Freitag, März 29, 2024
StartWorkbaseSuper agile Startups!

Super agile Startups!

Warum machen wir dann am Jahresende immer so einen Stress?

Verrückte (Business-)Welt! Das ganze Jahr über super beweglich und flexibel, holt viele Startups der Jahresendspurt schneller ein, als sie „agil“ sagen können. „Plötzlich“ müssen Ziele erreicht werden, die seit Januar feststehen. Jahresgespräche mit Kunden und Mitarbeitern stehen an. Und auf jeden Fall braucht es noch einen Team-Workshop. Warum machen wir ab dem 4. Quartal immer so einen Stress? 

Viele Startups haben (oder denken zumindest nach über) OKRs und OBPs, Rolling Budgets oder Portfolios – und doch nützen all die „Objectives and Key Results“, das „Outcome Based Planning“ oder die 90-Tage-Zyklen nichts. Kaum ist der Sommer und die Urlaubszeit vorbei, besinnt man sich doch lieber wieder auf die guten alten Jahresziele. Auf dem Papier hat man sich dem modernen Performance-Management verpflichtet, sich für kürzere Ziel-Zyklen entschieden, und nichts desto trotz herrscht ab Oktober oft der Ausnahmezustand. Hektisch werden Zahlen in den Raum geworfen.

Der Jahreswechsel kritisch beäugt. Gründer müssen sich gegenüber Geldgebern für die (nicht erreichten) Ergebnisse rechtfertigen. Mitarbeiter werden an allem möglichen gemessen – nur nicht an ihrer eigenen Leistung. Alles muss jetzt schnell gehen, eben hier und da etwas erledigt, dieses oder jenes erreicht werden bis zum 23. Dezember. Das Projekt abgeschlossen, noch Teilergebnisse erzielt – und irgendwie hoffen alle, dass die verbleibenden Wochen dafür ausreichen. 

Relevanz in Frage stellen

Wir alle kennen sie, die klassischen Methoden und Vorgänge, die aus der Jahresplanung entstanden sind. Ja, so etwas kann uns in unsicheren Zeiten nach wie vor als Kompass dienen, und mittel- und langfristig durchaus den Weg weisen – aber als tatsächliches tägliches, wöchentliches oder monatliches Planungsmittel ist es nicht zeitgemäß. Dementsprechend sollten wir es auch zum Jahresende hin nicht mehr strapazieren! Jahres(ziel)planungen, die uns am Ende des Jahres wasserfallartig in einen Strudel überstürzter Hauruck-Maßnahmen ziehen, zerstören unseren agilen und selbstbestimmten Weg. Aber warum ist das so? Oder warum ist es nicht anders? 

Die Crux ist: Selbst, wenn Gründer merken, dass dieses Vorgehen nicht förderlich ist – weder für die Mitarbeiter noch für das Startup oder sie selbst, schaffen sie es nicht, den Teufelskreis zu stoppen. Vor allem weil häufig auch von außen Forderungen diesbezüglich an sie gestellt werden. Das gewohnte Hamsterrad für viele. Und dass dieses sich zum Jahresendspurt schneller drehen muss, ist ja schon immer so gewesen. Dann gibt man eben noch einmal Gas, langt zusammen, schimpft und schnauft, aber hält das Rad trotzdem am Laufen bzw. sogar unter Dampf, damit es sich ordentlich dreht … und man sich die Auszeit zum Jahreswechsel verdient hat. STOPP! Wir können diesen Wahnsinn gemeinsam beenden. Aber dazu müssen wir uns das Ganze einmal etwas genauer ansehen. Und das ruhig kritisch!

Jahresziele, Jahresabschluss – macht das wirklich noch Sinn? 

Der Aufbau und die Pflege eines agilen Umfelds ist ein fortlaufender Prozess, der zwar einen Startzeitpunkt hat, aber nie endet – und demzufolge auch keinen Jahresabschluss am 31. Dezember kennt. In der Vergangenheit halfen Jahreszielpläne dabei, Menschen zu kontrollieren. Im Rahmen der industriellen Effizienzsteigerung sollte alles – ob menschliche Leistung oder maschineller Output – messbar sein. Dies widerspricht inzwischen vollkommen zurecht der zunehmenden Autonomie jedes Einzelnen sowie dem durch Projektarbeit wechselndem Teamgefüge. 

Heute ist eine Kultur gefragt, die Mitarbeiter dazu motiviert, experimentierfreudig zu sein und sie befähigt, veränderungsfähig zu bleiben. Lernen und sich entwickeln findet in agilen Startups kontinuierlich statt, hat also wenig zu tun mit einem spontan einberufenen Motivations- oder Team-Building-Workshop am Jahresende – in dem womöglich ausführlich darüber debattiert wird, warum dieses oder jenes Ziel nicht erreicht wurde oder wird. 

Völlig losgelöst … mit der rollierenden Strategie  

Fakt ist: Auch die vielfach praktizierten jährlichen Leistungsbewertungen sind nachweislich nicht hilfreich! Warum? Menschen beziehen sich gedanklich meist auf die Ereignisse der letzten 4-6 Wochen und nicht auf die Entwicklungen davor. Deshalb bieten sich vor allem zwei Prozesse an, um Richtung Jahreswechsel neue Wege zu gehen: Erstens das Performance-Management und zweitens der Bonus für erbrachte Leistungen.

Bislang spielt der Jahresrhythmus dabei oft eine entscheidende Rolle: Wird das Jahresziel – persönlich und/oder unternehmerisch – erreicht, erhalten Mitarbeiter entsprechende Boni. In agilen Organisationen ist das System ein anderes, weil losgelöst von einem Jahresplan Themen eher aufgrund einer rollierenden Strategie regelmäßig reviewed, sprich geprüft, bewertet und ausgerichtet werden. Auch Boni können so – im Idealfall in Verbindung mit einem Teamergebnis – jederzeit und komplett unabhängig vom Jahresverlauf betrachtet und gewährt werden. 

Alles was wichtig und entscheidend ist, wird also immer gleich während des Jahres verändert. Das nimmt auch bei Startups den Dampf aus dem Kessel. Mitarbeiter, Führungskräfte und Gründer verbrennen ihre Fähigkeiten und Kräfte nicht dabei, den Jahresendspurt irgendwie zu meistern, sondern ganz entspannt den Erfolg des neuen Jahres zu planen und auch schon darauf hinzuarbeiten. In diesem Sinne wünsche ich allen Startups, jungen Unternehmern und zukünftigen Gründern ein erfolgreiches und jahreszielunabhängiges 2023!

Titelfoto: Bild von  Gerd Altmann auf Pixabay

Autor

Timm Urschinger, CEO von LIVEsciences, entwickelt pragmatische und innovative Lösungen – für das eigene Unternehmen und für Kunden. Neue Organisationsmodelle wie Teal spielen dabei eine große Rolle. https://www.livesciences.com

Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder

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