Bloomwell Group ist ein Cannabis-Unternehmen im medizinischen Markt
Stellen Sie sich und das Startup Bloomwell doch kurz unseren Lesern vor!
Die Bloomwell Group ist mit inzwischen 250 Mitarbeiter:innen nach nicht einmal zwei Jahren zum größten Cannabis-Unternehmen Deutschlands aufgestiegen. Persönlich baue ich bereits seit 2017 Cannabis-Unternehmen im medizinischen Markt auf, zähle hierzulande also zu den Pionieren der Industrie. Mit Algea Care ist übrigens auch Europas führendes Telemedizin-Unternehmen Teil unserer Holding. Zudem ist die Ilios Santé, ein Importeur und Distributor von medizinischem Cannabis, sowie die Breezy, ein D2C-Unternehmen an der Schnittstelle von Lifestyle, Cannabis und Community, Teil unserer Gruppe.
Wir werden weitere Cannabis-Unternehmen aufbauen, sie aufkaufen oder in sie investieren. Ganz grundsätzlich widmen sich unsere Portfolio-Unternehmen der gesamten Wertschöpfungskette mit Ausnahme des Anbaus. Die Bloomwell Group habe ich gemeinsam mit meiner Schwester Anna-Sophia Kouparanis, Dr. med. Julian Wichmann und Samuel Menghistu gegründet. In unserem Board sitzen neben Samuel und mir auch die Cannabis-Koryphäe aus den USA, Boris Jordan, sowie der Telemedizin-Pionier Professor Dr. Reinhard Meier.
Warum haben Sie sich entschieden, ein Unternehmen zu gründen?
Ich wollte immer etwas eigenes machen und konnte mir nicht vorstellen, für jemand anderen zu arbeiten. Ein Teil unserer Familie lebt in den USA, so dass ich bei Familientreffen in Nordamerika bereits frühzeitig erlebt habe, wie viel Potenzial die Cannabis-Industrie birgt. Man muss sich einmal vorstellen: Deutschland wird in den nächsten zwei Jahren der größte Cannabis-Markt weltweit und andere Länder werden folgen.
Wohlgemerkt sprechen wir dabei von komplett neuen Märkten. So ein Wachstumspotenzial gab es zuletzt höchstens für digitale Innovationen. Für mich war es angesichts meines unternehmerischen Mindsets und der frühzeitigen Erkenntnis, dass wir ein neues Cannabis-Zeitalter erleben, eine logische Schlussfolgerung, selbst Unternehmen zu gründen und zu skalieren – auch aus persönlicher Motivation, um das Leben vieler Cannabis-affiner Menschen sowie chronisch Erkrankter zu verbessern.
Welche Vision steckt hinter Bloomwell?
Wir wollen Cannabis in die Mitte der Gesellschaft rücken. Nach Jahrzehnten der Stigmatisierung ist es überfällig, dass wir nicht mehr in komplett überholten Klischees vergangener Jahrzehnte denken. Dafür setzen wir auf einen radikalen D2C-Ansatz, einen extrem hohen Service-Gedanken und binden die Cannabis-Community von Anfang an ein. Dementsprechend wollen wir als die Anlaufstelle für alle Cannabis affinen Menschen querbeet durch alle Bevölkerungsschichten fungieren.
Diese Mission gilt wohlgemerkt sowohl für unsere medizinischen Cannabis-Unternehmen als auch für zukünftige Cannabis-Unternehmen im Genussmittelmarkt. Wir orientieren uns strikt an den Bedürfnissen und Wünschen der Menschen, die sich mit Cannabis und Bloomwell identifizieren und wollen die Prozesse durch digitale Innovation so effizient und kundenzentriert wie möglich gestalten. Rund um Cannabis hat sich eine gesellschaftliche Bewegung entwickelt – und wir bilden mit Bloomwell die Speerspitze.
Von der Idee bis zum Start, was waren bis jetzt die größten Herausforderungen und wie haben Sie sich finanziert?
Alle Expert:innen für medizinisches Cannabis sind sich in einer Sache einig: Für chronisch erkrankte Menschen fehlt es hierzulande massiv an medizinischer Expertise und Zugang zu Ärztinnen und Ärzten, die sie bei der cannabinoidbasierten Therapie unterstützen. Während sich in den vergangenen Jahren etliche Gründer:innen auf den Import und die Distribution von medizinischem Cannabis gestürzt haben, sind wir mit unserem Portfolio-Unternehmen Algea Care die Wurzel des Problems angegangen: Algea Care hat Ärztinnen und Ärzte ausgebildet und durch technologische Innovation eine Telemedizin-Infrastruktur auf die Beine gestellt, um deutschlandweit und flächendeckend chronisch Erkrankten durch die cannabinoidbasierte Therapie zu helfen.
In nicht einmal zwei Jahren haben hat sich dadurch den Lebensalltag von 8.000 Menschen verbessert. Es ist das erste Mal überhaupt, dass hierzulande ein Betäubungsmittel per Telemedizin verordnet wird. Wir haben dafür viel Geld investiert: In die Ausbildung wissbegieriger Ärztinnen und Ärzte, in Technologie, in den Aufbau unserer eigenen Firma. Das Kapital stammt insbesondere aus einer Finanzierungsrunde mit dem auf Cannabis spezialisierten US-Investor Measure 8 Venture Partners im Lead – im Oktober war es die höchste Seed-Runde eines europäischen Cannabis-Unternehmens. Umso stolzer sind wir auf unsere Google-Bewertungen, die über alle Standorte hinweg in Deutschland bei über vier Sternen liegt.
Wer ist die Zielgruppe von Bloomwell?
Jede und jeder! Die Bloomwell Group positioniert sich querbeet durch alle gesellschaftlichen Gruppen und Schichten als Anlaufstelle und Plattform für alle Menschen, die sich mit Cannabis identifizieren.
Dass sich unsere Zielgruppe daher kaum typologisieren lässt, hat kürzlich unser Cannabis Barometer, basierend auf einer repräsentativen Umfrage unter 1.100 Erwachsenen in Deutschland ans Tageslicht gebracht: Etwa die die Hälfte der Befragten kann sich vorstellen, zukünftig legal Cannabis in einem Fachgeschäft einzukaufen. Und immer mehr Menschen stehen heutzutage Cannabis positiver gegenüber als noch vor fünf Jahren. 65 Prozent sind zudem der Überzeugung: Der typische Cannabis-Konsument lässt sich nicht in eine Ecke drängen – es könnte jede:r in der Bevölkerung sein.
Im medizinischen Bereich suchen wir Kooperationen mit relevanten Stakeholdern wie Mediziner:innen, Krankenhäusern, Apotheken oder Cannabis-Produzent:innen. Als Cannabis-Patient:innen kommen prinzipiell alle austherapierten chronisch erkrankten Menschen in Frage.
Wie funktioniert Bloomwell? Wo liegen die Vorteile? Was unterscheidet Sie von anderen Anbietern?
Wir sind erstens das größte Cannabis-Unternehmen Deutschlands. Zweitens sind wir das einzige vertikal integrierte Cannabis-Unternehmen Deutschlands – wie gesagt wollen wir durch unsere Portfolio-Unternehmen die gesamte Wertschöpfungskette mit Ausnahme des Anbaus abdecken und Vorteile durch Synergien so an unsere Community weitergeben. Und drittens sind wir das einzige D2C–Cannabis-Unternehmen, was die Bedürfnisse und Wünsche von Patient:innen und zukünftig auch Konsument:innen vollumfänglich verstehen wird. Schließlich verfügen wir bereits heut aufgrund der vorliegenden Erkenntnisse aus über 8.000 Behandlungsverläufen mit medizinischem Cannabis über tiefgehendes Wissen über Wirkungen und Nebenwirkungen, die mit Cannabis einhergehen.
Bloomwell, wo geht der Weg hin? Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?
Meine Prognose: Anfang 2024 ist Deutschland der größte Cannabis-Markt weltweit. Professor Haucap aus Düsseldorf hat für Deutschland einen Bedarf von 400 Tonnen Cannabis jährlich errechnet. In Nordamerika haben wir bereits erlebt, dass die Umsätze im Genussmittelmarkt den medizinischen Markt bei weitem übertreffen. Ich gehe auch von einer ähnlichen Entwicklung in Deutschland und in der Folge auch in anderen europäischen Ländern aus. Übrigens haben auch in Nordamerika Unternehmen aus der bereits bestehenden medizinischen Cannabis-Industrie den Genussmittelmarkt aufgebaut. Ich gehe davon aus, dass es sich in Deutschland und Europa analog verhält. In fünf Jahren haben wir daher unsere Position als führendes Cannabis-Unternehmen Europas noch weiter ausgebaut.
Die Cannabis-Bewegung hat Fahrt aufgenommen und ist nicht mehr aufzuhalten. Das Ende der jahrzehntelangen Stigmatisierung ist nah und in fünf Jahren werden wir nur noch müde schmunzeln und den Kopf schütteln, wenn wir rückblickend betrachten, wie wir diese Pflanze jahrzehntelang verteufelt haben.
Ungeachtet dessen werden wir im medizinischen Bereich weiterhin alles dafür tun, um flächendeckend in Deutschland und womöglich auch anderen europäischen Ländern Patient:innen zu versorgen und mit medizinischer Expertise beiseite zu stehen. Unter anderem durch Forschungspartnerschaften werden wir aktiv dazu beitragen, das endogene Cannabinoidsystem im menschlichen Körper weiter zu entschlüsseln, so dass das Potenzial von medizinischem Cannabis immer mehr chronisch erkrankten Menschen zugute kommen kann.
Zum Schluss: Welche 3 Tipps würden Sie angehenden Gründern mit auf den Weg geben?
Erstens: Traut euch an Neuland. Copy-Cats sind langweilig und alle Expert:innen, die sich mit der Materie auskennen, wissen auch, dass es sich um wenig kreative Nachahmungen handelt. Überlegt euch lieber sehr gut, was zum jeweiligen Zeitpunkt der wirklich größte Pain-Point ist und entwickelt genau dafür die effizienteste Lösunge im Sinne der Nutzer:innen oder der Community.
Daraus ergibt sich auch direkt der zweite Tipp: Wer sich an Neuland heran wagt, der muss in Kauf nehmen, dass nicht alles zu 100 Prozent wie geplant abläuft. Innovation und Fortschritt beruhen darauf, Fehler akzeptieren zu können. Wir bei Bloomwell sind felsenfest überzeugt: Die Zukunft Deutschlands steht und fällt mit technologischer Innovation. Wir müssen hierzulande nicht grundlegend unser Mindset ändern und mehr Toleranz gegenüber Fehlern entwickeln, durch die letztlich kein Mensch zu körperlichem Schaden kommt, sehe ich schwarz.
Schlussendlich noch ein Hinweis zur Zusammensetzung des Gründerteams. Ich bin fest überzeugt: Je vielfältiger die Persönlichkeiten – und ich meine nicht nur geschlechtsspezifische Unterschiede –, desto besser. Im Gründerteam von Bloomwell ist ein Mediziner, mit Anna und mir ein Geschwisterpaar einer Migranten-Familie ohne jeglichen Akademiker-Hintergrund sowie der Sohn einer in den 80er Jahren geflüchteten Familie. Mehr Diversität bedeutet auch mehr Kreativität, mehr Ideen und mehr Verständnis für Mitarbeiter:innen und Kund:innen.
Fotograf/Bildquelle: Credits Detlef Gottwald
Wir bedanken uns bei Niklas Kouparanis für das Interview
Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder