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Warum mentale und körperliche Resilienz der entscheidende Faktor für Wachstum, Fokus und Krisenfähigkeit ist
In den meisten Pitch Decks geht es um Marktvolumen, Skalierungspotenziale und Technologievorsprung.
Doch es gibt eine Kennzahl, die fast nie auftaucht, obwohl sie über Erfolg oder Scheitern eines Start-ups entscheiden kann:
Die Gesundheit der Gründer.
Klingt banal? Ist es nicht. Denn wer in der Frühphase ein Unternehmen aufbaut, ist nicht nur CEO. Sondern Chief Decision Maker, Chief Crisis Officer, Chief Sleep Deprivation Manager, oft über Jahre hinweg.
Was dabei auf dem Spiel steht, wird unterschätzt: Fokus, Urteilsfähigkeit, emotionale Stabilität, Langfristdenken. Alles beginnt und endet mit der körperlichen und mentalen Verfassung des Gründungsteams.
Gründer sind Risikogruppe
Studien zeigen: Gründer sind signifikant stärker von psychischen Belastungen betroffen als der Durchschnitt.
Laut einer Umfrage von First Round Capital geben 72 % der befragten Gründer an, unter mentaler Belastung oder Erschöpfung zu leiden.
Eine Studie von UC Berkeley fand heraus, dass Gründer doppelt so häufig Symptome von Depression, Angststörungen und Suchtverhalten zeigen wie Nicht-Gründer.
Schlafmangel, Dauerstress, Mikronährstoffmangel und chronische Überlastung erhöhen das Risiko für Burnout, häufig in der Phase, in der das Unternehmen eigentlich skaliert.
Was als “Hustle Culture” verklärt wird, ist oft schlicht Selbstvernachlässigung mit System.
Und das hat Folgen. Nicht nur persönlich, sondern auch betriebswirtschaftlich.
Warum Gesundheit zur Kern-KPI gehört
Ein gesunder Körper ist kein Nice-to-have. Er ist die Infrastruktur für alles, was folgt.
Entscheidungsqualität
Chronischer Stress verengt den kognitiven Fokus. Wer dauerhaft im Fight-or-Flight-Modus arbeitet, trifft impulsivere Entscheidungen, oft zu Lasten strategischer Weitsicht.
Führungskompetenz
Emotionale Stabilität und Empathie, zwei Kernkompetenzen im Wachstum, hängen direkt mit Schlafqualität, Hormonbalance und mentaler Resilienz zusammen.
Execution & Energie
Gründer sind Multiplikatoren. Ihr Energielevel überträgt sich auf das Team, auf die Kultur, auf die Produktivität. Wer konstant auf dem Zahnfleisch läuft, bremst sein Unternehmen, auch wenn es niemand offen sagt.
Krisenfestigkeit
Wer körperlich und mental stabil ist, regeneriert schneller, setzt klarere Prioritäten und bleibt handlungsfähig, selbst in Downrounds, Entlassungen oder Wochen mit 80+ Stunden.
Tools und Prinzipien für Gründer
Die gute Nachricht: Gesundheit lässt sich systematisch aufbauen, ohne Dogmatismus oder Optimierungswahn. Es geht nicht um Biohacking-Spielereien, sondern um einfache Prinzipien mit großer Hebelwirkung.
1. Das Minimum Viable Protocol (MVP) der Gründergesundheit
Schlaf priorisieren
7–8 Stunden. Dunkel. Ruhig. Bildschirmfrei. Wer das nicht ernst nimmt, verliert Fokus, Hormonbalance und emotionale Kapazität bereits in Woche 1.
Bewegung = Entladung
Keine Zeit für Sport ist keine Ausrede. 20 Minuten Zone-2-Cardio täglich (z. B. leichtes Joggen mit Podcast) wirken direkt auf Cortisol und Stresshormone.
Mikronährstoffe auffüllen
Häufig fehlen Magnesium, B12, Vitamin D, Omega-3, gerade unter Dauerstress. Ein einfacher Bluttest bringt hier oft schnelle Klarheit.
Stimulanzien bewusst einsetzen
Koffein, HIIT, Eisbad – das sind starke Hebel, die auch ins Negative kippen können. Wer ständig nur pusht, verliert die Fähigkeit, zu entspannen.
2. Mentale Stabilität als Leistungsfaktor
Coaching & Reflexion
Nicht erst im Burnout. Gründer profitieren massiv von regelmäßiger Reflexion, sei es mit Coach, Sparringspartner oder durch strukturierte Journaling-Routinen.
Fokuszeiten fest einbauen
2–3 Stunden pro Woche ohne Slack, Mails oder Calls. Fokus entsteht im Leerlauf, nicht im Dauerfeuer.
Gezielte Erholung
Schlaf ist nicht gleich Erholung. Ohne gezielte Phasen der Entspannung (Atemarbeit, Sauna, Wald, Gespräche außerhalb des Gründerkosmos) bleibt das Nervensystem im Daueralarm.
Was Investoren verstehen sollten
Gesunde Gründer sind kein „Nice-to-have“. Sie sind eine betriebswirtschaftliche Notwendigkeit.
Wer als Investor Kapital in ein Start-up steckt, sollte sich nicht nur für Umsatz, Produkt oder TAM interessieren, sondern auch dafür, ob das Gründungsteam physisch und mental durchhält.
Denn kein Cap Table der Welt schützt vor Burnout.
Einige Fonds wie Calm Company Fund, Alpine Investors oder Founders Pledge sind bereits aktiv, mit Gesundheitsbudgets, Founder-Retreats und präventiven Coaching-Programmen.
Das ist kein Wellness.
Das ist Risikomanagement.
Fazit: Gesundheit ist Businessinfrastruktur
Ein Start-up lebt von Fokus, Energie, Klarheit, Kommunikation.
Und all das beginnt beim Körper.
Wer ein Unternehmen gründet, baut Systeme für Produkt, Vertrieb, Hiring.
Aber das wichtigste System ist der eigene Organismus.
Er ist das Betriebssystem für alles, was entsteht.
Ein Unternehmen ist nur so resilient wie sein Gründer.
Bild Niko Hems @Niko Hems
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