verlage, Verlage verkaufen an Händler, Händler verkaufen an die Konsumenten. Wir sind hier das einzige klar auf Software und Automation ausgerichtete Technologie-Unternehmen im Bereich Inhaltevermarktung und -vertrieb. So gut wie alle unsere Wettbewerber sind Herstellungs-beziehungsweise Vertriebs- und Logistikdienstleister. Sie erbringen ihre Leistungen zwar durchaus IT-gestützt, aber eben zum großen Teil doch traditionell mit großem Personalaufwand. Wirkliche IT-Entwicklungskompetenz sucht man dort meist vergeblich. Und dort wo sie vorhanden ist, wird sie nicht im Sinne eigener Investitionen in das Erforschen und Entwickeln neuer innovativer Technologien und Produkte genutzt.
Wir grenzen uns da schon sehr deutlich ab. Wir sind überzeugt, dass die Antwort auf die wesentlichen Fragen der Digitalisierung unserer Branche nicht im Bereich des reinen Verfügbarmachens, sondern im Sichtbarmachen von Produkten liegt. Oder anders formuliert: Die Buchbranche wird nicht durch die Bücher im Regal nebenan bedroht, sondern durch Candy Crush & Co. – eben all den Angeboten, die um die Zeit und Aufmerksamkeit des Kunden buhlen.
readbox, wo geht der Weg hin? Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?
Das ist natürlich in einer Welt, einem Umfeld, das sich so stark verändert wie die Medienlandschaft, nicht einfach vorherzusagen. Wir werden sicher ein wesentlich größeres und internationaler agierendes Unternehmen sein als heute. Und ich erwarte auch, dass wir in fünf Jahren auf eine Zeit der Konsolidierung im Markt zurückblicken, die wir sehr aktiv mitgestaltet haben.
Zum Schluss: Welche 3 Tipps würden Sie angehenden Grün-dern mit auf den Weg geben?
Erstens: Wachsam sein und veränderungswillig. Starr am einmal ausgedachten Geschäftsmodell festzuhalten wird nur in den sel-tensten Fällen zum Erfolg führen. Dabei muss man sich immer bewusst machen, dass das Planen der Geschäftsentwicklung un-abdingbar, der Geschäftsplan selbst aber relativ nutzlos ist.
Zweitens: Selbstbewusst sein. Aber demütig. Demut halte ich für einen der sehr wichtigen, aber leider zu wenig gelebten und be-achteten Werte. Es ist sehr leicht, Risiken zu unterschätzen, wenn man sich zu sicher fühlt.
Drittens: Mut haben; und ihn bewahren, wenn es darauf ankommt. Und es wird irgendwann darauf ankommen, mutig zu bleiben, wenn es leichter ist, den Mut zu verlieren.
Bild: readbox CEO Ralf Biesemeier (© readbox-Willi Weber)
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Wir bedanken uns bei Ralf Biesmeier für das Interview
Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder.