Biolandhof Hund biozyklisch-vegane Landwirtschaft
Stellen Sie sich und den Biolandhof Hund kurz unseren Leserinnen und Lesern vor!
Den Biolandhof Hund gibt es seit fast hundert Jahren. Auf 16 Hektar baue ich verschiedene Früchte an, das meiste sind Äpfel, aber auch Zwetschgen, Kirschen, Tafeltrauben, Haselnüsse und Walnüsse. Schon mein Vater hat den Betrieb innovativ geführt und war einer der ersten in der Region, der seinen Betrieb auf den reinen Obstbau spezialisiert hat. Nach der Übernahme des Hofes von meinem Vater vor 20 Jahren habe ich auf den biologischen Anbau umgestellt, da ich nicht mit den Mitteln der konventionellen Landwirtschaft weiter arbeiten wollte. Der Biohof Hund ist damit kein klassisches StartUp im herkömmlichen Sinne. Durch die Umstellung auf biozyklisch-vegane Landwirtschaft steht mein Betrieb jedoch vor ähnlichen Herausforderungen. Eine Innovation, die sich auf dem Markt etablieren muss.
Warum haben Sie sich entschieden ein Unternehmen zu gründen?
Der biozyklisch-vegane Anbau ist ökologischer Landbau auf rein pflanzlicher Grundlage. Diese Anbauform schließt jegliche kommerzielle Nutz- und Schlachttierhaltung aus und verwendet keinerlei Betriebsmittel tierischen Ursprungs wie z.B. Tierkörpermehle. Besonderer Wert wird dabei auf die Förderung der Artenvielfalt und eines gesunden Bodenlebens, auf die Schließung organischer Stoffkreisläufe sowie auf einen gezielten Humusaufbau gelegt. Für den bio-veganen Anbau habe ich mich im Jahr 2011 entschieden. Bis zu diesem Zeitpunkt verwendete ich tierische Düngemittel, wie sie in vielen Bio-Betrieben verwendet werden: Hornspäne aus Indien.
Doch ich wurde mehr und mehr unzufrieden damit, der Abfallentsorger der industriellen Tierhaltung zu sein, wo ich mich vor vielen Jahren bewusst für einen nachhaltigen und biologischen Anbau entschieden hatte. Nach einer weiteren schlechten Erfahrung mit Düngemitteln aus Asien entschied ich mich, nur noch pflanzliche Dünger zu verwenden. Und diese, wenn möglich, aus Europa. Die pflanzliche Düngung besteht dabei unter anderem aus pflanzlichem Kompost, Braunalgen, Pellets aus Brauabfall oder Gesteinsmehlen. Damit ist der Biohof Hund der erste biozyklisch-vegan zertifizierte Obstbaubetrieb Deutschlands!
Welche Vision steckt hinter dem Biolandhof Hund?
Als Biobauer spüre ich die Auswirkungen des Klimawandels jeden Tag: Spätfrost, starke Gewitter mit Hagel und extrem trockene Perioden häufen sich. Diese bedrohen nicht nur meine und unsere Arbeitsgrundlage, indem sie die Ernte zerstören. Als Landwirte sind wir Teil des Problems – wir können aber auch Teil der Lösung sein! Die Landwirtschaft und die Tierhaltung tragen erheblich zum Klimawandel bei; durch den Ausstoß von CO2, Überdüngung und Auswaschungen von Nitrat, Monokulturen, Erosionen oder Austrocknung und vielem mehr. Die Idee ist des Biolandhof Hund ist es daher, den biologischen Anbau weiter zu entwickeln. Der biozyklisch-vegane Anbau ist eine Möglichkeit, ohne dabei Kompromisse im Ertrag zu haben. Darüber hinaus versuche ich, mit so wenig Kupfer wie nötig als Spritzmittel zu arbeiten und lasse meine Bäume höher wachsen, um so die eng bebaute Landschaft am Bodensee optimal zu nutzen.
Besonders wichtig ist es mir, gesunde Böden zu erhalten, auf denen gesunde Nahrungsmittel erzeugt werden. Und zwar so, dass meine Nachfolger und Nachkommen gut weiterarbeiten können. Ein guter, humusreicher Boden ist die Basis für jegliche Nahrungsmittelproduktion – er ist wasserhaltefähig und beinhaltet ein reiches Bodenleben mit vielen Nährstoffen im harmonischen Verhältnis. Das geschieht durch die regelmäßige Gabe von Kompost, mulchen und ein stets aufmerksames Auge für die Veränderungen. Der stetige Aufbau von Humuserde ist ein wichtiger Baustein zum Klimaschutz, denn dort wird CO2 gespeichert. So können wir optimal für die Zukunft arbeiten und als Landwirte Teil der Lösung sein.
Der Biohof Hund ist auch ein Biotop für Wildtiere. Ich achte darauf, verschiedene Pflanzen und Sorten anzubauen und die einzelnen Parzellen nicht zu groß zu gestalten. Durch die Nähe zum betriebseigenen Wald mit kleinem Weiher und das anpflanzen von Hecken fühlen sich viele Wildtiere hier wohl: Rehe, eine Dachsfamilie, eine Fuchsfamilie, Schlangen oder Greifvögel. Letztere dienen auch – ganz freiwillig – als natürliche Schädlingsbekämpfung von Wühlmäusen.
Von der Idee bis zum Start was waren bis jetzt die größten Herausforderungen und wie haben Sie sich finanziert?
Als ich den Hof übernommen habe, war es zunächst eine große Herausforderung, auf den biologischen Anbau umzustellen. Pflanzen, die über Jahrzehnte mit chemischen Düngern und Pflanzenschutzmitteln behandelt worden sind, müssen sich zunächst an natürliche Mittel gewöhnen. Der Schritt zum biologischen Anbau soll schließlich kein Nachteil für die Pflanzen sein. Auch bei Schädlingsbefall ist die chemische Keule eine einfache Methode. Als Bio-Obstbauer muss ich dabei viel stärker beobachten, durch ein stabiles Gleichgewicht einem einseitigen Befall vorbeugen und wenn nötig zum richtigen Zeitpunkt mit natürlichen Mitteln eingreifen.
Nach der Umstellung auf den biologischen Anbau war die Umstellung auf den biozyklisch-veganen Anbau keine große Herausforderung, ich musste mir aber vieles neu aneignen. Die Mehrkosten für pflanzlichen Dünge- und Spritzmittel werden aus den Betriebsmitteln gestemmt. Eigentlich wäre ein Zuschlag für den nachhaltigen Anbau das richtige. Aktuell ist das noch nicht der Fall, aber manchmal muss man eben Idealist und Pionier sein.
Wer ist deine Zielgruppe?
Alle Verbraucherinnen und Verbraucher, denen eine nachhaltige Landwirtschaft und gesunde Lebensmittel wichtig sind. Der Verkauf geschieht über den Großhandel und meine biozyklisch-veganen Äpfel sind in vielen Bioläden, aber auch in Supermärkten zu finden. Leider noch nicht als explizit biozyklisch-vegan gekennzeichnet. Das ist momentan eine der großen Aufgaben, die Einkäufer im Einzelhandel auf diese Besonderheit aufmerksam zu machen. Dazu führe ich mit meinem Team und in Zusammenarbeit mit dem Förderkreis Biozyklisch-Veganer Anbau e.V. viele Gespräche und wir sind auch auf Messen wie der BIOFACH oder dem Heldenmarkt vertreten.
Wichtig ist mir zu sagen, dass ich nicht vegan anbaue, um Veganer glücklich zu machen oder einem Trend zu folgen. Mit dem biozyklisch-veganen Anbau möchte ich meinen Beitrag dazu leisten, die Welt zu verbessern!
Was unterscheidet Sie von anderen Biolandhöfen? Wo liegen die Vorteile? Was unterscheidet Sie von anderen Anbietern?
Wie schon beschrieben, ist der Biolandhof Hund der erste biozyklisch-vegan zertifizierte Obstbaubetrieb in Deutschland. Seit 2011 wird bei mir bio-vegan angebaut, seit 2017 ist mein Betrieb biozyklisch-vegan zertifiziert. Diese Richtlinien dieser Zertifizierung hat unter anderem der Förderkreis Biozyklisch-Veganer Anbau e.V. erstellt und diese werden jährlich von einer unabhängigen Kontrollstelle überprüft. Mein Ziel ist es aber nicht, besonders zu bleiben. Ich freue mich über jeden weiteren biozyklisch-veganen Betrieb und habe auch schon zwei Obstbau-Kollegen am Bodensee davon überzeugt, ihren Anbau auf biozyklisch-vegan umzustellen. Nur wenn viele Betriebe umstellen, gibt es eine Chance, den biozyklisch-veganen Anbau flächendeckend im Lebensmitteleinzelhandel zu platzieren. Wir sind eben kein “Höhle der Löwen” Produkt, frische Lebensmittel sind viel schwieriger zu vermarkten.
Wie ist das Feedback?
Wenn ich vom biozyklisch-veganen Anbau erzähle, sind die Reaktionen sehr unterschiedlich. Es gibt viele Menschen, die diesen Anbau toll finden. Den meisten Verbraucherinnen und Verbrauchern ist bis dahin nicht bewusst, wie viele Schlachtabfälle um den Globus geschifft werden, nur um sie hier in Deutschland als Dünger zu “entsorgen”. Sie freuen sich darüber, auf die Thematik aufmerksam gemacht zu werden. Es gibt natürlich auch Menschen, besonders in Demeter-Kreisen, für die Tiere zu einem ganzheitlichen Konzept dazu gehören. Für mich ist das nicht stimmig; Pflanzen können ohne den tierischen Dünger gut leben, das zeigen meine Erfahrung und auch die von 60 Betrieben in Griechenland, die teilweise seit 30 Jahren biozyklisch-vegan anbauen.
Clemens Hund, wo geht der Weg hin? Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?
In meiner Erfahrung sind es kleine Familienbetriebe, die sich am längsten behaupten. In kleineren Betrieben kann wirklich auf das geachtet werden, was wichtig ist: den gesunden Umgang mit Boden, Pflanzen und Menschen. Ich bin ein Freund von langsamem, organischem Wachstum – wie auch bei meinen Pflanzen. Daher ist es mein Ziel, den Betrieb zunächst so weiter zu führen, wie er ist und den biozyklisch-veganen Anbau bekannter zu machen. Ich freue mich, wenn sich dadurch die Möglichkeit ergibt, dass der Betrieb für weitere Menschen eine Arbeitsgrundlage bietet.
Zum Schluss: Welche drei Tipps würden Sie angehenden Gründern mit auf den Weg geben?
Mein Tipp an alle Landwirte: Die Umstellung auf biozyklisch-vegan lohnt sich und ist dringend notwendig!
Mein Tipp an alle Verbraucher: Ein Drittel der Lebensmittel wird wegen des “unperfekten” Aussehens in der Produktion weggeworfen. Gleichzeitig zahlen Verbraucher gutes Geld für Bio-Ware. Das Geld kommt aber nur zu einem Bruchteil bei uns Erzeugern an. Je weniger weggeworfen werden muss, desto günstiger kann “Bio für jeden” sein. Kauft Bio-Lebensmittel direkt beim Erzeuger, kauft auch die kleinen Äpfel und die weniger hübschen! Dann ist irgendwann auch Bio für alle möglich!
Weitere Informationen finden Sie hier
Wir bedanken uns bei Clemens Hund für das Interview
Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder