GetSteps Online-Anbieter für maßgefertigte Schuheinlagen
Stellen Sie sich und das Startup GetSteps vor
Vincent: GetSteps ist ein Online-Anbieter für maßgefertigte Schuheinlagen. Wir möchten Menschen helfen, ein gesünderes Leben zu führen. Dabei fangen wir bei den Füßen an, denn diese sind die Basis unseres Körpers. 70% der Erwachsenen haben eine Fußfehlstellung, die zu Schmerzen in Füßen, Knien, Hüften, Rücken, oder sogar im Kopf führen kann. Das effektivste Hilfsmittel dagegen sind orthopädische Einlagen, aber nur etwa 20% der Erwachsenen tragen sie. Wir ändern das: Bei uns können Kund*innen einfach online bestellen – Schuhtyp und Bezugsmaterial für die Einlagen wählen, Abdrücke Zuhause machen und Maßeinlagen erhalten.
Warum haben Sie sich entschieden ein Unternehmen zu gründen?
Annik: Im Oktober 2018 wurde die Idee von GetSteps geboren: Vincent und ich haben damals gemeinsam bei BCG Digital Ventures gearbeitet und während eines gemeinsamen Ventures habe ich durch Zufall Vincent’s Frustration über die umständliche und veraltete Art Einlagen zu kaufen mitbekommen. Während der Arbeitszeiten werktags zwischen 09:00-17:00 Uhr einen Arzttermin bekommen, um ein Rezept abzuholen, Fußabdrücke im verstaubten Sanitätshaus oder beim Schuhmacherbetrieb abnehmen lassen und eine Woche später die Einlagen abholen. Bis dato hatte ich null Berührungspunkte mit Einlagen, dafür aber beim Joggen regelmäßig Knieprobleme. Vincent hat mich dann darauf gebracht, mir Einlagen anfertigen zu lassen. Seitdem jogge ich wieder unbeschwert durch Berlin und gleichzeitig war der Grundstein unserer Gründung gelegt.
Vincent: Genau. Wir hatten dann beide Erfahrung mit dem nervigen Beschaffungsprozess und gleichzeitig ist uns die Unwissenheit über den Vorteil von Einlagen klar geworden. Folglich haben wir uns überlegt, ob das Ganze nicht auch einfacher geht. Mit dem klaren Ziel den Einlagen-Markt zu revolutionieren, haben wir unsere Jobs bei BCG Digital Ventures gekündigt und GetSteps gegründet.
Welche Vision steckt hinter GetSteps?
Annik: Die Vision von GetSteps ist es, Menschen ein gesünderes und glücklicheres Leben zu ermöglichen. Jeder Fuß ist unterschiedlich und doch tragen die Meisten von uns Standard Schuhwerk, das nicht auf die individuellen Bedürfnisse der Füße angepasst ist. Häufig resultieren daraus Schmerzen in den Füßen, Knien, Hüften oder dem Rücken. Mit GetSteps ändern wir das: wir bieten unseren Kunden individuell angepassten Schuheinlagen – und das Ganze so einfach wie noch nie und zu einem bezahlbaren Preis. So wird quasi jeder Schuh zum maßgefertigten Schuh.
Von der Idee bis zum Start – was waren bis jetzt die größten Herausforderungen und wie haben Sie sich finanziert?
Vincent: Zu Beginn haben wir gebootstrapped, um den Markt zu verstehen und einen ersten POC zu entwickeln. Nachdem die ersten vielversprechenden Ergebnisse erreicht wurden, haben wir im Winter dann eine Finanzierungsrunde mit den zwei Business Angels, Benedikt Franke & Felix Jahn, gemacht. Darauf folgend konnten wir erste Mitarbeiter anstellen, unsere eigene Produktion aufbauen und die Kundenakquise skalieren.
Annik: Genau, und mit der Skalierung kamen selbstverständlich viele Herausforderungen. So sehr man versucht Risiken zu minimieren, es kommen immer unvorhersehbare Komplexitäten auf. Aber der Ausbruch von Corona in der westlichen Welt war definitiv die größte Herausforderung für uns in den letzten Monaten. Dabei ging es in erster Linie um die Ungewissheit, was neues Kapital von Investoren angeht – das hat natürlich für viel Unruhe gesorgt. Als Early-stage Startup waren wir gerade dabei mit einer extremen Beschleunigung abzuheben und mussten stattdessen mit einer Vollbremsung am Boden bleiben. Um da gut weiter zu machen, bedarf es an einer starken Vision, viel Optimismus, Motivationsgeschick und einem festen Team-Zusammenhalt.
Eine weitere sehr große Herausforderung ist die Zusammenarbeit mit den gesetzlichen Krankenkassen. Als Startup an der Schnittstelle von Healthcare & Ecommerce ist die Einbettung ins Gesundheitssystem natürlich ein wichtiger Faktor. Aber obwohl die Corona-Krise sehr deutlich gemacht hat, wie wichtig die Digitalisierung in der Gesundheitsbranche ist, hat sich die Zusammenarbeit als sehr viel schwieriger entpuppt, als gedacht. Existierende Rahmenverträge, welche eine persönliche Abgabe der Einlagen im Laden vorsehen, können leider nicht mit der Schnelligkeit geändert werden, die wir als Start-Up gewohnt sind. Hier lässt leider auch die Offenheit gegenüber neuen, digitalen und kundenzentrischen Prozessen, zu wünschen übrig.
Wer ist die Zielgruppe von GetSteps?
Annik: Unsere Kernzielgruppe ist zwischen 30-50 Jahre alt. Hier sprechen wir vor allem Menschen an, die bestehende Schmerzen reduzieren, ihre Performance beim Sport steigern und proaktiv in ihre Gesundheit investieren möchten. Wir möchten Menschen ermöglichen auch noch in 30 Jahren ihren Lieblingssport ausüben zu können – oder mit ihren Enkeln durch den Wald zu toben.
Vincent: Genau, das können natürlich einerseits Leute sein, die wie ich vom bestehenden Prozess frustriert und genervt sind. Andererseits sprechen wir diejenigen an, die die positiven Effekte von Einlagen noch nicht kennen. Laut einer aktuellen Studie des Allensbach Instituts (2019) tragen gerade mal ca. 20% der Erwachsenen Einlagen, dabei haben bis zu 70% eine Fußfehlstellung.
Wie funktioniert GetSteps? Was unterscheidet Sie von anderen Anbietern?
Vincent: Kunden konfigurieren online ihre Einlagen, indem sie den jeweiligen Schuhtyp und das Bezugsmaterial für die Einlagen auswählen. Die Preise sind transparent gestaltet und bis zu 60% günstiger als bei vergleichbaren Anbietern. Dann erhalten sie ein als Medizinprodukt zertifiziertes Abdruckset im praktischen Briefformat nach Hause geschickt. Damit können sie unter genauer Anleitung Fußabdrücke und weitere Angaben in einem Fragebogen machen. Sobald das Abdruckset wieder an unsere Berliner Werkstatt zurückgeschickt wurde, fertigen unsere Orthopädieschuhmacher die orthopädischen Einlagen von Hand. Diese werden den Kund*innen nach Hause geschickt – und falls die Einlagen wider Erwarten nicht passen sollten, können diese kostenlos zur Anpassung eingeschickt werden.
Annik: Heutzutage kann man orthopädische Schuheinlagen in traditionellen Sanitätshäusern oder orthopädischen Schuhmacherbetrieben bekommen. Dort muss man üblicherweise erst einmal einen Termin zur Abnahme der Fußabdrücke machen – während der Öffnungszeiten werktags von 09:00-17:00 Uhr. Dies passiert dann häufig zwischen Inkontinenzwindeln und Rollatoren, nicht so wirklich sexy. Nach 1-2 Wochen darf man die Einlagen dann persönlich während der Öffnungszeiten abholen; bei jedem weiteren Paar Einlagen wird dieser Prozess wiederholt. Die Einlagen, die man ohne Rezept bekommt können bis zu 250€ kosten.
Vincent: Es gibt außerdem bereits vereinzelt andere Online-Anbieter von orthopädischen Maßeinlagen, wie z.B. Einlage.de, 4Point, Craftsoles oder Myonso. Diese arbeiten aber ausschließlich mit Trittschaum, der nur per Paket versendet werden kann. Dies hat zur Folge, dass Kund*innen zuhause sein müssen, um das Paket entgegen zu nehmen und eine Abgabe nur in einer (Post-)Filiale erfolgen kann – klarer Nachteil, da die Kund*innen schon wieder abhängig von Öffnungszeiten sind.
Wie hat sich ihr Unternehmen unter Corona verändert?
Vincent: Als Early-Stage Startup müssen wir natürlich unsere Runway im Blick behalten und sichergehen, dass die Firma genug Finanzierung hat, vor allem bei einer so unsicheren Situation in Bezug auf Konsumentenverhalten & Finanzierungslandschaft, wie sie die Corona-Krise hervorgebracht hat. Wir haben damit mehr Fokus auf organisches Wachstum, sowie Produkt- und Prozessentwicklung gelegt, was sich aktuell extrem auszahlt.
Wie haben Sie sich darauf eingestellt und welche Änderungen haben sich daraus ergeben?
Annik: Wir haben uns sehr viel früher als üblich auf die Profitabilität konzentriert und unser Produkt und die Prozesse dahingehend optimiert. Zusätzlich haben wir vermehrt in organisches Wachstum, die Entwicklung von Inhalten, sowie Partnerschaften mit Praxen, Influencern oder andere Ecommerce-Brands investiert, um verschiedene Wachstumsfelder zu haben. Diese bilden gemeinsam eine solide Basis. Corona hat uns sicherlich gelehrt noch Kapital-effizienter zu sein und neue Investitionen kritischer zu hinterfragen. Wir haben die Zeit genutzt, um uns stark für die nächsten Monate aufzustellen und blicken insofern positiv nach vorne.
Wo sehen Sie in der Krise eine Chance für GetSteps?
Vincent: Ich hoffe, dass die Corona Krise eine Art Katalysator für die Digitalisierung des Deutschen Gesundheitssystems ist. Es muss sich noch viel ändern, das haben in den letzten Monaten denke ich alle gemerkt. Mit der Einführung des E-Rezeptes zum Ende des Jahres und der breiteren Akzeptanz von Telemedizin-Anbietern ist ein wichtiger Grundstein gelegt. Hoffentlich bleibt die Offenheit gegenüber digitaler Lösungen bestehen bzw. verstärkt sich noch. Es gibt ein riesiges Potenzial mithilfe der Digitalisierung einen großen Mehrwert für die Menschen im Gesundheitswesen zu schaffen und die Politik muss hier die richtige Infrastruktur und die richtigen Anreize geben, damit dies ausgenutzt werden kann.
GetSteps – wo geht der Weg hin? Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?
Annik: Wir möchten so vielen Menschen wie möglich ein gesundes Leben ermöglichen – und werden daher stark expandieren und GetSteps Einlagen in verschiedenen Ländern der Welt vertreiben. So werden wir der größte Anbieter von Schuheinlagen und damit verbunden von Fußdaten sein. Diese möchten wir unseren Kunden für weitere Produkte & Services vorteilhaft zur Verfügung stellen: z.B. für Virtual Fitting, die Maßanfertigung von Schuhen oder weitere Produkten und Service im Bereich (Fuß-)Gesundheit. Denn keiner kennt seine oder ihre Füße so gut wie wir.
Zum Schluss: Welche 3 Tipps würden Sie angehenden Gründern mit auf den Weg geben?
1. Test & Learn: Versucht so schnell es geht mit echten Kunden die Idee zu vertesten. Das beste Feedback bekommt man, wenn es wirklich darum geht, dass Leute sich committen und bezahlen müssen.
2. Plan enough time for hiring: Geht das Thema Hiring frühzeitig an – die richtigen Leute zu finden, dauert immer länger als geplant.
3. Focus, focus, focus: Egal ob es das Produkt, Fundraising oder Partnerschaften angeht – versucht den Fokus auf den im Moment wichtigen Themen zu behalten. Es gibt so viele Dinge gleichzeitig, die angegangen werden können. Aber man kann nicht alles parallel machen. Fokussieren, klar executen und dann das nächste Thema angehen ist wirklich key.
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Wir bedanken uns bei Annik und Vincent für das Interview
Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder