Professionistas ist eine Kommunikationsagentur, die Unternehmen hilft, die Gen Z wirklich zu verstehen – und sie auf Augenhöhe zu erreichen.
Wie ist die Idee zu Professionistas entstanden – und was hat euch beide zur Gründung bewegt?
Susanne: Ich habe in meinen Seminaren zunehmend beobachtet, dass die Kluft zwischen den Studierenden und unseren Praxispartnern aus der Wirtschaft größer wird. Es fehlt ein fundamentales Verständnis für die jeweils andere Seite. Gen Z weiß, was Gen Z will, aber sie versteht häufig nicht, was die Unternehmen, sprich ihre potenziellen Auftraggeber bewegt und welch langen Atem es für langfristigen Erfolg und Wertschöpfung braucht. Auf der anderen Seite das Kopfschütteln der älteren Generation, dieses Unverständnis für die jungen Menschen.
Ich selbst bin seit mehr als 20 Jahren als PR-Beraterin tätig und habe gemerkt, dass ich gut mit beiden Seiten kann, dass ich mich bei diesen Begegnungen der Generationen immer wieder in der Rolle der Vermittlerin finde. Wenn einem dann noch so ein visuell versierter Medienprofi wie meine Partnerin Anett begegnet, dann muss man gründen. Wir teilen auch persönlich sehr viel, was das „Sistas“ im Agenturnahmen Professionistas erklärt: Von unserer Leidenschaft für Neues, dem DDR-Hintergrund, der Vorliebe für rosa-rot bis hin zu den Muttivibes, die uns bescheinigt werden – nicht nur von den eigenen Kindern, sondern auch von den Studis
Anett: Genau diese Vermittlerin-Rolle habe ich in meinem Alltag als Medienprofessorin auch immer wieder gespürt – nur eben von der anderen Seite. Oft wurde ich von Geschäftsführer- oder Gründer:innen gefragt, ob ich nicht jemanden für Social Media hätte. Dahinter steckt ja oft der Gedanke: „Die Jungen können doch Instagram & Co, oder?“ Aber Social Media in Unternehmen braucht mehr als Plattform-Wissen: Es braucht Strategie, Verständnis für Zielgruppen und Business-Ziele. Und genau daraus entstand unsere Idee: Keine Agentur, die nur vermittelt, sondern eine, die mit der Gen Z zusammenarbeitet. Auf Augenhöhe. Strategisch. Und immer als Brückenbauerin zwischen den Welten.
Was verbindet euch persönlich mit der Generation Z und warum ist sie für Unternehmen so schwer zu erreichen?
Anett: Ich bin seit 12 Jahren an der Hochschule. Das prägt. Wenn man sich wirklich einlässt auf die jungen Menschen und nicht nur darüber stöhnt, weil sie mal wieder alle am Tag der Exkursion absagen oder ihr Selbststudium zu Hause nicht machen, sondern versucht, sie, ihren Alltag und ihre Sorgen wirklich zu verstehen, dann macht das was mit einem. Dann kann es gelingen, die Perspektive der Gen Z einzunehmen. Grundsätzlich haben wir als Mütter wahrscheinlich noch einmal ein ganz anderes Verständnis für die Jungen. Auf beruflicher Ebene verbindet mich das Visuelle mit der Gen Z. Ich komme aus der Fernsehindustrie und es ist toll zu sehen, was wir gemeinsam umsetzen und dass unsere Herzen hier bei der ein oder anderen Umsetzung wirklich gemeinsam schlagen. Für die Gen Z geht es ja gar nicht mehr ohne Bewegtbild!
Was unterscheidet Professionistas von klassischen Agenturen in der Kommunikationsbranche?
Anett: Ich würde sagen, wir sind vor allem diverser, dynamischer und transparenter.
Divers, da in Gen Z-Agenturen oft vor allem Gen Z Kommunikation für die Gen Z macht. Wir haben durch unsere langjährigen Industrieerfahrungen aber auch einen guten Draht zum Mittelstand. Und dieser hat es oft schwer, überhaupt erste Anknüpfungspunkte an die Gen Z zu finden. Hier sehen wir uns tatsächlich als Brückenbauerinnen zwischen der Wirtschaft und den jungen Fachkräften und Konsument:innen.
Dynamisch, da sich unser Team vorrangig aus freischaffenden Kreativen zusammensetzt. Wir verfügen über ein breites Netzwerk in der Kreativszene, von Autoren und Filmproduzenten über Kommunikations- und Motion Designer bis hin zu Musikproduzenten und Freelancern im Bereich Social Media, insbesondere für die Gen Z. Dieses Netzwerk ist ein zentraler Bestandteil unseres Angebots.
Transparent, da wir auf unser Webseite Festpreise kommunizieren, was sehr untypisch in der Agenturszene ist. Natürlich können wir individuelle Lösungen finden, aber wir kommunizieren ganz klar, was wir bieten und bei welchen Einstiegspreisen wir uns bewegen. Klassische Agenturen starten oft erst ab einem bestimmten Budget. Das ist bei uns geringer, da wir unsere primäre Zielgruppe in Startups und KMU sehen und diese nicht das große Konzernbudget haben, aber auch ihnen mit mehr Fokus und qualitativ hochwertigen Kampagnen geholfen ist, selbst wenn man erst einmal nur mit einem Kanal beginnt.
Wie gelingt es euch, Wissenschaft, Praxis und Kreativität in eurer Arbeit miteinander zu verbinden?
Susanne: Dafür befinden wir uns in einem idealen Setting. Die Hochschule Fresenius, an der wir lehren, wünscht und fördert einen starken Praxisbezug. Das ist es, was die Studierenden erwarten. Wir erleben Wissenschaft, Praxis und Kreativität jeden Tag.
Es ist aber manchmal auch ein ganz schöner Spagat. Denn Praxis und Kreativität hin oder her: die Studierenden müssen dennoch ihre Haus- und Abschlussarbeiten nach wissenschaftlichen Kriterien schreiben und zu kritischem Denken und Hinterfragen angeregt werden. Wir wissen, dass uns bestimmte wissenschaftliche Portfolio-Modelle oder Theorien in unserer jahrzehntelangen Erfahrung mit Unternehmen und Management noch nie begegnet sind. Aber ein tiefes Verständnis von Gesellschaft, Struktur und Prozessen ist in jedem Bereich fundamental wichtig. Insofern gehört zur Lehre auch, dass man der Theorie wegen lernt. Und das hat im Gesamtbild absolut seine Berechtigung.
Wer gehört zu euren typischen Auftraggebern – und welche Probleme bringen sie mit?
Anett: Eine unserer Personas ist der skeptische Stefan. Wir gehen von einem Geschäftsführer im Alter von etwa 45-50 Jahren aus. Er steht uns mit einer Vielzahl von Vorurteilen gegenüber, hinterfragt grundsätzlich die Expertise von Kommunikationsexpert:innen, insbesondere deren Kompetenz, seine eigenen komplexen Produkte und Dienstleistungen zu durchdringen. Dabei ist genau das unser Job. Auch will Stefan kostengünstige sofortige Ergebnisse und fragt sich, ob das bisschen Social Media nicht wie bisher sein Werkstudent für 500 Euro oder Mitarbeiter xy nebenbei machen kann. So sieht der gesamte Auftritt dann aber leider auch aus. Diese Skepsis stellt uns vor die Herausforderung, strategisch langfristigen Markenaufbau zu betreiben und zugleich permanent messbare Erfolge zu präsentieren.
Welche Rolle spielt euer studentisches Kreativteam in der Entwicklung eurer Kommunikationsstrategien?
Susanne: Sie sind die Kreativen. Aber das allein reicht nicht. Es sind Studierende und keine Senior-Fachkräfte. Da werden strategische Überlegungen außen vorgelassen, viel zu oft mal schnell Chat GPT-Ergebnisse nicht hinterfragt und Markenumfelder nicht durchdrungen, die außerhalb der eigenen Zielgruppe liegen. Gen Z fasst nicht nur die 20-Jährigen. Und auch die 20-Jährigen kommen aus verschiedenen Milieus.
Was wir sehr wertschätzen an unserem studentischen Kreativteam, ist, wenn sie mit uns ihre Sicht auf die Welt teilen, uns wirklich teilhaben lassen. Es gibt großartige intensive Momente auf Augenhöhe zwischen uns. Und natürlich sind sie unschlagbar in ihrem Wissen um das, was die Gen Z wirklich bewegt, ihre Sprache, ihre Kanäle, Trends, Hashtags etc. Da können Anett und ich noch so viel lesen.
Wie stellt ihr sicher, dass eure Botschaften nicht nur gut gemeint, sondern auch wirklich zielgruppengerecht sind?
Anett: Die Gen Z Spanne ist groß. Wir sagen grob 18 bis 30. Wir haben einen Kunden für Nahrungsergänzungsmittel und die will nicht nur jüngere Menschen erreichen, sondern auch die Eltern. Hier können wir uns dank unseres diversen Teams tatsächlich nicht nur professionell analytisch in die Zielgruppen hineinversetzen, sondern leben diese auch. Das macht unsere Kommunikation so wirkungsvoll und authentisch.
Welche Herausforderungen erlebt ihr aktuell im Spannungsfeld zwischen klassischer PR und neuen Formaten wie TikTok-Shops?
Susanne: Ich habe meine PR-Karriere damals bei Strato angefangen. Da telefonierte ich noch mit den Journalisten. Klingt krass für die Studierenden, aber ich sage ihnen immer, die Kanäle hätten sich geändert, nicht aber die grundsätzliche Idee, Unternehmen und Öffentlichkeit einander anzunähern. PR ist für mich nach wie vor die Königsdisziplin, da sie, wenn man sie als crossmediale Unternehmenskommunikation denkt, so viel vereint; von der Positionierung über Stakeholder Management und Content Creation bis hin zu spannenden Veranstaltungs-Formaten.
Die große Frage ist doch letzten Endes, wo und wann ich meine Zielgruppen bzw. relevanten Stakeholder am besten auf welchem Kanal erreichen und begeistern kann. PR kennt keine Grenzen, wird aber nicht nur von den Studis, sondern häufig auch von den Unternehmen bedauerlicherweise einzig als Kanal, sprich Pressemitteilung verstanden.
Was war bislang die spannendste Erkenntnis aus der Zusammenarbeit zwischen den Generationen in eurem Team?
Anett: Tatsächlich habe ich schon öfter überlegt, ein kleines Tagebuch über die Anekdoten aus unserem Hochschulalltag zu führen, weil genau darin oft die spannendsten Erkenntnisse stecken. Ein schönes Beispiel dafür ist unser studentischer TikTok-Kanal. Dort zeigen unsere Medienstudierenden sehr direkt und selbstironisch, wie sie ihren Alltag erleben – inklusive kleiner Seitenhiebe auf uns Dozierende. Klassiker sind TikToks à la: „Wenn der Dozent sagt, das ist nicht klausurrelevant“ oder „Hausarbeiten, die am Abend vor der Abgabe entstehen“. Die wahrscheinlich spannendste Erkenntnis?
Dass ein harmloser 👍 (Daumen hoch) Emoji für uns „Alles klar, danke“ heißt – und für Gen Z ungefähr so passiv-aggressiv rüberkommt wie ein „Mit freundlichen Grüßen“ in einer wütenden E-Mail. Das war tatsächlich neu für mich und zeigt sehr schön: Es sind oft nicht die großen Themen, sondern genau diese kleinen Codes und Zeichen, die in der Zusammenarbeit zwischen den Generationen den Unterschied machen.
Wie sieht eure Vision für Professionistas in den nächsten Jahren aus?
Anett: Wir bauen Brücken zwischen der Industrie und Generation Z. Susanne und ich ermöglichen mit unserem Team nicht nur den Unternehmen Zugang zur Gen Z und neuen Medien, sondern begleiten gemeinsam mit unseren Kunden und unseren tollen Kreativpartnern wie die Runway- und Fashion-Fotografin Andrea Heinsohn oder der Motion Designer Alfred Rehbach auch die Kommunikationstalente von morgen auf ihrem Weg in die Wirtschaft.
Was gebt ihr anderen Gründerinnen und Gründern mit, die ein Unternehmen an der Schnittstelle von Bildung, Wirtschaft und Kreativität aufbauen möchten?
Susanne: Ihr braucht Partner und Fürsprecher. Das haben wir auch an unserer Hochschule erlebt. Mit Prof. Dr. Yorck von Borcke haben wir einen Media School-Leiter, der zum Glück hinter uns steht. Das ist nicht selbstverständlich.
Und ihr müsst sehr viele Sprachen beherrschen. Der Bildungssektor ist eine Welt für sich. Da wird in Schuljahren gedacht und geplant. Ich habe spannende Startups wie Emoree an dieser Herausforderung scheitern sehen. Dieser Spagat zwischen der Schnelligkeit der Gründer:innenszene und langsam mahlenden Mühlen…das ist schwer zu vereinen.
Wie verändert sich eurer Meinung nach gerade die Kommunikationslandschaft – und was sollten Unternehmen dringend verstehen, um relevant zu bleiben?
Susanne: Budgets für Kommunikation sind bei Kürzungen häufig am ersten betroffen. Das ist fatal für den langfristigen Markenaufbau. Klar ist es verlockend, auf kurzfristige Performance und Ads zu setzen, aber viele Unternehmen machen die schmerzhafte Erfahrung, wie stark sie im Ranking abstürzen, egal ob auf Amazon oder Google, sobald sie ihr Werbebudget nur minimal reduzieren. Es ist wichtig und richtig, auf diesen Plattformen präsent zu sein, aber sie greifen riesige Werbemittel ab, die Unternehmen wenigstens teilweise auch in organische Kommunikation, bspw. Content Marketing oder Social Media-Marketing investieren könnten. Hier sind die Resultate nicht quick & dirty, aber sie beeinflussen das Ranking nachhaltig positiv und führen bestenfalls direkt auf den eigenen Webshop oder die Unternehmenseite.
Bild: Prof. Dr. Susanne Ardisson und Prof. Dr. Anett Sass, Gründerinnen von Professionistas @Andrea Heinsohn
Wir bedanken uns bei Prof. Dr. Susanne Ardisson und Prof. Dr. Anett Sass für das Interview
Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder.
Premium Start-up: Professionistas

Kontakt:
Ardisson & Sass GbR
c/o Hochschule Fresenius
Alte Rabenstraße 1
D-20148 Hamburg
https://www.professionistas.de/
hallo@professionistas.de
Ansprechpartner: Prof. Dr. Susanne Ardisson und Prof. Dr. Anett Sass