Mittwoch, Juni 25, 2025
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Warum ein winziger Moment über den Erfolg ganzer Ernten entscheidet

seedalive entwickelt eine Schnelltestlösung zur Keimfähigkeitsanalyse von Saatgut und kombiniert dafür biologische Verfahren mit künstlicher Intelligenz

Wie ist die Idee zu seedalive entstanden und wer sind die Köpfe hinter dem Unternehmen?

Jens: Die Idee zu seedalive entstand, als ich meinen ehemaligen Professor Klaus Mummenhoff wegen seiner Fachpublikation zur Keimfähigkeits-Methode anrief. Nach intensiver Diskussion waren wir uns einig, dass dieses Verfahren auch bei wichtigen Agrarpflanzen funktionieren könnte. Nach einer ausführlichen Recherche meldeten wir das Verfahren schließlich zum Patent an und gründeten seedalive.
Hinter seedalive stehen wir, Biologie Prof. Dr. Klaus Mummenhoff, langjähriger Professor an der Universität Osnabrück und sein früherer Student, Jens Varnskühler. Klaus liefert die wissenschaftliche Basis, Jens steuert seine unternehmerische Praxis aus der Pflanzenvermehrung und Anbauberatung bei.

Was war der entscheidende Moment, in dem Sie wussten: Diese Innovation rund um die Keimfähigkeit hat echtes Potenzial?

Wir glaubten von Anfang an an das Potenzial unseres Keimfähigkeitstests. Jens erkannte sofort, dass die Methode nicht nur für Forschungslabore und Saatgutbanken (Genbanken), sondern für die gesamte Agrarwirtschaft großes Marktpotenzial bietet. Wie bedeutend unsere Technologie jedoch tatsächlich ist, wurde uns erst bewusst, als erste internationale Konzerne bei Klaus in der Uni anriefen und Proben der Tests bestellen wollten. Dieses große Interesse zeigte uns, dass die Branche dringend nach einer schnelleren und energieeffizienteren Keimfähigkeitsprüfung sucht.

seedalive verspricht Ergebnisse in nur vier Stunden. Wie genau funktioniert dieser Schnelltest und worin liegt der größte Vorteil gegenüber herkömmlichen Verfahren?

Herkömmliche Keimtests lassen Samen unter kontrollierten Bedingungen auf feuchtem Papier oder in der Erde keimen. Das ist ein enormer Aufwand, der oft zwei bis drei Wochen dauert. Bei seedalive hingegen liegen die Körner nur für drei bis vier Stunden in einer Testlösung mit Indikatorfarbstoff, Detergenz und einem Mikroorganismus. Je älter oder geschädigter ein Samen ist, desto mehr Substanzen werden aus dem Samen freigesetzt und desto stärker wird dann auch der Farbumschlag der Testlösung: von blau (gesund) über pink (bedingt keimfähig) bis farblos (tot). Unsere KI analysiert das Farbmuster und korreliert es mit dem tatsächlichen Keimungserfolg. So liefert seedalive in nur drei bis vier Stunden ein präzises Ergebnis und spart gegenüber dem klassischen Verfahren bis zu 99 Prozent Zeit, Energie und auch Laborfläche.

An welche Zielgruppen richtet sich seedalive konkret – und wie stellen Sie sicher, dass Ihre Lösung deren Anforderungen gerecht wird?

Unsere Kunden sind Züchter, Saatgutaufbereiter, Händler und Mälzereien weltweit. Wir entwickeln individuelle KI-Modelle für jede Agrarkultur mit Marktpotenzial – basierend auf zahlreichen von uns analysierten Samenproben unterschiedlicher Keimraten.

Was treibt Sie bei seedalive täglich an? Welche Vision verfolgt das Team langfristig?

Jens: Die Überzeugung, dass unsere Methode den Umgang mit Saatgut revolutioniert.
Klaus: Die Chance, wissenschaftliche Theorie in praktische Relevanz zu überführen.
Unsere Vision ist es, langfristig der neue globale Goldstandard für Saatgutqualität zu werden.

Was waren bisher die größten Hürden in der Entwicklung und Markteinführung Ihrer Testlösung – und wie haben Sie diese gemeistert?

Anfangs war es für uns sehr schwierig, die richtigen Ansprechpartner in Konzernen zu finden und sie von unserer Lösung zu überzeugen. Diese Herausforderung haben wir insbesondere mithilfe des hervorragenden Startup-Ökosystems für Agrar, Food und Digital in Osnabrück gemeistert.
Eine weitere Hürde war natürlich auch die Finanzierung der Unternehmung, die wir dann jedoch über klassische Pre-Seed- und Seed-Finanzierungen sicherstellen konnten.

Inwiefern spielt künstliche Intelligenz bei der Auswertung der Keimfähigkeit eine Rolle?

KI spielt für uns eine zentrale Rolle. Ohne unsere KI-Modelle, die wir mithilfe von zehntausenden Samenproben für die verschiedenen Kulturarten entwickelt haben, wären die schnellen und präzisen Auswertungen nicht möglich.

Was unterscheidet seedalive grundsätzlich von anderen Testverfahren oder Mitbewerbern?

Unser Test liefert in drei bis vier Stunden ein präzises Ergebnis, spart dabei bis zu 99 Prozent Zeit und Energie. Anstatt täglich über Wochen keimende Samen zu evaluieren, messen wir einen Farbumschlag: Keimende Samen setzen je nach Alter und Gesundheit Stoffe frei, die letztendlich zu einer Farbveränderung der Testlösung führen. Das Farbprofil wird gemessen und unsere KI errechnet daraus die zu erwartende Keimungsrate. Das bedeutet: Kein Interpretationspielraum bei den Ergebnissen, absolute Objektivität, reduzierte Kosten, Automatisierbarkeit – und alles passiert flexibel nach Bedarf direkt beim Kunden vor Ort, der den einfachen Test mit unserem Testkit selbst durchführt.

Wie soll sich das Produkt- oder Dienstleistungsangebot von seedalive in den nächsten Jahren weiterentwickeln?

In den nächsten Jahren wollen wir den seedalive Test so erweitern, dass er auch Dormanz­, vorzeitigen Austrieb, frühzeitigen Pilzbefall sowie die Wirksamkeit von Saatgut-Aufbereitungstechniken detektiert. Unser Ziel ist es, langfristig auch vollautomatische Testsysteme anzubieten sowie ein Dienstleistungsangebot für kleinere Kunden zu entwickeln.

Welches Feedback von Kunden hat Sie besonders motiviert oder überrascht?

„The holy grail is real!“, sagte ein indischer Wissenschaftler nach unserem Vortrag beim ISTA-Kongress in Kairo. Diesen Satz hören wir seitdem immer wieder – und verwenden ihn nun auch in unseren Präsentationen.

Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit in Ihrem Ansatz und wie setzen Sie das konkret um?

Nachhaltigkeit ist uns sehr wichtig: Wir verwenden unser Plastik-Verbrauchsmaterial immer wieder, arbeiten fast papierlos, verzichten auf einen Dienstwagen – und unsere Testlösung ist ungiftig. Und nicht zuletzt spart unsere Methode den Anwender:innen bis zu 99 Prozent Energie im Vergleich zu herkömmlichen Keimfähigkeitstests.

Welche drei Tipps würden Sie jungen Gründerinnen und Gründern mit auf den Weg geben, die selbst ein Tech-Startup im Agrarbereich gründen möchten?

Erstens: Netzwerken.
Zweitens: Frühzeitiges Feedback von potenziellen Kunden einholen.
Und drittens: Machen. Einfach machen.

Bild: Prof. Dr. Klaus Mummenhoff und Jens Varnskühler (v.l.) @ Lucas Günzel

Wir bedanken uns bei Prof. Dr. Klaus Mummenhoff und Jens Varnskühler für das Interview

Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder.

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