Isar Aerospace: Europas erste kommerzielle Orbitalrakete hebt ab
Isar Aerospace schreibt Raumfahrtgeschichte: Das Münchner Startup gelingt vom Andøya Spaceport in Norwegen der erste orbitalfähige Raketenstart vom europäischen Festland. Ein kurzer Testflug – mit großer Wirkung.
Europas Aufbruch ins All – made by Isar Aerospace
Am 30. März 2025 um exakt 12:30 Uhr mitteleuropäischer Sommerzeit hebt sie ab: Spectrum, die erste kommerzielle Trägerrakete Europas, entwickelt vom deutschen Raumfahrt-Startup Isar Aerospace, startet zu ihrem Erstflug vom Andøya Spaceport in Norwegen.
Rund 30 Sekunden später wird der Testflug wie geplant abgebrochen – die Rakete stürzt kontrolliert ins Meer. Kein Rückschlag, sondern eine erfolgreiche Premiere: Flugdaten wurden gesammelt, zentrale Systeme getestet, und der nächste Start ist bereits in der Pipeline.
CEO Daniel Metzler zieht ein klares Fazit: „Unser erster Testflug hat alle Erwartungen erfüllt. Wir hatten einen sauberen Liftoff, 30 Sekunden Flugzeit – und konnten sogar unser Flight Termination System validieren.“
Was bedeutet „orbitaler Raketenstart“ eigentlich?
Ganz einfach: Eine Rakete wird so weit und schnell ins All geschickt, dass sie in eine Umlaufbahn um die Erde eintreten kann – also „in den Orbit“ gelangt. Für Telekommunikation, Navigation, Erdbeobachtung oder Klimaforschung ist das essenziell.
Das Besondere an diesem Flug: Es war der erste Test einer Orbitalrakete von Kontinentaleuropa aus. Bisher fanden solche Starts meist außerhalb Europas statt – zum Beispiel in Französisch-Guayana (Ariane) oder den USA (SpaceX, Rocket Lab).
Andøya: Der neue Schlüsselstandort für Europas Raumfahrt
Norwegens Weltraumbahnhof wird zum Gamechanger
Der Andøya Spaceport im Norden Norwegens ist nicht irgendein Startplatz. Er ist der erste und bisher einzige Startstandort für orbitalfähige Raketen auf dem europäischen Festland. Die norwegische Luftfahrtbehörde (NCAA) war europaweit die erste, die eine zivile Lizenz für einen solchen Testflug erteilte.

Daniel Metzler betont die Bedeutung der Partnerschaft: „Takk, Norge, Andøya Spaceport und die gesamte Community. Wir haben hier mutige, verlässliche Partner gefunden, um Europas Zugang zum All aufzubauen.“
Isar Aerospace: Von der Uni zum Marktführer?
Eine Erfolgsgeschichte aus München
Gegründet 2018 von drei Luft- und Raumfahrtstudenten der TU München, hat sich Isar Aerospace in wenigen Jahren zu einem der spannendsten NewSpace-Startups Europas entwickelt.
Angefangen hat alles im MakerSpace von UnternehmerTUM, wo erste Prototypen entstanden. Inzwischen beschäftigt das Unternehmen über 300 Mitarbeitende, hat mehr als 400 Millionen Euro an Risikokapital eingesammelt – unter anderem von HV Capital und Lakestar – und produziert in Ottobrunn nahe München.
Die Rakete: Was kann „Spectrum“?
- Länge: 28 Meter
- Nutzlastkapazität: bis zu 1.000 kg in niedrige Erdumlaufbahnen (LEO)
- Zielgruppe: kleine und mittelgroße Satelliten
- Besonderheit: Fast alle Bauteile werden inhouse produziert, inklusive Triebwerke
„Spectrum“ ist damit die europäische Antwort auf den globalen Bedarf an flexiblen, günstigen Satellitenstarts. Aktuell ist die Kapazität am Markt knapp, Startplätze sind teuer und oft auf Monate ausgebucht.
Warum der kurze Flug trotzdem ein großer Erfolg ist
Daten, Sicherheit, Vertrauen
Bei Raketenstarts – insbesondere bei Erstflügen – geht es nicht sofort um den Orbit, sondern um eines: Lernen.
Die Testmission wurde nach 30 Sekunden absichtlich gestoppt – ein Standardverfahren, das dem Test des Flight Termination Systems dient: Ein Sicherheitssystem, das den Flug bei Unregelmäßigkeiten kontrolliert beendet.

Laut CEO Metzler konnte alles validiert werden: „Wir konnten zeigen, dass wir designen, bauen und starten können. Jetzt geht’s an die Datenanalyse, damit wir bald wieder auf dem Startplatz stehen.“
Was kommt als Nächstes?
Serienproduktion und nächste Flüge
Die Raketen für Flug #2 und #3 befinden sich bereits in Produktion. Das Besondere: Isar Aerospace setzt auf vertikale Integration. Das heißt: Vom Triebwerk bis zur Elektronik wird fast alles selbst gefertigt.
Im neuen Werk in Ottobrunn können künftig bis zu 40 Raketen pro Jahr produziert werden. Das bringt Skalierbarkeit, Tempo und Unabhängigkeit.
Bulent Altan, Chairman von Isar Aerospace und früherer SpaceX-Manager, ist überzeugt: „Es dauert normalerweise mehrere Versuche, um den Orbit zu erreichen. Aber ich glaube, Isar Aerospace wird zu den Schnellsten gehören.“
Europas Raumfahrt braucht Startups wie Isar Aerospace
Souveräner Zugang zum All wird strategisch wichtig
Die geopolitische Lage zeigt: Europa braucht unabhängige Raumfahrt-Infrastruktur. Und dazu gehört vor allem eins – der eigene Zugang zum All.
Mit dem erfolgreichen Testflug von Isar Aerospace ist Europa diesem Ziel ein gutes Stück näher gekommen. Die Kombination aus technischer Kompetenz, Startkapazität in Norwegen und skalierbarer Produktion in Deutschland macht das Startup zu einem echten Hoffnungsträger für die europäische Raumfahrt.
Photo/Source: (c) Isar Aerospace, Brady Kenniston, NASASpaceflight.com
Photo/Source: (c) Isar Aerospace, Photo Robin Brillert, Wingmen Media Photo/Source: (c) Isar Aerospace,