Brea therapiebegleitende mobile App für Brustkrebs-Betroffene
Stellen Sie sich und das Startup Brea doch kurz unseren Lesern vor!
Wir sind Jessica Biastoch, Sarah Jankowsky und Daniel Marschner und haben 2021 gemeinsam das Start-up Brea Health GmbH gegründet. Unser erstes Produkt wird Brea sein, eine therapiebegleitende mobile App für Brustkrebs-Betroffene, die diese ganzheitlich und individuell durch die Phasen der Therapie und der Nachsorge begleitet und unterstützt.
Unser Ziel ist es, Brustkrebs-Patient:innen zu einer aktiven Teilhabe an ihrem Therapieprozess zu befähigen. So möchten wir ihnen so zu mehr Lebensqualität verhelfen und sie dabei unterstützen, ihren Gesundheitszustand zu verbessern. Unser Konzept ist multimodal aufgebaut und basiert auf vier wesentlichen Säulen: Organisation & Medikation, Patient:innen-Tagebuch, mentale Gesundheit und Information.
Unsere App bietet den Betroffenen anstatt einer One-Fits-Alls Lösung eine auf sie angepasste Unterstützung an. Das heißt, wir berücksichtigen ihre individuellen Bedürfnisse und Herausforderungen und stellen ihnen stets die für sie relevanten Informationen und Unterstützungsangebote zum richtigen Zeitpunkt zur Verfügung. Wir haben verstanden, dass neben der Therapie auch private Faktoren eine entscheidende Rolle bei der Adhärenz und auch bei dem Erfolg der Therapie spielen. Mit der Brea-App sind wir auf dem Weg zur CE-Zertifizierung. Sobald wir diese abgeschlossen haben, wird es uns möglich sein, sogenannte Selektivverträge mit gesetzlichen Krankenkassen abzuschließen. Die Nutzung der App bleibt so für die Anwender:innen kostenfrei.
Um die App nach medizinischen Standards zu entwickeln, werden wir von einem interdisziplinären Team aus Ärzt:innen, Breast Care Nurses, Psychoonkolog:innen und weiteren Expert:innen des Gesundheitswesens unterstützt
Warum haben Sie sich entschlossen, ein Unternehmen zu gründen?
Der Grund, weswegen wir Brea gegründet haben, ist sehr persönlich. 2018 erhielt Jessica im Alter von nur 29 Jahren selbst die Diagnose Brustkrebs. Während ihrer Therapie stieß sie auf zahlreiche Herausforderungen, oftmals fühlte sie sich alleine und machtlos. In den Gesprächen mit anderen Betroffenen wurde ihr schnell bewusst, dass sie nicht alleine mit diesen Herausforderungen war. Die Suche nach einer Therapie begleitenden Unterstützung war nicht zufriedenstellend, daher kam ihr bereits damals erstmals der Gedanke, eine eigene Lösung zu entwickeln.
Daniel hat Jessica in dieser Zeit als ihr langjähriger Lebenspartner begleitet und gepflegt, Sarah und Jessica sind seit Jahren befreundet. So fließen auch die Perspektiven der Angehörigen in die Produktentwicklung.
Unser Ziel ist, es Brustkrebs-Patient:innen in ihrer Selbstwirksamkeit zu befähigen, ihre Gesundheitskompetenz zu steigern. Und ihnen vor allem für diese schwierige Zeit Hoffnung und Mut zu schenken. Sie sollen das Gefühl der Kontrolle zurückgewinnen und aktive Teilhaber:innen ihrer eigenen Therapie werden.
Was war bei der Gründung von Brea die größte Herausforderung?
Die größte Herausforderung, der wir gegenüberstehen, ist die laufende CE-Zertifizierung. Um mit Krankenkassen arbeiten zu können, aber auch wichtiges Qualitätsmerkmal gegenüber Patient:innen und Ärzt:innen gegenüber, zertifizieren wir unsere App nach den Richtlinien der MDR. Das ist sehr zeit- und kostenintensiv.
Eine weitere Herausforderung liegt auch darin, die Bedürfnisse der unterschiedlichen Stakeholder des Gesundheitssystems mit einzubeziehen. Wir sind aber davon überzeugt, dass sich langfristig die Lösungen am Markt durchsetzen werden, die einen Mehrwert für alle Parteien anbieten und interoperabel funktionieren. Daher ist es wichtig für uns diese Gespräche zu führen und unsere Erkenntnisse, wo möglich, in die Produktentwicklung einfließen zu lassen.
Kann man mit einer Idee starten, wenn noch nicht alles perfekt ist?
Man kann nicht nur mit einer Idee starten, sondern man sollte dies sogar tun – denn zu viel Perfektionismus kann einen sehr stark ausbremsen. Als wir am Anfang mehr oder weniger „nur“ die Idee hatten, hat uns der Austausch mit Patient:innen und Ärzt:innen sehr dabei weitergeholfen zu testen, ob das, was wir planen, überhaupt den Mehrwert schaffen wird, den wir hoffen zu geben. Es macht nicht viel Sinn darauf zu warten, dass etwas perfekt ist, denn eine unserer Erfahrungen ist, dass sich im Laufe der Zeit sowie immer wieder etwas ändern wird. Wichtiger als perfekt zu sein, ist es frühzeitig in den Austausch zu gehen. Die Idee zu vertesten, wenn nötig Änderungen vorzunehmen und sich nach Außen damit zu zeigen.
Welche Vision steckt hinter Brea?
Patient:innen haben in unserem Gesundheitssystem oft noch eine sehr passive Rolle. Ärzt:innen dagegen sind für viele noch die Götter oder Göttinnen in Weiß. Ein Gefälle, das unserer Meinung sind, sehr gut für einen Genesungsprozess ist. Erste Studien zeigen bereits, dass aktive und gut informierte Patient:innen bessere Heilungschancen aufzeigen und im Falle von schlimmen Krankheitsbildern später sterben. Hinzu kommt, dass unser Gesundheitssystem oft sehr kostenoptimiert ist, dabei fallen die Bedürfnisse der Patient:innen auch mal unter den Tisch.
Wir möchten daher mit unserer App dazu beitragen, dass Patient:innen in den Fokus der Versorgung gestellt werden und als Gegenüber auf Augenhöhe wahrgenommen werden. Mit Brea wollen wir eine Plattform schaffen, die Patient:innen hierzu befähigt, u. a. durch die Förderung ihrer Gesundheitskompetenz.
Unsere Vision ist es mittelfristig hierfür die Nr. 1 Plattform für Brustkrebs-Patient:innen zu werden.
Wer ist die Zielgruppe von Brea?
Unsere primäre Zielgruppe sind Brustkrebs-Patient:innen. Jedes Jahr erhalten alleine in Deutschland knapp 70.000 Frauen die Diagnose Brustkrebs. Was viele nicht wissen, auch Männer können an Brustkrebs erkranken. Auch sie sprechen wir explizit mit unserer App an.
Mittelfristig möchten wir auch gesonderte Angebote für Angehörige bereitstellen, um deren Bedürfnisse in dieser schwierigen Zeit zu adressieren.
Wo liegen die Vorteile? Was unterscheidet Sie von anderen Anbietern?
Unsere App wird von Betroffenen für Betroffene entwickelt. Dabei spielt nicht nur Jessicas Geschichte eine Rolle, sondern wir stehen auch immer wieder im Austausch mit anderen Patient:innen und lassen ihre Erfahrungen und Bedürfnisse in die Entwicklung der App einfließen. Dadurch entsteht ein sehr patient:innen-zentrierter Ansatz.
Für den Therapieprozess ist es entscheidend, dass die individuellen Bedürfnisse und Lebensumstände der jeweiligen Patient:in berücksichtigt werden. Aus diesem Grund haben wir eine Ganzheitlich-Onkologische Bedarfsanalyse entwickelt, mit der wir spezifische Bedürfnisse, Lebensumstände und Details zur Erkrankung abfragen. Auf dieser Basis stellen wir sicher, dass wir der jeweiligen Anwender:in stets die für sie relevanten Unterstützungsangebote zum richtigen Zeitpunkt anbieten.
Wir begleiteten die Patient:in entlang ihrer individuellen Patient-Journey und bereiteten sie so auch auf anstehende Therapieschritte vor.
Brea, wo geht der Weg hin? Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?
In fünf Jahren haben wir unsere CE-Zertifizierung abgeschlossen und haben uns erfolgreich auf dem deutschen Gesundheitsmarkt sowie bei Ärzt:innen und Patient:innen etabliert.
Während im ersten Schritt unser Fokus auf Brustkrebs liegt, lässt sich das grundsätzliche Konzept der App auch auf andere Krebserkrankungen adaptieren. Um auch anderen Krebs-Betroffenen helfen zu können, ist dieser Schritt innerhalb der nächsten fünf Jahre definitiv geplant. Auch einen Gang ins Ausland schließen wir nicht aus.
Zum Schluss: Welche 3 Tipps würden Sie angehenden Gründerinnen mit auf den Weg geben?
Tipp 1: Baut euch ein gutes Netzwerk aus anderen Gründer:innen auf, mit denen ihr euch sowohl über eure Erfolge als auch über Rückschritte austauschen könnt. Niemand sonst wird euch so gut verstehen wie sie.
Tipp 2: Erzählt jedem, der es hören möchte oder nicht, von eurer Idee. Je mehr ihr darüber spricht, desto sicherer werdet ihr darin, eure Idee vorzustellen. Außerdem bekommt man manchmal Feedback aus Ecken, aus denen man am wenigsten damit rechnet.
Tipp 3: Lasst euch von Rückschlägen oder negativem Feedback nicht entmutigen. Es wird immer Leute geben, die etwas an euch oder eurer Idee zu kritisieren haben. Das Wichtigste ist, dass ihr selbst an eure Idee glaubt und 100 % dahinter steht.
Wir bedanken uns bei Jessica Biastoch, Sarah Jankowsky und Daniel Marschner für das Interview
Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder