Depowise ist eine Plattform zur Automatisierung und Digitalisierung von Verwahrstellenprozessen – mit klarem Fokus auf Effizienz, Compliance und moderne Technologie.
Was hat Sie persönlich davon überzeugt, den Schritt zu Depowise zu gehen?
Frank Becker: Nach über 12 spannenden Jahren bei eFront und später BlackRock war für mich klar: Ich möchte nochmal ganz bewusst eine neue Herausforderung annehmen. Depowise hat mich sofort überzeugt – durch die Kombination aus innovativer Technologie, einem klaren Fokus auf das Verwahrstellenumfeld und einem modernen, agilen Mindset.
Was mich besonders gereizt hat: Ich kann mein fachliches Know-how und mein tiefes Prozessverständnis aktiv einbringen – und gleichzeitig mit einem engagierten, internationalen Team an einer Plattform arbeiten, die echte Veränderung ermöglicht.
Die flachen Hierarchien und die Möglichkeit, schnell Entscheidungen zu treffen und Dinge direkt umzusetzen, machen für mich persönlich einen immensen Unterschied. Es fühlt sich nicht nur nach Technologie an, sondern nach Aufbruch – und ich bin überzeugt, dass wir mit Depowise genau zur richtigen Zeit am Markt sind.
Wie erleben Sie den aktuellen Wandel im Asset Servicing durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz?
Der Wandel im Asset Servicing durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz ist deutlich spürbar und bietet großes Potenzial, die Effizienz, Qualität und Skalierbarkeit von Prozessen erheblich zu steigern. Besonders in Bereichen wie Datenextraktion, Klassifizierung und Anomalieerkennung zeigt sich, wie KI repetitive Aufgaben übernehmen kann und Mitarbeiter von manuellen Tätigkeiten entlastet.
Dieser Wandel bringt auch Herausforderungen mit sich – etwa in Bezug auf Datenqualität, regulatorische Anforderungen und die Notwendigkeit, Fachwissen mit Technologiekompetenz zu verbinden. Insgesamt erleben wir die Integration von KI im Asset Servicing aber als eine bedeutende Chance, die Rolle von Servicedienstleistern zu stärken und realen Mehrwert für Kunden zu schaffen.
Depowise investiert aktiv in Partnerschaften in diesem Bereich, um die KI-Unterstützung auf der Depowise Plattform weiter aufzubauben.
Welche konkreten Prozesse lassen sich Ihrer Erfahrung nach heute schon durch KI effizient automatisieren?
Die größten Effzienzgewinne der Automatisierung durch KI lassen sich insbesondere in den Bereichen Datenextraktion und Anomalieerkennung herstellen.
Bei der Datenextraktion geht es darum, strukturierte Informationen – etwa Beträge, ISINs, Fristen oder Vertragsbedingungen – zuverlässig aus unstrukturierten Dokumenten wie PDF-Berichten, Vertragswerken oder E-Mails zu gewinnen. Moderne KI-Modelle sind in der Lage, auch kontextabhängige Inhalte wie Klauseln oder regulatorisch relevante Passagen zu erkennen und korrekt einzuordnen – deutlich schneller und konsistenter als manuelle Prüfungen.
In der täglichen Praxis besonders wertvoll ist auch die Anomalieerkennung: KI-Systeme analysieren Transaktionen oder Positionsdaten in Echtzeit und erkennen Muster, die auf Abweichungen, Fehler oder potenzielle Verstöße hinweisen – beispielsweise unplausible Bewertungen, fehlende Bestätigungen oder unübliche Bewegungen in illiquiden Assets.
Diese Prozesse werden bereits in mehreren Finanzinstituten produktiv eingesetzt und zeigen, dass KI nicht nur eine theoretische Option ist, sondern konkret messbaren Mehrwert bringt – sowohl in Bezug auf Effizienz als auch auf Qualitätssicherung und Compliance.
Wo sehen Sie aktuell die größten Potenziale für KI im Bereich Dokumentation, Kontrolle und Compliance?
Die größten Potenziale für KI in den Bereichen Dokumentation, Kontrolle und Compliance liegen in der intelligenten Verarbeitung großer Datenmengen, die bislang manuell oder nur teilweise automatisiert bearbeitet wurden. Insbesondere bei der Datenextraktion aus unstrukturierten Quellen wie Verträgen, Berichten oder regulatorischen Mitteilungen kann KI Inhalte schneller, konsistenter und kontextbezogener erfassen als herkömmliche Systeme.
Gerade im Bereich Dokumentation, Kontrolle und Compliance sehen wir enormes Potenzial für den Einsatz von KI – vor allem, weil diese Felder stark durch manuelle Prüfprozesse, hohe Regulierungsdichte und komplexe Dokumentenlandschaften geprägt sind.
Welche technologischen oder kulturellen Hürden begegnen Ihnen beim Markteintritt in Deutschland?
Der deutsche Markt unterscheidet sich in mehreren Dimensionen deutlich von anderen europäischen Märkten wie z.B. Luxemburg oder der Schweiz – sowohl was die Struktur des Finanzsektors betrifft, als auch hinsichtlich der Mentalität und der Entscheidungsprozesse.
Deutschland als Markt ist stark fragmentiert, mit vielen etablierten Akteuren, regionalen Häusern und einer historisch gewachsenen IT- und Prozesslandschaft. Entscheidungen werden in der Regel äußerst gründlich vorbereitet, mit einer starken Einbindung der Fachabteilungen, Compliance und IT. Dies führt zu längeren Zyklen in Transformationsprojekten, bringt aber auch eine hohe Umsetzungsqualität und Nachhaltigkeit mit sich.
Gerade im Kontext von KI ist das Vertrauen in die Technologie und ihre regulatorische Absicherung ein zentrales Thema – erklärbare Modelle und revisionssichere Prozesse sind hier erfolgskritisch.
In Luxemburg erleben wir ein deutlich internationaleres Umfeld, das sich durch eine hohe regulatorische Dichte, aber auch eine größere Offenheit für Innovationen auszeichnet – insbesondere bei global tätigen Asset Managern und Service Providern.
In der Schweiz wiederum spüren wir eine starke Fokussierung auf Qualität, Stabilität und Sicherheit – gleichzeitig aber auch eine hohe Technologieaffinität. Entscheidungen werden oft unternehmerischer und schneller getroffen, solange Vertrauen und Datenschutz gewährleistet sind. Die Bereitschaft, neue Technologien wie KI einzusetzen, ist hoch – vorausgesetzt, sie lassen sich sauber ins bestehende Geschäftsmodell einbetten.
Zusammengefasst: Der deutsche Markt ist anspruchsvoll, aber auch sehr lohnend – mit einer hohen Fachkompetenz, einem tiefen Verständnis für regulatorische Anforderungen und einem großen Potenzial für datengetriebene Innovationen. Wer hier erfolgreich sein will, braucht neben technologischer Exzellenz vor allem kulturelles Feingefühl und einen klaren Fokus auf Vertrauen, Transparenz und Nachhaltigkeit.
Was sind typische Vorbehalte deutscher Finanzinstitute gegenüber KI – und wie begegnen Sie diesen?
Typische Vorbehalte deutscher Finanzinstitute gegenüber dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz lassen sich grob in drei Kategorien einteilen: regulatorische Bedenken, technologische Skepsis und kulturelles Misstrauen – wobei diese Aspekte oft miteinander verbunden sind.
Das bedeutet: Ein KI-Modell darf nicht „gut“ sein, sondern muss in klar definierten Grenzen verlässlich und kontrollierbar funktionieren.
Es gilt: Vertrauen ist der Schlüssel. Die KI muss ihre Grenzen kennen und dem Anwender zur Kenntnis bringen, in welchen Bereichen menschliche Unterstützung benötigt wird.
Wie gehen Sie bei Depowise mit regulatorischen Anforderungen um, gerade in einem stark überwachten Umfeld wie dem Finanzsektor?
Wir bieten eine hochgradig flexible Lösung, die es ermöglicht, die Funktionen in Bereichen wie z.B. Investment Compliance schnell an sich ändernde regulatorische Anforderungen anzupassen. Unsere Software unterstützt bereits das UCITS-Regelwerk „out of the box“, sodass Finanzinstitute von Anfang an sicherstellen können, dass ihre Investitionen den geltenden Vorschriften entsprechen. Darüber hinaus sind alle Prozesse auditierbar und bieten vollständige Transparenz, um den strengen Compliance-Anforderungen gerecht zu werden. Die Anpassungsfähigkeit unserer Software ermöglicht es, auch zukünftige regulatorische Veränderungen schnell zu integrieren, sodass wir unseren Kunden jederzeit eine zukunftssichere und rechtskonforme Lösung bieten können.
Wo stößt KI Ihrer Meinung nach heute noch an ihre Grenzen?
Auch wenn KI große Fortschritte gemacht hat, gibt es im Umfeld von Verwahrstellen klare Grenzen. Besonders relevant ist die fehlende Erklärbarkeit vieler KI-Modelle – im stark regulierten Finanzumfeld müssen Entscheidungen nachvollziehbar und auditierbar sein. Ein „Black Box“-Ansatz ist hier nicht tragfähig.
Zudem fehlt es oft an einheitlichen, qualitativ hochwertigen Daten, etwa bei Fondsberichten oder Verträgen – ohne saubere Datenbasis kann KI ihre Stärken nicht ausspielen. Auch das Verständnis komplexer juristischer und regulatorischer Texte ist für heutige Modelle noch eine Herausforderung.
Ein weiterer Punkt ist die regulatorische Unsicherheit: Der Einsatz von KI im Finanzbereich ist selbst noch nicht abschließend geregelt, was Unternehmen bei der Implementierung bremst. Und schlussendlich: Viele Verwahrstellen arbeiten mit älteren Systemen, in die sich moderne KI-Lösungen nur schwer integrieren lassen.
Technologisch ist vieles möglich – aber die Kombination aus Regulatorik, Datenqualität, Legacy-IT und Akzeptanz in den Fachabteilungen setzt der KI im Depositary-Umfeld derzeit noch klare Grenzen.
Wie wichtig ist es, Vertrauen bei den Nutzerinnen und Nutzern der Technologie aufzubauen – und wie gelingt das?
Vertrauen entsteht durch Transparenz, Erklärbarkeit und kontinuierliche Einbindung der Fachabteilungen. Es hilft enorm, wenn Nutzer die Modelle nicht nur nutzen, sondern auch mitgestalten können – etwa durch Feedback-Mechanismen, die das Modell verbessern.
Wichtig ist auch eine klare Governance: Wer ist verantwortlich, wenn etwas schiefläuft? Wie wurde das Modell trainiert? Gibt es Bias-Risiken? Je konkreter diese Fragen beantwortet werden, desto höher ist die Akzeptanz.
Kurz gesagt: KI muss nicht nur funktionieren, sondern auch verständlich, kontrollierbar und verlässlich sein. Dann entsteht das nötige Vertrauen – und echte Mehrwerte in der Praxis.
Wie sehen Sie die Rolle von Menschen künftig im Asset Servicing – bleibt KI ein Werkzeug oder wird sie zum Entscheider?
Aus unserer Sicht bleibt Künstliche Intelligenz auch in Zukunft in erster Linie ein Werkzeug – ein sehr leistungsfähiges, lernendes und zunehmend autonom agierendes Werkzeug, aber eben kein Ersatz für menschliche Entscheidungsverantwortung.
Gerade im Asset Servicing, wo regulatorische Konformität, Datenintegrität und Kundenvertrauen im Zentrum stehen, ist die menschliche Rolle unverzichtbar – als Kontrollinstanz, als Interpret, als Verantwortlicher für komplexe Entscheidungen. KI wird zunehmend operative Aufgaben übernehmen, Muster erkennen, Daten analysieren und Vorschläge machen – aber die finale Bewertung, insbesondere in kritischen oder nicht standardisierten Fällen, wird weiterhin beim Menschen liegen.
Man kann sagen: KI wird Entscheider unterstützen, aber niemals zu 100% ersetzen. Sie liefert Geschwindigkeit, Präzision und Skalierbarkeit – der Mensch sorgt für Kontext, Urteilsvermögen und Verantwortung.
Erfolgreiches Asset Servicing der Zukunft wird genau dieses Zusammenspiel gezielt gestalten – als „human-in-the-loop“-Modell, bei dem sich Technologie und Fachwissen optimal ergänzen.
Was möchten Sie Finanzinstituten in Deutschland mitgeben, die sich gerade erst auf den Weg Richtung Automatisierung machen?
Automatisierung ist kein Selbstzweck – aber sie ist ein entscheidender Hebel, um mit dem steigenden Regulierungsdruck, komplexeren Datenflüssen und dem Fachkräftemangel umzugehen. Mein Rat an Institute, die am Anfang stehen: Fangen Sie pragmatisch an, aber denken Sie langfristig. Es geht nicht darum, alles von heute auf morgen zu automatisieren, sondern gezielt dort anzusetzen, wo Prozesse besonders fehleranfällig oder ressourcenintensiv sind.
Man muss das Rad nicht neu erfinden. Es gibt spezialisierte Anbieter, die genau wissen, worauf es im Verwahrstellenumfeld ankommt – technologisch und regulatorisch. Insofern ganz konkret:
Ein Anruf bei Depowise lohnt sich. Wir haben mit vielen Instituten in Europa bereits genau diesen Weg begleitet – von ersten Automatisierungsschritten bis hin zu KI-gestützten Analysen.
Wer früh beginnt, verschafft sich nicht nur Effizienz, sondern auch einen echten Wettbewerbsvorteil.
Bild: Frank Becker © Krõõt Tarkmeel
Wir bedanken uns bei Frank Becker für das Interview
Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder.