Das Startup Mindsurance war Teil des Stealth Mode Förderprogramm 2020 und ist jetzt ein Alumni-Startup: In diesem Interview erzählt die Gründerin Leonie Ellerbrock mehr über sich und ihr Unternehmen
Stell dich und dein Startup doch kurz unseren Leser:innen vor!
Ich bin Leonie, Co-Founderin und COO von Mindsurance. Mindsurande bietet für Unternehmen eine einfache und persönliche Lösung für die Unterstützung der mentalen Gesundheit der Teams.
Wie eine Art Vertrauenslehre:in ist Mindsurance an der Seite des Teams. Mitarbeiter:innen können niedrigschwellig und diskret Kontakt mit Psycholog:innen via WhatsApp aufnehmen und bekommen ein passendes Angebot für ihr individuelles Thema empfohlen.
Warum hast du dich entschieden, ein Unternehmen zu gründen?
Ich war schon als Schülerin sehr engagiert und wollte etwas bewegen. Während meines Studiums habe ich gemerkt, dass Unternehmer:innen in innovativen Bereichen das Potenzial haben, das Leben sehr vieler Menschen positiv zu beeinflussen. Ich habe dann während meines zweiten Studiums und auch als Berufseinstieg in Startups gearbeitet, um zu lernen, wie man die Disruption eines Marktes managed. Als ich dann aus beruflichen und persönlichen Gründen selbst Gespräche mit einer Psychologin nutzte, merkte ich, welchen enormen positiven Einfluss dies auf mein Leben hatte. Auch in meinem Umfeld zeigte sich, dass viele Bedarf an psychologischer Unterstützung, aber keinen Zugang zu solcher hatten.
Leider ist dies sehr repräsentativ für die Situation in Deutschland. Viele Menschen merken, dass etwas nicht stimmt oder sie wiederkehrende Themen in ihrem Leben haben, wissen aber nicht, was sie aktiv tun können. Aber auch in einer mentalen Krise, müssen viele Betroffene warten, wenn sie sich überhaupt Hilfe suchen. Das wollen wir mit Mindsurance einfacher machen. Als Viktoria Linder (meine Co-Founderin) mich 2020 fragte, ob ich mit ihr ein Mental Health Startup gründen wollte, war klar, dass das Thema mein Purpose sein sollte.
Was war bei der Gründung von Mindsurance die größte Herausforderung?
Emotional war die größte Herausforderung das ständige Pivotieren und Ausprobieren. Dass man dabei manchmal liebgewonnene Ideen begraben muss, kann auch mal weh tun. Wir haben von Anfang an nutzerorientiert gearbeitet, mit der Vision, Mental Health zu demokratisieren. Im ersten Jahr haben wir auch den B2C-Markt ausprobiert, was dann leider nicht so geklappt hat, wie wir uns das vorgestellt haben. Und dann fängt man manchmal auch gefühlt wieder bei 0 an.
Kann man mit einer Idee starten, wenn noch nicht alles perfekt ist?
Klar, wir haben im Laufe der Zeit sehr viele verschiedene Ideen ausprobiert. Viel wichtiger ist es, ein klares Problem vor Augen zu haben, welches man lösen möchte. Dadurch entsteht eine Vision, die einen bei Entscheidungen leitet. Die Ideen werden ja erst im Laufe der Zeit validiert oder verworfen. Ich kann hier sehr das Buch “Start with why” von Simon Sinek empfehlen. Mit einer starken Vision und dem richtigen Team findet man viel schneller zur zündenden Idee.
Welche Vision steckt hinter Mindsurance?
Mit Mindsurance möchten wir Menschen den Zugang zu Mental Health Unterstützungen demokratisieren. Wir wollen, dass es normal ist, an sich und seiner psychischen Gesundheit zu arbeiten und kein Stigma mehr besteht.
Wer ist die Zielgruppe?
Unsere Zielgruppe sind schnell wachsende Unternehmen, die Ihren Mitarbeitenden Mental Health Support bieten wollen, der individuell auf die Situation der Person zugeschnitten ist. Wir bieten einen niedrigschwelligen Zugang zu mentaler Gesundheit, mit Services zu den Themen Beziehungen, Kommunikation oder Persönlichkeitsentwicklung. Wenn Nutzer:innen merken, dass sie mehr Unterstützung benötigen, können sie auch Coaching oder digitale Gesundheitsanwendungen in Anspruch nehmen.
