Donnerstag, April 18, 2024
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Tandem: Sprachlern-Community verknüpft Mitglieder mit anderen Sprachlernenden

Stellen Sie sich und das Startup Tandem doch kurz unseren Lesern vor!

Ich heiße Arnd und bin Mitgründer und CEO von Tandem. Tandem ist die größte globale Sprachlern-Community und verknüpft die Mitglieder mit anderen Sprachlernenden. Alle verbindet das gemeinsame Ziel, zusammen Sprachen zu üben. Unsere 10 Millionen Mitglieder können über die App 300 verschiedene Sprachen lernen, darunter auch 20 Gebärdensprachen und sechs fiktive Sprachen wie Klingonisch und Mandalorianisch. 

Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal ein Sprachlern-Startup gründen würde. Sprachen, vor allem Französisch, war in der Schule eine riesige Qual für mich. Erst später, als ich im Ausland gelebt habe, habe ich gemerkt, wie viel leichter es mir fällt, und wie viel mehr Spaß das Lernen macht, wenn man gemeinsam mit anderen Menschen und so früh wie möglich beginnt zu sprechen, statt Vokabeln zu pauken.

Warum haben Sie sich entschieden ein Unternehmen zu gründen?

Meine Mitgründer und ich blicken auf eine langjährige gemeinsame unternehmerische Vergangenheit zurück. Im zweiten Studienjahr gründeten wir gemeinsam unser erstes Unternehmen. Dabei handelte es sich um eine Web-Community für Comedy-Autoren, in der die Mitglieder online zusammenarbeiteten und ihre Witze, Gags und Ideen dann an beliebte deutsche Late-Night-Shows o.ä. verkaufen konnten. Nach diesem Erfolg gründeten wir dann unser zweites gemeinsames Unternehmen – die Cyoshi Mobile GmbH. Cyoshi Mobile war die erste europäische mobile Video-Streaming-Plattform, die es den Benutzern ermöglichte, Videos auf dem Handy anzusehen. Sie wurde 2006 von Mobile Streams plc übernommen. 

Die Gründung von Tandem war für uns insofern eine natürliche Fortsetzung der gemeinsamen Geschichte. Als wir während unseres Studentenaustauschs in Schweden selber daran zu knabbern hatten, die Sprache zu lernen, begannen wir darüber nachzudenken, wie eine Technologie den 1,5 Milliarden anderen Sprachlernenden weltweit helfen könnte. Wir hatten bereits Erfahrungen mit Communitymanagement, mobilen Geräten und Live-Video-Funktionen aus unseren früheren Unternehmen und sahen die Gelegenheit gekommen, unser Knowhow daraus zu kombinieren und gründeten somit Tandem.

Welche Vision steckt hinter Tandem?

Die Vision von Tandem ist eine Welt, in der sieben Milliarden Menschen voneinander lernen und dabei ihren Horizont erweitern. Bei Tandem geht es nämlich ebenso sehr um einen Kulturaustausch wie um den Sprachaustausch. Unsere Community teilt die Kenntnisse ihrer Muttersprache und beginnt mit der Zeit, tiefgründige Gespräche zu führen, die oft die gesamte Lebenseinstellung verändern. 

Von der Idee bis zum Start was waren bis jetzt die größten Herausforderungen und wie haben Sie sich finanziert?

Den ersten Prototyp haben wir selbst finanziert und anschließend eine kleinere Business-Angel-Investitionsrunde abgeschlossen. Das hat uns zur nächsten Entwicklungsstufe geführt. Nun konnten wir mit Tandem offiziell an den Start gehen. Im Anschluss daran schlossen wir eine Seed-Runde ab, um die Community zu vergrößern und Mechanismen zur Monetarisierung zu entwickeln. So wurden wir rentabel und konnten eine Größe von zehn Millionen Mitgliedern erreichen. Dank unserer jüngsten Serie-A-Finanzierung können wir nun sowohl das Wachstum als auch die Entwicklung von Tandem als Produkt beschleunigen. 

Unsere größte Herausforderung bestand darin, ein völlig neues Produkt zu entwickeln, das keinen offensichtlichen Monetarisierungsmechanismus aufwies und das darauf angewiesen war, eine bestimmte Community-Größe zu erreichen, um für die Mitglieder auch einen Mehrwert zu bieten. Das bedeutete, dass wir mit externen Investments durch VCs sowie mit öffentlichen Finanzierungen arbeiten mussten, um das Produkt, das Communitywachstum und das Geschäftsmodell innerhalb einer begrenzten Zeitspanne zu realisieren. In diesem Stadium besteht die größte Herausforderung nicht nur darin, eine Produktidee zu verwirklichen, sondern auch schnell genug datengetrieben zu lernen, welche Features wir entwickeln sollten und welche nicht. Um diese Herausforderungen bewältigen zu können, war es von grundlegender Bedeutung, schnell zu verstehen, wie neue Mitglieder uns finden, nach welchen Produktfunktionen sie suchen und welche Art von Tools ihnen so wichtig sind, dass sie dafür auch bezahlen würden.

Wer ist die Zielgruppe von Tandem?

Tandem richtet sich an alle, die ihre Sprachkenntnisse verbessern möchten, seien es Studierende, die an Austauschprogrammen teilnehmen, Arbeitnehmer, die eine Sprache lernen, um ihre Karrierechancen zu verbessern, oder Rentner, die ihre Fremdsprachenkenntnisse auffrischen möchten. Wir bieten verschiedene Kommunikationsmethoden, wie Chats oder Audio- und Videoanrufe, um den unterschiedlichen Lernstilen der Mitglieder gerecht zu werden. 

Wie funktioniert Tandem? Wo liegen die Vorteile? Was unterscheidet Sie von anderen Anbietern?

Fast jeder Mensch lernt früher oder später in seinem Leben eine neue Sprache. Und obwohl es viele neue digitale Lernangebote für Fremdsprachen gibt, die erfolgreich sind, wird keines davon allen Herausforderungen des Lernens von Fremdsprachen gerecht. Wir haben mit Tandem ein Angebot geschaffen, das andere bisher nicht abdecken: die Möglichkeit, das Sprechen einer Sprache zu üben. Tandem verknüpft Lernende aus der ganzen Welt miteinander, die sich gegenseitig ihre jeweilige Muttersprache beibringen – durch das Senden von Nachrichten, Audioanrufe oder Videochats.

Wir sind der festen Überzeugung, dass der effektivste Weg, in einer neuen Sprache Fortschritte zu machen, darin besteht, sie tatsächlich zu sprechen und mit Muttersprachlern zu interagieren. Das Erlangen von Sprachkenntnissen und schlussendlich von Sprachgewandtheit beruht darauf, zahlreiche Stunden “Sprechpraxis” zu absolvieren und gleichzeitig ein tiefgreifendes Verständnis für Grammatik und Ausdrucksweise zu entwickeln. Dies ist das gut abgerundete Paket, das unsere Plattform bietet.

Der Gemeinschafts-Aspekt von Tandem stellt ein weiteres wichtiges Unterscheidungsmerkmal dar: Die Nutzer können interkulturelle Freundschaften entwickeln und pflegen. Unsere Mitglieder befinden sich oft auf gegenüberliegenden Seiten der Welt und können dennoch ein Fenster in eine völlig andere Kultur öffnen. Wir freuen uns sehr, die gesunde Neugier unserer Mitglieder auf andere Sprachen, Länder und Lebensstile fördern zu können.

Wie hat sich ihr Unternehmen mit Corona verändert?

Während des Lockdowns ist die Anzahl unserer Neumitglieder um 200 Prozent gestiegen, was das große Interesse am digitalen Spracherwerb sehr deutlich gemacht hat. Da alle Sprachschulen und Universitäten aufgrund der Pandemie vorübergehend geschlossen wurden, waren die Studenten auf zusätzliche Plattformen wie Tandem angewiesen, um Sprachen zu lernen und das Sprechen zu üben.

In einer Zeit begrenzter persönlicher Interaktionen hat die Möglichkeit, sich mit anderen Lernenden digital zu verbinden, das Leben unserer Mitglieder enorm verändert. Dadurch haben wir in den letzten Monaten ein massives Wachstum erlebt, und Tandem ist weiterhin profitabel.

Wie haben Sie sich darauf eingestellt und welche Änderungen haben Sie vorgenommen?

