„Von der Eins-zu-Eins-Beratung im Bereich Gesundheit bis hin zur Video-Konferenz in der Fitnessbranche: Durch die COVID-19-Pandemie ist die digitale Video-Beratung salonfähig geworden.“
Stellen Sie sich und das Startup Tyme Group doch kurz unseren Lesern vor!
Mein Geschäftspartner Jürgen Wier und ich entwickeln seit vier Jahren Marktplätze für die digitale Video-Beratung, die voll automatisiert sind und das Wesentliche in den Fokus rücken: den Menschen und die Beratung. Unsere Geschäftsidee beruht somit auf der Prämisse, immer und überall Zugriff auf Expertise – also personifiziertes Wissen – zu haben. Was uns dabei stets wichtig war: Der Zugang muss so einfach und niederschwellig wie nur möglich sein. Der perfekte Ansatz dafür ist schlicht der digitale Kontakt. So findet unsere Kundschaft bei uns auf der einen Seite professionelle Unterstützung in Form von Workshops, Live-Seminaren und Beratungen. Auf der anderen Seite können ExpertInnen der unterschiedlichen Berufszweige ihr Wissen flexibel und angemessen vergütet teilen.
Warum haben Sie sich entschieden ein Unternehmen zu gründen?
Mein Schlüsselerlebnis lag in der Vereinbarkeit von Job und Privatleben. Als eines meiner Kinder krank wurde und ein schneller Gang zum Arzt nicht mal eben so einzurichten war, musste ich feststellen, dass ein sicherer und für alle Beteiligten leicht zugänglicher Marktplatz für digitale Video-Beratung fehlte – ich wollte ja meinen Arzt erreichen, der mein Kind schon kennt. Auch bei anderen Problemen im Haushalt, wie einem tropfenden Wasserhahn, war eine schnelle, individuelle und digitale Hilfe schwer zu finden. In unserem Fall war die Gründung dann die einzige Möglichkeit, unsere Idee umzusetzen und die Beratung via Videokommunikation nach unseren Vorstellungen zu gestalten. Ich denke die meisten Gründungen geschehen aus der Motivation heraus, ein Problem zu lösen und damit das Leben in vielerlei Hinsicht einfacher zu machen.
Welche Vision steckt hinter Tyme Group?
Die Tyme Group möchte Expertise im Rahmen einer persönlichen Beratung für Menschen in allen Lebenssituationen zugänglich machen. Das hilft sowohl die Lebenswelt flexibel und unabhängig zu gestalten als auch die eigenen Stärken zu perfektionieren. So soll der Service die erste Anlaufstelle in Deutschland sein, wenn es um digitale Videoberatung geht – sowohl für VerbraucherInnen als auch für ExpertInnen. Vor allem sehen wir enorme Chancen bei der medizinischen Video-Beratung. Digital Healthcare ist einer der Zukunftsmärkte und mit unserem White-Label-Angebot können sich Unternehmen die Lösung in ihrem eigenen Design und vollumfänglich in die eigenen Prozesse eingebettet zunutze machen.
Von der Idee bis zum Start was waren bis jetzt die größten Herausforderungen und wie haben Sie sich finanziert?
Die größte Herausforderung war sicherlich, das Produkt vor Corona soweit zu bringen, dass wir einen echten Product-Market Fit nachweisen konnten. Dabei ging es immer wieder darum, Durststrecken zu überstehen und trotzdem oder gerade dann weiter an unserer Vision zu arbeiten. Nicht immer stand der nächste Investor direkt vor der Tür. Nicht immer waren Kunden genau zur rechten Zeit da. Allerdings waren die bestehenden Gesellschafter stets mit Rat und Tat dabei, das Unternehmen weiterzuentwickeln und auch über die Durststrecken zu bringen.
Wer ist die Zielgruppe von Tyme Group?
Wir richten uns einerseits an Verbraucher und Verbraucherinnen, die nach einer flexiblen Unterstützung für die Herausforderungen des Alltags suchen, sei es für Home Improvement, Steuertipps oder medizinische Beratung. Gerade Familien bietet die zeit- und ortsunabhängige Lösung viel Freiheit und Flexibilität, aber auch ältere Menschen profitieren von dem vielseitigen Angebot und können mithilfe unterschiedlichster Workshops und Beratungen ihre Zeit sinnvoll nutzen und ihre Unabhängigkeit genießen. Andererseits richtet sich die Tyme Group an ExpertInnen, die ihr Wissen sicher und angemessen vergütet mit ihrer Zielgruppe teilen wollen. Vor allem in Zeiten der Krise und wiederkehrender Kontaktbeschränkungen ist das Angebot für viele Branchen sehr hilfreich.
Für Unternehmen gibt es noch eine weitere Möglichkeit: unsere White-Label-Lösung, mit der sie ihren Beratungs-Service DSGVO konform an eigene Maßstäbe anpassen und letztlich im Gewand der eigenen CI anbieten können. So haben die Lösung bereits spannende Kunden, u.a. das Josefinum in Augsburg oder das Zentrum für Telemedizin, Tierärzte, Fitnessstudios und Verlage für sich entdeckt.
Wie funktioniert Tyme Group? Wo liegen die Vorteile? Was unterscheidet Sie von anderen Anbietern?
