Dienstag, Oktober 28, 2025
StartFood StartupsWarum Garnelen plötzlich keine Weltreise mehr machen müssen

Warum Garnelen plötzlich keine Weltreise mehr machen müssen

Gamba Zamba züchtet nachhaltige Garnelen in Deutschland – frisch, fair und mit modernster Kreislauftechnik.

Wie ist die Idee zu Gamba Zamba entstanden und wer steckt hinter dem Unternehmen?

Die Idee entstand auf einer Rucksackreise durch Indien. Co-Gründer Florian Gösling stieß dort eher zufällig auf die „traditionelle“ Garnelenaquakultur. Man muss sich das so vorstellen: abgeholzte Mangrovenwälder und braune Teiche bis zum Horizont, bestialischer Gestank in der Luft – alles direkt neben dem Ozean, in den das mit Zusatzstoffen und Antibiotika belastete Wasser ungefiltert abfließt.
Nach einem Telefonat mit Co-Gründer David Gebhard, in dem Florian von seinen Beobachtungen berichtete, ließ uns das Thema nicht mehr los. Gerade als begeisterte Foodies konnten wir kaum glauben, dass die Qualität eines so beliebten Produkts teils so katastrophal und die Auswirkungen auf die Umwelt so verheerend sind – und das in einer Zeit, in der bewusster Konsum, Tierwohl, Umweltschutz sowie hohe Ansprüche an Qualität und Transparenz eine immer größere Rolle spielen.

Wir haben daraufhin recherchiert, ob es in Europa Alternativen zu den minderwertigen Importgarnelen gibt. Tatsächlich gab es einige, doch sie waren um ein Vielfaches teurer als Garnelen aus Asien oder Südamerika – also eher ein Nischenprodukt. Das lag vor allem daran, dass die Technologie für landbasierte Kreislaufaquakultur damals noch in den Kinderschuhen steckte.
Kurzerhand entschieden wir uns, die Technologie selbst zu entwickeln – und haben, just als die Corona-Pandemie richtig losging, unser eigenes Garnelenforschungszentrum auf dem Gelände einer ehemaligen Kalimine bei Hannover aufgebaut.
Hinter dem Unternehmen stehen wir, David Gebhard, Rechtsanwalt, und Florian Gösling, Ingenieur. Wir beiden kennen uns bereits seit über zehn Jahren aus dem Höhenbergsteigen. Durch viele gemeinsame, teils extreme Touren entstand von Anfang an ein enges Vertrauensverhältnis.

Was war der entscheidende Moment, an dem klar wurde, dass Garnelenzucht in Deutschland funktionieren kann?

Der Aha-Moment kam, als wir gesehen haben, dass es tatsächlich möglich ist, Garnelen in kristallklarem, rein biologisch gereinigtem Wasser mit minimalen Wasseraustausch (1%) zu farmen – ohne Chemie, ohne Antibiotika. Alles ohne Ozean in der Nähe. Als die ersten Gamba Zamba Garnelen dann auf dem Teller lagen – knackig, süß, frisch wie aus dem Meer – wussten wir: Das funktioniert. Und zwar richtig gut. Und am Ende konnten natürlich auch unsere Daten überzeugen: Unser System verbrauchte im Labormaßstab sehr wenig Strom, die Aufzucht war von Beginn an sehr verlässlich und auch von den Abläufen sehr effizient, tierwohlgerecht und nachhaltig sowie automatisiert.

Welche Vision verfolgt Gamba Zamba und wie möchtet ihr diese in den nächsten Jahren verwirklichen?

Wir wollen zeigen, dass nachhaltige und leistbare Meeresfrüchte „Made in Germany“ möglich sind – frisch, fair und transparent. Wir bauen Schritt für Schritt eine neue Art von Lebensmittelproduktion auf: tech-enabled, lokal, sauber und erlebbar, nicht als Buzzwords, sondern als Lebenshaltung. Damit machen wir uns auch unabhängig von Importen, was in den letzten Jahren ja immer wichtiger geworden ist.
Bisher hatten Garnelenfans in Deutschland keine wirkliche Wahl, sie konnten importierte Massenware aus fraglichen Quellen und schrecklichem ökologischen Footprint kaufen (man denke an den Transport um die halbe Welt) oder mussten teils über 120,00 € pro Kilo ausgeben.
Wir schaffen endlich eine leistbare Alternative. Die große Vision ist, diese Alternative jedem Seafood Fan in Europa bieten zu können.

Worin unterscheidet sich eure nachhaltige Garnelenzucht konkret von herkömmlicher Produktion im Ausland?

