Startup-Gründen leicht gemacht: So findet ihr die Teamstruktur, die zu euch passt
Vor allem seit Corona begegnet mir das Thema Teamstruktur besonders häufig. In herausfordernden Zeiten versuchen die Teams, in Strukturen und Regelungen Sicherheit zu finden. Und es ist auch sinnvoll, Strukturen zu schaffen. Denn egal wie frei ihr euer Unternehmen und Team zusammenhalten wollt, es braucht Struktur. Wie die aussieht, ist dabei komplett euch überlassen. Ein generelles richtig oder falsch gibt es dabei nicht. Ihr solltet daher unbedingt vermeiden, das Thema Teamstruktur dogmatisch anzugehen!
Jedes Team besteht aus anderen Individuen in einem anderen Kontext mit anderen Aufgaben. Ihr solltet genau abwägen, was zu euch als Team und eurer Situation passt. Im Spannungsfeld zwischen Strukturen und Freiheiten müsst ihr euren eigenen Weg finden. Hier könnt ihr euch an zahlreichen Leadership-, Projektmanagement- und Organisationsmodellen orientieren. Wichtig ist, dass ihr euch bewusst macht, dass diese Modelle nur Modelle sind und niemals die Realität eins zu eins abbilden. Sie können also auch nicht eins zu eins angewendet werden. Sie alle haben Stärken und Schwächen, die ihr kennen und gegeneinander abwägen müsst.
Tipp 1: Legt zuerst fest, welche Kultur ihr vertreten möchtet?
Als Gründungsteam müsst ihr euch zunächst selbst verstehen. Entwickelt ein klares Verständnis dafür, welche Kultur und erst dann welche Struktur ihr als Gründerteam vertreten möchtet. Das ist gar nicht so leicht. Aus der einfachen Frage „Wie wollen wir Homeoffice regeln?“ entwickelt sich ganz schnell ein Wust an Folgefragen: „Wie können wir die Regelung sicherstellen?“, „Wie wollen wir generell führen?“, „Wer ist zuständig?“ … und schließlich: „Wollen wir eigentlich so viele Regeln?“ Dabei wird deutlich, dass sich die Teams über ihre allgemeine Kultur noch zu wenig Gedanken gemacht haben. Sinnvoll ist es, zunächst eure Team- und Führungskultur klar zu beschreiben, bevor ihr mit den Strukturen startet. Um den Ausspruch des US-amerikanischen Ökonoms Peter Drucker etwas abzuwandeln, würde ich sagen „Culture eats structure for breakfast“.
Tipp 2: Arbeitet in Frameworks und nehmt euch Zeit zur Entwicklung!
Viele Teams machen den Fehler, zu viele Modelle mischen zu wollen und nicht konsequent bei ihrer Linie zu bleiben. An einem Tag wird mit der Vision, am nächsten mit den Zielen und am dritten entlang von Prozessen geführt. Nach einiger Zeit fragen sich die Gründer:innen dann, warum ihr Ansatz nicht funktioniert. Oft liegt es daran, dass die Organisation wie ein Patient im „drug fever“ ist, also mit so vielen Mitteln behandelt wird, dass die Medikamente die Ursache des Übels sind und nicht mehr die Krankheit. Daher lautet mein Ratschlag: „Weniger ist mehr“. Nutzt die Struktur, die zu den meisten Situationen und zu euch als Team am besten passt – und bleibt dabei. Macht euch bewusst, welche Grenzen die Struktur hat, und kommuniziert diese offen. Sucht nach Menschen, die zu dieser Struktur und eurem Stil passen.
Tipp 3: Sucht Fehler bei euch, erst dann im Team!
Ihr werdet sehr schnell merken, dass eure Mitarbeitenden häufig anders agieren, als ihr es geplant habt. Versucht dann zunächst, euer Verhalten zu reflektieren. In der Regel geht das Problem nicht vom Team aus, sondern von euch selbst. Ich höre oft, dass sich die Gründer:innen mehr Eigeninitiative von den Mitarbeitenden wünschen. Wenn ich die Teams dann begleite, wird deutlich, dass es gar keine Anreize für eigenständiges Arbeiten gibt oder noch schlimmer, dass die Gründer:innen immer, wenn es hektisch wird, doch selbst eingreifen. Das führt zu Frust im Team und dazu, dass sich die Teammitglieder zurückziehen. Fangt daher immer bei euch an, wenn ihr merkt, dass sich eure Strukturen nicht wie gewünscht etablieren.
Ein paar Faustregeln zu Teamstrukturen
Ihr seht, das Thema Teamstruktur ist ein weites Feld und gar nicht leicht zu beackern. Ein paar Faustregeln, die euch das leichter machen werden, habe ich dann doch für euch. Je nach Teamstärke habe ich Grenzen festgelegt, an denen ihr jeweils anders vorgehen müsst.
Grenze 1: Haltet die Strukturen in eurem Gründungsteam (i. d. R. bis max. 5 Personen) so gering wie möglich. Redet miteinander und tauscht euch aus, am besten täglich. Sprecht über euer „Why“ (dazu mehr in meinem früheren Beitrag) und definiert die Mission und Werte eures Unternehmens. Diese Elemente bilden die solide Basis für jede Struktur!
Grenze 2: Geht es an den Aufbau des Kernteams (bis ca. 20 Personen), müsst ihr erste Abläufe schaffen, da nicht mehr alle jederzeit an einer effizienten Kommunikation teilhaben können. Ich bin ein Freund davon, ab diesem Zeitpunkt über agile Frameworks wie das gute alte SCRUM und Kanban nachzudenken. Ihr werdet schnell euch adaptieren müssen. Auch jetzt noch zählen eure Werte und eine gewisse Entscheidungsfreude mehr als jede Struktur. Wenn ihr zu diesem Zeitpunkt schon tiefgreifende Regelungen und Prozesse schaffen wollt, werdet ihr euch damit mit Sicherheit übernehmen!
Grenze 3: Wächst eure Organisation weiter (bis ca. 150 Personen) geht es darum, eine eigene Identität und Struktur zu erschaffen, die euch nachhaltig erfolgreich macht. Dafür solltet ihr euch entsprechende Experten ins Boot holen.
Fazit:
Ich bin sicher: Wenn ihr diese Tipps und Faustregeln beachtet, könnt ihr eigentlich nur gute Fortschritte machen. Denkt immer daran: Das Ganze ist ein Lernprozess. Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen. Macht euch gemeinsam auf den Weg und versucht, auch in schwierigen Situationen Verständnis füreinander zu haben. Am Ende siegt ein Team mit Hilfe einer guten Struktur, aber niemals eine Struktur alleine!
Autor:
Tim Lampe leitet das Operations-Team der Campus Founders und entwickelt mit seinem Team die Angebote und Lehrformate, die die Startup-Teams auf ihrer unternehmerischen Reise ganzheitlich begleiten. Vor seiner Zeit bei den Campus Founders war er bereits in mehreren Startups im Bereich Consulting, SaaS, Bildung und Co-Living involviert und verbrachte auch ein Jahr im Silicon Valley.
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