Ein Hersteller von veganem Käse will eine Marke für sein Produkt in Deutschland anmelden: „Vromage“ – das französische Wort für Käse, mit einem V statt F. Klingt auf Anhieb naheliegend. Doch das Bundespatentgericht meint: Das geht nicht. Für Start-ups können die markenrechtlichen Feinheiten bei der Benennung von veganen Ersatzprodukten zur Herausforderung werden.
Der Markt der veganen und vegetarischen Ersatzprodukte boomt. Ganz vorne dabei sind etablierte Start-ups wie Beyond Meat oder Impossible Foods und Newcomer wie Heura, Mushlabs oder Kuleana. Regelmäßig finden sich in den Supermarktregalen neue Produkte, die selbst überzeugte Fleischesser zum gelegentlichen Blick über den Tellerrand verleiten. Spätestens seit in den letzten Jahren die ganz großen Konzerne wie Nestlé und Unilever in den Markt eingestiegen sind, wird der Kampf um die Verbrauchergunst erbittert geführt.
Aus rechtlicher Sicht ist das Thema vielfältig. Bereits seit Längerem tobt ein Streit darum, ob etwa ein „Soja-Schnitzel“ überhaupt „Schnitzel“ genannt werden darf. Und ist eine „Hafermilch“ wirklich eine „Milch“ oder verwirren derartige Bezeichnungen den Durchschnittsverbraucher nicht bloß? Erst seit Kurzem im Fokus: das Markenrecht. Denn längst ist es nicht nur das Produkt selbst, das überzeugen muss – eine einprägsame Produktbezeichnung und das zugehörige Marketing sind unerlässlich, um sich von den Mitbewerbern abzusetzen.
Allerdings sind nicht alle Begriffe und Logos auch für eine Eintragung in das Markenregister geeignet. Wichtigstes Merkmal einer Marke ist ihre Herkunftsfunktion. Verbraucher sollen Produkte über die Marken den jeweiligen Herstellern zuordnen können. Aus diesem Grund kann beispielsweise ein Käseproduzent nicht die Marke „Käse“ beanspruchen. Zum einen besteht ein nachvollziehbares Interesse daran, dass nicht ein einziges Unternehmen solch ein elementares Wort monopolisiert. Zum anderen ist der Begriff „Käse“ rein beschreibend. Das gekennzeichnete Produkt lässt sich durch diese Marke nicht von anderen Käse-Produkten unterscheiden und Verbrauchern wird es schwerfallen, diese Marke einem konkreten Unternehmen zuzuordnen.
Eine Entscheidung des Bundespatentgerichts aus dem Dezember 2020 (Az.: 25 W (pat) 552/19) zeigt, welche Gefahren bei der Anmeldung von Marken für vegane Ersatzprodukte lauern. Ein kleiner US-amerikanischer Hersteller von veganem Käse wollte die Marke „Vromage“ beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) anmelden. Das Konzept der Marke ist denkbar simpel: das französische Wort für Käse mit einem V für vegan als Anfangsbuchstaben.
Hiermit hatte das Bundespatengericht jedoch ein Problem. Nach seiner Auffassung ist der Begriff „Vromage“ zu deskriptiv, um die für eine Marke erforderliche Unterscheidungskraft zu besitzen. Sowohl der französische Begriff „fromage“ als auch das vorangestellte V seien für den Durchschnittsverbraucher ohne Weiteres als eine reine Beschreibung eines veganen Käseersatzes, also als das Produkt selbst, erkennbar. Die Marke ist damit nicht als Herkunftsbezeichnung geeignet.
Zugleich sah das Gericht die Gefahr einer Irreführung. So sei nicht auszuschließen, dass gewisse Verbraucherkreise in der Bezeichnung „Vromage“ kein Ersatzprodukt sehen, sondern ganz normalen Käse erwarten. Das gilt vor allem deshalb, weil es klanglich keinerlei Unterschied mache, ob „fromage“ nun mit F oder V am Anfang geschrieben würde.
Diese Entscheidung des Bundespatentgerichts verdeutlicht das Spannungsfeld, in dem sich Markenanmelder bei Ersatzprodukten befinden. Zwar besteht das Bedürfnis, dem Verbraucher über die Marke mitzuteilen, dass es sich um ein konkretes Ersatzprodukt handelt. Dabei darf die Marke das Produkt selbst aber nicht zu stark beschreiben und muss gleichzeitig verhindern, dass bestimmte Verbraucherkreise den Markennamen missverstehen. Start-ups aus der Branche sollten daher überlegen, ob sie nicht lieber auf kreativere Wortschöpfungen setzen. Auch die Anmeldung von Logos als Bildmarken oder Kombinationen von Wort und Bild können verhindern, dass eine bloße Wortmarke zu nichtssagend ist.
Abgesehen von der Gefahr einer Zurückweisung der Markeneintragung ergibt sich noch ein weiteres Problem: Die Marken, die es in der Branche der Ersatzprodukte bisher in die Markenregister geschafft haben, sind sich zum Teil sehr ähnlich. Insbesondere bei einer Expansion in neue Märkte ergeben sich dadurch vermehrt Konflikte mit anderen Markeninhabern. Für einige Aufmerksamkeit sorgte im letzten Jahr ein Markenstreit zwischen Nestlé und Impossible Foods. Letztere konnte als Inhaberin der europäischen Marke „Impossible Burger“ den Marktstart von Nestlés „Incredible Burger“ verhindern. Für Nestlé bedeutete das dadurch notwendig gewordene Rebranding hohe Verluste.
Aber auch mit einem anderen Vorhaben lief es für Nestlé nicht so gut. Anfang Januar 2021 zog das Unternehmen die Anmeldung der US-Marke „The Vegan Butcher“ zurück, nachdem das Start-up „The Herbivorous Butcher“ rechtlich dagegen vorgegangen war. Ärger gab es kurzzeitig auch zwischen dem deutschen Unternehmen Katjes und dem US-Start-up Beyond Meat um die Marke „Beyond Milk“.
Weiteres Konfliktpotenzial ist zu erwarten, sobald das langersehnte Laborfleisch Marktreife erlangt. Dann heißt es, die Verbraucher durch griffige Markennamen von dem neuartigen Produkt zu überzeugen und sich gleichzeitig von den pflanzlichen Konkurrenzprodukten abzugrenzen.
Start-ups auf diesem Gebiet ist zu raten, sich bei der Findung eines Markennamens von der bloßen Produktbeschreibung zu lösen und kreativ zu werden. Für Verbraucher sind Ersatzprodukte mittlerweile nichts Ungewöhnliches mehr, ihnen muss dieses Konzept also nicht zwangsläufig über den Produktnamen erklärt werden. Wichtiger sind prägnante Bezeichnungen, die zum Nachdenken anregen und in Erinnerung bleiben. Dann lassen sich auch die Markenämter überzeugen.
Autor: Robin Schmitt
Robin Schmitt ist Rechtsanwalt bei CMS Deutschland und auf den gewerblichen Rechtsschutz spezialisiert. Schwerpunktmäßig berät er nationale und internationale Unternehmen in gerichtlichen und außergerichtlichen Fragen des Markenrechts.
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