Finoa Finanz-Dienstleistungen für institutionelle Investoren
Stellen Sie sich und das FinTech Startup Finoa kurz unseren Lesern vor!
Henrik Gebbing: Finoa ist ein Blockchain-FinTech, welches Finanz-Dienstleistungen für institutionelle Investoren im Bereich der digitalen Vermögenswerte anbietet. Kernprodukt ist hier eine innovative Storage-/Verwahrlösung für die Private Keys zu eben diesen Vermögenswerten. Blockchain-Technologie basiert auf einem asymmetrischen, kryptographischen Verfahren, bei dem der Private Key (eine Art Buchstaben- und Zahlenkombination) den einzigen Zugangscode zum unterliegenden Asset stellt und somit unbedingt vor Fremdzugriff gesichert werden muss. Hierzu nutzen wir eine Verbindung aus bankenähnlicher Infrastruktur mit innovativen Kontrollmechanismen.
Gegründet haben Chris und ich das Unternehmen aus unserer Wohngemeinschaft während des MBA in Madrid, nach 4 gemeinsamen Jahren als Berater im Finanzsektor für McKinsey & Company. Da wir beide einen klassischen BWL-Hintergrund besitzen, haben wir das Management-Team gezielt mit technischer Expertise verstärkt. Mit Matthias Albrecht, Gründer, Core-Developer und ehemaliger Vorstand der XCOM AG/biw Bank, aus der unter anderem der Online-Broker Flatex hervorging, und Thomas Zimmer, langjähriger CIO der 1&1 Internet AG, ist das Team aus unserer Sicht komplementär besetzt.
Warum haben Sie sich entschieden ein Unternehmen zu gründen?
Christopher May: Die grundsätzliche Idee unternehmerisch tätig zu werden ist bei mir schon in der Studienzeit an der WHU entstanden – meine Alma Mater hat eine Vielzahl von Unternehmensgründern hervorgebracht, wodurch viele inspirierende Geschichten während meines Studiums geteilt wurden. Mit Finoa hat sich hier eine Idee entwickelt, die meine Leidenschaft für die Finanzwelt sowie Technologie perfekt kombiniert und von der ich nachhaltig überzeugt war.
Henrik Gebbing: Bei mir war es ähnlich! Grundsätzlich war ich sehr zufrieden im vorherigen Berufsleben, wollte aber immer meine Augen für potentielle Geschäftsideen offen halten. Am Ende haben eigene, negative Erfahrung im Umgang mit Crypto-Assets wie Bitcoin und Co. dazu geführt, dass wir zu einer Professionalisierung des jungen Ökosystems rundum der Blockchain-Technologie und deren Einsatz im Finanzsektor beitragen wollten.
Welche Vision steckt hinter Finoa?
Christopher May: Finoa sieht sich langfristig als der go-to-partner für Finanzdienstleistung für institutionelle Investoren im Bereich der digitalen Vermögenswerte im deutschsprachigen Raum und Europa – wir nennen dies „Digital Asset Banking“. Wir erarbeiten daher ein Produktportfolio an Finanzdienstleistungen, zugeschnitten auf die Bedürfnisse professioneller Investoren. Teil der Vision ist es ein selbständiges, reguliertes Finanzinstitut zu etablieren.
Von der Idee bis zum Start was waren bis jetzt die größten Herausforderungen und wie haben Sie sich finanziert?
Christopher May: Eine gute Frage, zu der wir wahrscheinlich tagesfüllend sprechen könnten. Einer der Kernprobleme war sicherlich zunächst die Wahl der passenden Jurisdiktion. Wir haben Finoa zunächst als Schweizer Unternehmen in Zug gegründet, uns aber Anfang 2019 dazu entschieden in den deutschen Rechtsraum zu wechseln, woraus die Finoa GmbH entstanden ist. Hier war insbesondere für uns wichtig, dass wir regulatorisch als auch markttechnisch das beste Umfeld finden. Juristisch und administrativ haben wir den Umzug sicherlich unterschätzt, da die bürokratischen Wege in Deutschland sehr lang sein können. Rückblickend hätten wir uns sicher von Anfang an anders geografisch positionieren können. Finanziert haben wir Finoa über eine initiale Family, Friends & Network Finanzierungsrunde und sind aktuell kurz davor eine Anschlussfinanzierung zu schließen.
Wer ist die Zielgruppe von Finoa?
Christopher May: Wie bereits angesprochen, zielen wir auf institutionelle Investoren – hierzu gehören Asset- und Portfoliomanager aus der Hedgefund- aber auch klassischen Fund-Branche. Diese Investorenklasse hat über die letzten Jahre zunehmend Interesse an digitalen Vermögenswerten entwickelt, hat oft jedoch Schwierigkeiten legitime Finanzdienstleistungs-Anbieter zu finden. Eine weitere Kundengruppe sind sogenannte STO-Plattformen und Emittenten von STOs.
STO steht für Security Token Offering, was in der einfachsten Analogie einem digitalen, Blockchain-basierten Börsengang entspricht, bei dem zum Beispiel die Unternehmensanteile als technischer Token, ohne physische Replikation ausgegeben werden. Neben Unternehmensanteilen können hier aber auch Fremdkapitalprodukte, wie beispielsweise Schuldverschreibungen ausgegeben werden. Das Berliner Unternehmen Bitbond hat zuletzt die erste, BaFin-regulierte Unternehmensfinanzierung über einen STO platziert.
Finoa kann hier für die sichere Infrastruktur im Umgang mit den digitalen Vermögenswerten helfen.
Mittel- bis langfristig werden auch klassische Bankinstitute oder Industrieunternehmen, beispielsweise im Bereich des „Internet of Things“ zu potentiellen Kunden, da diese bereits vorsichtig mit digitalen Assets experimentieren, oft jedoch nicht die passende technische Infrastruktur vorhalten können. Hier arbeiten wir z.B. bereits mit Telefonica im Rahmen ihres Open Future Accelerator Programms zusammen.
Warum haben institutionelle Investoren spezifische Bedürfnisse im Umgang mit digitalen Assets?
Henrik Gebbing: Institutionelle Investoren haben aus geschäftspolitischer-, aber auch regulatorischer Sicht, ganz andere Anforderungen an Storage Lösungen für digitale Assets als Privatinvestoren, die beispielsweise 500€ in Bitcoin halten. Eigenverwaltung oder sogenannte Self-Custody der Private Keys ist zumeist keine Option, da institutionelle Investoren das Risiko der Sicherung der gehaltenen Assets lieber „out-sourcen“.
Als Vorbild dient hier die traditionelle Finanzwelt, in der sogenannte Verwahrstellen (engl. Custodians) diese „Out-Sourcing“ Rolle übernehmen, oft auch aufgrund regulatorischen Anforderungen. BNY Mellon oder StateStreet sind hier bekannte Beispiele. Finoa sieht sich als solche Verwahrstelle für institutionelle Investoren, benötigt im Vergleich zu Verwahrstellen in der traditionellen Finanzwelt allerdings weit höhere technologische Sicherheitsstandards – der Natur digitaler Assets bedingt. Die gezielte Kombination einer bankenähnlichen Infrastruktur mit höchsten Hardware-Sicherheitsstandards, ermöglicht überhaupt erst unser Serviceangebot.
Was unterscheidet Sie von anderen Anbietern? Wie ist das Feedback?
Henrik Gebbing: Institutionellen Investoren bleiben derzeit nur zwei Varianten um die Private Keys zu ihren Digital Assets sicher zu verwalten, wobei beide essentielle Schwachstellen aufweisen. Entweder halten Investoren Ihre Private Keys auf sogenannten Kryptobörsen, mit zumeist nicht-auditierten und undurchsichtigen Unternehmensstrukturen, bei denen die Assets zwar jederzeit verfügbar sind, jedoch zuletzt häufig Ziel von Hacker-Attacken oder aber auch betrügerischer Machenschaften geworden sind – diese Art der Private Key Storage wird auch „Hot-Storage“ genannt.
Als Gegenpol hierzu gib es sogenannte „Cold-Storage“ Lösungen, bei denen die Private Keys in einer Offline-Umgebung, also nicht mit dem Internet verbunden, gehalten werden um das Hacker-Risiko zu limitieren. Hier wird aber am Ende der Sicherungsprozess von einer technischen Lösung zu einem menschlich bewachten Prozess verschoben und unterliegt daher ebenfalls einem Risiko. Zusätzlich dauert es oft bis zu 24 Stunden, bis der Kunde seine Assets aus der Offline-Umgebung wieder online verfügbar sieht. Oftmals sind hier Fax oder Telefon-Prozesse involviert, welche alles andere als digital sind. Für institutionelle Investoren, die im Markt handlungsfähig bleiben wollen, ist dies ebenfalls nicht praktikabel.
Daher haben wir uns bei Finoa zum Ziel gesetzt, das Vakuum an wirklich nutzbaren Lösungen zu entfernen.
Finoa’s „Warm-Storage“ Lösung ist die derzeit einzige hochsichere, volldigitale Storage Lösung im Markt und ermöglicht direkten Zugriff auf die Assets, indem die Private Keys auf sogenannten Hardware-Security-Modules (HSMs) online gehalten werden. Hier setzen wir den „Gold-Standard“ der Hardwaresicherheit ein und haben eine Kooperation mit der Aachener Firma Utimaco geschlossen.
Um diese Kombination aus Nutzbarkeit und Sicherheit möglich zu machen, haben wir eine Bankeninfrastruktur aufgebaut, inklusive Blockchain-adaptiertem Kernbankensystem und Hochsicherheits-Datencenter. Zusätzlich war uns wichtig, eine aus Kundensicht maximal nutzerfreundliche Lösung zu bieten. Unsere Kunden können daher über ein hoch-intuitiven Online-Banking Account nicht nur die Bestandsübersicht einsehen, sondern können Transaktionen zusätzlich über einen volldigitalen, Smartphone-gesteuerten Prozess per Fingerprint bestätigen: eine voll mobile, 100% digitale Storage Lösungen für digitale Assets.
Finoa, wo geht der Weg hin? Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?
Christopher May: 5 Jahre in die Zukunft zu blicken ist in der schnelllebigen Startup- und Technologieszene sicher keine einfache Übung. Wir sehen Finoa in 5 Jahren als etablierte, regulierte Marke im Umfeld der digitalen Vermögenswerte mit einer Palette an Finanzdienstleistungen im Angebot.
Zum Schluss: Welche 3 Tipps würden Sie angehenden Gründern mit auf den Weg geben?
Henrik Gebbing:
1. Finde dein Tech-Team bevor du gründest
2. Auch wenn alles länger dauert als geplant, setze dir klare Deadlines
3. Netzwerk, Netzwerk, Netzwerk
Christopher May:
1. Gerade die Anfangszeit kann sehr steinig werden – eine Idee und Vision, für die man brennt und sich motivieren kann, hilft hier sehr
2. Step-by-Step – auch wenn man schnell sein sollte ist es wichtig, die nächsten Schritte gut vorbereitet zu haben (Bsp. Pre-Mature Scaling)
3. Gute Rechtsberatung (besonders in unserer Branche) ist unerlässlich
Wir bedanken uns bei Henrik Gebbing und Christopher May für das Interview
Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder