Sonntag, April 28, 2024
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Startups: Über 80 % Misserfolge sind kein Erfolgsrezept!

Im Startup-Sektor ist Erfolg die Ausnahme, Scheitern die Norm! Wann wachen wir endlich auf, erkennen diese alarmierende Wahrheit und unternehmen etwas dagegen?

Wenn jemand 80 bis 90 Prozent Ausschuss produziert oder so viele Projekte in den Sand setzt, dann ist Feuer am Dach. Denn jeder weiß, dass man sich das nicht lange leisten kann, am Ende steht der Ruin. Sofort würden alle Anstrengungen unternommen, um die Situation so schnell wie möglich wieder in die wirtschaftlich notwendigen Bahnen zu lenken. 

Wir schüren unverantwortlich Illusionen

Mit der Startup-Szene machen wir jedoch das genaue Gegenteil. Wir befeuern den Mythos medial, politisch und interessengeleitet unbekümmert munter weiter. Wir glorifizieren diesen Hype mit einigen pompösen Erfolgsgeschichten und anderen Silicon-Valley-Illusionen, schicken so die nächsten jungen Gründerinnen und Gründer ins Startup-Minenfeld. Dabei übersehen wir, dass der Startup-Sektor auf diese Weise überproportionale Kollateralschäden für unsere Volkswirtschaft und erst recht für die unvermeidlich zu vielen, scheiternden Entrepreneure anrichtet.

Da passiert viel Verschwendung von materiellen und immateriellen Ressourcen, das produziert Leid, Traumata, Risikoaversion, Schaden an viel unternehmerischem Potenzial, an Karrieren, Existenzen, Gesundheit und Familien. Dabei wäre ein U-Turn, der Erfolg wieder zur Norm werden lässt, gar kein Hexenwerk.

Die Gamechanger

Die Ursachen für die hohen Misserfolgsquoten sind vielfältig. Erfolg zu haben, ist keine große Kunst. Die große Kunst ist, den Erfolg langfristig zu halten. Dies ist eine permanente Herausforderung, die nach ganz eigenen Spielregeln und Mechanismen funktioniert.

Hier einige der Hebel, um eine Trendwende einzuleiten:

Mindset: Es braucht vorrangig bei den Gründenden das Bewusstsein, dass ein Startup zunächst immer nur ein Versuch mit ungewissem Ausgang ist. Und zwar so lange, bis es bewiesen hat, dass es aus eigener Kraft wirtschaftlich tragfähig ist. Und das dauert, so es überhaupt gelingt. Insofern ist es reines Gambling, wenn man – sei es aus Naivität, Unerfahrenheit, Übermut, Selbstüberschätzung, Mangel an Professionalität oder Kalkül – ans Werk geht und dabei alles auf eine Karte setzt. Es gilt, das Ikarus-Dilemma auszumerzen – damit meine ich die gefährliche Gratwanderung von Draufgängern zwischen Ehrgeiz und Übermut, die wie Ikarus zu schnell zu hoch hinaus wollen, sich dabei überfordern und abstürzen.

Ausbildung und Vorbereitung: Vielen jungen Menschen, die gründen, fehlt das Know-how und natürlich erst recht die Erfahrung. Selbst wenn die Promotion top gelaufen ist, bleibt das theoretisch erworbene unternehmerische Wissen eben nur blanke Theorie. Nur Praxis bricht die Theorie. Auch eine rein theoretische Ausbildung zum Piloten ohne jahrelanges intensives Training im Simulator und in der Realität, bei jedem Wetter und unter schwierigsten Bedingungen, wäre zum Scheitern verurteilt. Hat der Flugschüler schließlich die Pilotenlizenz erworben, stehen erst einmal Jahre der Bewährung als Co-Pilot an, bevor der Aufstieg zum Flugkapitän gemeistert ist.

Warum sollte das beim Unternehmertum grundsätzlich anders sein? Nicht umsonst untermauern fundierte Statistiken, dass die erfolgreichsten Gründungen jene sind, bei denen die Unternehmer zuvor mindestens 15 Jahre einschlägige Berufserfahrung gesammelt haben. Jedes weitere Jahr an Erfahrung erhöht die Erfolgschancen im Übrigen weiter.

Innovation: Dreh- und Angelpunkt jedes erfolgreichen Unternehmens ist der überzeugende Kundennutzen des Angebots im Wettbewerb mit anderen. Gerade Neueinsteiger benötigen dafür einen überzeugenden Wurf. Das ist alles andere als einfach. Allzu oft haben sie keine zu Ende gedachte und erprobte Innovation, sondern eine Scheininnovation. Eine, die zunächst als bombastische Lösung daherkommt, letztlich aber scheitert oder noch viel größere Probleme verursacht. Studien zeigen, dass, wenn es um die notwendige Steigerung des Kundennutzens geht, rund 70 Prozent der Innovationen enttäuschen. Bei digitalen Innovationen – einem zentralen Spielfeld für Startups – ist die Quote noch schlechter.

Finanzierung: Es ist riskant und unnötig, der Doktrin zu folgen, automatisch den Weg des Risikokapitals einzuschlagen. Allzu oft konzentrieren sich Startups auf der Grundlage traumtänzerischer Businesspläne darauf, anstatt Pilotkunden zuerst Risikokapitalgeber an Bord zu holen. Wie John Mullins, Professor für Entrepreneurship und Bestsellerautor, richtig feststellt:

„Leider haben die Risikokapitalgeber und der Rest des unternehmerischen Ökosystems vor ein paar Generationen im Silicon Valley und in Boston und längst fast überall das Rampenlicht der Finanzierung an sich gerissen. Die VCs behaupten, dass Startup-Funding die einzige Möglichkeit sei, um ein erfolgreiches Unternehmen zu gründen. Das ist völlig falsch. Fast alle jungen Unternehmen sollten zuerst eine andere Finanzierungsquelle suchen: ihre Kunden.“

Natürlich haben auch Risikokapitalgeber ihre Berechtigung. Aber es gibt keine stichhaltigen Beweise dafür, dass man mit Venture-Capital erfolgreicher ist. Im Gegenteil: Viele VCs wetten auf Startups wie auf Pferde beim Pferderennen. Sie hoffen auf eine hohe Gewinnquote bei zumindest einigen Kandidaten, um damit viele weitere Wetten finanzieren zu können. Sie sprechen sogar offen darüber, ob sie auf das richtige oder das falsche Pferd gesetzt haben. 

Es gibt ein Dutzend weiterer wichtiger Stellschrauben, um das Ruder herumzureißen, die hier auszuführen den Rahmen sprengen würde. Etwa unsere Unkultur des Scheiterns, die Problematik toxischer Mentoren usw. Letztlich geht es auch bei der Kultur des Startup-Sektors um Nachhaltigkeit. Das funktioniert aber nur, wenn man sich an wahren Werten orientiert und nicht am schnellen Geld. Draufgängertum und Pferdewetten sind dafür definitiv der falsche Ansatz.

Autor:

Reinhold M. Karner ist Experte und Autor für erfolgreiches Unternehmertum, mit jahrzehntelanger Erfahrung als multinationaler Unternehmer und Unternehmensberater. Sein umfassendes Wissen in Sachen Entrepreneurship bringt er als Erfolgscoach für Unternehmen, Führungskräfte, für InvestorInnen sowie als Startup-Mentor, Aufsichtsrat, Kolumnist und Hochschuldozent ein. 

www.rmk.org/de

Buchinfo:

REINHOLD M. KARNER

Wahre Werte statt schnelles Geld

So machen Sie Ihr Unternehmen krisenfest und langfristig erfolgreich

Mit einem Vorwort von Arnold Weissman

224 Seiten, Buch (gebunden)
ISBN: 978-3-96740-306-0
€ 32,99 (D) | € 32,99 (A)

GABAL VERLAG, Offenbach 2023

Die Zeitenwende bringt nicht nur Gründerinnen und Gründer, sondern auch erfahrene Unternehmer:innen, praxiserprobte Führungskräfte und gängige Managementtheorien an ihre Grenzen. Worauf ist noch Verlass? Was funktioniert? Reinhold M. Karner zeigt, wie Sie Ihr Unternehmen krisensicher machen und Ihren Erfolgskurs auch in schwierigen Zeiten halten. Es geht um die Rückbesinnung auf das, was herausragende Unternehmen seit jeher so erfolgreich macht: wetterfeste kaufmännische Tugenden und nachhaltiges Wirtschaften. Weg von der Gier nach schnellem Geld – hin zu einem werteorientierten Unternehmertum, das Krisen standhält und Generationen überdauert. 

Im Wettrennen um Geld und Profit tritt der Autor auf die Bremse: Das Innehalten und die Erkenntnis, wie wichtig Werte sind, bringen die Leserinnen und Leser am Ende auf die Überholspur. Und das bei weniger Stress, aber mit wesentlich größerem Erfolg und deutlich mehr Freude am Unternehmertum!

Titelbild Reinhold M. Karner_Foto Ina Parth

Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder.

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