Besonders wichtig: Wir vermehren unsere Garnelen ganz natürlich mit einer besonderen (und kostenintensiven Diät aus Tintenfisch und Miesmuscheln). In Asien und Südamerika schneiden sie den Weibchen zur Eiablage ein Auge ab. Das Weibchen verendet dann. Das heißt, wer asiatische oder südamerikanische Garnelen genießt, muss wissen, dass der Mutter die Augen dafür abgeschnitten worden sind. Für uns war das von Anfang an ein No-Go.
Anders als Importgarnelen aus Teichanlagen nutzen wir zudem keine

  • Sulfite (z. B. Natriumbisulfit, E223), empfindliche Personen können allergische Reaktionen oder Atemprobleme auslösen.
  • Übermäßige Glasur (Wasserüberzug), die typische Wassersoße in der Pfanne beim Zubereiten. Konsumenten kaufen hier also gerne 10% oder mehr Leitungswasser aus Vietnam
  • Phosphate, welche Wasser binden, damit Garnelen saftiger wirken. Problem: Verbraucher zahlen für Wasser statt Garnelen; übermäßige Phosphatzufuhr ist ernährungsphysiologisch ungünstig.
  • Chemische Entkeimungsmittel (z. B. Natriumtripolyphosphat, Chlor, Peroxide)
  • Antibiotika, wir sind garantiert Antibiotikafrei

Zudem müssen für unsere Farm nicht Hektarweise Mangroven abgeholzt und Teiche ausgehoben werden. Das hat Ausmaße angenommen, welche man teils aus dem All sieht. Besonders schlimm: Nach ein paar Jahren sind die Böden oft so verschmutzt, dass man den Teich nicht mehr verwendenkann sowie die nächsten Mangroven abholzen muss. Die Mangroven sind nicht nur ein super wichtiges Ökosystem, sondern schützen auch die umliegenden Dörfer und Menschen vor Naturkatastrophen. Gerade in Zeiten des Klimawandels ist das super relevant.
Den Transport mit dem Containerschiff um die halbe Welt sparen wir uns auch. Das ist wirklich nicht mehr zeitgemäß.
Auch Wildfanggarnelen sind oft nicht viel besser. Die Schleppnetze zerstören den Meeresboden, setzen das dort gespeicherte CO2 frei und haben teils Beifangquoten von 20 zu 1. In Asien kommt es auf diesen Trawlern auch oft zu sklavereiähnlichen Arbeitsbedingungen.

Welche Werte stehen im Mittelpunkt eures Handelns und wie spiegelt sich das im Alltag eures Unternehmens wider?

Ehrlichkeit, Transparenz und Begeisterung. Wir wollen wissen, was wir essen – und wir wollen, dass unsere Kunden das auch wissen. Jeder bei Gamba Zamba steht hinter dem Produkt, hinter der Idee und hinter der Verantwortung, Ressourcen sinnvoll zu nutzen. Das zeigt sich in allem: von der Energieeffizienz unserer Anlagen über kurze Entscheidungswege bis hin zu offenen Führungen durch die Farm.

Wie definiert ihr eure Zielgruppe und was schätzen Kundinnen und Kunden besonders an euren Garnelen?

Unsere Kunden sind Menschen, die gutes Essen lieben – und wissen wollen, wo es herkommt. Sie schätzen Qualität, Ehrlichkeit und Geschmack. Viele kommen zu uns, weil sie die Nase voll haben von anonymer Massenware. Unsere Garnelen sind regional, nachhaltig und haben einfach den besten Biss. Ob Gourmetkoch oder Familiengriller – bei Gamba Zamba weiß jeder: Hier steckt Leidenschaft, Technologie und echtes Handwerk drin.

Nachhaltigkeit ist für viele Startups ein Schlagwort. Wie stellt Gamba Zamba sicher, dass sie tatsächlich gelebt wird?

Bei uns ist Nachhaltigkeit keine Marketingidee, sondern die Grundlage jedes einzelnen Schrittes – und letztlich auch der Funke für unsere Gründung. Nachhaltigkeit ist gewissermaßen Teil unserer DNA und unsere Daseinsberechtigung. Unsere Produktion läuft in einem geschlossenen Kreislauf: Wir reinigen und recyceln über 99 % des Wassers, nutzen industrielle Abwärme und betreiben sogar unsere eigene Larvenzucht – selbstverständlich ohne eyestalk ablation. Es wäre zum Beispiel günstiger, die Larven einfach aus den USA zu importieren. Nachhaltigkeit bedeutet für uns jedoch kein Greenwashing, sondern ist der zentrale Antrieb unserer Mission.

Welche Herausforderungen bringt es mit sich, Garnelen in Deutschland zu züchten – und wie meistert ihr diese?

Oh, da gibt’s einige! Energiepreise, Behörden, Auflagen, Bürokratie, fehlendes Know-how – all das war anfangs Neuland für uns. Aber genau das macht es spannend. Wir haben viel getestet, gelernt und uns mit Forschern, Ingenieuren und Praktikern zusammengeschlossen. Mit den bekannten strukturellen Herausforderungen in Deutschland – von Bürokratie über Genehmigungsverfahren bis hin zu hohen Energiekosten – waren und sind wir regelmäßig konfrontiert. Auf der anderen Seite ist es großartig zu sehen, wenn eine Behörde auch mal Tempo machen kann und flexibel agiert.
Was dabei hilft, sind Resilienz, ein langer Atem und ein gutes rechtliches Verständnis. Grundsätzlich kann es zudem herausfordernd sein, CAPEX-lastige Geschäftsmodelle in Deutschland aufzubauen. Wir haben für uns einen guten Weg gefunden – aber das ist sicherlich ein großes Hindernis für andere asset-heavy Start-ups.

Wie wichtig ist Regionalität für euer Geschäftsmodell und welchen Einfluss hat sie auf den Geschmack eurer Produkte?

Regionalität ist unser Kern. Unsere Garnelen reisen keine 10.000 Kilometer, sondern sind aus der Mitte Deutschlands schnell bei allen Kunden. Und das schmeckt man: frischer, süßer, nussiger, knackiger, ohne Beigeschmack von langem Transport oder Frost. Außerdem schafft Regionalität Vertrauen – unsere Kunden können vorbeikommen und selbst sehen, wo ihre Garnelen herkommen.

Was macht Gamba Zamba zu einem echten Pionier im Bereich nachhaltiger Meeresfrüchte?

Wir kombinieren modernste Kreislauftechnik, Regionalität und Erlebnis auf eine Weise, die es so noch nicht gab. Wir wollen keine „etwas besseren Garnelen“ farmen – wir bauen eine völlig neue Kategorie auf. Was wir machen ist transparent, emissionsarm und vor allem kein utopisch teures Nischenprodukt nur für Sternegastronomie (auch wenn wir diese beliefern) oder Großverdiener. Jeder soll sich Gamba Zamba und damit höchste Qualität gönnen können. Damit zeigen wir, dass nachhaltige Kreislauf-Aquakultur eine echte Alternative zur Überfischung der Meere und zerstörten Mangrovenwäldern sein kann.

Welche Entwicklungen oder neuen Projekte plant ihr, um die Zukunft des Unternehmens zu gestalten?

Im Rahmen der technologiegestützten, nachhaltigen Kreislaufaquakultur für Garnelen sehen wir uns weltweit als Vorreiter – sowohl in Sachen Tierwohl und Qualität als auch bei den Produktionskosten. Garnelen sind das zweitbeliebteste Seafood der Welt und ein Multi-Milliardenmarkt. Bisher hat es weltweit noch niemand geschafft, ein so großes System wie unseres stabil und sicher über längere Zeit zu betreiben. Deshalb konzentrieren wir uns aktuell darauf, unsere Grow-Out-KPIs auch im ersten Large-Scale-Modul zu erreichen und gleichzeitig Gamba Zamba als die Garnele zu positionieren, die man mit gutem Gewissen genießen kann. Wenn uns das gelingt, wird unsere Technologie international sehr gefragt sein.

Welche drei Ratschläge würdet ihr anderen Gründerinnen und Gründern mit auf den Weg geben, die in einer traditionellen Branche etwas verändern möchten?

Seid mutig, scheut euch auch vor ungemütlichen Situationen und sucht frühzeitig nach den richtigen Partnern.
Bleibt ehrlich: Authentizität schlägt jedes Hochglanz-Marketing.
Haltet durch. Innovation ist kein Sprint, sondern ein Marathon. Rückschläge gehören dazu – entscheidend ist, dranzubleiben. Man weiß nie, welche Möglichkeiten und Wege an der nächsten Ecke auf einen warten.

Bild @Gamba Zamba

Wir bedanken uns bei David Gebhard und Florian Gösling für das Interview

Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder


Premium Start-up: Gamba Zamba

Gamba Zamba logo

Kontakt:

Gamba Zamba by Aquapurna GmbH
Tienberg 25
D-31515 Wunstorf
www.gamba-zamba.de
info@aquapurna.com

Ansprechpartner: David Gebhard

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Sabine Elsässer
Sabine Elsässer
Sabine Elsaesser is an experienced entrepreneur and media/startup expert. Since 2016, she has served as the Chief Editor and CEO of StartupValley Media & Publishing. In this role, she is responsible for managing the company and providing strategic direction for its media and publishing activities. Sabine Elsaesser takes great pleasure in assisting individuals and businesses in reaching their full potential. Her expertise in establishing sales organizations and her passion for innovation make her a valuable advocate for startups and entrepreneurs.
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