Warum hast du dich für das Stealth Mode Förderprogramm beworben?
Ich habe mich relativ zu Beginn meiner Gründung bei Stealth Mode beworben, weil ich zu einer Community von Gründer:innen gehören wollte, und bereits sehr positive Erfahrungen mit der Factory Berlin gemacht hatte. Es gab eine Reihe von Themen, bei denen ich gern mehr Insiderwissen bekommen wollte: Wie bekommen wir Investoren? Welche Förderungen gibt es? Wie mache ich PR? Hier gab es viele Inhalte bei Stealth Mode, die für mich relevant gewesen sind.
Wie ging es nach dem Stealth Mode Förderprogramm weiter?
Nach dem Stealth Mode Programm sind wir durch das Berliner Startup Stipendium der CODE Universität gefördert worden. Dies hat uns die Möglichkeit gegeben, den Product Market Fit zu finden. Während unseres Fundraisings haben wir so viel Neues gelernt, dass wir unsere strategische Ausrichtung nochmal komplett geändert, und unter Mindsurance neu gelauncht haben. Wir konnten am Ende einen höheren 6-stelligen Betrag von namhaften Angels wie Rolf Schrömgens (Founder Trivago), Dirk Freise (Founder Blau.de), Moselventures und Julian Lange (CFO Marley Spoon, Aiven) u.a. erhalten.
Inwieweit hat dich das Programm in deiner Entwicklung weitergebracht?
Das Programm hat mir vielen fachlichen Support von Frauen aus der Tech-Szene gegeben. Dabei war aber auch der Austausch mit anderen Gründer:innen wichtig. Wir supporten uns weiterhin. Auch für ehrliche Gespräche über die Schattenseiten des Gründerinen-Seins, war die Community sehr wertvoll. Es ist einfach gerade zu Beginn gut zu hören, dass es anderen Gründer:innen auch so geht wie einem selbst.
Hast du Veränderungen an deinem Startup vorgenommen?
Als wir uns beworben haben, hießen wir Menta und haben personalisierte Pläne für die mentale Gesundheit entwickelt. Nach 2–3 Monaten sind wir dazu übergegangen, online Video Kurse von Psycholg:innen zu produzieren und über Facebook Ads zu vertreiben. Dabei haben wir immer mehr über die Bedürfnisse der Nutzer:innen gelernt. Im Verlauf haben wir uns Mindsurance benannt, und bieten nun eine Plattform von Mental Health Lösungen für Unternehmenskunden an. Zudem haben wir uns noch einen technischen Co-Founder, Vitor Gebara, ins Team geholt.
Würdest du anderen Gründer:innen die Teilnahme empfehlen?
Auf jeden Fall, ich fand Stealth Mode sehr wertvoll und habe zu den anderen Gründer:innen noch immer regelmäßig Kontakt. Auch die Community der Factory ist stets wertvoll für mich. Ich habe das Gefühl, die Stealth Mode Community ist wie eine Art Startup Familie für mich geworden.
Wo siehst du dich und dein Startup in fünf Jahren?
In 5 Jahren haben wir Unternehmen in ganz Europa an unsere Lösung angeschlossen, und Mitarbeitende können in vielen verschiedenen Sprachen Mental Health Services nutzen. Ich wünsche mir, dass das Stigma um die psychische Gesundheit schwindet, und mehr Menschen auch präventiv an ihrer mentalen Gesundheit arbeiten.
Welche 3 Tipps würdest du angehenden Gründer:innen mit auf den Weg geben?
Enjoy the ride: Gründen ist kein Selbstzweck, aber es ist wichtig sich nicht nur für den Exit durchzuquälen, sondern jeden Tag aufzustehen und das Leben zu genießen. Deshalb mein zweiter Rat: Ich würde ich jede:m, der/der gründet, empfehlen auf sein Bauchgefühl zu hören. Es muss sich richtig anfühlen. Gründen macht viel mehr Spaß, wenn man Purpose in seinem Tun sieht und es nicht nur um Erfolg und Geld geht.
Der wichtigste Punkt kam jedoch von meiner Psychologin: Vergleiche dich nicht. Jeder hat seinen einzigartigen Weg, und es ist wichtig, das anzuerkennen.
Wir bedanken uns bei Leonie Ellerbrock für das Interview
Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder