Dienstag, Dezember 24, 2024
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Dinge vom Ende her denken

Dr.M. stellt personalisierte Creme her -Phytoplasmacreme

Stellen Sie sich und das Startup Dr. M. Beauty and Health Care doch kurz unseren Lesern vor!

Die Dr. M. beschäftigt sich mit der Herstellung, Produktion und dem Vertrieb kosmetischer Produkte zur Gesichts- und Körperpflege. 2014 wurde das Unternehmen von Bernd Kuhs und mir gegründet. 

Damals kam Bernd, mit dem ich schon in einem anderen Startup zusammengearbeitet hatte, einmal mehr mit einer neuen Idee auf mich zu: die Herstellung einer personalisierten Creme mittels einer Kaffeekapsel. Spontan sagte ich: „Ja das machen wir!“ So beschäftigten wir uns mit dem Thema, stellten aber schon bald fest, dass das Handling nicht optimal war und gaben diesen Ansatz wieder auf. Aber: immerhin halten wir jetzt ein Patent zur Herstellung von kosmetischen oder dermatologischen Präparaten oder von Süßspeisen mittels einer Kapsel. 

Nach weiteren langen Überlegungen haben wir schließlich unsere Beauty Bar entwickelt. Dabei handelt es sich um eine transparente Crememanufaktur, mit der unsere Kunden frisch vor Ort individualisierte Cremes herstellen und somit die Personalisierung einer Creme auf die Spitze treiben können. Unsere ELEMENTS FOR BEAUTY, verschiedene Seren und ein besonderer Hyaluronsäurekomplex sind Ready-to-use Produkte, die ebenfalls Teil unseres Pflegekonzepts sind. 

Daneben beliefern wir noch Kosmetikhersteller mit Membranstruktur-Cremekonzentraten, mittlerweile zu 100% natürlich, ein Rohstoff, den diese zur Herstellung eigener Produkte einsetzen und nun eine Möglichkeit haben, einfach ihre Linien auf Bio umzustellen oder ihre Kosmetiklinien zu ergänzen. Vor circa einem Jahr sind wir in den Markt eingetreten und verfügen bereits über einen veritablen Kundenstamm. 

Warum haben Sie sich entschieden ein Unternehmen zu gründen?

Bei uns Beiden stand im Vordergrund, etwas Nachhaltiges für uns und unsere Familien zu schaffen. Für Bernd lag die Gründung eines eigenen Unternehmens auf der Hand. Denn bereits nach seiner Ausbildung zum Chemiker stieg er in jungen Jahren in die elterliche Kuhs GmbH ein und war bis zu deren Verkauf maßgeblich für die Forschung und Entwicklung verantwortlich. Ich selbst war lange im Investmentbanking auf Kapitalgeberseite tätig und Businesspläne bestimmten meinen Alltag. Das Gründerwesen hat mich immer fasziniert und so war es mein Verlangen, einmal das Lager zu wechseln. Nun stellen wir uns gemeinsam den Herausforderungen als Entrepreneure.

Welche Vision steckt hinter Dr. M. Phytoplasma Cosmetic?

Wir verstehen uns als Innovationstreiber in der Kosmetik und unser Ziel ist, immer an der Spitze der technologischen Entwicklungen zu stehen. Mit Bernd, der schon in den 1990er Jahren die Membranstrukturcreme erfand, habe ich einen begnadeten Rezepturentwickler an meiner Seite, der jeden Wirkstoff kennt und in der Kosmetikbranche bestens vernetzt ist. Von Anfang an war unser Ziel, unsere Kosmetik ideologiefrei so natürlich wie mögIich zu machen und auf alle unnötigen Inhaltsstoffe zu verzichten. Wir müssen keine Inhaltsstoffe hinter einem Sammelsurium von Wirkstoffen bei den INCIs verstecken. 

Deshalb liegt „Clean Beauty“, der neueste Trend in der Kosmetik, schon immer in unserer DNA. Auch Transparenz war uns ein Anliegen. Nicht weil wir es wollen, sondern weil wir es können, weil wir nichts zu verbergen haben. Wir wollen unsere Kunden nicht durch schöne Bilder und Emotionen auf uns aufmerksam machen, sondern durch die Qualität unserer Produkte. 

Von der Idee bis zum Start was waren bis jetzt die größten Herausforderungen und wie haben Sie sich finanziert?

Die größte Herausforderung war – und ist – eine solide Finanzierung auf die Beine zu stellen. Schon als unsere Geschäftsidee die ersten Kreise zog, hatten wir plötzlich viele Freunde, die sich davon versprachen, mit „billigem“ Geld Anteile zu sichern. Wir wollten aber von vornherein unsere Unabhängigkeit bewahren und so haben wir uns entschieden, keine weiteren Gesellschafter als Kapitalgeber aufzunehmen. Wir haben den klassischen Weg beschritten – im Bewusstsein, dass wir dadurch ein langsameres Wachstum in Kauf nehmen. 

Zunächst haben wir durch unsere Kapitaleinlage und Gesellschafterdarlehen das Unternehmen finanziert. Dann erhielten wir in einem langwierigen Prozess eine stille Beteiligung durch die MBG Baden-Württemberg und ein zu 90% durch die Bürgschaftsbank gesichertes Darlehen der Hausbank. Ich möchte aber darauf hinweisen, dass die Gründer, also wir, für das bürgschaftsgesicherte Darlehen zu 100% und für die stille Beteiligung zu 50% persönlich haften. Im weiteren Verlauf haben Freunde, die eine marktübliche Verzinsung erhalten, und wir erneut als Gesellschafter weitere Darlehen gegeben. 

Die zweite Herausforderung ist die time to market.

An den Produkten gibt es immer etwas zu verbessern und im Zweifel wird es nie perfekt sein. Man bekommt Hinweise von Kunden und Vertriebspartnern, die Verbesserungswünsche an einen herantragen. Aber jede Anpassung zieht Folgen nach sich, die zu weiteren Kosten und Zeitverzögerungen führen. Beispielsweise hat eine Rezepturänderung Folgen für die Zulassung des Produkts. Einhergehend ändern sich die Produktbeschreibungen, was wiederum zu Korrekturen am Etikett, der Außenverpackung, in der Broschüre und im Internet führt. Im Zweifel müssen sogar neue Photos gemacht oder gerendert werden. Deshalb ist es wichtig, zum end-of-design zu kommen.

Die dritte Herausforderung ist die Zielgruppe und die Vertriebskanäle zu bestimmen. Wenn ich mich in einem Markt auf einen Vertriebskanal festgelegt habe, ist es fast unmöglich zu wechseln.

Für uns war klar, das wir B2B vertreiben wollen, da unsere Beauty Bar erklärungsbedürftig ist und wir mit unserem begrenzten Budget, Marketingmaßnahmen für die breite Öffentlichkeit nicht stemmen können. Ein eigener Vertrieb schied ebenfalls aus, da wir unser Budget nicht mit monatlichen Fixkosten belasten wollten. Letztendlich haben wir uns dafür entschieden, über Handelsvertreter zu gehen.

Die vierte große Herausforderung ist der bürokratische Aufwand, der eine Markteintrittsbarriere für kleine Unternehmen darstellt. Bei uns beginnt das von dem Einhalten der Kosmetikverordnung, nach der alle Produkte in Brüssel notifiziert, Sicherheitsbewertungen vorgenommen und eine Rückverfolgbarkeit gewährleistet sein  muss. Dass wir als Kleinstunternehmen mit der Verpackungsverordnung und – obwohl im B2B – mit der Datenschutzgrundverordnung beschäftigen müssen, sei nur nebenbei erwähnt. Jedenfalls werden in unangemessener Weise Ressourcen gebunden.

Wer ist die Zielgruppe von Dr. M. Phytoplasma Cosmetic?

Unsere Zielgruppe umfasst Kosmetikerinnen, Heilpraktiker, Dermatologen, Spa-Betreiber und mit unseren Rohstoffen Kosmetikhersteller.

Was ist das Besondere an den Produkten? Wo liegen die Vorteile? Was unterscheidet Sie von anderen Anbietern?

Unsere Phytoplasmacreme ist zu 100% natural und zu 90% biological. Und das Beste, unsere Kunden können damit die Personalisierung einer Creme auf die Spitze treiben. Die Phytoplasmacreme, eine Membranstrukturcreme, hat an sich schon überragende Vorteile. Aufgrund ihrer laminaren Struktur ähnelt sie dem Hautfett und ist deshalb optimal verträglich. Wirkstoffe können besser eingebettet werden und entfachen ein Vielfaches an Wirkung.

Die Technologie zur Herstellung beherrschen nur Wenige, sonst hätte wahrscheinlich jeder Kosmetikhersteller eine Membranstrukturcreme. Da die Herstellung aufwendig und teuer ist, wird sie seit Jahren vornehmlich in pharmazeutischen und hochwertigen kosmetischen Produkten eingesetzt. Nun machen wir diese Creme, all unseren Kunden zugänglich und nicht nur das: uns ist gelungen, diese Creme auf rein natürlicher Basis herzustellen. Ich kenne niemanden, der in dieser Konsequenz ein vergleichbares Produkt anbieten kann. Über Zertifizierungen haben wir zwar diskutiert, letztendlich aber vorerst Abstand davon genommen, da wir mit der herausragenden Qualität unserer Produkte bereits weit über den Anforderungen der Bio-Labels liegen.

In unseren ELEMENTS FOR BEAUTY setzen wir hochkonzentrierte, auf bestimmte Hautanlässe abgestimmt, Wirkstoffe ein. Auch hier sind wir „clean“. Keine aufgeblähte INCI. Unserer ELEMENTS FOR BEAUTY sind bis auf das Vitamin C ebenfalls 100% natürlich. 

Dr.M. Creme Kaffeekapsel

Beispielhaft möchte ich unseren Hyaluronsäurekomplex erwähnen, der einen hohen Anteil an Oligohyaluron erhält. Dies ist sehr teuer, führt aber dazu, dass das Hyaluron nicht auf der Haut klebt, sich leicht auftragen lässt und schnell einzieht. Oder unser Mastixöl, das von Pistazienbäumen von der griechischen Insel Chiso gewonnen wird und das wir bei Problemzuständen wie Akne oder Neurodermitis einsetzen. Ein Naturstoff, der antibakteriell ist und dem sogar antivirale Wirkung nachgesagt wird.

Schließlich unser Membranstrukturkonzentrat DMS-Bio für die weiterverarbeitende Kosmetikindustrie: 100% natürlich. Mit diesem Ausgangsstoff kann jeder Kosmetikhersteller schnell und einfach seine Kosmetiklinie auf Bio umstellen oder ergänzen. In der Verarbeitung ist es denkbar einfach, da es kalt verarbeitet werden kann. Auch hier ist mir nichts Vergleichbares im Markt bekannt.

Wie hat sich ihr Unternehmen mit Corona verändert?

Die Beauty Düsseldorf, die führende Messe in der Kosmetikbranche, sollte im März stattfinden, wurde dann auf September verschoben und schließlich abgesagt. Dort wollten wir unsere Produkte erstmals einer breiten Öffentlichkeit präsentieren und im direkten Kontakt Kunden gewinnen. Die Kosmetikstudios wurden aufgrund staatlicher Anordnung geschlossen. Das heißt, unsere große Hoffnung wurde begraben und die bisher getätigten Umsätze mit den Kosmetikstudios brachen ein.

Wie haben Sie sich darauf eingestellt und welche Änderungen haben Sie vorgenommen? Wo sehen Sie in der Krise die Chance?

Wir sind nun dabei, an kleineren Beauty- und Spa-Konferenzen als Sponsoren teilzunehmen, um dort in direkten Kontakt mit Interessenten zu kommen. Auch schalten wir Printwerbung, verstärken unsere Social Media Aktivitäten und die Pressearbeit, um unsere Marke in den Markt zu tragen und bekannt zu machen. Wir planen, eine direkte Ansprache von Kunden auf dem klassischen Postwege, da uns die DSGVO E-Mailing verbietet und ich selbst unaufgeforderte Telefonate als lästig empfinde. Dann gibt es Überlegungen, unseren Kunden einen Webshop für ihre Endkunden anzubieten, damit unsere Kunden am Onlinegeschäft partizipieren können.

Es fällt mir schwer, eine Chance in der Corona-Krise zu sehen. Es gilt zu überleben, bis Hoffnung wieder keimt und die Angst, die derzeit das Verhalten bestimmt, weicht. Wir müssen lernen, Corona als Teil unseres Lebens zu akzeptieren, aber auch, vernünftig damit umzugehen. Grundsätzlich gehe ich davon aus, dass die jetzige Wirtschaftskrise langfristig negative Auswirkungen auf das Konsumverhalten, vom dem wir leben, haben wird. Nach Auslaufen der staatlichen Unterstützungsmaßnahmen wird den Konsumenten weniger Geld zur Verfügung stehen, sei es, weil sie ihren Arbeitsplatz verlieren oder mit höheren Abgaben belastet werden. Trotzdem bin ich davon überzeugt, dass wir als kleines Unternehmen in einer Nische angesiedelt sind, das immer seinen Käuferkreis finden kann. 

Dr. M. Phytoplasma Cosmetic, wo geht der Weg hin? Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?

In fünf Jahren sehe die Dr. M. als stabiles, florierendes, internationales Unternehmen, das weitestgehend seine Fremdverbindlichkeiten abbezahlt hat, über einen treuen Kundenstamm verfügt, mit seinen Innovationen Aufmerksamkeit erregt, Mitarbeiter sich wohlfühlen und Lieferanten gerne mit ihr als zuverlässigem Partner zusammenarbeiten.

Zum Schluss: Welche 3 Tipps würden Sie angehenden Gründern mit auf den Weg geben?

1. Die Aufnahme „fremder“ Gesellschafter sollte behutsam angegangen werden. Selbst die besten Freunde können „Wenn es ums Geld geht“ anders werden.

2. Davon ausgehen, dass alles länger dauert, als man denkt.

3. Dinge vom Ende her denken. Welche Aus- und Nebenwirkungen haben Entscheidungen, die ich heute treffe, in der Zukunft? Sind sie reversibel? 

Weitere Informationen finden Sie hier

Wir bedanken uns bei Johannes Mauser für das Interview

Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder

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