Als die Ausbreitung der Pandemie in Europa begann, war alles sehr unsicher. Sowohl hinsichtlich der globalen wirtschaftlichen Konsequenzen als auch die konkrete Frage, ob unsere Mitglieder weiterhin für unser Produkt zahlen würden. Wir haben uns daher sofort über alle möglichen Hilfsprogramme wie Kurzarbeit informiert, und uns darauf vorbereitet, so mögliche Ausfälle ausgleichen zu können. Zum Glück ist aber unsere Gemeinschaft trotz allem weiter gewachsen und Tandem wurde zu einem wichtigen digitalen Angebot für Sprachlernende.

Wo sehen Sie in der Krise die Chance?

Seit dem Beginn der Pandemie wird unser Video-Chat dreimal so viel genutzt wie vorher. Das verdeutlicht den erhöhten Bedarf an Live-Video-Austausch. Wir bieten mit Tandem ein neues Format an, mit dem Menschen online und durch Video- und Audiochats auch in dieser Zeit gemeinsam lernen können.

Da auch die Reisemöglichkeiten stark eingeschränkt wurden und man derzeit kaum neue Leute kennenlernt, können durch unsere Art des Austausches auch kulturelle Barrieren abgebaut werden. Besonders in der heutigen Zeit, in der soziale und politische Bewegungen sehr präsent sind, freuen wir uns, mit unserem Angebot einen Beitrag zur interkulturellen Kommunikation leisten zu können.

Tandem, wo geht der Weg hin? Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?

Zunächst geht es uns darum, unsere Mission weiterzuverfolgen und eine globale Sprachlerncommunity aufzubauen, die jeder und jedem weltweit ermöglicht, eine neue Sprache zu sprechen. Außerdem möchten wir unser Team vergrößern und das Angebot für unsere Mitglieder stetig weiterentwickeln. Der nächste Schritt für uns ist nun, mit Tandem von 10 Millionen auf 100 Millionen Mitglieder zu wachsen. 

Zum Schluss: Welche 3 Tipps würden Sie angehenden Gründern mit auf den Weg geben?

Erstens: Es ist essentiell, sehr schnell die Daten und Informationen zu generieren, die nötig sind, um gute Entscheidungen zu treffen. Ganz besonders zu Beginn, wenn die Unsicherheiten am größten sind. Im Laufe der Zeit sind wir deutlich schneller geworden, unser Produkt datengetrieben weiterzuentwickeln. Wenn ich das alles noch einmal machen würde, würde ich mich darauf konzentrieren, noch früher und entschlossener auf die Geschwindigkeit zu achten, mit der wir Antworten finden. Das ist wahrscheinlich die wichtigste Zutat für den Erfolg unseres Unternehmens.

Zweitens: Vertrauen ist wichtig! Man sollte eine Hand voll Leute um sich scharen, denen man voll und ganz vertrauen kann. Das können Mitgründer, Mentoren, frühere Investoren oder sogar enge Freunde sein, die eine ähnliche Geschichte haben. Mit Sicherheit wird es auf dem Weg viele schwierige Gespräche, herausfordernde Situationen und widersprüchliche Interessen geben. Mit all dem kann man aber besser umgehen, wenn es jemanden gibt, der das Problem ebenfalls versteht, einem zuhört und neuen Input geben kann.

Drittens: Drei Tipps, die den Weg zum Erfolg weisen können, gibt es nicht. Ben Horowitz erläutert diese Idee in seinem Buch „Wenn es hart auf hart kommt: Schwierige Management-Situationen und wie man sie meistert“. Einer der Gründe, warum die Gründung eines neuen, skalierbaren Unternehmens so schwierig ist, liegt darin, dass es keinen Rat gibt, der allgemeingültig ist. Jedes Produkt und jede Umgebung ist anders und erfordert unterschiedliche Herangehensweisen – manchmal sogar solche, die der gängigen Expertenmeinung komplett entgegenstehen. Es ist unabdingbar, von Anfang an alles selbst zu durchdenken, statt Tipps von Experten zu befolgen, die zu einer anderen Zeit mit etwas ganz anderem erfolgreich waren. 

Weitere Informationen finden Sie hier

Wir bedanken uns bei Arnd Aschentrup für das Interview

Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder

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