Dienstag, März 19, 2024
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Aus dem erfolgreichen Berufsleben in die Gründung

Vielen Menschen, die erfolgreich im Berufsleben stehen, erscheint der Schritt in die Selbständigkeit als großes Wagnis.

Entscheiden sie sich dann doch für eine Gründung, sind die meisten nach kurzer Zeit sehr zufrieden und können sich eine Rückkehr ins Angestelltendasein nicht mehr vorstellen. Warum ist das so?

Ich sage Menschen, die über eine Selbständigkeit nachdenken, immer: „Jedes ungelöste Problem ein ungegründetes Unternehmen.“ Und häufig wird die eigene Vision, der eigenen Traum, von anderen geteilt: „Wer könnte noch von der Veränderung profitieren, die Du Dir vorstellst?“ Und: „Wenn Du es nicht machst, macht es ein anderer, und vielleicht ärgerst Du Dich ein Leben lang über die zwar gesehene, aber nicht realisierte Chance.“

Oftmals verhindert die Komfortzone der Festanstellung den Gründer-Spirit. Aber es gibt viele Gegenbeispiele: Ein Gründer aus meinem Netzwerk träumte trotz Spitzenverdienst und internationaler Karriere von einer eigenen Pharma-Firma, in der er an einem selbst gewählten Thema forschen und arbeiten kann. Diesen Traum hat er realisiert, und inzwischen werden mit der von ihm entwickelten Methode Menschenleben gerettet.

Trotz erfolgreicher Angestellten-Karriere gründen? Eine gute Entscheidung!

Vielen Angestellten stellt sich nach einigen Jahren und beruflichen Erfolgen die Sinnfrage. Während bisher das Erklimmen der Karriereleiter für Motivation gesorgt hat, reichen Status und Gehalt plötzlich nicht mehr aus. „Welchen Beitrag leiste ich mit meiner Arbeit?“, „Was ist mir wirklich wichtig im Leben?“, „Will ich mit meiner Arbeit den Reichtum meiner Chefs oder Shareholder mehren oder möchte ich auf eigene Rechnung tätig sein?“. 

Wer sich diese Fragen häufiger stellt, sollte über eine Selbständigkeit nachdenken. Anders als zu Beginn ihres Berufslebens verfügen Menschen in der Karriere-Mitte bereits über Erfahrungen, mit Erfolg und Misserfolg umzugehen. Sie wissen vielfach bereits, wie man ein Produkt in den Markt einführt, wie mit Stakeholdern umgeht, schwierige Kund:innen überzeugt, einen Pitch vorbereitet – und vor allem wissen sie auch ihre eigenen Grenzen und Möglichkeiten einzuschätzen. 

Kurz: Man ist ein bisschen souveräner, erfahrener, selbstbewusster und weiß mehr um die eigenen Stärken und Schwächen. Und: In der Lebensmitte verfügt man meist auch über ein belastbares Netzwerk und vielleicht sogar Eigenkapital, mit dem sich leichter Venture Capital akquirieren lässt, auch unabhängig von Banken. 

Der Unterschied zwischen jungen und erfahrenen Gründer:innen

Jeder Gründer und jede Gründerin sollte unabhängig vom Alter über folgendes Mindset verfügen: eine ausgeprägte Lernbereitschaft, Technologie-Affinität und Empathie / Einfühlungsvermögen in die Bedürfnisse anderer Menschen. Denn nach wie vor werden Geschäfte zwischen Menschen gemacht.

Jüngere Gründer:innen sind meistens technik-affin und denken häufig in einem frühen Stadium groß, haben also die Skalierbarkeit ihres Geschäftsmodells im Blick und scheuen sich nicht vor großen Zahlen. Sie hängen sich häufig stark in ihr Business rein, was allerdings auch leicht zu einer Überlastung führen kann. 

Ältere Gründer:innen identifizieren sich häufig noch stärker mit ihrem Produkt / ihrer Dienstleistung, weil dort viel von ihrem Wissen und ihren Erfahrungen einfließt. Deshalb wollen sie ihre Leistungen gern persönlich und vor Ort anbieten, was die Skalierbarkeit fast unmöglich macht. Da schlägt der alte Gedanke von „selbst und ständig“ die Überzeugung des effizienten Agierens.

Doch ob es sich um Dienstleister:innen, Produktentwickler:innen, Bildungsanbieter:innen, Händler:innen, internationale Gründer:innen oder Franchiser handelt – gute Gründer:innen haben immer an erster Stelle eine persönliche Story, die vielen Menschen aus dem Herzen spricht, also den Bedarf vieler anderer Menschen trifft. 

Gründet hingegen jemand, um sein eigenes Bedürfnis zu befriedigen und unterstellt anderen, dass sie diesen Bedarf doch auch haben müssten, ohne sich davon zu überzeugen, wird es mit Sicherheit ein Flop.

Ein nachhaltiger „Purpose“ sorgt für Erfolg und Motivation beim Gründen

Alle Gründer:innen, die zu begleiten ich mich entschieden habe, sind getrieben von dem Wunsch, die Welt ein Stück besser zu machen. Die ESG-Ziele der UN spielen für sie eine wichtige Rolle, ob es sich um Chancengleichheit im Personalwesen handelt, um umweltgerechte Landwirtschaft oder nachhaltiges Bauen mit ökologischen Rohstoffen, ein deutschlandweites KITA-Konzept für ein gewaltfreies Miteinander oder innovative, stressreduzierende Lernkonzepte für Vertriebsmitarbeitende.

Die Gründer:innen, die einen klaren „Purpose“ ihrer Geschäftstätigkeit benennen können, sind meiner Erfahrung nach deutlich motivierter und erfolgreicher.

Da ich selbst meinen Lebensstil in den vergangenen Jahren konsequent umgestellt habe und beispielsweise mit meiner Arbeit das Meeresschutz-Programm OceanCleanUp unterstütze, vegan esse, kein Auto besitze und auf private Flugreisen verzichte, sprechen mich nachhaltige Geschäftsmodelle besonders an. 

Meine Entscheidung für die Unterstützung von Start-ups 

Ich habe selbst mit 25 Jahren mein erstes Unternehmen gegründet und hatte damals niemanden, der mich positiv unterstützt oder mit mir konstruktiv nach vorn geschaut hat. Deshalb möchte ich gern als Beraterin fungieren, die Gründer:innen die wichtigsten Fragen stellt:

  • Welche Art von Problem löst deine Geschäftsidee?
  • Wie viele Menschen haben dieses Problem, und welche Menschen sind das? 
  • Welche Art von Unternehmer:in möchtest du sein?
  • Wie sieht ein best case Szenario aus, wie schnell kannst du wachsen?
  • Wie sieht ein worst case Szenario aus, was machst du, wenn dein Business Modell nicht funktioniert?
  • Möchtest du dich wirklich für die Selbständigkeit entscheiden, mit allen möglichen positiven und negativen Konsequenzen?

Ich stelle meinen Gründer:innen lauter unangenehme Fragen, hinterfrage sie immer wieder, wenn ich merke, dass die Story nicht sitzt. Ich gehe mit ihnen zum Investor, berate sie bei wichtigen Entscheidungen, coache sie, mache sie auf potenzielle Risiken im Marktumfeld aufmerksam und freue mich vor allem, wenn der Umsatz stimmt. Deshalb fordere ich meine Gründer:innen immer wieder auf, vorauszudenken: Wie kann der nächste Schritt aussehen, worin besteht die Zukunft des Unternehmens? 

Meine Gründer:innen spüren, dass ich ihre Start-ups wie meine eigenen Unternehmen sehe, ob ich mich nun tatsächlich finanziell oder einfach mit meiner Zeit beteilige – beides ist wertvoll. Meine Gründer:innen gehören zu meiner Familie.

Autor

Johanna Dahm unterstützt als Entscheidungsexpertin Menschen und Organisationen in der Geschäftsfeldentwicklung. Sie nutzt dafür Forschungen von Hochschulen und Think Tanks. Sie hat selbst zwei Unternehmen gegründet, seit 2020 mehr als 14 Unternehmen durch die Gründungsphase begleitet und ist an mehreren dieser Unternehmungen beteiligt.

Webseite

Bild Dr. Johanna Dahm, Organisationsberaterin und Entscheidungs-Expertin, CEO der Dahm International Consulting Foto/Fotograf: Dominik Pfau

Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder

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