vom Pitch über TermSheet zum Beteiligungsvertrag
Ohne Moos nix los. Der Aufbau und die Skalierung eines StartUps bringen einen hohen Kapitalbedarf mit sich, um Produktentwicklung, Markterschließung, Personalwachstum und sonstige Maßnahmen angehen zu können. Und das betrifft nicht nur die High-Tech StartUps.
Dieser Beitrag gibt einen Überblick über die typischen Phasen einer Finanzierungsrunde, also der Finanzierung durch Investoren, die sich im Gegenzug an dem StartUp beteiligen.
Finanzierungsoptionen
In der Theorie bestehen diverse Möglichkeiten, den benötigte Kapitalbedarf zu decken. Am besten ist natürlich das organische Wachstum, wo der Kapitalbedarf aus eigenen Umsatzerlösen gedeckt werden kann – wenn denn zügig und stetig signifikante Umsatzerlöse erzielt werden können. Eine Finanzierung über Bankdarlehen scheidet oft mangels verfügbarer Sicherheiten aus. Auch der Boot Strapping Ansatz oder einer Finanzierung über Friends & Family sind Grenzen gesetzt, insbesondere bei höherem Kapitalbedarf.
Als Alternative oder aber auch als Ergänzung zu den vorstehenden Finanzierungsformen kommt eine Finanzierung mit ‚Venture Capital‘ durch Risikokapitalgeber in Betracht. Solche Risikokapitalgeber können professionelle Venture Capital Gesellschaften (VCs) oder auch Privatpersonen, die sogenannten Business Angels sein, die hier im Beitrag als ‚Investoren‘ bezeichnet werden.
Der typische Weg der Finanzierung durch einen Investor ist die Zuführung von Eigenkapital gegen unmittelbare Beteiligung des Investors als Gesellschafter. Andere Spielarten der Investorenfinanzierung (zum Beispiel (Wandel)Darlehen, stille Beteiligungen usw.) lassen wir an dieser Stelle erst einmal außer Betracht.
Überblick über den Ablauf einer Finanzierungsrunde
Nach der internen Entscheidung, einen Investor aufzunehmen, beginnt die harte Arbeit. Häufig ist das ‚Eintüten‘ der Finanzierungsrunde ein Full-Time-Job mindestens eines Teammitgliedes. Dieser zeitaufwendige Prozess kann mehrere Monate dauern und nagt oft am Nervenkostüm. Vor allem aber leidet das operative Geschäft, da das federführende Teammitglied in dem Beteiligungsprozess gebunden ist, was häufig unterschätzt wird. Nicht umsonst heißt es „fund raising“ und nicht „fun, raising“.
Eine Finanzierungsrunde durchläuft in der Regel folgende vier Phasen:
- Ansprache der Inverstoren (Pitch)
- Verhandlung der wirtschaftlichen Eckpunkte, Term Sheet
- Due Diligence durch den Investor
- Verhandlung und Abschluss des Beteiligungsvertrages
Häufig gehen die einzelnen Phasen zeitlich und inhaltlich ineinander über und überlappen sich. Auch der Umfang der einzelnen Phasen ist unterschiedlich stark ausgeprägt, je nach den persönlichen Geschmäckern der Beteiligten und den Besonderheiten des Einzelfalls.
Ansprache der Inverstoren
Zunächst müssen Investor und Startup überhaupt erst einmal zueinander finden. Es gilt, den Investor von eurer innovativen, bestimmt erfolgreichen Unternehmung und von eurem Team zu überzeugen.
Wie man den ultimativen Pitch hinlegt, fällt nicht in mein Spezialgebiet. Daher findet ihr hier eine kleine Auswahl von spannenden Beiträgen von schlaueren Leuten zu diesem Thema:
https://fi.co/insight/don-t-pitch-your-startup-until-you-ve-read-this
https://fi.co/insight/4-pitching-secrets-from-an-entrepreneur-whose-company-sold-for-170m
https://fi.co/insight/creating-a-startup-pitch-deck-start-with-this-easy-to-use-template
https://fi.co/insight/perfect-your-elevator-pitch-with-the-pyramid-pitching-technique
http://www.viola-notes.com/how-to-present-your-startup-financials-in-just-3-slides/
Term Sheet
Well done. Ihr habt einen Investor von euch und eurem Produkt überzeugen können. Nun geht es darum, die wirtschaftlichen Eckpunkte der Finanzierung und der Beteiligung des Investors am Unternehmen zu verhandeln.
Es wäre viel zu aufwendig, jedes Mal voll ausformulierte Beteiligungsverträge hin und her zu schicken, die bei jeder Änderung angepasst werden müssten. Daher ist es üblich, die wesentlichen Eckpunkte des Beteiligungsvertrages in einem TermSheet (auch Letter of Intent oder Absichtserklärung) aufzulisten.
Für das Verständnis ist wichtig, dass ein TermSheet rechtlich unverbindlich ist. D.h. die Beteiligten sind nicht verpflichtet, am Ende den Beteiligungsvertrag zu genau diesen Konditionen abzuschließen oder überhaupt einen Beteiligungsvertrag abzuschließen. Das sollte möglichst auch so im TermSheet zum Ausdruck kommen, in der Regel bei den Schlussbestimmungen.
Wozu also überhaupt ein TermSheet? Nun, die Punkte in dem TermSheet bilden die Grundlage für die Erstellung des letztendlichen Beteiligungsvertrages und sind quasi moralisch verbindlich für die finalen Verhandlungen. Natürlich kann im Laufe der Verhandlungen bis zur Finalisierung des Beteiligungsvertrages jederzeit von den im TermSheet festgelegten Konditionen abgewichen werden. Solche Abweichungen bedürfen dann aber in der Verhandlung einer erhöhten Rechtfertigung, z.B. neue Erkenntnisse aus der Due Diligence.
Für die Erstellung eines TermSheets gibt es kein festgelegtes Format. Von einer Liste mit Stichpunkten bis hin zu ausformulierten Regelungen kann alles dabei sein. Wichtig ist aber, dass alle Verhandlungsparteien die gleiche Sprache sprechen und stets wissen was gemeint ist. Das gilt insbesondere für die Verwendung von bloßen Schlagwörtern.
Zum Beispiel sagt die Formulierung in einem TermSheet „dem Investor wird ein Verwässerungsschutz gewährt“ nur aus, dass im Beteiligungsvertrag eine Regelung aufgenommen werden soll, die sich mit dem Thema Verwässerungsschutz befasst, nicht aber wie genau dieser Verwässerungsschutz ausgestaltet werden soll. Eine solche Regelung ist aber völlig in Ordnung, wenn sich alle Parteien bewusst sind, dass die konkrete Ausgestaltung des Verwässerungsschutz im Detail später im eigentlichen Beteiligungsvertrag verhandelt wird, weil man sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht mit Detailfragen aufhalten möchte. Falls jedoch bereits jetzt eine konkrete Ausgestaltung des Verwässerungsschutz gemeint sein soll, müsste die vorstehende Beispielsregelung im TermSheet weiter konkretisiert werden.
Hinweis aus der Praxis: gerade wenn es um Zahlen geht, die auf der Bewertung des Unternehmens beruhen, stellt bitte immer klar, von welcher Bewertung ihr gerade sprecht: pre-money oder post-money. Sonst können hier schnell ärgerliche Missverständnisse und Fehlvorstellungen entstehen.
TermSheet erstellen mit dem Term-O-Mat
Alles klar. Doch was gehört nun alles in ein TermSheet rein und gibt es eine gute Vorlage hierfür? Natürlich ganz rein zufällig können wir euch hierfür den Term-O-Mat empfehlen
Der Term-O-Mat führt euch anhand von Abfragen durch diverse typische Regelungen eines Beteiligungsvertrages, die ihr interaktiv auswählen und bearbeiten könnt. In Echtzeit werden dann eure Eingaben in ein TermSheet übersetzt, dass ihr dann als Verhandlungsgrundlage nutzen könnt. Mit dem Term-O-Mat könnt ihr auch einfach nur andere TermSheets gegenchecken.
Der Term-O-Mat ist eine Excel-Datei (ohne Makros), die ihr kostenlos hier herunterladen könnt. Probiert es gern mal aus und gebt mir Feedback.
Due Diligence
Bevor der Investor seine finale Investitionsentscheidung trifft, prüft er im Rahmen einer Due Diligence das Geschäftsmodell und die wirtschaftlichen sowie rechtlichen Grundlagen des Start-Ups. Denn Zwischen den Gründern und dem Investor besteht ein erhebliches Informationsgefälle zugunsten der Gründer. Der Investor trifft seine Investitionsentscheidung ausschließlich anhand der Informationen, die ihm durch die Gründer zur Verfügung gestellt werden.
Hinweis: um spätere Streitigkeiten und Enttäuschungen zu vermeiden sollten besondere Sachverhalte (Leichen im Keller) gegenüber dem Investor im Zweifel proaktiv angesprochen werden. Zur Sicherheit sollte eine solche Offenlegung dokumentiert werden (z.B. in einer E-Mail), um spätere ‚Erinnerungslücken‘ füllen zu können.
Was alles an Informationen verlangt wird oder offengelegt werden sollte, hängt sehr stark von der individuellen Transaktionen und insbesondere von der Beteiligungshöhe ab. Je mehr Informationen abgefragt und geliefert werden, desto mehr Informationen muss der Investor (selbst oder durch externe Berater) prüfen.
Gerade bei kleineren Beteiligungsvolumina würden die Kosten für eine umfassende wirtschaftliche und rechtliche Prüfung des Unternehmens nicht im Verhältnis zur Investitionssumme stehen. Daher beschränken sich die meisten Investoren auf eine stichpunktartige Validierung einzelner Bereiche. Neben den Finanzkennzahlen und Kennzahlen (KPI), die Rückschlüsse auf einen ‚Product Market Fit‘ und ein potentielles Wachstum ziehen lassen, sind dies im rechtlichen Kontext vor allem:
- die bestehende Beteiligungssituation (Cap Table) und
- die Situation bzgl. der IP-Rechte.
Hinsichtlich der Beteiligungssituation möchte der Investor wissen, mit wem er es zukünftig als Mitgesellschafter oder sonstigen Stakeholder zu tun haben wird. Bei der Darstellung der Gesellschafterstruktur sollte immer von der im Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste ausgegeben werden. Wenn z.B. ein Gründer über ein Beteiligungsvehikel beteiligt ist, sollte das Beteiligungsvehikel auch als Gesellschafter genannt werden mit dem Hinweis auf den dahinter stehenden Gründer. Weiter sollten sämtliche etwaigen Optionen (z.B. Wandeldarlehen) aber auch etwaige Vereinbarungen über virtuelle Beteiligungen offengelegt werden.
Ganz elementar für die Gesellschaft und damit letztendlich auch für den Investor ist eine klare Situation hinsichtlich der sog. IP Rechte (intellecutal property rights). Die Gesellschaft sollte möglichst Inhaberin aller benötigten gewerblichen Schutzrechte sein und urheberrechtlich geschützte Werke (insbesondere Software Code) dauerhaft nutzen dürfen. Denn sehr häufig liegen angemeldete Marken oder Domains bei einzelnen Gründern, nicht aber bei der Gesellschaft. Oder es fehlen Vereinbarungen mit der Gesellschaft, dass die von den Gründern oder sonstigen Dritten geschaffenen urheberrechtlich geschützten Werke (z.B. Software Code, Logos, Designs. Konzepte usw.) dauerhaft von der Gesellschaft genutzt werden dürfen. Ein Investor hat wenig Ambitionen, in eine leere Hülle zu investieren.
Die Finanzierungsrunde bietet daher einen guten Anlass, einmal innezuhalten, um intern aufzuräumen. Ob bei einer Finanzierungsrunde allerdings ein vollumfänglicher Datenraum angefertigt und dem Investor zur Einsicht geöffnet wird, sollte wohl überlegt sein. Ein schön zu lesendes Plädoyer gegen die Zurverfügungstellung eines Datenraum im Rahmen einer Finanzierungsrunde stammt von Marc Suster (link). Um intern Ordnung zu halten, lohnt es sich aber dennoch, frühzeitig die wichtigsten Dokumente strukturiert abzulegen. Denn spätestens zum Exit wird ein solcher Datenraum verlangt. Einen Vorschlag für eine Ordnerstruktur zum Download gibt es hier.
Beteiligungsvertrag
Perfekt. Die wesentlichen Parameter der Finanzierungsrunde sind verhandelt und das TermSheet wurde unterzeichnet. Jetzt fehlt nur noch der eigentliche – rechtlich verbindliche – Beteiligungsvertrag.
Wir werden oft gefragt, ob der erste Entwurf des Beteiligungsvertrages typischerweise vom Investor gemacht wird oder vom StartUp kommt. Diese Frage hängt stark vom Investor ab und sollte mit diesem frühzeitig geklärt werden. Große VC-Investoren haben in der Regel eigene Standardvorlagen. Business Angel wollen hingegen oft ihren eigenen Aufwand möglichst gering halten und freuen sich daher über einen Entwurf vom StartUp. Letztendlich gilt auch hier: Wer schreibt, der bleibt, d.h. es ist aus Verhandlungssicht meistens einfacher, einen eigenen Vorschlag zu machen, als Dinge in einen fremden Vertrag heraus- oder hineinzuverhandeln.
Brauchen wir für den Beteiligungsvertrag einen Anwalt? Wir haben einen Entwurf vom Investor bekommen, der sich recht plausibel liest; die enthaltenen Regelungen sind auch so oder so ähnlich im TermSheet enthalten gewesen und die verwendeten Begriffe haben wir gegoogelt und grundsätzlich verstanden; passt doch also, oder?
Abgesehen vom bloßen Eigennutz für meine Berufsgruppe empfiehlt es sich für die Prüfung oder Erstellung eines Beteiligungsvertrages (eigentlich auch schon vor Abschluss des TermSheets), einen spezialisierten Anwalt hinzuzuziehen. Denn anders als bei dem oben beschriebenen Informationsgefälle besteht zwischen den Gründern und dem Investor in aller Regel ein deutliches Erfahrungsgefälle, nur diesmal zugunsten des Investors. Die Praxiserfahrung auf Investorenseite zeigt, dass die Verhandlungen mit nicht anwaltlich beratenen Gründern sehr mühsam sein können.
Der Beteiligungsvertrag konkretisiert zudem die nur rudimentär umrissenen Punkte des TermSheets. Es kommt daher auf die Formulierung im Detail an, wo wenige Worte ausreichen können, um der gesamten Regelung ein ganz anderes Licht zu geben. Ein weiterer Vorteil ist auch, dass sich ein externer Dritter mit der Vereinbarungen befasst und unklare Formulierungen oder sogar Widersprüchlichkeiten eher aufdeckt, als die oft betriebsblinden Ertragsparteien. Schließlich erwarten die meisten Investoren ein „professionelles Gegenüber“ auf Augenhöhe. Eines darf immerhin nicht vergessen werden: bei einem Beteiligungsvertrag geht es um Weichenstellungen, die später sehr erhebliche Auswirkungen haben können.
Viel Erfolg mit eurer Unternehmung und der anstehenden Finanzierungsrunde!
Ein Beitrag von Dr. Conrad Grau. Der Autor ist Rechtsanwalt (StartUps/Corporate/M&A/Private Equity) und Partner der Kanzlei GWGL Rechtsanwälte Steuerberater in Hamburg
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