Samstag, Mai 4, 2024
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Wenn die Kundschaft nicht zahlt – ein Leitfaden zum weiteren Vorgehen

In einer aktuellen Umfrage von Coface S.A. gaben rund 65 Prozent der Unternehmen an, dass sie mit Zahlungsverzögerungen ihrer Kundschaft konfrontiert seien. Kommt das Geld nicht rechtzeitig aufs Konto, kann das kurzfristig die Liquidität des Unternehmens bedrohen, speziell auch dann, wenn es sich um kleine Unternehmen handelt. Langfristig ist bei nicht beglichenen Rechnungen sogar dessen Existenz gefährdet, wenn zum Beispiel wichtige Investitionen aufgrund von Liquiditätsengpässen nicht getätigt werden können. Doch wie können Unternehmen souverän vorgehen, wenn ihre Kunden nicht zahlen?

Ein Gespräch kann Wunder bewirken

Unternehmer und Selbstständige können anfangs verunsichert sein, wenn die Rechnungen nicht pünktlich bezahlt werden. Schließlich wurde die Leistung doch erbracht? Besonders dann, wenn Unternehmer noch wenige Kunden haben, mit denen sie sehr persönliche Beziehungen pflegen, ist dies eine unangenehme Situation. Vielleicht ist es ein unzufriedener oder unzuverlässiger Neukunde? Was könnte dahinter stecken? Um diese Fragen zu klären, ist es hilfreich, als Allererstes das Gespräch zu suchen. Oft reicht dafür eine kurze Mail oder ein freundlicher Anruf. Schließlich kann immer Unvorhersehbares geschehen: Der Kunde ist krank, hat Fragen zur Rechnung oder diese ist im Spam-Ordner gelandet. Und auch das Vergessen ist menschlich und kommt mal vor. Durch ein Gespräch können deswegen Unklarheiten oft aus dem Weg geräumt werden. 

Was, wenn ein Gespräch nicht hilft? Tipps für eine zielführende Mahnung

Dann heißt es, professionell und strukturiert vorgehen, um die Chancen auf einen erfolgreichen Zahlungseingang zu steigern. Die Erstellung von Mahnungen ist jetzt der übliche Schritt für Unternehmen und Selbstständige. Damit das Bezahlen des Betrags möglichst reibungslos und zügig geschieht, ist eine korrekte Mahnungserstellung wichtig. Schließlich soll der Kunde eine eindeutige und neutrale Aufforderung erhalten, damit möglichst wenige Missverständnisse entstehen. Am besten wird hierfür eine geeignete Software genutzt. Mithilfe dieser müssen nur noch die individuellen Daten eingegeben werden, das Grundgerüst der Mahnung steht bereits. Auch können hier Mahngebühren und Verzugszinsen eingefügt werden. 

Ist auf der Rechnung kein Fälligkeitsdatum angegeben, darf auf die erste Mahnung keine Gebühr erhoben werden. Erst nach der ersten Mahnung tritt der Verzug auf. Müssen weitere Mahnungen gestellt werden, können hierauf Mahngebühren und Verzugszinsen in Rechnung gestellt werden. 

Erhält die Rechnung ein Fälligkeitsdatum, so tritt der Verzug sofort nach Ablauf des Datums ein. Der Gläubiger kann nun auf die erste Mahnung bereits eine Mahngebühr sowie Verzugszinsen erheben. Die Mahngebühr darf maximal die durch den Verzug entstandenen Kosten abdecken und der Verzugszins liegt bei fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz.  

Und wie so oft gilt, der Ton macht die Musik: Eine Zahlungserinnerung klingt wesentlich freundlicher als eine Mahnung, obwohl sich letztlich das Gleiche dahinter verbirgt.

Wie viele Mahnungen müssen verschickt werden?

Es hat sich etabliert, drei Mahnungen zu schicken, bevor der Kunde als Schuldner in Verzug gesetzt wird. Rein rechtlich ist jedoch nur eine einzige Mahnung bei Privatpersonen nötig – bei Geschäftskunden sogar keine einzige. Trotzdem ist es ratsam, mit den Kunden in Kontakt zu treten und vertrauensvolle Geschäftsbeziehungen aufrechtzuerhalten. Das funktioniert in den meisten Fällen nur, wenn nicht direkt mit einem Anwalt oder einem Gerichtsverfahren gedroht wird. 

Die letzte Lösung: das gerichtliche Mahnverfahren und das Inkassounternehmen

Das gerichtliche Mahnverfahren wird überwiegend eingeleitet, wenn alle Mahnungen unbeachtet blieben. Die meisten Schuldner reagieren, bevor die letzte Mahnung ins Haus flattert. Größtenteils können Unklarheiten an dieser Stelle schon beseitigt werden. Das gerichtliche Mahnverfahren sollte daher nach den außergerichtlichen Maßnahmen folgen und gilt als letzter Schritt. Weiß ein Unternehmer nicht mehr weiter, kann er das Verfahren relativ einfach online beantragen. 

Auch ein Inkassoverfahren kann eine Option darstellen. Hier erhält ein Inkassobüro vom Unternehmen die Vollmacht, die fälligen Schulden eintreiben zu dürfen. Das kann zu einer Einigung führen, bedeutet aber für das beauftragende Unternehmen auch zusätzliche Kosten, die das Inkassounternehmen für seine Leistung einfordert. Ob sich das für ein Unternehmen lohnt, gilt es abzuwägen. 

Es gibt noch eine dritte Möglichkeit, das sogenannte Factoring. Dabei handelt es sich um eine Finanzierungsform, bei der offene Forderungen an Dritte verkauft werden. Mittlerweile gibt es einige Unternehmen, die Factoring anbieten und innerhalb von wenigen Stunden offene Rechnungsbeträge begleichen. Die Vorteile sind, dass die Liquidität des fordernden Unternehmens sofort wieder hergestellt ist. Überfällige Rechnungen, erhöhte Inanspruchnahme von (Dispo-)krediten und ein zeitintensives Mahnwesen fallen somit weg.

So kann man dem Zahlungsverzug bestmöglich vorbeugen 

Kunden um die Zahlung bitten zu müssen, ist nervig und kann sich auch auf die Kundenbeziehungen auswirken. Deswegen gibt es einige Dinge, die dazu beitragen, dass es möglichst gar nicht erst zu dem Fall kommt. Zum einen ist es wichtig, alle Pflichtangaben bei einer Rechnung anzugeben. Zum anderen vermeiden gut sichtbare Kontakt- und Zahlungsinformationen unnötige Rückrufe. Wer als Unternehmen nicht nur eine, sondern mehrere Zahlungsmöglichkeiten anbietet, kann zudem von zufriedenen Kunden profitieren und gilt als serviceorientiert. Das Abbauen etwaiger Hürden bei der Zahlung, wie zum Beispiel das Angebot von Onlinezahlung anstatt Banküberweisung, ist auch hilfreich. Zuletzt kann ein realistisches Zahlungsziel ein guter Kompromiss für Kunden und Unternehmen sein, damit keiner von beiden in Schwierigkeiten gerät.

Autor

Fin Glowick ist Chief Revenue Officer (CRO) bei WISO MeinBüro. Die Softwarelösungen von WISO MeinBüro decken alle wichtigen Bereiche des Büromanagements von Selbstständigen, Freiberuflern und kleinen Unternehmen ab – von Angebots-, Auftrags- und Rechnungsstellung, über das Online-Banking und die vorbereitende Buchhaltung, die Zeiterfassung und das Dokumentenmanagement bis hin zur Personalverwaltung.

Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder

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