Das Startup Modality Group war Teil des Stealth Mode Förderprogrammes 2020 und ist jetzt ein Alumni-Startup: In diesem Interview erzählt die Gründerin Lex Gillon mehr über sich und ihr Unternehmen
Stell dich und dein Startup doch kurz unseren Leser:innen vor!
Howdy! Ich heiße Lex und ich bin die CEO von Modality Group. Unser Startup gibt Unternehmen im Bereich der sexuellen Wellness Einblicke bezüglich ihrer Kund:innen sowie weiterer Möglichkeiten im Markt.
Warum hast du dich entschieden, ein Unternehmen zu gründen?
Gemeinsam mit meinen Mitgründer:innen entwickelte ich 2018 das Konzept der Modality Group. Schon in den Jahren 2010 und 2011 überlegte ich, in den Bereich der sexuellen Wellness einzusteigen, konnte aber noch nicht genau bestimmen, wo ich hinpassen würde. Nachdem ich mehrere internationale Handelsmessen in Shanghai und Hongkong besucht hatte, fiel mir auf: Viele beteiligte Personen der Branche, d. h. Hersteller:innen von Sextoys, entwickelten ihre Produkte nicht nach verlässlichen wissenschaftlichen, verifizierten Studien, sondern nach eigener Intuition und persönlicher Anatomie. So beschlossen wir, etwas dagegen zu unternehmen.
Was war bei der Gründung von Modality Group die größte Herausforderung?
*seufzt* Es ist ziemlich schwierig, sich in der Sexspielzeug-Branche zurechtzufinden. Es gibt eine recht eingeschworene Community der alten Hersteller:innen, die keine Notwendigkeit für Forschung und Innovation sieht. Die neuen Akteur:innen haben wiederum nicht unbedingt die finanziellen Mittel, um die Kosten für beispielsweise die Forschung zu tragen. Das sind natürlich nur allgemeine Bemerkungen. Doch der Punkt ist: Wer sind eigentlich die Kund:innen? Wir bemühen uns derzeit, die richtige Positionierung zu finden. Wir nähern uns diesem Ziel auf jeden Fall… Das nennt man wohl die Suche nach dem Produkt-Markt-Fit. *lacht*
Kann man mit einer Idee starten, wenn noch nicht alles perfekt ist?
Das ist der einzige Weg. Wenn man mit einer Idee beginnt, die bereits vollständig ausgearbeitet ist, verliert man die Flexibilität, das Feedback der Nutzer:innen zu berücksichtigen und riskiert, dass man zu sehr an dem ursprünglichen Konzept festhält. Man kann nur testen, wie gut das Angebot, die Produkte ankommen, wenn man etwas verkauft und sieht, ob die Käufer:innen bereit sind, den Preis dafür zu bezahlen.
Welche Vision steckt hinter Modality Group?
Hinter den Fragen, die uns antreiben, stehen zwei Aspekte:
Erstens, wie können wir einvernehmliches Sexvergnügen verstärken und gleichzeitig die von der Sexindustrie verursachten Schäden (soziale Auswirkungen, Probleme in der Lieferkette, Umweltschäden usw.) reduzieren? Mit Modality Group möchten wir die Transparenz in unserer Lieferkette erhöhen und die Entwicklungen und Dynamiken in der Industrie kritisch hinterfragen.
Zweitens, wie können wir auf die spezifischen sexuellen Bedürfnisse der oft nicht berücksichtigten Communities eingehen? Dabei geht es darum, die Bedürfnisse der LGBTQ+-Community, der konservativen und religiösen Gruppen sowie der Menschen mit Behinderungen zu berücksichtigen. Die zweite Welle der Sexspielzeugentwicklung richtete sich an Cis-Frauen. Die dritte Welle, in der wir uns jetzt befinden, zielt auf das Individuum ab und ist viel inklusiver. Wir fragen unsere Kund:innen was sie möchten und geben damit den bisher oft ignorierten Stimmen eine Plattform. Das Recht auf Vergnügen ist schließlich ein Menschenrecht.
Wer ist die Zielgruppe?
Unser Hauptmarkt sind bislang Hersteller:innen von Sextoys, aber wir hoffen, dass wir uns bald auch im akademischen Bereich etablieren können.
Warum hast du dich für das Stealth Mode Förderprogramm beworben?
Die Gelegenheit kam zu einem Zeitpunkt, in dem ich mich einsam fühlte. Ich wünschte mir eine Community und Anerkennung, deshalb meldete ich mich für das Förderprogramm an.
Wie ging es nach dem Stealth Mode Förderprogramm weiter?
Stealth Mode hat mir geholfen, meine ersten Kund:innen zu gewinnen und das Berliner Start-up-Stipendium zu sichern.
Inwieweit hat dich das Programm in deiner Entwicklung weitergebracht?
Durch Stealth Mode fühlte ich mich selbstbewusster und konnte mich mit neuen Finanzierungsmöglichkeiten auseinandersetzen. Wie das möglich war? Durch den Austausch mit Gründer:innen, die so viele unterschiedliche Unternehmen aufbauen und aus den verschiedensten Branchen kommen. Des Weiteren wurde ich herausgefordert, öfter vor der Kamera zu sprechen, was mich wachsen ließ
Hast du Veränderungen an deinem Start-up vorgenommen?
Ab Februar testen wir ein neues Geschäftsmodell, also drückt uns die Daumen!
Würdest du anderen Gründer:innen die Teilnahme empfehlen?
Unbedingt. Das ist doch klar.
Wo siehst du dich und dein Startup in fünf Jahren?
Wir werden eine vollständig digitale Plattform sowie ein expandierendes Beratungsgeschäft haben und auch einen erfolgreichen Thinktank. Wir werden Vorträge bei den Vereinten Nationen halten und Regierungen in politischen Fragen beraten.
Welche drei Tipps würdest du angehenden Gründer:innen mit auf den Weg geben?
1 – Einfach loslegen. Ganz bestimmt wisst ihr genug und das, was ihr noch nicht wisst, lernt ihr auf dem Weg.
2 – Pausen machen ist wichtig. Burn-out ist real.
3 – Sucht euch eine Community, bevor ihr loslegt. Dieser Weg wird nicht einfach sein.
Wir bedanken uns bei Lex Gillon für das Interview
Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder