Der Onlinehandel boomt – und mit ihm der Verpackungsmüll. Die Verpackung landet oft millionenfach auf dem Müll, doch ein Münchner Startup zeigt, dass es auch anders geht: Hey Circle setzt auf Mehrweg statt Wegwerf, kombiniert robuste Versandboxen mit smarter Software und hat jetzt einen Investor an Bord, der nicht nur Geld, sondern auch Systemverständnis mitbringt.
Die Mülllawine nach dem Klick
Ein Klick, ein Paket, ein Haufen Müll. Was im E-Commerce zum Alltag gehört, ist in Wahrheit ein logistisches Armutszeugnis. Denn die Einwegverpackung ist so ziemlich das Rückständigste, was dieser digital getriebene Wirtschaftszweig zu bieten hat. Milliarden Kartons jährlich, meist nach einmaligem Gebrauch im Altpapier – wenn’s gut läuft.
Hey Circle aus München sagt: Schluss damit. Gründerin Doris Diebold und ihr Team bringen eine Idee zurück ins Spiel, die eigentlich uralt ist – das Pfandprinzip. Nur eben digital gedacht, auf Skalierung ausgelegt und verpackt in stabile Boxen, die man nicht wegwirft, sondern zurückschickt.
Mehrweg 2.0 – Verpackung als Asset
Die Idee klingt simpel, ist aber technisch clever aufgezogen. Hey Circle bietet wiederverwendbare Versandboxen und -taschen, die mit einem GRAI-Code versehen sind – einem global eindeutigen Identifikator, der jedes einzelne Behältnis nachverfolgbar macht. So wird aus der Verpackung ein Asset, ein Wirtschaftsgut mit Lebenslauf.
Dazu kommt eine Software, die trackt, wie oft eine Box unterwegs war, wie viel CO₂ durch ihre Nutzung eingespart wurde und wie sehr sich der Verpackungsabfall reduziert hat. Die Daten fließen automatisch in ESG-Reportings ein – ein nicht zu unterschätzender Hebel für Unternehmen, die Nachhaltigkeit nicht nur predigen, sondern auch dokumentieren müssen.
Laut einer Ökopol-Studie, auf die sich Hey Circle stützt, liegt die Abfallersparnis bei 94 Prozent, die CO₂-Reduktion bei 76 Prozent, die Verpackungskosten sinken um bis zu 53 Prozent. Das ist keine Spielerei, das ist eine wirtschaftlich messbare Innovation.
Standards, die (endlich mal) Sinn machen
Entscheidend ist, dass Hey Circle nicht versucht, das Rad neu zu erfinden – sondern auf bewährte Standards setzt. GTIN und GRAI, zwei international anerkannte Identifikatoren aus dem Hause GS1, sorgen dafür, dass die wiederverwendbaren Verpackungen reibungslos in bestehende Logistikprozesse integrierbar sind. Was sonst als trockene Norm daherkommt, wird hier zur Grundlage für eine nachhaltige Lieferkette.
„Die Nutzung der GS1 Standards ermöglicht uns, Verpackungen eindeutig zu identifizieren und Nachhaltigkeitsdaten transparent zu erfassen“, sagt Doris Diebold. Übersetzt: Ohne gemeinsame Sprache läuft nichts – und diese Sprache heißt Standardisierung.
Frisches Kapital mit klarem Kurs
Jetzt kommt Bewegung in die Sache. Mit Butterfly & Elephant, der Beteiligungsgesellschaft von GS1 Germany, steigt ein strategischer Investor bei Hey Circle ein, der nicht nur Kapital liefert, sondern ein tiefes Verständnis für Datenstrukturen und Lieferketten mitbringt. Kein Zufall, sondern Teil eines Plans.
„Hey Circle macht Nachhaltigkeit skalierbar. Das Team verbindet ökologische Verantwortung mit wirtschaftlicher Stärke“, sagt Benjamin Birker, Managing Director bei Butterfly & Elephant. Man hört: Hier glaubt jemand nicht nur ans Produkt, sondern auch ans Modell – und an dessen Potenzial, die Branche umzukrempeln.
90 Kunden, zehntausende Verpackungen – und ein langer Hebel
Hey Circle ist kein Garagenprojekt. Über 90 Unternehmenskunden sind bereits an Bord, zehntausende Boxen sind im Umlauf. Die Rückführung funktioniert unkompliziert – entweder direkt zurück, oder über Paketdienstleister, mit denen Hey Circle kooperiert. Damit beginnt das Startup, das Nadelöhr der Mehrweglogistik zu lösen: die Rückführung.
Der nächste Schritt ist klar: mehr Volumen, mehr Integrationen, mehr Partner. Das Investment von Butterfly & Elephant soll genau das möglich machen – und dabei helfen, Mehrweg vom nachhaltigen Feigenblatt zum logistischen Standard zu machen.
Fazit: Verpackung wird zum Wirtschaftsthema
Was Hey Circle tut, ist weit mehr als ein grünes Projekt mit PR-Wirkung. Es ist ein ernsthafter Versuch, ein strukturelles Problem der Logistikbranche zu lösen – mit einem Geschäftsmodell, das sowohl ökologisch als auch ökonomisch funktioniert.
Die Karten liegen auf dem Tisch: Der Onlinehandel wächst weiter, der Druck auf Unternehmen, ihre Nachhaltigkeitsziele zu erreichen, steigt. Wer da eine Lösung bietet, die CO₂ spart, Kosten senkt und gleichzeitig in bestehende Prozesse passt, sitzt zur richtigen Zeit am richtigen Hebel.
Hey Circle hat verstanden, dass Verpackung nicht nur Hülle ist, sondern Teil des Produkts – und damit Teil des Markenversprechens. Und genau dort wird in Zukunft der Unterschied gemacht: Wer clever packt, liefert besser. Nicht nur für den Kunden, sondern für den Planeten.
Foto/Quelle: Hey Circle