Bestattungs-Startup Mediamento lässt Verstorbene virtuell wieder „auferstehen“
Stellen Sie sich und das Startup Mediamento doch kurz unseren Lesern vor!
Mediamento ist ein modernes Bestattungsunternehmen, das sich auf den Einsatz von Medientechnologie spezialisiert hat. Auf diese Weise ermöglichen wir grundsätzlich sehr besondere und berührende Abschiednahmen. Von der Überführung bis hin zur Trauerfeier stehen wir den Angehörigen einfühlsam und unterstützend zur Seite, kümmern uns aber auch zuverlässig und würdevoll um die Umsetzung der Wünsche der Verstorbenen.
Denjenigen, die für ihren Tod vorsorgen möchten, bieten wir jetzt ganz neue Möglichkeiten: Wir möchten Menschen, die von uns gehen mussten, für eine gewisse Zeit noch einmal in unsere Welt zurückholen. Der belastende Abschied soll zu einem schönen und letzten gemeinsamen Erlebnis werden. Durch den Einsatz moderner Ton-, Film- und Virtual-Reality-Technik möchten wir Menschen ermöglichen, nach ihrem Tod weiterhin als tröstender Anker für ihre Angehörigen da zu sein.
Wir glauben, dass nichts auf der Welt die Trauer um einen geliebten Menschen mildern kann – außer die Nähe zu genau dieser Person. Wir können den Tod natürlich nicht abwenden, aber wir können dafür sorgen, unsere Angehörigen im Trauerfall nicht allein zu lassen.
Warum haben Sie sich entschieden ein Unternehmen zu gründen?
Unternehmen werden gegründet, um Probleme zu lösen. Der Tod ist das ultimative Problem des Menschen. Schon einige Jahre vor Mediamento haben wir regelmäßig Trauerfeiern durchgeführt. Die Nähe zur Bestattungsbranche bestand also schon sehr früh.
Durch diese Tätigkeit haben wie uns sehr intensiv mit den Themen Trauer und Abschied beschäftigt und nach neuen Wegen gesucht, Menschen in dieser schweren Phase beizustehen. Uns wurde schnell klar, dass wir zur Realisierung unserer Ideen eine neue Organisation schaffen mussten. Mediamento war geboren.
Welche Vision steckt hinter Mediamento?
Grundsätzlich leitet uns die Hoffnung, das Leid von Menschen in dieser Welt ein wenig verringern zu können.
Bei der Trauer um verstorbene Angehörige ist das Potenzial hierfür besonders hoch. Wenn der Tod einen geliebten Menschen aus unserer Mitte reißt, dann ist der Großteil des Leids, das wir empfinden, von großer Sehnsucht nach diesem einen Meschen geprägt. Es ist das plötzliche und unumkehrbare Getrenntsein, das uns so tief in die Trauer stürzt.
Wir glauben, dass in solch einer Situation nichts und niemand wirklichen Trost spenden kann – außer der Verstorbene selbst. Die plötzliche Trennung und die damit verbundene Endgültigkeit sind sehr traumatisierend. Wir können die Endgültigkeit nicht aufheben, aber wir können die Härte, mit der sie uns trifft, vielleicht abfangen. Wir möchten den Menschen mit Mediamento ein wenig mehr kostbare gemeinsame Zeit geben. Zeit heilt bekanntlich alle Wunden. Vielleicht kann zusäzlich gewonnene gemeinsame Zeit aber auch die Tiefe der Wunde beeinflussen. Mediamento-Botschaften sind nicht bloß letzte aufgezeichnete Videos. Es ist ein inneres, emotionales Vermächtnis, das den Trauernden Kraft geben kann, sich in ihrem neuen Alltag zurechtzufinden.
Diese Überzeugung ist Ausgangspunkt und Grundlage unseres Handelns bei Mediamento.
Von der Idee bis zum Start was waren bis jetzt die größten Herausforderungen und wie haben Sie sich finanziert?
Zum einen ist die Bestattungsbranche in Deutschland ein anspruchsvoller Markt. Die Strukturen sind sehr tradiert, uneinheitlich und lokal ausgerichtet. Der Bereich ist oft intransparent und nicht überall offen für Innovation. In diesem Umfeld ein überregionales und vor allem technologieaffines Unternehmen aufzubauen ist nicht ganz einfach – und wir haben hier auch noch Wegstrecke vor uns.
Eine eher mentale Challenge stellt die Tatsache dar, dass das insbesondere das Vorsorgeangebot von Mediamento die Menschen zu polarisieren scheint – und das bei einem sehr emotionalen Thema. Zwar erhalten wir zum Großteil sehr positive Rückmeldungen, aber es gibt auch eine kleine Gruppe von Menschen, die uns sehr ablehnend oder gar empört gegenübersteht. Wir haben durchaus die Erfahrung gemacht, dass das, was wir anbieten, von einigen Personen als Provokation und Überforderung erlebt wird.
Bis heute ist Mediamento vollständig eigenkapital- und spendenfinanziert. Wenn wir aber auf unser Ziel schauen, in absehbarer Zeit bundesweit zu wachsen, kann es schon notwendig werden früher oder später zusätzliche Investoren zu gewinnen.
Wer ist die Zielgruppe von Mediamento?
Zunächst einmal sind wir ein Bestattungsunternehmen und stehen somit für jeden bereit, der einen geliebten Menschen verloren hat und nun einen zuverlässigen und einfühlsamen Partner braucht, der ihn umfassend berät und sich um alle Aufgaben kümmert, die Zuge einer Bestattung anfallen.
Auf der anderen Seite sind wir aber auch der „Bestatter für die Lebenden“ und adressieren Menschen, die schon zu Lebzeiten Vorsorge für den Fall Ihres Todes treffen möchten, z.B. weil Sie an einer schweren, unheilbaren Krankheit leiden. Unsere Kundenbeziehung beginnt dann schon mit dem Thema Bestattungsvorsorge.
Hauptantrieb, sich für eine Mediamento-Bestattungsvorsorge zu entscheiden, ist der Wunsch, sich über den eigenen Tod hinaus um seine Angehörigen kümmern und noch an deren Leben Anteil nehmen und Trost spenden zu können.
Unsere Kunden sind die am besten geeigneten Trauerredner, denn es ist schließlich ihr eigenes Leben, um das es geht – damit sollte ihnen auch das letzte Wort gehören.
Wie funktioniert Mediamento?
Wir funktionieren grundsätzlich wie ein „normales“ Bestattungsinstitut – mit dem Schwerpunkt auf besonders persönlichen und mediengestützen Abschiednahmen. Dies können selbstverständlich auch Angehörige von Personen in Anspruch nehmen, die keine Vorsorge mit uns betrieben haben.
Unsere Bestattungsvorsorge besteht aus zwei Phasen:
In der ersten Phase befinden sich unsere Kunden tendenziell am Ende ihres Lebens und beginnen, Vorsorge für ihren Tod bzw. für die Zeit danach zu betreiben. Die Mediamento-Bestattungsvorsorge umfasst neben der finanziellen Vorsorge ebenso alle organisatorischen Details der Trauerfeier und der Beisetzung – die sogenannte Bestattungsverfügung. Aber der ganz besondere Teil unserer Vorsorge sind die virtuellen Abschiedsbotschaften, die wir von unserem Kunden mit Audio-, Film- oder in VR-Technik aufzeichnen und archivieren.
Die zweite Phase beginnt, sobald unser Kunde verstorben ist. Dann übernehmen wir die Betreuung der Hinterbliebenen, kümmern uns um alle Angelegenheiten, richten die Bestattung nach den Wünschen des Verstorbenen aus und führen die Trauerfeier durch, in die wir die Video-Abschiedsrede unseres Kunden integrieren. Zu vorher festgelegten Zeitpunkten in der Zukunft liefert Mediamento dann die „virtuellen Erinnerungen“ aus, in denen der Verstorbene in einer Virtual-Reality-Umgebung noch einmal in das Leben der Hinterblieben treten und ihnen ganz persönliche Botschaften zukommen lassen kann – z.B. zum 18. Geburtstag eines Kindes oder zur nicht mehr erlebten Goldenen Hochzeit.
Wo liegen die Vorteile?
Die Menschen werden auf uns aufmerksam, weil wir eine moderne und aktuell noch ungewöhnliche Form der Trauerarbeit und sehr besondere Trauerfeiern gestalten. Es wäre für die Angehörigen sehr unkomfortabel, wenn Sie im Todesfall auch noch ein weiteres Bestattungsunternehmen finden müssten, dass sich um die anderen Aufgaben kümmert bzw. zwei verschiedene Dienstleister koordinieren zu müssen. Deshalb stand für uns von Anfang an fest, dass wir unseren Kunden das volle Spektrum der Bestatterleistungen anbieten wollen – alles aus einer Hand.
Die Botschaft, die wir in Richtung der Hinterbliebenen senden möchten ist: „Ihr sollt in Ruhe Abschied nehmen können, wir kümmern uns um alles andere. Und wir garantieren, es wird keine Standardverabschiedung, sondern sehr persönlich und individuell.“
Unsere Expertise im Umgang mit digitalen Medien ist auch von Vorteil, wenn Angehörige z.B. aus gesundheitlichen Gründen nicht zur Trauerfeier kommen können. Sie die Zeremonie aber von Zuhause aus im Livestream mitverfolgen können.
Was unterscheidet Sie von anderen Anbietern?
Wir bieten Bestattungsleistungen in hoher Qualität an, aber das tun andere auch. Wir sind aber ganz gut darin, besonders schöne, einfühlsame und würdevolle Trauerfeiern zu gestalten. Dass es uns gelingt, den Verstorbenen an seinem Abschied teilnehmen und seine Hinterbliebenen persönlich trösten zu können, ist einzigartig. Jedenfalls ist uns aktuell kein vergleichbares Angebot bekannt.
Mediamento, wo geht der Weg hin?
Aktuell bieten wir unsere Bestattungen vor allem in Ostwestfalen an. Wir arbeiten aber daran, unser Netzwerk weiter auszubauen, so dass wir zukünftig im ganzen Bundesgebiet Mediamento-Bestattungen anbieten können.
Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?
In fünf Jahren möchten wir das führende Bestattungsunternehmen in Deutschland sein. Neben klassischen Trauerfeiern sollen sich Mediamento-Bestattungen als gängige Option für den eigen Abschied etabliert haben. Wir gehen davon aus, dass man zukünftig für seine Angehörigen genauso selbstverständlich virtuelle Erlebnisse archivieren wird, wie man heute Sparkonten und Fotoalben für sie anlegt. Mediamento möchte hier Marktführer werden und das Entstehen einer neuen Bestattungskultur in Deutschland befördern.
Zum Schluss: Welche 3 Tipps würden Sie angehenden Gründern mit auf den Weg geben?
Seid geduldig! Wenn ihr sehr neue Wege geht, kann es sein, dass die Menschen im ersten Kontakt mit eurer Idee zurückweichen. Schaut genau hin, ob es sich um echte Ablehnung handelt oder lediglich um Überforderung durch das Ungewohnte. Gebt den Menschen Zeit, die Bedeutung eurer Innovation zu verstehen.
Seid mutig! Konzentriert euch nicht auf inkrementelle Verbesserungen. Manchmal ist es einfacher Radikalität zuzulassen. Das eröffnet neue Suchräume und fördert eure Kreativität. So habt ihr die Chance, wirklich transformativ zu wirken.
Daran schließt unser dritter Tipp direkt an: Versucht, die Welt besser zu machen! Werdet zu einem purpose-getriebenen Unternehmen und achtet, darauf, dass das was ihr tut, unseren Planeten zu einem besseren Ort macht. Wenn das gelingt, ist dies eine sehr energetische Motivationsquelle für euch selbst und eure Mitarbeiter.
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Wir bedanken uns bei Stefanie Fiebig und Dennis Formann für das Interview
Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder