„Er selbst war ja ein top Unternehmer, aber danach …“. Die Regelung der Nachfolge ist die wichtigste und schwierigste Aufgabe überhaupt. Daran werden Unternehmerinnen und Unternehmer immer gemessen werden. Bei Familienunternehmen gilt die Übergabe an die nächste Generation als die Königsdisziplin.
Täglich Entscheidungen treffen, das Risiko von Fehlern eingehen, Fehlschläge aushalten, den Betrieb vorwärtsbringen, – das alles beinhaltet Unternehmertum. Wer eine Firma gründet oder übernimmt, entscheidet sich für große Verantwortung und hofft darauf, sein erfolgreiches Unternehmen in zwanzig oder dreißig Jahren in gute Hände abgeben zu können. Spätestens mit 60 sollte kein Weg mehr an der Regelung der Unternehmensnachfolge vorbeiführen.
Aber wie mache ich das richtig? Und wer soll übernehmen? Einem Familienunternehmen stehen gleich vier Wege offen: Die Nachfolgerin oder der Nachfolger findet sich in der eigenen Familie oder aber innerhalb der Firma, also unter den Mitarbeitern. Ist das nicht der Fall, kann extern jemand gesucht werden. Die letzte, radikalste – und manchmal beste – Lösung ist der Verkauf des Unternehmens. Was zählt, ist der langfristige Erfolg.
Warnung vor Pflichtgefühl
Jeder der vier Wege hat seine Vor- und Nachteile. Bei einer familieninternen Lösung ist der Fortbestand der Firma wahrscheinlich. Sohn, Tochter oder Neffe kennen die Werte des Unternehmens von Kindesbeinen an und können sie weitertragen. Doch es besteht auch das Risiko, dass sie sich nur aus Pflichtgefühl auf die Übernahme der Firma einlassen. Das geht langfristig selten gut. Der nahtlose Übergang wird zudem erschwert, wenn der Firmengründer – noch ist das in der Regel der Vater, seltener die Mutter – sehr dominant ist und den Nachwuchs daran hindert, an der Aufgabe zu wachsen.
Mein Vater, selbst Nachfolger in vierter Generation und Sohn eines Patriarchen alter Schule, wusste das zu meinem Glück aus eigener Erfahrung. Seine Übergabe an mich verlief – nach harten Verhandlungen – in Etappen und ohne große Reibungsverluste. Ich brachte allerdings einige Grundvoraussetzungen mit, auf die bei jeder Suche nach einem Nachfolger oder einer Nachfolgerin geachtet werden muss: Fachwissen, betriebswirtschaftliches Wissen und Erfahrung aus der Arbeit bei anderen großen Firmen. Dazu kam eine starke Selbstmotivation, echtes Interesse an unserem Familienbetrieb und dessen Zukunft sowie die Bereitschaft in allen Bereichen des Unternehmens zu arbeiten, bevor ich es irgendwann führen würde. So wie es jetzt meine Tochter und mein Sohn machen, die voraussichtlich in sechster Generation die neue Spitze unserer Firma sein werden, wenn ich mich zurückziehe. Einfach gesagt: Nur qualifizierte Nachfolger sind gute Nachfolger.
Nicht ohne neutrale Beratung
Oft aber ist es in der Familie unmöglich, die Person zu finden, die die Eigenschaften mitbringt, die ein Unternehmer braucht. Dann kann ein Verkauf die bessere Lösung sein. Eine Fehlbesetzung aus den eigenen Reihen kann zum Verlust der Firma, aber auch zum Zerbrechen der Familie führen. Schuld sind in der Regel Emotionen und mangende Offenheit. Ich habe schon Nachfolgeprozesse erlebt, die völlig aus dem Ruder liefen. Deshalb halte ich es für fahrlässig, die Nachfolge ohne externe, neutrale Beratung zu planen. Gerade, wenn es zu Problemen kommt, ist der Blick von außen, die emotionslose Vermittlung, dringend geboten.
Bei der externen Nachfolge ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass sich die Kultur des Unternehmens verändert, weil von außen neue, andere, Werte eingebracht werden. Es besteht die Gefahr, dass der bestehende Betrieb – in der Regel nicht weniger als ein Lebenswerk – ein paar Jahre später kaum wiederzuerkennen oder sogar weiterverkauft ist.
Der Vorteil eines Verkaufes ist jedoch nicht zu unterschätzen. Es fließt Geld, das Alter ist abgesichert. Bei der familieninternen Lösung sieht das anders aus, weil meistens der größte Teil des Vermögens in der Firma steckt und der Sohn oder die Tochter nicht einfach kaufen können. Das Risiko bleibt beim Unternehmer. Bei einem externen Verkauf kann er Verantwortung und Risiko sofort abgeben. Auch vor einem Verkauf gilt: Beratung hilft.
Und was kommt danach?
Welcher Weg auch immer gegangen wird: Die Fragestellungen bei der Unternehmensnachfolger reichen von finanziellen, über persönliche und emotionale bis hin zu rechtlichen und steuerlichen Themen. Auch nur eines davon zu ignorieren, kann jede Nachfolgeregelung gefährden. Ebenso wie langes Warten auf den richtigen Zeitpunkt. Spätestens fünf Jahre vor dem geplanten Ausstieg, sollte man mit dem konkreten Nachdenken beginnen.
Und noch eine Frage gibt es, die nicht unterschätzen sollte, wer sein Unternehmen loslassen will: Was kommt danach? Plötzlich ist man nicht mehr von früh bis spät im Betrieb, nicht mehr für alles verantwortlich. Welche anderen Interessen gibt es? Welche Pläne für die dazugewonnene Zeit? Die Übergabe an die Nachfolgenden darf nicht als Schritt ins Nichts empfunden werden, sonst ist der nächste Konflikt programmiert.
Über Walo von Mühlenen:
Der Schweizer Käse-Weltmeister und Käse-Affineur Walo von Mühlenen führt den Betrieb seiner Familien in der fünften Generation. „Wir haben mehr internationale Preise gewonnen, als die Schweiz Berge hat.“ Darunter diverse Käse-Weltmeister-Titel. Als erster Käse-Affineur weltweit hat von Mühlenen sogar einen Platz im Museum, dem historischen Museum Bern.
Mehr zur Familiengeschichte: https://affineurwalo.ch/ueber-uns/die-geschichte-der-familie
Fotograf/ Bildquelle: Karl-Heinz Hug
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