Wir sind ein sicherer Marktplatz für kommerzielle Video-Beratung. Das heißt, alle Formate können DSGVO konform und ohne irgendwelche Rechte an Daten zu verlieren, kommerziell angeboten werden. Zudem tauschen ExpertInnen ihr Know-how auf einer sicheren, unabhängig zertifizierten Video-Plattform aus und greifen dabei auf ein marktorientiertes Vergütungsmodell zurück. Die minutengenaue Abrechnung sorgt nicht nur für Transparenz, sondern auch für eine faire Bezahlung. Damit ermöglichen wir denen, die davon träumen selbstständig zu arbeiten, einen barrierefreien Einstieg.
Wie hat sich ihr Unternehmen mit Corona verändert?
Durch die COVID-19-Pandemie ist die digitale Video-Beratung salonfähig geworden. Über die Notwendigkeit einer solchen Lösung gibt es keine Debatte mehr. Umso spannender ist es, die Herausforderungen der kommerziellen Nutzung sowie der Datensicherheit zu diskutieren. Während des ersten Lockdowns sind die Nutzerzahlen auf unseren Marktplätzen XPERTyme und MEDITyme explodiert, vielmehr haben sich diese innerhalb weniger Wochen verhundertfacht. Natürlich ging der Traffic nach einer Zeit wieder zurück, aber die KundInnen sind geblieben. Die Nachfrage nach Videolösungen hat sich massiv erhöht und das wird sich in Zukunft auch nicht ändern.
Wie haben Sie sich darauf eingestellt und welche Änderungen haben Sie vorgenommen?
Unsere Zielgruppen sind große Netzwerke. Insofern waren unsere Lösungen von vornherein voll skalierbar aufgestellt. Bezüglich des Ansturms waren wir also gut gerüstet. Bei einer hohen Anfrage kommen aber auch bis dahin unentdeckte Usability-Probleme zum Vorschein. Das haben wir als Chance genutzt und die Plattform nochmals deutlich verbessert. Schlussendlich war es neben der Video-Beratung die maximale Automatisierung des administratorischen Ablaufs, die der Ansturm durch den Lockdown beschert hat. Für die Gesundheitsbranche war das Thema auf einmal ein existenzielles, genauso für Personal Trainer und Fitnessstudios. Es gab also unterschiedlich Anforderungen an die Lösungen, je nach Use Case. So wie die Eins-zu-Eins-Beratung im Bereich Gesundheit oder die Konferenz im Bereich Fitness. Die neue Realität hat die Anforderungen einmal umgekrempelt.
Wo sehen Sie in der Krise die Chance?
Verbraucher und Verbraucherinnen sind auch während eines Lockdowns auf Unterstützung durch ExpertInnen angewiesen. Sie brauchen diese schnell und vor allem digital! Zeit muss sich flexibel einteilen lassen, um sie letztlich für die wichtigen Dinge nutzen zu können oder in Zeiten einer Pandemie überhaupt zu agieren. Wir sind auf und für das Remote-Arbeiten eingestellt. Was für uns schon lange die Norm war, kommt nun wie eine Welle auch auf unsere KundInnen zu. Wir können daher viele sinnvolle Hilfestellungen geben.
Tyme Group, wo geht der Weg hin? Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?
Im Hinblick auf die gesellschaftlichen Entwicklungen wird die Einführung weiterer Systeme neben der Videotelefonie immer wichtiger. Neben dem Remote Arbeiten zählen dazu rechtssichere digitale Unterschriften oder eine gemeinsame Dateiablage. Eine Vernetzung aller Einzelteile – das ist die aktuelle Herausforderung und unser erklärtes Ziel, um die digitale Beratung voranzutreiben! Zudem sind vor allem führende amerikanische Anbieter von digitaler Videokommunikation in der Vergangenheit oft in die Kritik geraten, wenn es um Datensicherheit geht. Auch an dieser Stelle wird es in Zukunft spannend zu beobachten sein, wie Standards gehalten werden.
Zum Schluss: Welche 3 Tipps würden Sie angehenden Gründern mit auf den Weg geben?
Erst einmal ist es zu beglückwünschen, den Mut für eine Gründung aufgebracht zu haben. Die Selbstständigkeit ist definitiv ein Marathon, kein Sprint! Die Fähigkeit, auch in schwierigen Zeiten weitermachen zu können, ist ein wesentlicher Schlüssel. Würde am Anfang einer Gründung aufgezeigt, welche Hindernisse zu überwinden sind, wäre die Demotivation mit Sicherheit vorprogrammiert. Darüber hinaus geht es nicht nur um die Technologie, die ein Problem lösen soll. Es geht auch um das Verkaufen! Wir hatten von Anfang an einen Kunden an unserer Seite mit dem wir die Plattform gemeinsam entwickelt haben. Zudem kann Gründen recht einsam sein. Da ist es wichtig, ein solides Team zu haben, welches sich auch in schwierigen Zeiten trägt. Dieser Aspekt zielt auch auf die perfekte Mischung zwischen Sales- und Technik-Know-how. Aus dieser ausgewogenen Mischung heraus entstehen erfolgreiche Produkte und Dienstleistungen.
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Wir bedanken uns bei Matthias Kuss für das Interview
Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder