Die Herausforderungen für Start-ups: Personalbeschaffung
Bei der Personalbeschaffung haben es Start-up-Unternehmen oft nicht leicht: Wurden erst einmal Freunde und Bekannte sowie ehemaligen Kommilitonen „abgeklappert“, konkurriert man als Unternehmensgründer nicht nur mit den großen, etablierten Unternehmen, welche über große Markenbekanntheit sowie feste Strukturen verfügen, sondern steht bei der Suche nach den besten Köpfen auch mit anderen Start-ups untereinander in Konkurrenz. Und dieser Konkurrenzpool ist ein wahres Haifischbecken. Der Erfolg eines Start-up-Unternehmens steht und fällt dabei vor allem mit der Mitarbeiterqualität. Besonders in Zeiten des Fachkräftemangels sind junge Talente immer schwerer zu finden. Wo Start-up-Gründer die größten Herausforderungen bei der Mitarbeiterakquise sehen und welche Punkte Jungunternehmer unbedingt beachten sollten, finden Sie im Folgenden.
Meist mehrere Aufgabenbereiche auf einmal
Da Mitarbeiter in einem Start-up-Unternehmen meist mehrere Rollen gleichzeitig ausfüllen und es kaum Doppelbesetzungen gibt, ist es bei der Personalakquise besonders wichtig, solche zu finden, die hohe Belastung und Lernbereitschaft als Jobbestandteil akzeptieren und wirklich Spaß an ihrer Tätigkeit haben.
Den meisten Unternehmensgründern geht es weniger um die Titel und Abschlussnoten der zukünftigen Mitarbeiter, als um ihre Talente und allgemeine Attitüde. Die eigene Einstellung und der Teamgeist werden als der Schlüssel zum gemeinsamen Erfolg gesehen. Das notwendige Branchenwissen und weitere Fähigkeiten lassen sich schließlich nach und nach vermitteln.
Fehlbesetzungen fallen daher nicht nur besonders schnell auf, sondern auch stark ins Gewicht: Start-ups können sich unpassende Mitarbeiter noch viel weniger leisten als große Unternehmen. Es gilt also schon im Vorstellungsgespräch, innerhalb kürzester Zeit herauszufinden, wer der Bewerber wirklich ist und wie er „tickt“.
Laut einer aktuellen Studie von LinkedIn zu den Recruiting-Trends 2016, sehen Personaler jedoch noch grundsätzlichen Nachholbedarf, wenn es darum geht, die Qualität der Neueinstellungen effektiv zu messen.
Fehlendes Budget
Eine weitere große Herausforderung, vor denen Start-ups beim Recruiting stehen, ist es, ohne Bekanntheit und mit einem kleinen Budgetdie richtigen Interessenten zu erreichen.
Wer also nicht mit großen Namen und Gehältern aufwarten kann, sollte sich darauf konzentrieren, mit anderem Punkten zu überzeugen, zum Beispiel innovative Arbeitsbedingungen. Immer mehr Arbeitnehmer sind über Job-Titel und Gehaltsscheck hinaus auf der Suche nach einem Arbeitgeber, der auf individuelle Präferenzen eingeht und einen erfüllenden Arbeitsort bietet. Besonders Start-ups sollten diesen Wandel am Arbeitsmarkt, der vor allem mit der sogenannten Generation Y einhergeht, als ihre Chance begreifen. Jungunternehmen können sich viel schneller neuen Marktbedingungen anpassen und sind flexibel – Genau diese Qualitäten sollten genutzt werden, um sich von der Konkurrenz am Markt abzuheben.
Wer wird gesucht?
Bevor man sich mit der eigenen Zielgruppe auseinandersetzt, gilt es zunächst herauszufinden, wie hoch der tatsächliche Personalbedarf im Unternehmen ist. Dazu muss die aktuell vorhandene Arbeitskapazität mit den benötigten Kapazitäten abgeglichen werden, sprich: Wenn ein Unternehmensgründer mehr Arbeit als Manpower und Zeit hat, um diese Arbeit zu erledigen, dann braucht er neue Mitarbeiter zur Unterstützung.
Ist der benötigte Personalbedarf erst ermittelt, geht es an die Zielgruppenbestimmung. Arbeitnehmer aus der bereits erwähnten Generation Y – ca. ab Jahrgang 1980 – haben ein grundsätzlich anderes Werteverständnis, das sie auch ihren Entscheidungen zugrunde legen, als das der Generation X. Der Wunsch nach Selbstbestimmung und Verantwortung hat das Streben nach Sicherheit und Status verdrängt. Die Generation Y sieht im Unternehmen weniger den Brötchengeber, sondern möchte ihren Arbeitsplatz aktiv mitgestalten und sich selbst fachlich und persönlich weiterentwickeln können. Junge Arbeitnehmer suchen daher Unternehmen, die Ihnen die Möglichkeit bieten, Verantwortung übernehmen und selbst bewusste Entscheidungen zu treffen.
Ebenfalls eine große Rolle spielt die Wertschätzung sowohl in der Anerkennung der erbrachten Leistungen als auch in der Förderung der eigenen Weiterentwicklung. Genau in diesen neu entstandenen Bedürfnissen liegt ein kraftvoller Hebel für die Personalakquise von jungen Talenten, besonders auch für Start-ups.
Glaubwürdige Unternehmenskultur
Um für sein Start-up besagte attraktive Arbeitsbedingungen zu schaffen, sollte man nicht bei den einzelnen Maßnahmen, wie dem Obstkorb oder Kickertisch, sondern ganz im Inneren des Unternehmens beginnen. Klar formulierte und gelebte Unternehmenswerte bilden nicht nur die Basis für Kommunikation, sondern helfen auch dabei, das Jungunternehmen „greifbar“ zu machen – Von innen wie auch von außen.
Ein weiterer Vorteil, den die Bestimmung der Unternehmenskultur mit sich bringt, ist, dass man besser bestimmen kann, welche Arbeitnehmer das Team vervollständigen.
Flexible Arbeitsmodelle und Work-Life-Balance
Für Arbeitnehmer werden auch solche Arbeitsmodelle immer wichtiger, die sich an die privaten Umstände wie etwa einem Wohnortwechsel oder Familienplanung, anpassen. Egal, ob es um alternative Arbeitsorte und –zeiten oder eine gesunde Work-Life-Balance geht –Start-ups können mit Lösungen für die geänderten Werte der Generation X aufwarten, zum Beispiel durch die Finanzierung eines Krippenplatzes, Teilzeitregelungen oder Homeoffice-Arbeit, damit haben sie bei der Rekrutierung neuer Mitarbeiter einen sehr guten Stand.
Fazit
Wenn es um die Akquise junger Talente geht, ist eine klare und ehrliche Unternehmenskultur zunehmend ausschlaggebend, ob ein Unternehmen als attraktiver Arbeitgeber angesehen wird oder nicht.
Besonders Start-ups sowie KMUs haben hier dank ihrer Flexibilität und Individualität einige Asse im Ärmel – Sie müssen sich nur trauen, diese auch auszuspielen.
Klaus Becker ist Geschäftsführer der Becker + Partner Personalberatung und baute 2002 die Personalberatung für den Mittelstand auf. Vor seiner Tätigkeit als Personalberater war er über 18 Jahre als Führungskraft in nationalen und internationalen Unternehmen der mittelständischen Industrie mit bis zu 1.800 Mitarbeitern tätig. Die leitenden Beschäftigungen umfassten die Bereiche Rationalisierung, Werkscontrolling und Betriebsorganisation.
Klaus Becker absolvierte nach seiner Ausbildung in der Industrie ein technisches und betriebswirtschaftliches Studium mit den Schwerpunkten Industrial Engineering und Betriebspsychologie.